INKOVEMA-Podcast „Gut durch die Zeit“

#132 – Die Energiewende-Mediation

Weshalb Energiewende- und Infrastrukturprojekte-Mediationen informierte und zum Teil auch geschulte Beteiligte benötigen.

Im Gespräch mit Emanuela Boretzki und Wiebke Heider

Gut durch die Zeit. Der Podcast rund um Mediation, Konflikt-Coaching und Organisationsberatung.

Emanuela Boretzki:Dipl.-Ing. Landschaftsarchitektur und Umweltplanung (FH): Umweltbaubegleitung, Dialogverfahren in Wirtschaft und Bauwesen, Führungstraining (IHK).

Wiebke Heider: Mediatorin BM®, Dipl.-Betriebswirtin (FH), Konfliktcoach, Moderatorin Schwerpunkte: Landwirtschaft, Bürgerbeteiligung, Regionalentwicklung, Naturschutz, Vereine, Tourismus.

Inhalte:

Mediation in Konflikten bei der Energiewende

Gutes Konfliktmanagement spielt im Rahmen einer gelingenden Energiewende in Deutschland eine Schlüsselrolle. Mit Emanuela Boretzki und Wiebke Heider, die als Energiewende-Mediatorinnen agieren, habe ich zu den Konfliktlinien und Spannungsfeldern bei ihrer Arbeit gesprochen.

Die Energiewende in Deutschland ist ein bedeutendes gesellschaftliches und gesetzlich verankertes Ziel. Allerdings sind auf dem Weg dorthin vielschichtige Konflikte unvermeidlich, insbesondere wenn es um den Schutz der Natur und die Interessen von Gemeinden und Grundstückseigentümern geht. In solchen Fällen können Mediator*innen eine wertvolle Rolle spielen, um vermittelnd tätig zu werden und Lösungen zu finden, die den Bedürfnissen aller Beteiligten gerecht werden. Das geschieht in zunehmendem Maße.

Konfliktlinie 1: Energiewende versus Naturschutz

Die Umstellung auf erneuerbare Energien geht oft mit der Errichtung von Windkraft- oder Solarenergieanlagen einher. Obwohl diese Technologien zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen beitragen, können sie auch negative Auswirkungen auf die Umwelt haben. Viele Projekte stehen vor der Herausforderung, die Balance zwischen erneuerbarer Energieerzeugung und dem Schutz sensibler Ökosysteme wie Vogelrouten oder Lebensräumen bedrohter Arten zu finden. Mediatorinnen können helfen, die Bedenken der Naturschutzverbände, der Bürgerinitiativen und der Energieunternehmen zu verstehen und Kompromisse zu schaffen, die den Erhalt der Natur gewährleisten und gleichzeitig die Energiewende vorantreiben.

Konflikt 2: Grundstückseigentümer versus Gemeinde

Ein weiterer Konflikt entsteht, wenn Grundstückseigentümer beispielsweise für den Bau von Windkraftanlagen oder Freiflächen-Photovoltaikanlagen ihr Land zur Verfügung stellen sollen. Während die Gemeinden von den ökologischen und wirtschaftlichen Vorteilen solcher Projekte überzeugt sind, können sich Eigentümer gegen die Nutzung ihrer Grundstücke aus verschiedenen Gründen sträuben. Hierbei geht es oft um Fragen der Entschädigung, der Beeinträchtigung der Landschaft oder um potenzielle Auswirkungen auf die Lebensqualität. Mediatorinnen werden in diesen Konstellationen eingesetzt, um Interessenkonflikte zu mildern, indem sie den Austausch von Informationen und die Suche nach fairen und ausgewogenen Lösungen unterstützen.

Konflikt 3: Bürgerbeteiligung und Mitbestimmung

Bei Projekten im Zusammenhang mit der Energiewende entsteht häufig ein Konflikt zwischen den Gemeinden und den Bürgern. Bürger fühlen sich möglicherweise nicht ausreichend in Entscheidungsprozesse einbezogen oder haben Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen auf ihre Lebensumgebung. Zudem kommt es zu Konflikten im Zuge privater Pachtverträge, die dem einen Gemeindemitglied mitunter viel Geld einbringen, aber die gesamte Gemeinde mit den Konsequenzen (eines Windrades etwa) leben müssen. Mediatorinnen können dazu beitragen, den Dialog zwischen Bürgern, Gemeinden und Projektentwicklern zu fördern, um eine effektive Bürgerbeteiligung sicherzustellen und die Bedürfnisse und Anliegen der betroffenen Gemeinschaften zu berücksichtigen.

Die Energiewende ist eine komplexe und herausfordernde Aufgabe für alle, die mit verschiedenen Konflikten einhergeht.