INKOVEMA-Podcast „Gut durch die Zeit“

#245 GddZ

Mediation am Bau

Konflikte in der Bauhütte

Im Gespräch mit Claudia Horstmann

Architektin, Lehrende und supervidierende Transaktionsanalytikerin unter Supervision (PTSTA), Berlin

Kleine Reihe: Mediationsfelder

Inhalt

Kapitel:

0:02 – Einleitung zum Bau-Podcast
1:24 – Claudia Horstmann stellt sich vor
4:52 – Bauhütte und ihre Herausforderungen
9:31 – Kommunikation in der Bauhütte
13:52 – Kante zeigen auf der Baustelle
15:52 – Vertrauen und Respekt in der Baukultur
22:50 – Moderation und Mediation im Bauwesen
26:49 – Entwicklungen in der Architekturszene
33:46 – Fazit und Ausblick auf die Zukunft

ausführliche Zusammenfassung

In dieser Episode widmen wir uns dem spannenden Thema der Mediation im Bauwesen, einem Bereich, der aufgrund seiner Komplexität und der häufigen Konflikte besondere Mediationskompetenzen erfordert. Ich bespreche mit Claudia Horstmann, einer erfahrenen Architektin und lehrenden Transaktionsanalytikerin, die durch ihre eigene tiefgehende Erfahrung auf Baustellen wertvolle Einblicke in die Kommunikationsdynamiken und Konflikte bietet, die in diesem Umfeld auftreten.

Wir starten mit einem Blick auf die spezifische Kommunikationssituation in der sogenannten Bauhütte, dem zentralen Treffpunkt für alle am Bauprojekt Beteiligten. Hier begegnen sich Architekten, Bauherren, Ingenieure und Handwerker, und es werden Entscheidungen getroffen, die sowohl den Baufortschritt als auch die Qualität des Projekts maßgeblich beeinflussen. Claudia erzählt von ihren Erfahrungen als eine der wenigen Frauen in ihrer Position und wie sie es geschafft hat, sich in dieser Männerdomäne zu behaupten. Ihre Anfänge am Bau, inmitten großer Herausforderungen und Konflikte, waren geprägt von einer ständigen Auseinandersetzung mit unterschiedlichen persönlichen und professionellen Interessen.

Ein zentrales Thema, das wir erörtern, ist die Notwendigkeit, Kante zu zeigen – sowohl in der Abgrenzung als auch im Beziehungsangebot. Claudia erklärt, dass das Bestehen von Tests und Herausforderungen eine wesentliche Rolle im beruflichen Respekt und in der Zusammenarbeit spielt. Es geht darum, sich sowohl als kompetente Fachkraft zu positionieren als auch die Anwesenheit und die Ansprüche der anderen Teilnehmer zu respektieren und aktiv einzubringen. In diesem Kontext beziehen wir auch die Grundlagen der Transaktionsanalyse mit ein, die uns helfen, die psychologischen Spiele und Dynamiken, die in solchen Besprechungen entstehen, besser zu verstehen.

Darüber hinaus beleuchten wir die Rolle der Moderation in Bauprojektbesprechungen und diskutieren die Frage, ob und wie externe Moderatoren dazu beitragen könnten, Konflikte zu entschärfen und die Effizienz dieser Treffen zu erhöhen. Claudia hebt hervor, dass eine angemessene Vorbereitung und Hierarchiefestlegung wichtig ist, um die Akzeptanz und den Respekt für einen Moderator zu sichern. Wir erörtern, welche Eigenschaften und Fertigkeiten ein solcher Moderator besitzen müsste, um in der oft konfrontativen Atmosphäre einer Bauhütte erfolgreich zu agieren.

Abschließend reflektieren wir über die Entwicklung der Kommunikationskultur im Bauwesen und die Möglichkeit, dass eine mediative oder moderierte Herangehensweise nicht nur Konflikte lösen, sondern auch die Zusammenarbeit aller Beteiligten verbessern könnte. Claudia teilt ihre aktuellen Erfahrungen als Trainerin und Coach in Unternehmen und wie ihre architektonischen Wurzeln in ihrem heutigen Arbeiten spürbar sind. Sie erläutert, wie wichtig es ist, sowohl den menschlichen als auch den räumlichen Kontext bei der Zusammenarbeit zu berücksichtigen.

Diese Episode bietet nicht nur wertvolle Einblicke in die Welt der Bauprojekte und die Herausforderungen der Mediation, sondern zeigt auch, wie wichtig Kommunikation und Verständnis für unterschiedliche Perspektiven in einer oft konfliktbeladenen Umgebung sind.

vollständiges Transkript auf der Episodenwebseite.

