Riskins Grid
Landkarten von Mediation (1 von 3)
I. Einführung
Die eine Mediation gibt es nicht.
Es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten, Konfliktparteien in der Rolle eines Dritten zu vermitteln, sie in ihren Ausgleichsbemühungen zu unterstützen und gemeinsam Lösungen für die konfliktäre Situation zu finden. Gleichwohl es eine Vielzahl an Möglichkeiten gibt, finden sie dennoch innerhalb von Bezugsrahmen statt, die auf Grundannahmen und Grundmustern basieren.
Beispiel: Mediator*innen gehen in der Regel davon aus, dass Konflikte kein Schicksal oder gottgewollt sind, sondern von Menschenhand verursacht und damit gestaltbar. Denn nur auf dieser Basis erscheint es für die Konfliktparteien (zusammen mit einem Dritten) sinnvoll, sich zusammen zu überlegen, was konstruktiv getan werden kann.
Bestimmte Grundannahmen und -muster führen dazu, dass zwischen all den persönlichen Vermittlungsstilen von Mediatorinnen und Mediatoren Cluster gibt, Mediationsstile, die ähnlich sind und einen bestimmten Typ von Mediationsstil ergeben.
In unserer kleinen Reihe „Landkarten von Mediation“ geht es genau darum, Modelle und Übersichten zu liefern, die die Ordnung und Strukturen von Mediationsstilen, deren Cluster und typische Erscheinungsformen formulieren und gewissermaßen präsentieren. Denn so einfach ist es nicht, unterschiedliche Mediationsstile zu beobachten (Vertraulichkeit des Verfahrens!). Aber hier wird noch viel Forschungsarbeit Abhilfe schaffen (können).
II. Landkarten von Mediation
In unserer kleinen Reihe zu den Mediationstilen stellen wir drei Landkarten vor, auf denen sich die Unterschiede und Gemeinsamkeiten darstellen und verständlich machen lassen.
Den Auftakt bildet die Landkarte von Leonard Riskin, einem amerikanischen Juristen und Mediator, der in den 1990er Jahren ein Grid, ein Gitter vorgestellt hat, das die zwei wichtigen Dimensionen Problemdefinition und Mediatorenrolle aufgreift.
In den kommenden zwei Beiträgen zu den Landkarten von Mediation werden wir noch das Meta-Modell der Mediation von Nadja Alexander vorstellen sowie die Basisgedanken von Mediation unter dem Aspekt der Mediationsstile vertiefen.
Kleine Beitragsreihe zu den Landkarten von Mediationsstilen
III. Riskins Grid
Das nicht mehr ganz frische, aber dafür mehr als bewährte Modell von Leonard Riskin, einem amerikanischen Rechtsprofessor und Mediator, spannt zwei Dimensionen mediativen Handelns auf:
- Definition des Problems = Definition der Konflikt-Issues
- Rollenverständnis des Dritten mit Blick auf inhaltliche Einflussnahme
Innerhalb dieser Dimensionen agieren Vermittler*innen. Das Grid dient dazu, sowohl einen Überblick über verschiedene Mediationsstile angesichts bedeutsamer Grundwerte der Mediation zu erhalten (Einflussnahme der Dritten auf die Konfliktlösung). Andererseits hilft es, das eigene Handeln als Mediator zu reflektieren. Supervisorisch ist es damit von gutem Nutzen.
1. Dimension: „Problem-Definition“
Auf der Dimension Problem-Definition gibt es die Pole „Problem Definition narrow“ und „Problem Definition broad“, die ein Kontinuum aufspannen. Hier gibt es – logisch, eine enge und weite Problemdefinition – und alles Dazwischenliegende. Eine enge Problemdefinition erfasst mitunter lediglich eine Wahrnehmungsebene (Denken, Fühlen, Verhalten) und bezieht sich auf wenige Bereiche (z.B. Geldzahlen, Rechtmäßigkeit etc.) und blendet die anderen (z.B. Freundschaft, Ethik, Verwandtschaft, Abhängigkeiten etc.) aus. Sie sind – systemtheoretisch gesprochen – nicht anschlussfähig. Ganz anders bei der weiten Problemdefinition, die viele Bereiche und „Ursachen“ erfasst, die möglicherweise helfen, das Problem vielschichtiger zu definieren, zu verstehen und Erklärungsmuster zu finden. Bedeutsam und erkennbar wird das Narrow-Broad-Kontinuum auch bei der Suche nach der Lösung. Denn die Problemdefinition steuert – auch hier – die anschließende Suche nach den Lösungsoptionen.
2. Dimension: Role of Mediator
Die zweite Dimension beschreibt das Kontinuum der Interventionsintensität bzw. nimmt die Vorgehensweise des Mediators in den Blick. Die Interventionen des Dritten lassen sich im Spannungsfeld „Evaluative Role of Mediator“ und „Facilitative Role of Mediator“ aufzeigen. So bezeichnete Riskin dieses Kontinuum ursprünglich evaluierend=bewertend und facilitative=moderierend.
Um jedoch weitere Praxiserscheinungen in seinem Modell abbilden zu können, wechselte er späterhin die Bezeichnung in der Dimension. 2003 formulierte er das Spannungsfeld um: direktiv=auffordernd und elecitive=herauslockend.
Unabhängig von den Details geht es in dieser Dimension um das rollenbezogene Vorgehen der Mediationsperson, was er tut und was er unterlässt – und wie er das prozessiert.
Facilitative bedeutet, dass der Mediator eine moderierende und damit eine ermöglichende, erleichternde und vereinfachendere Rolle und Aufgabe übernimmt. Er unterlässt regelmäßig Vorschläge und Empfehlungen.
Evaluative bedeutet hingegen, dass der Mediator bewusst und direkt eine bewertende und wertende Rolle einnimmt, dass er Empfehlungen und Stellungnahmen abgibt und Vorschläge zur Konfliktlösung unterbreitet.
Elezitiv bedeutet, dass die Mediationsperson herauslockend agiert, mit einer Arbeitshypothese agiert, dass da noch etwas verborgen ist bei und in den Parteien, das es zu entdecken und in die Konflikt- und Mediationskommunikation hineingeschleust werden muss.
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