Meta-Modell der Mediation von Nadja Alexander
Landkarten von Mediation (2 von 3)
I. Einführung
Die eine Mediation gibt es nicht.
Es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten, Konfliktparteien in der Rolle eines Dritten zu vermitteln, sie in ihren Ausgleichsbemühungen zu unterstützen und gemeinsam Lösungen für die konfliktäre Situation zu finden.
Gleichwohl es eine Vielzahl an Möglichkeiten gibt, finden sie dennoch innerhalb von Bezugsrahmen statt, die auf Grundannahmen und Grundmustern basieren.
Bestimmte Grundannahmen führen zu Cluster von Zielen, Methoden und Interventionen, die als Mediationsstile klassifiziert werden können.
In unserer kleinen Reihe „Landkarten von Mediation“ geht es genau darum, derartige überblickende und klassifizierende Modelle und Übersichten zu liefern, die die Ordnung und Strukturen von Mediationsweisen und -stilen präsentieren.
Nachdem wir im ersten Teil die Landkarte von L. Riskin (Riskins Grid), vorgestellt haben, geht es in diesem Beitrag um das Meta-Modell von Nadja Alexander.
Kleine Beitragsreihe zu den Landkarten von Mediationsstilen
II. Nadja Alexanders Meta-Modell
1. Einführung
Alexanders Meta-Modell der Mediation nimmt eine international-globale Perspektive auf Mediationsstile ein. Damit wird der Einfluss unserer Sozialisationen und Kulturen auf die Anschlussfähigkeit von Interventionen deutlich. Die Herkunft und Nähe des Modells aus dem Erfahrungsbereich der interkulturellen Mediation ist dabei unverkennbar.
2. Inhalt
Das Meta-Modell entwirft einen Rahmen zur Identifizierung und Verortung von Mediationsstilen, der auf den Arbeiten von L. Riskin aufbaut. Ganz ähnlich wie Riskin entwirft Alexander innerhalb von zwei Dimensionen unterschiedliche Felder von Vorgehensweisen im Konflikt zu vermitteln. Während bei Riskin die Dimensionen die Problemdefinition und das Rollenverständnis der Vermittlungsperson maßgebend war, entfaltet Alexander ihre Landkarte auf den Dimensionen der Intervention sowie der Interaktion. Dabei entstehen innerhalb dieser beiden Dimensionen sechs Felder, die Alexander im einzelnen auch benennt.
☞ Die beiden Dimensionen lassen sich wie folgt beschreiben:
- Interventionsdimension: Sie spannt das Feld auf, in dem die Aktionen des Mediators betrachtet werden, agiert er direktiv (directive) oder herauslockende (elicitive). Diese Dimension erfasst die Art der Intervention durch die Mediationsperson, den Grad seiner Einflussnahme und entwirft sozusagen ein Zurechnungsmodell. Inwieweit kann (oder muss) das Ergebnis der Konfliktparteien am Ende einer Mediation der Mediationsperson auch inhaltlich zugerechnet werden, schlicht, weil seine Interventionen diese „Vereinbarungsinhalte vorgegeben hat“. Leitperspektive ist hier der Blick auf die Vermittlungsperson.
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- Wie agiert die Mediationsperson?
- Welche Interventionen nutzt sie?
- Was unternimmt oder unterlässt sie konkret mit Blick auf die Mediant*innen?
- Interaktionsdimension: Diese Dimension nimmt die Kommunikation der Konfliktparteien in den Blick. Wie interagieren die Mediant*innen? Dabei verengt Alexander diese Dimension nicht – wie Riskin – auf die Frage, ob die Problemdefinition der Konfliktparteien selbst eng oder weit ist, sondern lässt diese Dimension inhaltlich offen und schaut sich die Art und Weise der Interaktion insgesamt selbst an. Damit gelingt es Alexander, die Konstruktionen des Problems und seiner Lösung bei den Parteien zu belassen bzw. diejenigen des Beobachters außen vor zu lassen bei der Formulierung ihrer Landkarte. Denn wie die Konfliktparteien insgesamt kommunizieren, auch wenn sie nicht (nach westlichem Verständnis) das „Problem bearbeiten“, ermöglicht eine angemessene Verortung auch von unterschiedlichsten Konfliktvermittlungsbemühungen. Alexander gliedert diese Dimension letztlich in drei unterschiedliche Möglichkeiten zu kommunizieren:
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- Positionsbezogenes Aushandeln (kompromissorientiert),
- interessenbasiertes Verhandeln (konsensorientiert),
- Dialog (kommunikations- und klärungsorientiert)
☞ Aus diesen beiden Dimensionen ergeben sich insgesamt sechs Felder unterschiedlicher Art und Weisen in Konflikten zu vermitteln. Alexander betont dabei, dass sich innerhalb dieser Felder bzw. dieser Dimensionen eine Vielzahl von individuellen Mediationsstilen entwickelt haben – und die auch (als Mediationsstile!) anzuerkennen gilt. Das gilt freilich nicht als Interpretation nationalstaatlicher Gesetze (wie z.B. § 1 MediationsG), sondern ist aus der Perspektive der Mediation zu beurteilen. Denn international gibt es eine Vielzahl von Konfliktvermittlungsbemühungen, die z.B. in Europa bzw. im Rechtskreis des § 1 MediationsG keineswegs als Mediation anerkannt wären.
3. Identifizierte Felder von Mediationsstilen
Diese von Alexander in ihrem Meta-Modell der Mediation ausgemachten Felder können sich als Cluster individueller Stile vorgestellt werden. Sie seien hier zum Abschluss kurz erläutert, um die Vielfalt möglicher Stile, aber auch die Spannweite des Meta-Modells zu demonstrieren.
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- Vergleichsmediation: Die Mediationsperson agiert herauslockend, arbeitet aber letztlich auf einen Kompromiss/Vergleich der streitigen Positionen hin.
- Moderative/Facilitative Mediation: Die Mediationsperson agiert herauslockend, arbeitet aber inhaltlich auf eine interessenbasierte Lösung hin, erfragt also die Interessen, die sich hinter den Positionen verbergen (sollen) und initiiert zwischen diesen Interessen einen Aushandlungsprozess.
- Transformative Mediation: Die Mediationsperson agiert herauslockend, ihre Ansprache zielt indes auf die Beziehungsebene zwischen den Konfliktparteien; initiiert wird ein beziehungsorientierter Dialog.
- Fachberatungsmediation: Die Mediationsperson agiert hier direktiv, macht Vorschriften und nutzt die geäußerten Streitpositionen für eine Kompromissfindung.
- Weisenrat-Mediation: Die Mediationsperson agiert direktiv, zielt aber auf einen interessenbasierten Aushandlungsprozess zwischen den beteiligten Personen.
- Traditionsbasierte Mediation: Direktives Arbeiten, beziehungsorientierten Dialog initiierend.
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