Vollständige Transkription

(KI-generiert)

 

[0:02]
Einleitung zum Bau-Podcast
[0:00]Also es ist irgendwie Kante zeigen und ein Beziehungsangebot. Und wenn man das bestanden hat, dann kann man zusammen arbeiten. Herzlich willkommen zum Podcast Gut durch die Zeit. Der Podcast rund um Mediation, Konfliktcoaching und Organisationsberatung. Ein Podcast von INKOVEMA. Ich bin Sascha Weigel und begrüße dich zu einer neuen Folge. Und die heutige Episode soll sich mit der kleinen Reihe der Arbeitsfelder von Mediation oder auch der potenziellen Arbeitsfelder von Mediation beschäftigen. Also wo Vermittlungskompetenzen möglicherweise sinnvollerweise eingesetzt werden können. Und das heutige Thema dazu ist im Großen die bekannte Überschrift auch Mediation am Bau oder Mediation beim Bauen. Mediation hat dort eine lange Tradition.
[0:44]Auch nicht nur von Erfolgen geprägt, sondern auch von Erkenntnissen, dass das ein schwieriges Arbeitsfeld für Mediatoren ist. Ich möchte heute euch, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, in eine ganz spezifische Situation führen, nämlich das Gespräch in der Bauhütte. Das ist doch eine ganz hochinteressante Gesprächssituation, die von vielerlei geprägt ist, wo durchaus auch Kommunikationskompetenzen vonnöten sind. Und da ich dort nur rudimentäre Kenntnisse habe, habe ich mir jemanden eingeladen, der dort nicht nur, also ich will gar nicht sagen groß geworden ist,
[1:24]
Claudia Horstmann stellt sich vor
[1:22]aber der sich mit dieser Situation auskennt. Herzlich willkommen bei mir hier im Podcaststudio, Claudia Horstmann. Hallo Sascha, ich freue mich über die Einladung. Ja, ich musste ein bisschen lachen, als du das erzählt hast, weil du hast tatsächlich einen Punkt getroffen, weil ich bin auf einer Baustelle groß geworden.
[1:40]Tatsächlich wurde mein Elternhaus umgebaut, als ich geboren wurde. Als Baby bin ich auf einer Baustelle groß geworden, das stimmt. Vielleicht daher die Affinität, dass ich da später alle gearbeitet habe.
[1:52]Ich im Gegensatz dazu habe als Jugendlicher beschlossen, dass ich nicht mit auf die Baustelle ziehen werde, die mich noch tiefer ins Erzgebirge geführt hätte, sondern ich habe gesagt, nee, ich gehe den Entgegensetzenweg, mache ich nicht mit. Auch ein Thema, was mich sozusagen mit Konflikten verbindet. Aber daher ist mir das nicht ganz fremd, aber ich war halt nie wie du sozusagen auch dort professionell am Tisch in der Bauhütte. Und da gucken wir uns das genauer an, aber zunächst mal vielleicht noch das, wenn ich an die Bauhütte denke, dann muss ich tatsächlich immer an dich denken. Und daher auch nach langen Jahren, wir haben ja zusammen Transaktionsanalyse, Ausbildung gemacht, wo ich dieses Bild entwickelt habe, die Claudia in der Bauhütte steht, ihre Frau und muss sich dort gut durchsteuern. Das war so die Ausgangssituation. Wenn ich das so rüberreiche, beschreib doch mal so ein bisschen, wer du bist. Wie es kommt, dass du dort, sage ich mal, die hohe Kunst der Kommunikation bearbeitet hast und was das mit Transaktionsanalyse für dich zu tun hat, als Ausgangspunkt zu dir und deiner Person.
[2:57]Erzähl dich gern. Ich bin Architektin in meinem Ursprungsberuf und bin deswegen auch nach Berlin gekommen, weil ich das unbedingt sehen wollte, wie Ost und West zusammenwächst und hatte Glück. Es gab hier auch viele Stellen damals und bin relativ schnell in die Situation gekommen, dass ich in einem namhaften Büro als Projektleiterin für große Projekte gearbeitet habe. Also große Projekte, dass man sich das vorstellen kann, was das eigentlich bedeutet. Ich sage es mal so an der Bausumme, die Projekte lagen immer zwischen 10 bis 50 Millionen Euro. Also wirklich sehr große Projekte und da habe ich als Bauleiterin gearbeitet und als Bauleiterin hat man unter anderem den Job, dass man die regelmäßigen Joffixe, die auf Baustellen stattfinden, das sind die Baubesprechungen in der Bauhütte, wie du sie gerade genannt hast, nicht leiten, aber daran teilnehmen muss. Und man ist eben halt die Architektenvertretung. Das habe ich lange Jahre gemacht bei einem sehr, sehr großen Bauvorhaben. Also das war ein großes Objekt, ein großes Hotel, dazu zwei Autohäuser und 20 Wohneinheiten. Das ist ja ganz komplex, dafür habe ich die Leitung gemacht und saß jede Woche in der Bauhütte, wie du es so schön sagst.
