#30 EdM – Unfreiwillige Mediation, weil der Auftraggeber nicht will?

Wenn die Auftraggeberperson die Mediation eigentlich nicht will.

Episoden der Mediation.

Der Podcast zu den praktischen Fragen zur Mediation und des Konfliktmanagements.

Herzlich Willkommen zu den Episoden der Mediation,

dem Podcast von INKOVEMA zu den praktischen Fragen der Mediation und des Konfliktmanagements.

Ich bin Sascha Weigel und erläutere in diesem Podcast Fallfragen aus meiner Mediations- und konfliktberaterischen Praxis. Ich stelle Konzeptionen und Modelle der Mediation vor und ordne unterschiedliche Perspektiven und Entscheidungsmöglichkeiten ein.

 

Kapitel

0:12 Einführung in die Mediation

4:55 Unfreiwillige Mediation im Unternehmen

7:43 Perspektiven des Freiwilligkeitsprinzips

inhaltliche Zusammenfassung

In dieser Episode des Podcasts „Episoden der Mediation“ von INKOVEMA beschäftige ich mich mit einem besonders komplexen Thema: Unfreiwillige Mediation. Dabei geht es um Situationen, in denen der Auftraggeber einer Mediation, die theoretisch gewünscht sein könnte, diese in der Praxis jedoch eigentlich gar nicht will. Anhand konkreter Fallbeispiele aus meiner Mediationspraxis erläutere ich, wie es zu solchen Widersprüchen kommt und welche Herausforderungen bei der Auftragsklärung sie mit sich bringen.

Ich diskutiere die grundlegenden Prinzipien der Mediation, insbesondere das Freiwilligkeitsprinzip, und beleuchte, wie sich dieses in der Realität oft als problematisch erweist. In einem Gespräch mit einer Kollegin über Organisationsmediation wurde mir bewusst, dass für viele Vorgesetzte und Mitarbeiter die Vorstellung von Mediation häufig einer Pflicht nachkommt, die sie nicht freiwillig wählen. Diese Diskrepanz führt zu Spannungen und Fragen wie: Ist eine Mediation überhaupt durchführbar, wenn die Beteiligten nicht daran glauben?

In dieser Episode habe ich eine spezifische Fallkonstellation zur Grundlage genommen, in der ein Team in einem größeren Unternehmen eine Mediation anregte, obwohl die zuständige Bereichsleiterin diese nicht für sinnvoll hielt. Diese Situation verdeutlicht, dass oft der Druck von unten bzw. von der Mitarbeitervertretung – in diesem Fall von den Mitarbeitern – die Initiative zur Mediation anstößt, während die Führungsebene möglicherweise anderer Meinung ist und die angesichts der Konflikte agieren könnte, doch dem Betriebsrat zuliebe anders handelt.

Ich plädiere dafür, dass Mediatoren die Bereitschaft und Motivation der Konfliktparteien sorgfältig hinterfragen und diese nicht einfach nur annehmen, weil eine Mediation in Auftrag gegeben wurde. Es ist entscheidend, die inneren Einstellungen der Parteien zu erkennen und zu reflektieren, bevor man mit der Mediation beginnt. Hierbei stelle ich auch die Frage in den Raum, inwieweit das Bemühen um Freiwilligkeit nicht nur auf die Medianten, sondern auch auf die Auftraggeber ausgeweitet werden muss.

Zuletzt ermutige ich die Zuhörer, mir ihre eigenen Erfahrungen und Perspektiven zu diesem Thema mitzuteilen. Der Austausch von Ideen und Kritiken ist entscheidend, um die Komplexität von Mediation in der Praxis besser zu verstehen und die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Durchführung zu optimieren.

