10+1 Gebote für die Moderation

Moderne Business-Moderation für Meetings und Strategieklausuren

Sobald in Teams zusammen gearbeitet wird, bedarf es Absprachen, diskursiven Austauschs, aber auch dialogischen Kennenlernens sowie – für nicht wenige wünschenswert – auch demokratischer Entscheidungsprozesse.

All dies macht Gespräche in Gruppen nötig – und damit moderative Kompetenzen der Leitungsperson oder eines internen oder externen Moderators.

Im Folgenden werde ich ein paar Erfahrungswerte aus unserer Arbeit in Strategischen Dialogen und anderen Beratungs- und Moderationsprozessen notieren und zur Diskussion stellen.

Zunächst werden zehn Erfahrungswerte als Gebote formuliert, die sich in unserer Arbeit als grundlegend herausgestellt haben. Es werden Verbote, Empfehlungen und Überlegungen folgen.

Blogpost-Reihe zur Moderation


Los geht’s – 10 Gebote für Moderation.

1. Seien Sie als Moderator vorbereitet – mit Puffer!

Moderation braucht Vorbereitung. Der Moderator benötigt eine Idee, worum es der Arbeitsgruppe geht, was sie entscheiden oder zumindest diskutieren will. Oder geht es um einen Dialog, der die Teilnehmer in ihrer Vielfalt zum Vorschein bringen soll?

Kurz, der Moderator sollte vorher ein paar Leitfragen geklärt haben:

  • Wozu findet dieses Meeting statt?
  • Wer muss anwesend sein, damit die Inhalte besprochen und entschieden werden können?
  • Welche Kommunikationsrunden werden vermutlich aufkommen?
  • Welches Zeitinvest ist angebracht?

Halten Sie Puffer ein, planen Sie keinesfalls zu eng, eher mit Luft. Es ist eine Unsitte unserer Zeit, Effizienz zu übertreiben.

Lesen Sie zur verführerischen Übertreibung von Effizienz unseren Blogbeitrag „Coffin Corner“

2. Erstellen Sie eine knappe Agenda!

Das Ergebnis einer guten Vorbereitung ist eine knappe, klare Agenda. Die Agenda muss für Sie als Moderator, aber auch für jeden Beteiligten Zuversicht vermitteln; sie muss deutlich sichtbar machen: Das ist zu schaffen; lasst uns loslegen und unseren Plan erfüllen!

3. Sorgen Sie für Vorbereitete!

Sie sind vorbereitet? Dann sorgen Sie dafür, dass auch die Teilnehmer vorbereitet sind, um ihren Beitrag leisten zu können. Alle relevanten Unterlagen und Informationen müssen vor der Sitzung verteilt sein. Rechtzeitig.

Eine Besprechung, ein Meeting, ein Gruppengespräch ist in den allerseltesten Fällen eine Informationsrunde. Das ist eher eine Präsentation, also ein Bühnenauftritt einer Person mit einem Auditorium. Lassen sie die Grenzen zum Meeting nicht verkommen! Für ein Meeting und eine Gruppenbesprechung sollten alle Teilnehmer vorab genügend Zeit haben, die relevanten und für die Themenpunkte zu verarbeitenden Informationen zu erhalten und zu verarbeiten.

4. Arbeiten Sie mit der Agenda!

Agenda kommt zuvorderst nicht von Agent, der nicht erkannt werden will. Sie dürfen die Agenda für jeden sichtbar machen. Agenda kommt vom Lateinischen agere, der Wurzel vom Agieren. Also agieren sie mit der Agenda! Arbeiten Sie mit ihr, zeigen Sie sie allen, damit Sie jeder im Raum immer im Auge hat und sich an Ihr orientieren kann. Sie verkörpert Zuversicht und stellt den Ausgangspunkt gerade erlebbarer Kooperation dar. Um’s mal etwas höher aufzuhängen.

Aber was heißt das konkret? Folgendes; im Grundsatz muss jeder Teilnehmer stets die Agenda im Blick haben und damit wissen, worum es gerade geht und wieviel Zeit noch zur Verfügung steht. Sie kann ergänzt werden um die To-dos und die Entscheidungen (Wer-was-bis wann-mit wem), die jeweils thematisch gebunden getroffen wurden. So entsteht aus der Agenda zugleich ein Entscheidungsprotokoll.