[4:13]Bauhütte, ja genau, das war dann halt Container und das sah so aus, dass dort wir circa mit 15 Personen uns regelmäßig getroffen haben. Die Zusammensetzung der Personen oder unserer Runde war dann so, dass natürlich der Projektsteuerer respektive Bauherrenvertreter vor Ort war, die Architekten, alle Fachplaner, auch die Poliere, die zurzeit eben zu dem Zeitpunkt eben wichtig waren, was da auf der Baustelle stattfand. Also wir waren eine große Runde und meistens in der Regel war ich die einzige
[4:52]
Bauhütte und ihre Herausforderungen
[4:48]Frau. Das war mein Arbeitsleben und so haben wir uns kennengelernt, Sascha. Claudia, du sagst, du bist nach Berlin gekommen, um zu sehen, wie die zwei…
[4:58]Deutschen Stadtteile zusammenwachsen. Wann war das gewesen? 1993 bin ich nach Berlin gekommen. Am 10. August 1993. Ist noch ganz präsent. Ist noch ganz frisch. Und bei den Projekten, die du beschreibst, alleine von dem Volumen her, ist die Bauhütte wahrscheinlich auch nur ein symbolischer Begriff. Das wird wahrscheinlich nicht nur eine Hütte gewesen sein, sondern da ist schon ein großer Tisch mit vielen Leuten. Oder wie ist das typischerweise aufgebaut, die Situation, wer sitzt da so mit am Tisch, dass wir uns ein Bild machen können, wie die Kommunikationssituation ist?
[5:36]Das ist ein großer Tisch, also mehrere aneinandergestellte Tische und das ist üblicherweise in einem Baucontainer. Also die immer Baucontainer, die man halt überall sieht. Man trifft sich morgens um 9 Uhr. Die Teilnehmer, wie ich eben schon gesagt hatte, das sind eben in der Regel Bauherrenvertretung, Projektsteuerer, Architekt, alle Fachplaner, also Statik, Brandschutz, Haustechnik, Vermesser, also je nachdem, in welcher Bauphase man gerade ist und natürlich auch Innenarchitekt, Polierer.
[6:09]Von den Gewerken, die gerade auf der Baustelle sind und so weiter. Also man trifft sich ganz regelmäßig einmal in der Woche, um den Baufortschritt und was zu tun ist, zu besprechen. Das sind mindestens zehn Leute. Wie viele können das sein dann? Zehn bis fünfzehn Leute waren jetzt bei diesem großen Projekt, was ich gemacht habe, immer dabei. Und es ist praktisch das Forum, wo alles auf den Tisch kommen soll, was besprochen werden muss. Alle Probleme werden dort angesprochen und man hat nicht unbedingt die Zeit, die in Ruhe zu besprechen, sondern das wäre allenfalls schon ein Erfolg, wenn es dort ruhig zugeht. Oder wie kann ich mir das vorstellen, wer da das Sagen hat, wer sich meldet? Wie geht das normalerweise vonstatten? Also bei solch großen Bauvorhaben ist es so, dass es in der Regel einen Generalunternehmer gibt. Also das wird nicht gewerkeweise vergeben, solche Projekte, sondern die werden über einen GU, also Generalunternehmer oder Übernehmer, vergeben. Das heißt, der sitzt auch mit am Tisch. Das bedeutet wiederum, Gewerk ist eben, meinetwegen Mauerarbeiten, Zimmerarbeiten, Fliesenarbeiten, das sind alles Gewerke und ein GU hat alles unter sich. Der sagt quasi, ich baue dir die Hütte für, ich sage jetzt mal, um irgendwas zu sagen, 500.000 und die ist am 12. Dezember fertig.
[7:30]Das ist sein Vertrag. Also alles ist darunter gepackt, die ganzen Werke und er haftet auch. Und dem, der das gesagt hat und versprochen hat, der sitzt meistens nicht mit am Tisch. Der sitzt auch am Tisch. Auf diesen Joe Fixen geht es dann auch immer darum, auszuhandeln, in welcher Qualität Dinge gebaut werden auf der Baustelle. Also üblicherweise ist es so, dass der Architekt anhand seiner Details, Leistungsbeschreibung, Funktionalbeschreibung und so weiter eine Qualität für das Bauwerk festlegt und der GU hat in der Regel in seinem Vertrag eine Klausel stehen, also dass er das anders bauen darf bei gleichwertiger Qualität und darüber streitet man sich oft. Was ist gleichwertig? Weil der Architekt möchte natürlich gerne seine Ideen, sein ästhetisches Empfinden, Überzeugung natürlich auch durchsetzen. Und der GU hat natürlich das Ziel, dass er möglichst viel Gewinn macht, also dass sozusagen er die Kosten minimiert. Und das an sich, wenn man sich das vorstellt, ist schon Konfliktbelagend. Da treffen Professionen aufeinander, Kunst und Handwerk, mal ganz, ganz simpel gesagt, aber eben auch ganz verschiedene Handwerksorganisationen und auch Organisationen treffen aufeinander, die also völlig unterschiedliche Interessen haben.
