INKOVEMA-Podcast „Gut durch die Zeit“

#172 – Vertrauen. Teil 2 – Vertrauen Anderer in uns ermöglichen.

Vertrauen ist nicht der Sprung in den Nebel der Ungewissheit, sondern in die Arme Anderer – Was können jene tun, dass der Sprung vollzogen wird?

Im Gespräch mit Prof. Guido Möllering

Gut durch die Zeit. Der Podcast rund um Mediation, Konflikt-Coaching und Organisationsberatung.

Prof. Dr. Guido Möllering, promoviert 2003 an der Universität Cambridge und habilitiert 2011 an der Freien Universität Berlin, ist seit 2016 Direktor und Lehrstuhlinhaber am Reinhard-Mohn-Institut für Unternehmensführung (RMI) an der Universität Witten/Herdecke. Zu den inhaltlichen Schwerpunkten des RMI unter seiner Leitung zählen unter anderem: Kooperative Beziehungen, Netzwerk- und Allianzstrategien, Management von Offenheit und Transparenz, Vertrauen in und zwischen Organisationen, neue Führungs- und Arbeitsformen im digitalen Zeitalter sowie unternehmerische Verantwortung. Guido Möllering hat in führenden Fachzeitschriften publiziert und ist u.a. Autor der Bücher Trust: Reason, Routine, Reflexivity (2006) und Produktion in Netzwerken (mit Jörg Sydow, 3. Aufl., 2015). 2009 erhielt er von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften den Preis der Peregrinus-Stiftung für seine für Wirtschaft und Gesellschaft bedeutsamen Arbeiten. Seit 2018 ist er Mitglied der Jury des Wettbewerbs für Unternehmensverantwortung „Mein gutes Beispiel“.

Inhalte:

In unserem zweiten Teil zum Thema Vertrauen geht es um die Frage, was nötig ist und getan werden kann, damit Vertrauen (auf der anderen Seite) entstehen kann, das sich dann auch als robust erweist.

In der Studie von Nikolova/Möllering/Reihlen (2015) werden drei zentrale soziale Praktiken hervorgehoben, die speziell in den komplexen und unsicheren Beziehungen zwischen Kunden und Beratern das Vertrauen stärken:

  1. Signalisierung von Fähigkeit und Integrität: Diese Praxis beinhaltet das Demonstrieren von Kompetenz und ethischen Standards durch die Berater. Kunden schätzen Berater, die ihre Fachkompetenz und ihre Zuverlässigkeit durch bisherige Erfolge und Verhaltensweisen nachweislich unter Beweis gestellt haben und es nun in der (neuen) Kundenkommunikation stellen können: Deshalb wirken Zeugnisse, Zertifikate, Testimonials, Referenzen etc.
  2. Demonstration von Wohlwollen: Berater müssen aktiv zeigen, dass sie die Bedürfnisse und Interessen ihrer Kunden verstehen und sich dafür einsetzen. Dies beinhaltet das Eingehen auf spezifische Kundenbedürfnisse und die Anpassung der Beratungsleistungen an die individuellen Erwartungen der Kunden. Das kann reaktiv erfolgen, also auf Nachfrage oder auch proaktiv.
  3. Aufbau einer emotionalen Verbindung: Die Entwicklung einer persönlichen Bindung zwischen Berater und Kunde, die auf gegenseitigem Verständnis und Sympathie basiert, ist entscheidend. Diese emotionale Verbindung hilft, das Gefühl der Sicherheit und des persönlichen Engagements in der Beziehung zu verstärken, was wiederum das Vertrauen stärkt und robust werden lässt.

Diese Praktiken tragen dazu bei, die inhärente Unsicherheit und Verletzlichkeit in Berater-Kunden-Beziehungen – gerade zu Beginn – zu überbrücken, indem sie eine vertrauensvolle und stabile Grundlage für die Zusammenarbeit schaffen.

Der Prozess der Vertrauensbildung zwischen Kunden und Beratern

Der Prozess der Vertrauensbildung in der Beziehung zwischen Kunden und Beratern, wie er in der Studie von Nikolova et al. (2015) beschrieben wird, umfasst mehrere Schlüsselkomponenten, die in einem dynamischen und interaktiven Rahmen zusammenwirken. Dieser Prozess basiert auf der Grundannahme, dass Vertrauen nicht nur ein mentaler Zustand ist, sondern auch ein sozialer Prozess, der aktiv gestaltet wird. Hier sind die Hauptelemente des Vertrauensbildungsprozesses:

1. Signalisierung von Fähigkeit und Integrität

Dieser Schritt beinhaltet das aktive Demonstrieren von Kompetenz und Zuverlässigkeit durch den Berater. Berater müssen ihre Fähigkeiten und ihre ethischen Standards durch vergangene Erfolge, Referenzen und ihr professionelles Verhalten belegen. Dies schafft eine Grundlage des Vertrauens, indem es den Kunden zeigt, dass der Berater qualifiziert und vertrauenswürdig ist.

2. Demonstration von Wohlwollen

Berater müssen nicht nur fachlich kompetent sein, sondern auch ein echtes Interesse an den spezifischen Bedürfnissen ihrer Kunden zeigen. Dies wird durch maßgeschneiderte Lösungen, die Berücksichtigung der Kundeninteressen und durch proaktives Handeln erreicht. Die Kunden müssen spüren, dass die Berater ihre Bedürfnisse verstehen und priorisieren, was ein weiteres wichtiges Element des Vertrauensaufbaus darstellt.

3. Aufbau einer emotionalen Verbindung

Die dritte Komponente des Vertrauensbildungsprozesses ist der Aufbau einer emotionalen Bindung zwischen dem Berater und dem Kunden. Diese emotionale Verbindung basiert auf Sympathie, persönlicher Kompatibilität und gegenseitigem Respekt. Diese Bindung verstärkt das Vertrauen, indem sie eine persönlichere Ebene der Interaktion und des Engagements schafft, die über rein geschäftliche Interaktionen hinausgeht.

Prozessnatur des Vertrauens

Die Autor*innen betonen die Prozessnatur des Vertrauens, die eine kontinuierliche Interaktion und Anpassung zwischen Berater und Kunde erfordert. Vertrauen wird als dynamisch betrachtet, das heißt, es entwickelt und verändert sich im Laufe der Zeit und durch verschiedene Phasen der Beziehung. Dieser Prozess umfasst die ständige Bewertung und Neubewertung der Vertrauenswürdigkeit basierend auf den Erfahrungen, die im Laufe der Zusammenarbeit gemacht werden.

Insgesamt zeigt dieser Rahmen, dass Vertrauen in professionellen Beziehungen ein komplexes Zusammenspiel aus Fähigkeiten, Intentionen und Emotionen ist, das durch soziale Praktiken gefördert wird. Diese sozialen Praktiken sind nicht isoliert zu betrachten, sondern interagieren und verstärken sich gegenseitig, um eine stabile und vertrauensvolle Beziehung aufzubauen.