5. Achten Sie stets darauf, dass Alle wissen, wofür gerade gearbeitet wird!

Ich möchte es hier nochmal ausdrücklich wiederholen. Führen Sie als Moderator oder Leiter jedes Meeting visualisiert. Visualisierung hilft jedem Zuhörenden mehr zu verstehen. Deshalb ist Visualisierung auch kein Selbstzweck, sondern gedankliche Stütze, das „Big Picture“ nicht aus den Augen zu verlieren.

Mit einer visualisierten Agenda sorgt Moderation dafür, dass jeder Anwesende – zumindest individuell – die Möglichkeit hat, eine Antwort auf wesentliche Fragen parat zu halten:

  • Was mache ich und die anderen gerade hier?
  • Warum dauert das so lange, ohne mich gedanklich weiter zu bringen?
  • Wann ist das hier zu einem guten Ende geführt?

6. Sorgen Sie für Beitragende!

Ein Meeting oder sonst jede Besprechung von Menschen, die zusammen an einem Projekt arbeiten und etwas schaffen wollen, bedarf derer Beiträge – und nicht bloß Anwesende.

Als Moderator sollten Sie grundsätzlich dem Gebot folgen, dass jeder Teilnehmende ein Beitragender wird. Dazu sind folgende Gedankenstützen hilfreich:

  • Konnte sich jeder Teilnehmende vorbereiten?
  • Kann jede einzelne Person einen Beitrag zum Erfolg des Meetings leisten?
  • Kann jede einzelne Person für sich einen Mehrwert generieren?
  • Weiß jede einzelne Person im Raum um die gestellten Erwartungen, das gemeinsame Thema sowie das gesteckte Ziel?

Oder knapp: Kein Meeting braucht Anwesende, aber alle Beitragende!

7. Sorgen Sie für Klarheit des Bearbeitungssettings sowie der Kommunikationsrunden!

Gruppenmitglieder benötigen nicht nur Klarheit über das Thema, sondern auch über die Art und Weise, wie das Thema bearbeitet wird. Das Wie betrifft zum einen das Setting der Arbeitsgruppe, zum andern die Art der „Kommunikationsrunde“.

Darüber entscheidet die Moderation – letztlich in Abstimmung mit den Besprechungsteilnehmern.

Das Meeting kann im gesamten Plenum erfolgen oder einzelne Themen werden zunächst in Kleingruppen vorbereitet. Das Setting kann im Stehen erfolgen oder – wie üblich – im Sitzen. Es kann einen großen Konferenztisch in der Mitte geben oder nix, mit einem Stuhlkreis drumherum. Hier ist vieles denkbar und wenig wird überall ausprobiert. Doch manchmal gibt es mancherorts gute Erfahrungen mit dem Ungewöhnlichen…Suchen Sie danach!

Neben diesen methodischen Fragen des Settings, ist aber auch unserer Erfahrung nach ganz entscheidend, dass die Form der Kommunikation zu wenig transparent oder zu wenig entschieden ausgewählt wird.

Welche Form der Kommunikation („Kommunikationsrunden“) gibt es prinzipiell:

  • Informationsrunden,
  • Dialogrunden,
  • Diskussionsrunden,
  • Entscheidungsrunden sowie
  • Konfliktklärungsrunden.

Einen ausführlichen einen Blogbeitrag zu Kommunikationsrunden findest Du hier.

8. Viele, kleine, strukturierende Pausen!

Alle Erfahrungen zeigen: Es wird zu wenig pausiert und innerlich Abstand gewonnen. Dazu passt eine zweite Erfahrung, die ich in der Arbeit mit Gruppen gemacht habe: Alle denken (in Gruppen?!), Sie machen zu viele und zu lange Pausen. Dazu nehme ich an – aber das ist eine Hypothese –, glauben viele, dass sie in der Pause nicht arbeiten. Tatsächlich aber ist es besonders wichtig für gute, kreative Arbeit, wechselhafte innere Distanzen zu ermöglichen, um unterschiedliche Perspektiven auf das Problem zu gewinnen.

Es tut mir leid, dass ich in der Begründung und Motivation viele Entschleunigungsfreunde beim Thema Pause zwar prinzipiell folge, aber doch auch überholen muss: Entschleunigung ist keineswegs nur deshalb wichtig, weil es „dem Menschsein“ zuträglich ist und ein jeder auch mal von der Arbeit loslassen muss. Nein, Entschleunigung und Abstand ist für die Arbeit selbst wichtig und notwendig, weshalb sie im Dienst der Arbeit und Effizienz, vor allem aber der Qualität und Nachhaltigkeit steht. Es greift zu kurz, wenn wir Entschleunigung lediglich als Gesundheitsmaßnahme und -vorsorge begreifen, statt als kreativen Akt.