[8:54]Also der eine möchte es preiswert bauen, aber er hat gesagt, er macht das zu einer bestimmten Qualität. Es scheint argumentativ einen Spielraum zu geben, was das ist. Und in dieser Situation hast du sozusagen gearbeitet und dann auch beschlossen, okay.
[9:07]Hier muss ich verstehen, was los ist, hast dich dann für Transaktionsanalyse entschieden, aber das war der Anlass zu sagen, okay, ich muss mich damit beschäftigen, was hier abgeht. Ja, genau. Das war tatsächlich der Anlass. Also die dritte starke Position ist natürlich der Bauherr, der beides will. Also so billig wie möglich und so gut wie möglich.
[9:31]
Kommunikation in der Bauhütte
[9:28]Diese Parteien sitzen am Tisch. Dann gibt es halt noch die Handwerker, die auch eine eigene Idee haben, wie etwas gebaut werden soll. Das dauert lange. Also so ein Jeffix hat immer acht Stunden gedauert. Acht Stunden? Ja, acht Stunden. Jede Woche.
[9:43]Ich hätte ja als erstes gedacht, die haben gar nicht die Zeit oder zu sagen, ich muss ja auch noch was bauen, also ich kann mich jetzt gar nicht hier hinsetzen. Aber das scheint wirklich notwendig zu sein. Es ist notwendig. Also die dort Versammelten sind ja eher die Planer, also das heißt eher sozusagen die Leute, die im Kopf arbeiten. Aber das ist notwendig, um die ganzen Dinge zu besprechen, die anfallen bei so einem großen Bauvorhaben in den unterschiedlichen Bauphasen. Und üblicherweise hat die Bauherrenvertretung oder der Projektsteuerer die Leitung. Das, was ich da erlebt habe, war, dass es sehr, sehr viele Konflikte gab. Jetzt mal unabhängig von meiner Position, die besonders war, weil ich war eine junge Frau und die einzige Frau auf der Baustelle. Es gab viele Konflikte, was aus heutiger Sicht ich so sagen würde. Wie hat es unser Ausbilder Thorsten Gek mal gesagt? Die psychologischen Spiele fliegen tief oder flogen tief. Das heißt also, wenn man das Einfachste jetzt in dem Dramadreieck Verfolger rette Opfer, die Besprechungen wurden sehr viel aus der Verfolgerrolle geleitet.
[10:44]Hier muss man ordentlich auf den Tisch gepocht werden, hier müssen die Leute eingenordet werden. Schuss von Buch bestimmt die Richtung. Also all das, was an pädagogischen Erziehungsmaßnahmen so landläufig in der Bauhütte Platz finden soll, wird dort erlebbar. Ich habe damals beschlossen, Transaktionsanalyse zu machen aus zwei Gründen. Also ich war einfach noch sehr jung, als ich das übernommen habe und ich habe gedacht, okay, also Führungsskills hast du jetzt nicht gelernt im Studium, wie man ein Team führt, wie man solche Besprechungen macht und so und mich dann auf die Suche gemacht und so. Habe Transaktionsanalyse gefunden und da ich ein gewissenhafter Mensch bin, habe ich mich mit so einer dreiwöchigen Wochenendausbildung nicht zufrieden gegeben, sondern habe mal gleich mit der Basiskompetenz angefangen. Habe dann da eine Leidenschaft gefunden, muss ich schon sagen, weil heute bin ich ja Lehrende Transaktionsanalytikerin, das nicht ohne Grund, weil mich das einfach sehr begeistert hat. Und nichtsdestotrotz hat es mir damals auf der Baustelle allerdings auch wirklich sehr, sehr geholfen, weil ich verstanden habe oder immer mehr und mehr verstanden habe durch die eigenen Supervisionen, die ich während meiner Ausbildung gemacht habe, was eigentlich passiert bei diesen Besprechungen. Weil was mir schon ohne diesen ganzen TA-Hintergrund aufgefallen ist, dass ich gedacht habe, also eigentlich könnte man die auch in vier Stunden machen, dann ist das Wesentliche gesagt.