 

Vollständiges Transkript

[0:03]Herzlich willkommen zum Podcast Episoden der Mediation, dem Podcast von
[0:12]
Einführung in die Mediation
[0:09]INKOVEMA zu den praktischen Fragen der Mediation und des Konfliktmanagements. Ich bin Sascha Weigel und erläutere in diesem Podcast Fallfragen aus meiner Mediations- und konfliktberaterischen Praxis. Ich stelle Konzeptionen und Modelle der Mediation vor und ordne unterschiedliche Perspektiven und Entscheidungsmöglichkeiten ein. Das ist Episode 30. Unfreiwillige Mediation, weil der Auftraggeber nicht will? Wenn der Auftraggeber eigentlich die Mediation nicht will. Ja, richtig gehört. Es gibt diese paradoxe Konstellation, dass die Mediation stattfindet, obwohl der Auftraggeber das eigentlich nicht will. Und ich meine gar nicht, dass er sich darüber im Unklaren ist, sondern schlichtweg die gleiche Problematik sich stellt auf Auftraggeberseite als auch auf der Mediantenseite im Angesicht des Freiwilligkeitsprinzips. Aber der Reihe nach. In einem Gespräch mit einer Kollegin, die als Mediatorin arbeitet und sich für Organisationsmediation.
[1:16]Interessiert, habe ich Unterschiede erläutern wollen und Themen, die da aufscheinen. Und als ich so von der Freiwilligkeit sprach, war für sie klar, ach ja, dann wollen die das ja meistens nicht, die Streitparteien, weil sie dazu vom Arbeitgeber verdonnert werden, so der O-Ton. Und dann hatte ich schon innerlich so Widerspruch gemerkt, aber mir war noch nicht genau klar, worum es mir dabei ging. Ich habe das so belassen und nächsten Tag hatte ich aber ein Auftragsklärungsgespräch gehabt.
[1:48]Da war die Konstellation folgende und die führt zu dieser Fallkonstellation hin. In einer Abteilung hatten sich Mitarbeiter, Vorgesetzte und auch zum Team zugehörige Personen über lange Zeit ordentlich verkracht, gut missverstanden und auch schon ziemlich arg verletzt, emotional verletzt. Die Sache war eigentlich klar. Und dennoch wurde eine Mediation angeregt und gewollt von diesem Beteiligten. Und es ist so üblich dann, dass ich nach einer höher gestellten Person in der Hierarchie frage, die diesen Auftrag für eine Mediation an die Mitarbeiter dann übernehmen würde. Und so bin ich dann zu der Abteilungsleiterin bzw. Bereichsleiterin verwiesen worden. Und mit ihr habe ich so erzählt, wie sich die Sache darstellt und fragte dann auch, weil es ein größerer Betrieb ist, bei dem ich wusste, dass es auch eine Mitarbeitervertretung gibt, also ein Betriebsrat, ob denn der Betriebsrat Bescheid weiß, dass dieses Gespräch stattfindet, dass dieser Mediationsprozess stattfinden soll. Und das wurde verneint und das fand ich schon merkwürdig. bzw.
[3:04]Der wusste von diesem Gespräch nicht konkret, aber dass dieser Prozess stattfinden sollte. Und das ging auch von diesem aus. Es sollte hier nochmal probiert werden, aber eigentlich wollte das gar nicht so, die beteiligten Personen. Und das fand ich merkwürdig, dann zu intervenieren, auch wenn ich mir dann diesen Auftrag gut zerschossen habe. Denn die Sachlage stellte sich schnell so raus, dass auch die Bereichsleiterin diese Mediation für nicht sinnvoll erachtete und eigentlich klar war, dass hier aufgrund von subjektiver Sichtweise, sicherlich aber gut belegbar und auf jeden Fall gefestigte Meinung, die Schlechtleistungen und konkreten Verhaltensweisen für ein nicht fortführendes Arbeitsverhältnis ausreichen würden. Und das müsse auch deutlich gemacht werden.
[3:57]Und der einzige Punkt, der diese Erklärung letztlich nicht zustande gebracht hat, war eben die Intervention des Betriebsrates. Dieser Betriebsrat wollte, dass hier nochmal ein klärendes Gespräch stattfindet. Aber es passte gar nicht. Und ich habe das auch dann deutlich gemacht, dass ich hier eigentlich ein klärendes Gespräch zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat für richtig halte, wie mit Mitarbeitern umgegangen wird und welche Kultur gepflegt wird. Und das wäre vielleicht ein Vermittlungsgespräch wert. Aber das ist natürlich ein ganz anderer Schnack, das ist eine ganz andere Situation. Da möchten und können natürlich die Beteiligten erstmal sehen, ob sie nicht selbst Klärung herbeiführen, ehe sie einen teuren und konfrontierenden externen Berater oder Mediator hinzuholen. Aber hier soll es ja um die Konstellation gehen und die ist nicht selten, will ich vermuten.