Pausen steigern jedoch die Arbeits- und Besprechungseffizienz aber nicht nur auf dieser Ebene, sondern ermöglichen selbst auf praktikablerer Ebene, die aufgelaufenen E-mails- und Techtnachrichten zu checken, kurze Telefonate zu führen und wichtige Gedankenblitze zu notieren, die mit dem Thema selbst nichts zu tun haben.

Noch etwas Konkretes?

  • Machen Sie spätestens nach 1,5 Stunden eine 15-20min Pause;
  • Selbst nach 30 min ist eine Pause möglich und erfrischend, wenn die Agenda und Kommunikationsrunden das ermöglichen. Scheuen Sie sich nicht davor, mehr Pausen als üblich einzulegen
  • Führen Sie klare Pausenstrukturen ein, die zeitlich von allen eingehalten werden. (Das mag etwas dauern und mehrere Anläufe benötigen, aber geben Sie nicht auf. Hier muss Moderation in die strenge Führung gehen!)

9. Zuhörende an die Macht!

Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass Leistung laut ist. Wir sind ja keine Autos. Die Leisen sind aus Moderationssicht eher die Wichtigen, weil Sie „unterzugehen“ drohen.

Aber auch biologisch gibt es gute Gründe, die Aufmerksamkeitspräferenzen in Gruppengesprächen zu verschieben: Wir sind mit nur einem Mund ausgestattet worden, aber mit zwei Ohren. Das zeigt doch, wo die Präferenz liegen! Wir hören stereo und vernehmen im Audio stets gleichzeitig mehrere Varianten und Perspektiven, die wir zu einem stimmigen Gesamtbild zusammen setzen. Das ist uns beim Sprechen verwehrt. Sprachlich müssen wir unterschiedliche Perspektiven auf ein Ereignis stets in der Zeit, also nacheinander schildern und präsentieren.

Für die Moderation heißt das konkret, dass sich die Konzentration und der Aufmerksamkeitsfokus auf die Stillen richten sollte, nicht auf die Lauten. Achten Sie Teilnehmenden, die gerade nix sagen. Binden Sie diese Meinungen in das Gruppengespräch ein. Nutzen Sie dafür unterschiedliche Zugänge und Fragetypen!

  • Offene Fragen: Was meinen Sie dazu? Welche Informationen sollten sich die anderen aus Ihrem Schweigen entnehmen?
  • Hypothetische Fragen: Wenn Sie hier anderer Meinung wären, wie würde Ihr vorrangiges Argument lauten?
  • Wünsche: Ich möchte gern noch von [Theodor] etwas hören, was er dazu meint?
  • Zirkuläre Fragen: Was meinen Sie, welche Bedenken wurden von den anderen noch nicht angesprochen, weil Sie zu sehr die Gegenseite promoten? (Achtung: Gruppenkultur! Muss anschlussfähig sein.)

Tipp, wenn lautes Fragen für die Moderation nicht konstruktiv wäre: Die Fünf-Minuten-Kärtchen-Abfrage hilft wirkungsvoll gegen „das lauteste Argument gewinnt“.

10. To-do-Liste:

Notieren Sie Ergebnisse. Entscheidungen werden dokumentiert und vereinbarte Handlungen in eine To-do-Liste samt Terminierung gebracht. Verlaufsprotokolle selbst braucht kein Mensch. Oder wann haben Sie das letzte Mal in einem Protokoll etwas nachgelesen? (Der häufigste Fall dafür ist, Beweise und damit Argumente in einem Konflikt zu sammeln. Dabei wird übersehen, dass dieses Vorgehen nicht nur zur Klarheit auf einer Seite führt, sondern im Konfliktsystem zur Eskalation. Arbeiten Sie in diesem Falle lieber an der Konfliktlösung, statt an der Konflikteskalation.)

10 + 1. Schließen Sie den Gesprächsprozess nie ohne Feedback

Beenden Sie niemals ein Gespräch ohne (kurz) den Gesprächsraum für eine Rückkopplung geöffnet zu haben, den Kommunikationsprozess zu bewerten und Feedback für alle Beitragenden organisiert zu haben. Öffnen Sie den Zeit-Raum und fragen Sie nach dem WIE der gemeinsamen Arbeit von eben! Entschleunigen Sie damit und ermutigen Sie für die anstehenden Schritte!

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