[12:11]Das ist ja durchaus klischeehafterweise generell der Eindruck, wenn man in so eine fremde Kultur kommt. Ich würde mal hier sagen, in eine Männerkultur mit den Augen einer Frau betrachtet oder mit den Ohren einer Frau eingeschätzt. Okay, das könnte effektiver gehen. Man könnte ein paar Dinge weglassen, aber die scheinen doch wichtig zu sein. Zumindest für die Ansässigen dort. Jetzt ist es eine Situation, wo man glaube ich sagen kann, du bist durch die harte Schule gegangen, durch die harte Kommunikationsschule und hast Transaktionsanalyse dort also mit gutem Datenfutter praktisch lernen können. Was ist denn das? Das Wesentliche, was man wissen muss, wenn man in eine solche Situation als Beteiligte kommt, also wenn man da drin bestehen will. Ich denke, dass das höchstwahrscheinlich unterschiedlich ist, ob man eine Frau oder ein Mann ist. Was aber bei beiden gleich ist, ist man wird getestet. Also das ist auf der Baustelle etwas, worauf man sich einstellen muss.
[13:11]Also ich denke, Menschen testen andere Menschen immer. Aber auf der Baustelle ist es so, da geht es dann schon etwas härter zu, die Tests, die da gemacht werden. Das ist der eine Punkt, dass man sich darauf einstellt und man muss bestehen. Also wie man so schön sagt, man muss Kante zeigen. Und der andere Punkt ist, dass man neugierig sein muss auf diese Kultur, die anders ist. Also Kante zeigen heißt nicht, sich dahinter dann zu verstecken, sondern es ist beides zugleich, sowohl Abgrenzung als auch ein Beziehungsangebot. Ja, so ist es. Das ist irgendwie so, wenn man diesen Test bestanden,
[13:52]
Kante zeigen auf der Baustelle
[13:51]bekommt man auch Respekt. Vielleicht einfach mal, um ein Beispiel zu nennen, damit das deutlicher wird, als Architektin muss man auch Deckenspiegel machen, also wie sind die Lampen eingeordnet, welche Lampen sind da und so. Man überprüft das zumindestens, was der Techniker macht. Ich hatte das alles gemacht auf einer Baustelle und ihm gesagt, so und so und so müssen wir das machen, anders geht es nicht. Bei der Baubesprechung auf der Baustelle hat dieser Haustechniker genau diesen Plan wieder vorgelegt und ich gucke da nur drei Sekunden drauf und sehe, er hat die Änderungen, die ich ihm in die Feder diktiert hatte, sozusagen nicht rein genommen in seinen Plan und dann habe ich ihm das gesagt, wir haben das anders besprochen, diese Lampen kommen da nicht rein, da müssen andere Lampen rein und sein Kommentar war, scheiße, sie hat es gemerkt.
[14:41]Vor allen Leuten, auch für alle hörbar, das war sozusagen auch stellvertretender Test. Das war vor allen Leuten, es war hörbar und ich habe nur gedacht, mein Gott, wie kann man nur so blöd sein. Aber gut, ich habe nichts gesagt, ich habe nur gesagt, ja, ich habe es gemerkt, das wird nicht akzeptiert, machen Sie es nochmal neu. Aber von da an hatte ich Respekt. Das ist so harte Kante zeigen. Also das war jetzt noch nicht besonders hart. Wenn ich da jetzt nichts gesagt hätte, dann hätte ich immer weiter Ärger mit ihm gehabt, weil er hätte immer versucht, mich zu überrumpeln oder Dinge, die ihm unangenehm waren oder vielleicht mir Geld gekostet haben, nichts zu machen.
[15:20]Wieso hast du nicht einfach gesagt, der hat mein Vertrauen verloren? Also in anderen Kontexten sind solche Aktionen ja Grund für Konflikte von Vertrauensmissbrauch und ich kann dem nicht mehr vertrauen. Der hat gesagt A und der macht B und dort scheint das… Wie der Ausgangspunkt einer guten Zusammenarbeit zu sein. Also das habe ich mehrfach erlebt. Also eigentlich bin ich von jeder Firma getestet worden auf der Baustelle. Genau, du hast es ganz richtig erfasst. Also es ist irgendwie Kante zeigen und ein Beziehungsangebot.
[15:52]
Vertrauen und Respekt in der Baukultur
[15:49]Und wenn man das bestanden hat, dann kann man zusammenarbeiten. Wenn nicht, dann hat man eine schwere Zeit. Aber was hast du für eine Erklärung dafür, dass das sozusagen sich ganz anders dadurch ausnimmt und entwickelt als in anderen Kontexten, die dir wahrscheinlich auch nicht unbekannt sind heute als Beraterin, wo so eine Situation noch 20 Jahre später als Ausgangspunkt von Konflikten beschrieben wird, weil er das Vertrauen missbraucht hat. Du hast vielleicht nicht darauf vertraut, dass er es gleich beim ersten Mal so macht, sondern du musstest es halt erkennen. In anderen Situationen, anderen Professionen und Organisationen ist das das Ende einer guten Zusammenarbeit.
