INKOVEMA-Podcast „Gut durch die Zeit“

#68 – Der funktionale Mediationsbegriff

Was stellt sich im Lichte des Mediationsgesetzes als Mediationstätigkeit dar und unterliegt seinen Anforderungen?

Im Gespräch mit Prof. Dr. Thomas Trenczek

Gut durch die Zeit. Der Podcast rund um Mediation, Konflikt-Coaching und Organisationsberatung.

Prof. Dr.iur. Thomas Trenczek, M.A., studierte in Tübingen und Minneapolis (USA) Rechts- wie auch Sozialwissenschaften,  Juraprofessor an der Ernst-Abbe-Hochschule Jena, eingetragener Mediator (BMJ, Wien; NMAS, Australien) sowie Lehrtrainer® (BMWA); Mitbegründer und langjähriger 1. Vorsitzender der Waage Hannover e.V.; Autor und Herausgeber zahlreicher Lehr- und Handbücher/Kommentare und Fachaufsätzen zur Mediation.

Eckpunkte zum funktionalen Mediationsbegriff:

(Auszüge aus dem Vortrag von Prof. Dr. Trenczek)
  • Das Mediationsgesetz definiert nicht nur, was Mediation ist (§ 1 Abs. 1 MediationsG), sondern setzt fachliche Mindeststandards für die Durchführung des Mediationsverfahrens, z.B..:
    • Grundsätze und Ablauf der Mediation:  § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 2
    • Aufgaben und Rolle der Mediatoren:   § 1 Abs. 1 u. 2, § 2 Abs. 2, 3 u. 6, § 3
    • Ausschluss der Vor-/Nachbefassung:  § 3 Abs. 2
    • Rolle/Rechte der Konfliktparteien:   § 2 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 5
    • Möglichkeit von Einzelgesprächen:   § 2 Abs. 3
    • Einbeziehung Dritter:   § 2 Abs. 4
    • Vertraulichkeit:  § 4

    Deshalb stellt sich die Frage nach dem Geltungsbereich bzw. der Reichweite des MediationsG: Für wen gilt das MediationsG? Wer muss die o.g. fachlichen Standards einhalten? Wer ist zu den entsprechenden Hinweisen verpflichtet?

  • Nach § 1 Abs. 2 MediationsG ist Mediator eine unabhängige und neutrale Person ohne Entscheidungsbefugnis, die die Parteien durch die Mediation führt. Die Vorschriften des Mediationsgesetzes knüpfen funktional an den Mediator im Sinne von § 1 Abs. 2 MediationsG an, d.h. jede*r Vermittler*in, die oder der eine Mediation im Sinne des § 1 Abs. 1 MediationsG auftragsgemäß durchführt, unterliegt den normativ-fachlichen Standards des Mediationsgesetzes.
  • Entscheidend ist allein der mit den (Konflikt-)Parteien vereinbarte Auftrag. Wurde eine Vermittlung ohne Entscheidungsbefugnis des Dritten in der Streitsache vereinbart bzw. dass die Parteien selbst (eigenverantwortlich) eine Regelung bzw. Lösung in der Sache erarbeiten, dann handelt es sich um eine Mediation i.S.d. § 1 Abs. 1 MediationsG. Das gilt unabhängig davon, ob das Verfahren bzw. das Vorgehen  als „Mediation“, „Coaching“, als Klärungshilfe, Moderation oder Schlichtung bezeichnet wurde. Es spielt auch keine Rolle, wie sich die dritte Person nennt, ob nun Beraterin, Moderatorin, Helferin oder Unterstützer, Klärungshelfer, Supervisor oder Jurist. Egal ist es auch, ob sie im Übrigen als Verfahrensbeistand, als technische, wissenschaftliche, medizinische, psychologische bzw. psychosoziale Fachkräfte, Führungskräfte, (Bewährungs-, Kranken-, Gesundheits-, Pflege-, Rettungs-, Streit-, …)Helfer*, Berater*, Richter*, Seelsorger*, Ingenieur*, Ökonom* oder Organisations- und Unternehmensberater*innen, Rechtsanwälte/Rechtsanwält:innen tätig sind.
  • Durch § 1 Abs. 2 MediationsG wird der Anwendungsbereich zwar nicht auf alle Anwender von Mediationstechniken („Methoden“) ausgeweitet (vgl. z.B. Güterrichter*innen gem. § 278 Abs 5 ZPO), allerdings gilt das MediationsG verbindlich für alle Dritte/Vermittler*innen, die mit den Parteien ein Vermittlungsverfahren iSd § 1 Abs. 1 MediationsG vereinbart haben. Ausnahmen im Hinblick auf das Arbeitsfeld und Rechtsgebiet  – sei es allgemein zivil-, familien- oder strafrechtlicher, sozialpädagogischer, therapeutischer, ökonomischer oder welcher Art auch immer –  gibt es nicht.

Links:

  • Download des Vortrags von Prof. Trenczek zum funktionalen Mediationsbegriff (hier).