INKOVEMA-Podcast „Gut durch die Zeit“
#32 – Motivation in Organisationen.
Motivation im Druck und Motivation im Sog.
Im Gespräch mit Rolf Balling
Gut durch die Zeit. Der Podcast rund um Mediation, Konflikt-Coaching und Organisationsberatung.
Rolf Balling, Organisationsberater und Transaktionsanalytiker, erläutert sein Modell von Motivation von Menschen in Organisationen. Zusammen mit Sascha Weigel wird dabei auch der Frage nachgegangen, wie sich der Purpose von Organisationen auf die Motivationen in der Belegschaft auswirkt.
Inhalte:
- Motivation im Druck / Motivation im Sog
- Kausalität von Motivation und Leistungsfähigkeit
- Motivation in der Zeit?
- Zusammenhang von Druck und Sog
- Einfluss des Purpose auf die Motivationsbeschaffenheit der Belegschaft
- Perspektivwechsel auf die eigene Motiviertheit möglich?
Ich habe immer darauf geachtet, dass ich gerne mache, was ich machen muss.
Erläuterungen zum Konzept:
Ich habe immer darauf geachtet, dass ich gerne mache, was ich machen muss.
Es hat sich als sinnvoll bewährt, zwei Qualitäten von Motivation zu unterscheiden.
• Einmal Motivation damit, dass uns ein Ziel oder eine Tätigkeit selber als sinnvoll und befriedigend erscheint. Bei dieser Art fühlen wir uns direkt hingezogen; das Ziel bzw. die Tätigkeit wird als „uns eigen“ erlebt. Diese Art nennt man intrinsisch (von innen), sie wird hier als Sog dargestellt.
• Dann gibt es eine Motivation, die eher davon lebt, dass indirekt ein attraktives Ziel erreicht werden kann bzw. Schaden von uns abgewendet. Das Ziel bzw. die Tätigkeit erscheint uns nicht als unmittelbar motivierend. So erstellen wir vielleicht einen – uns als unsinnig erscheinenden Bericht – um keinen Ärger mit unserem Chef zu bekommen. Diese Motivation wird extrinsisch (von außen) genannt. Wir erleben sie wie Druck, und so wird sie hier auch dargestellt.
Diskussion der Kurven im Zusammenhang: Zunächst wird hier dargestellt, wie sich die Leistung entwickelt, wenn sich der Sog oder der Druck erhöht. In beiden Fällen stellt sich ein zunächst s-förmiger Verlauf ein, der dann von einem schnellen Abfall der Leistung abgelöst wird.
Bei Motivation unter Druck nenne ich den Punkt, ab dem die Leistung schnell wieder abfällt, den Panikpunkt. Dies entspricht der Erfahrung, dass – je nach Persönlichkeit und Tagesform – ab einem bestimmten Druckniveau, dysfunktionale Verhaltensmuster schnell zunehmen, bis letztlich keinerlei problemlösende Aktionen mehr erfolgen.
Bei Motivation unter Sog folgt der Leistungsverlauf dem gleichen Muster. Allerdings erreicht die Kurve ein insgesamt höheres Niveau, da ein gutes Ziel-Bonding zusätzliche psychische Energie freisetzt. Aber auch hier gibt es ein „Zuviel des Guten“. Irgendwann ist der Punkt von Übermotivation – der Punkt von Verbissenheit – erreicht, ab dem die tatsächliche Leistung wieder abnimmt. Man fängt dann an, offene Türen zu übersehen, oder macht sich einsam und verliert den Kontakt zum relevanten Umfeld.
In der Praxis erleben wir meistens eine Mischung aus Sog und Druck. Erfahrungsgemäß können wir mit Druck gut umgehen, solange der Sog von uns noch als vorherrschend empfunden wird. Ist diese Bedingung erfüllt, können wir eine Aufgabe als „unser Ding“ erleben und wir fühlen uns mehr als Spielmacher und weniger als Spielball. Schwierig wird es allerdings, wenn bei Sog und Druck auf hohem Niveau der Sog plötzlich abhanden kommt (z.B.: In einem Projekt wird dem übermotivierten Projektleiter bedeutet, dass das Projekt seine strategische Relevanz verloren hat, aber gleichwohl früher fertig werden muss). Dann findet sich die Motivationslage eventuell hinter dem Panik-Punkt der Druckmotivation – ohne vorherrschenden Sog – wieder; die Leistung bricht zusammen.
Zur Motivation im Sog: Diese Motivations-Form ähnelt dem Verlieben. Sie ist letztlich weder durch andere, noch durch uns selber, willentlich erzwingbar. Gelingt sie allerdings, zeigt sie sich als großes Geschenk, da sie große psychische Energie freisetzt. Zerbricht allerdings ein Sog-Projekt vorzeitig, ist wiederum Trauerarbeit erforderlich, um sich psychisch von diesem zu lösen. Und erst wenn wir innerlich wieder frei sind, können wir uns wieder an ein neues Projekt binden.
Was kann man nun daraus für die Führungspraxis ableiten?
• Eine Abteilung wird gut funktionieren, wenn die Mitarbeiter eher im Sog als mit Druck motiviert sind. Druck kann gleichzeitig oder allein erforderlich sein, sollte allerdings dem Panikpunkt jedes einzelnen Mitarbeiters nicht zu nahe kommen.
• Um eine Motivation mit Sog zu fördern, braucht ein Chef die Kompetenz eines „Heiratsvermittlers“ der ein gutes Gespür dafür hat, in welche seiner „Bräute“ sich ein Mitarbeiter „verlieben“ könnte. Natürlich muss die Arbeit erledigt werden, schlimmstenfalls ohne großen Sog und – als zweitbeste Lösung – eher mit Druck.
• Der Chef braucht ein Gespür für die individuelle – schwankende – Motivationslage seiner Mitarbeiter. Mancher „Abgestellte“, der innerlich gar nicht mehr bereit ist, sich zu verlieben, braucht vermutlich ein gut dosiertes Maß von Druck. Ein anderer braucht Unterstützung, weil er kurz vor der Panik steht. Und noch ein anderer, der eher im Sog übermotiviert ist, muss mit einer Eingrenzung eher vor sich selber geschützt werden, um ein gutes Ergebnis für die Abteilung zu sichern.
• Insgesamt wird die Wichtigkeit einer guten Team-Atmosphäre deutlich. Denn hier können Sog-Motivierte momentanen Frust abladen, um damit ihr Gefühl, Spielmacher zu sein, zu stabilisieren. Und auch eher im Druck Motivierte können in einer Sog-Stimmung selber Sog-Motivation aufbauen, selbst wenn diese „nur“ darin besteht, im Team gebraucht zu werden.
Links:
- Rolf Ballings Webeseite: https://www.rolf-balling.de/
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