[16:27]Hey du, der den Podcast gerade hört, Wir bringen jede Woche eine neue Folge in diesem Podcast. Auch dir zum Anhören und brauchen deine Unterstützung. Nimm dein Smartphone, hinterlass eine Sternebewertung und einen Kommentar, wie dir der Podcast gefällt und mach andere dadurch aufmerksam auf diesen Podcast hier. Vielen Dank und jetzt geht’s weiter mit dem Podcast.
[16:52]Ja, das ist richtig. Ich habe das anders aufgefasst, weil ich habe versucht, mich in die Situation der Handwerker hineinzuversetzen. Die haben eine ganz andere Lebensrealität als wir. Und wenn ich da jetzt gekommen wäre und gesagt hätte, sie haben meinen Vertrauen missbraucht, dann hätte er wahrscheinlich gesagt, was ist das für eine sensible Tussi oder irgendwie sowas. Mit solchen Begrifflichkeiten, die auch emotional sind, geht man auf der Baustelle nicht um. Das ist nicht männlich. Dass ich am Ende das erfolgreich gemacht habe oder geschafft habe, da hat mir die TA, also die Okay-Okay-Haltung in dem Sinne geholfen hat, dass ich versucht habe, mich in die Situation des anderen, in diesem Fall der Handwerker, hineinzuversetzen. Ich glaube, das war der Punkt. Also ich glaube, dass das Thema Vertrauen ja von der anderen Seite auch nochmal wichtig ist, wie in anderen Kontexten auch, also wo es ruppig zugeht, ist ja meistens so, dass man sich aufeinander verlassen können und man muss wissen, ob der andere was drauf hat, ob er sein Handwerk versteht, ob er Ahnung hat und es geht nur über einen Test. Und im Zweifelsfall bereit ist es auch, Dinge wieder abreißen zu lassen. Also jetzt, das ist schwierig irgendwie, wenn, sag ich jetzt mal, auf der Baustelle irgendwas fertig ist, es ist aber falsch hergestellt und man muss dann die Anweisung geben, es wird abgerissen. Das ist schwierig, also das erfordert auch Mut und gleichzeitig ist es so, dass einem das Respekt entgegenbringt, dass man eben auch seine Seite vertritt.
[18:20]Und das ist eben halt dieser Test, weil im Zweifelsfall können sich ja auch die Handwerker darauf verlassen, dass ich dafür stehe, dass eine gute Qualität gebaut wird. Und dass wenn sie bei mir als Architektin arbeiten und ich mache eine gute Arbeit, ich liefere gute Qualität ab, haben sie auch einen Vorteil davon, weil sie als Firma einen guten Leumund haben. Was hat dir das mit der TA dann gebracht? Hat dir das geholfen zu verstehen oder zu bestehen, die Situation? Manchmal besteht man ja auch die Dinge, ohne das irgendwie benennen zu können. Angefangen damit, dass bei diesen Jurfixen, also in dieser Bauhütte, es natürlich auch so war, dass ich viel nicht anerkannt wurde, dass ich viel Aggression abbekommen habe, dass ich zuerst nicht respektiert worden bin. Ich wusste damit überhaupt nicht umzugehen. Ich habe natürlich auch gedacht, das liegt an mir. Ich habe zu wenig Fachwissen. Ich war ja auch jung, eine junge Architektin, hatte erst ein paar Jahre Berufserfahrung. Man bezieht das zuerst auf sich und durch die Supervision in der Transaktionsanalyse habe ich verstanden, dass es mit vielen anderen Dingen zu tun hat, die da passiert sind.
[19:26]Also zum Beispiel mit der Dynamik, die in so einer Runde entsteht. Ich hatte schon gesprochen von dieser Verfolger-Dynamik, die da durchaus typisch war. dann diese Dynamik, dass, sag ich jetzt mal, die Männer auch voreinander glänzen mussten.