[4:55]
Unfreiwillige Mediation im Unternehmen
[4:53]Und gerne gebt Rückmeldung, wenn ihr das auch kennt. In Organisationen ist mitunter die Situation so zu beschreiben, dass die Konfliktparteien, die streitenden Personen, die Mediation wollen und zu ihrem Vorgesetzten, zu der Organisation gehen und dem eine Mediation de facto abnötigen, also die Bezahlung der Mediation und die Beauftragung eines externen.
[5:20]Eigentlich diese Personen in ihrer Rolle gar nicht so sehr dafür sind und nicht genau wissen, ist das eigentlich das passende Instrument. Aber die Mitarbeiter sind da sehr davon überzeugt und Mediation lässt sich dann manchmal schwer ablehnen. Für den Mediater stellt sich in der Praxis, habe ich die Frage noch nicht gehört, aber in der Theorie sollte die auf jeden Fall gestellt werden, ist die Mediation dann überhaupt durchführbar, wenn der Auftraggeber einer, in dem Fall der Organisationsmediation.
[5:54]Das gar nicht will. Stellen sich hier nicht auch Freiwilligkeitsthemen im Sinne des Mediationsgesetzes, ebenso wie bei der Konstellation, dass eine der Konfliktparteien nicht so recht will oder, sich gezwungen fühlt, dieses Gespräch durchzuführen. Müsste man die Freiwilligkeit nicht auch auf diese Beteiligten der Mediation Münzen und das Thema Freiwilligkeitsprinzip nochmal aus der Perspektive randschärfer betrachten. Daran wird meines Erachtens deutlich, dass es eben nicht um Lust und Laune geht bei Freiwilligkeit und der freie Wille sich darin äußert, dass man mit einem Lächeln die Mediation eröffnet, sondern dass das ein komplexes, vielschichtiges Abwägungsprogramm ist, bei dem auch gute Gründe dafür bestehen, Nein zu sagen, aber letztlich ein Ja entschieden wurde und kommuniziert wurde. Wer also als Mediator ist.
[6:57]Sehr genau detektiert, wie die Konfliktparteien im Raum sind und ob sie das auch wirklich wollen, diese Mediation, um so schnell wie möglich sagen zu können, nein, unter den Umständen bin ich gar nicht bereit, weil das gegen das Mediationsgesetz verstößt. Der sollte sich überlegen, ob er genauso fein detektiert, wie denn die Auftraggeberpersonen zur Mediation stehlen oder ob sie nicht einfach auch gute Miene zum bösen Spiel machen, weil so schlecht gegen Mediation argumentiert werden kann. Was wäre das denn auch für ein Feedback von Auftraggeberpersonen und Organisationen, dass eine Mediation in eurem Falle wenig aussichtsreich erscheint? Ich kenne euch ja, meine lieben Damen und meine lieben Herren, die es soweit hier getrieben haben.
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Perspektiven des Freiwilligkeitsprinzips
[7:43]Diese zugegebenermaßen sehr spezifische Konstellation, die aber in der Praxis wirklich Relevanz hat, kann nochmal verdeutlichen, auch mit welcher Perspektive man das Freiwilligkeitsprinzip stark macht.
[7:57]Und das soll es für heute auch gewesen sein, diesen Aspekt zum Thema Freiwilligkeit in einer Konstellation benannt zu haben. Wenn du Ähnliches kennst oder noch Abwandlungen, die noch einen zusätzlichen Baustein bringen können, dann schreib mir gerne und kontaktiere mich unter s.weigel.inkofema.de oder geh direkt auf die Webseite und geh dort auf das Kontaktformular. Für den Moment bedanke ich mich, dass du hier mit dabei warst. Gib gerne Feedback und unterstütze diesen Podcast in seiner Verbreitung und inhaltlichen Ausrichtung. Kommt gut durch die Zeit. Ich bin Sascha Weigel, dein Host vom INKOVEMA, dem Institut für Konflikt- und Verhandlungsmanagement in Leipzig und Partner für professionelle Mediations- und Coaching-Ausbildungen.