[19:41]Also es gibt ja immer diesen Spruch, ich sag’s jetzt einfach mal so, wer hat den längsten? Das war ein typisches Spiel, was da stattgefunden hat. Als Frau steht man da erstmal davor und denkt, oh Gott, hier kann ich natürlich erstmal nicht mithalten und ich hab’s auch nicht so richtig verstanden und ich hab das wirklich durch die Supervisionen verstanden, dass das eine eigene Dynamik ist, in der ich auch nichts zu suchen hatte, auch nicht wollte. Ich habe gelernt, mich anders durchzusetzen. Dann war natürlich auch noch der Rollenkonflikt. Also ich war Mitte, Ende 30 und diese Herren, mit denen ich zu tun hatte, die waren mindestens 15 bis 20 Jahre älter als ich. Die hatten auch ein anderes Rollenbild von Frauen. Konnten sich das einfach auch nicht vorstellen, dass da eine qualifizierte junge Frau sitzt und mit denen über technische Details redet auf der Baustelle, weil ihre Frauen maximal die Farbe des Teppichs aussuchen durften. Und das ist mir einfach alles klar geworden durch die Supervisionen in der Transaktionsanalyse und hat mir geholfen, da meinen Platz zu finden und auch meine Wege zu finden, mich durchzusetzen. Dann gucken wir uns die Situation sozusagen jetzt beide auch mit Berateraugen an, weil bei aller Erklärbarkeit der Gesprächskultur und der Notwendigkeit, dass das auch zusammen funktioniert.
[20:55]Ist vielleicht auch da wirklich was dran zu sagen, das geht auch in vier Stunden und es geht wahrscheinlich auch mit weniger Zeit. Konflikten und Gewinner-Verlierer-Kommunikation. Insoweit könnte man ja der Meinung sein, Moderation oder Vermittlungskompetenzen von jemandem, der jetzt da nicht unmittelbar eine Aktie dran hat, sondern der das neutral und engagiert leiten kann, wäre nicht die schlechteste Idee.
[21:19]Und dennoch kann ich mir wenig einfacher vorstellen oder ausmalen, als dass dort in so einer Bauhütte tatsächlich einer moderiert. Ist dir das jemals untergekommen in deinen ganzen Jahren als Architektin, dass es so eine Moderation gab? Nein, moderiert hat der Projektentwickler oder Bauherrenvertretung, die waren nicht dafür geschult. Das hat man eben gemerkt, weil es eher darum ging, Schuldige zu suchen, als verstehen zu wollen. Es geht eher so darum, Termine einzuhalten. Baustelle bedeutet immer ein unglaublich hoher Druck, so die Termine einzuhalten. Und wenn das jemand nicht geschafft hat, den unter Druck zu setzen und zu beschuldigen auch, das hat zu vielen Konflikten geführt. Und ich stelle mir das so vor, dass wenn jemand geschult wäre.
[22:10]Also Moderationen auszuführen, auch mit diesem Hintergrundwissen, dass das auf jeden Fall in kürzerer Zeit gehen würde. Davon bin ich überzeugt, ja. Und ich meine, es gibt Erfahrungen so aus anderen Bereichen. Ich habe hier mit einem Kollegen, mit dem Jörg Schneider-Protmann, ähnlich große, komplexe Projekte besprochen bei Softwareentwicklung. Auch aus Krankenhäusern kennt man auch so anspruchsvolle, schwierige Gespräche. Auch bei Betriebsräten ist das manchmal so oder auch im Management, die durchaus mit Moderation gute Erfahrungen gemacht haben. So eine Bauhütten-Schuhfix,
[22:50]
Moderation und Mediation im Bauwesen
[22:44]da geht es wirklich auch um viel, viel Geld, sodass es eigentlich nicht am Geld liegen kann. Vielleicht die Frage anders angegangen, was es dafür bräuchte.
[22:55]Worauf müsste man sich denn einstellen? Wenn man tatsächlich als externer Moderator des Generalunternehmers oder desjenigen, der das Projekt überhaupt initiiert hat, dort moderativ tätig sein müsste, wenn man zum Beispiel zu schnell Ja gesagt hat, das mache ich. Der würde doch auch getestet werden, oder? Also was müsste der denn mitbringen?
[23:19]Erste Regel auf der Baustelle, nie sofort ja sagen. Egal, was dir angetragen wird, ob du etwas machst, nie sofort ja sagen. Immer sagen, ich schlafe noch nicht nach drüber. Ach ja, also auch so weit. Ja, das ist wirklich so, weil da sind oft Interessenlagen dahinter, warum man etwas sehr schnell erledigen soll. Das begreift man in der Sekunde, wo man am Tisch sitzt, vielleicht nicht. Auch was das für einen Rattenschwanz nach sich zieht. Deswegen ist es immer gut zu sagen, ich brauche noch einen Moment oder ich rufe Sie morgen dazu an. Das ist die erste Regel. Genau. Und jemand, der da die Moderation machen würde, der müsste erstmal vom Bauherrn oder ich denke, das müsste vom Bauherrn beziehungsweise in den GU-Vertrag mit hinein verhandelt werden.
[24:08]Sodass er von vornherein diese Kompetenz hat, dass er auf der gleichen Ebene ist wie im Projektsteuer oder Bauherrenvertretung. Das wäre wichtig, weil auf der Baustelle geht es sehr viel nach Hierarchien. Man müsste ihn gleich von der Hierarchie her oben ansiedeln sozusagen, dann hätte er schon, denke ich, mehr Respekt. Und dann, denke ich mal, würde das auch so sein, dass er getestet werden würde, ja. Also er muss auch, wie wir so sagen, Feldkompetenz mitbringen. Er müsste Feldkompetenz mitbringen. Diese Tests, die sind ja immer so, dass versucht wird, dass man in einer besonderen schwierigen Situation, muss man seinen Mann, die Frau stehen und wenn man das dann geschafft hat, so dann ist man Anneg. Wenn man sich durchgesetzt hat, so das ist der Punkt, sich durchzusetzen. Das heißt auch, dass die Moderationsperson auch dann schwer sich darauf zurückziehen kann, was in anderen Situationen ja gang und gäbe ist. Ich habe das gar nicht zu entscheiden. Ich muss auch nicht wissen, was richtig oder falsch ist hier am Bau, sondern meine Aufgabe ist es, sie dort zu Entscheidungen zu führen auf effizienten Wege. Das würde einfach nicht akzeptiert werden. Ist es das, was du meinst? Ich denke nicht, dass das akzeptiert werden würde, nein.
[25:19]Meine Idee davon ist, dass der Moderator wahrscheinlich sehr eng mit der Projektsteuerung zusammenarbeiten müsste und dass der Projektsteuerer entscheidet. Das wäre also wahrscheinlich auch schon eine Erklärung dafür, dass das eben gar nicht gang und gäbe ist, weil man praktisch eine zusätzliche Person, die von dem Projekt Ahnung haben muss, dabei hätte, ob schon sie ausschließlich die Aufgabe hat, die Baubesprechung effizient zu gestalten. Ich überlege gerade, wie das gehen könnte. Das wäre wahrscheinlich, dass man die Kompetenzen von Projektsteuerer und Moderator splittet, sodass man eine Kompetenzverteilung macht. Das würde eventuell gehen. Also dass, wenn es um inhaltliche Dinge geht, der Projektsteuerer das macht und, sage ich jetzt mal, die prozesshaften Dinge, wie wird so eine Bausitzung geleitet, geführt, dass das der Moderator machen würde.
[26:10]War das für dich jemals ein Thema? Ich meine, du bist da zwar rausgegangen als Architektin und sagst, das mache ich nicht weiter, weil dich was anderes mehr interessiert hat. Vielleicht war das ja auch gar nicht so schlecht da als Architektin. Aber dass das ein Arbeitsfeld für dich werden würde, weil du ja weißt aus Erfahrung, worauf es dort ankommt. Ja, doch auf jeden Fall. Es ist nur sehr schwer, das in die Realität umzusetzen. Weil wie du schon sagst, im Prinzip müsste ich mir ein eigenes Berufsfeld selber generieren, weil es das, wie es das bei anderen Problemen ist.
[26:49]
Entwicklungen in der Architekturszene
[26:44]Und Organisationen nicht automatisch gibt auf der Baustelle. Ist auch mittlerweile noch so, oder? Hast du den Eindruck, dass sich da in den letzten Jahren auch was entwickelt hat? In anderen Organisationen erleben wir das ja durchaus mehr, dass schwierige Gespräche moderativ begleitet werden, dass Organisationen interne Moderatoren-Teams entwickeln, so kleine Einsatztrupps fast schon zu zweit, zu dritt, die man anfordern kann. Auf dem Großbau ist das wahrscheinlich eher noch nicht so. Nein, also man sagt ja im Allgemeinen, dass Architekten beratungsresistent sind.
[27:20]Sagt man von Juristen auch. Ich wollte gerade sagen, es gibt da ja so spezielle Berufsgruppen, bei Lehrern ist das auch so. Also von daher mag ich das so ein bisschen. Ich denke schon, dass ein Umdenken stattfindet in großen Architekturbüros, die auch von den Gewerken übergreifend arbeiten. Also die selber Haustechniker haben und Statiker haben und so weiter. Also dass da sehr viel im Bereich Kommunikation ja auch sich entwickelt hat, Gott sei Dank unterstützt wird, dass es eigene Moderationsteams zum Beispiel gibt oder dass es auch viele Organisationen gibt, die ihren Mitarbeitern einen Coaching geben oder die solche Sachen machen. Also diese Büros sind offener dafür, auf jeden Fall. Und ich muss sagen, das begrüße ich sehr, weil ich denke, da können Architekturbüros viel von mitnehmen und von lernen, um ihre Projekte effektiver und auch kostengünstiger zu erstellen, gerade Planungsbüros. Also das ist der Punkt, der mich tatsächlich auch am ehesten verwundert, weil die Kosten.
[28:24]Die Aufläufe, die außerplanmäßigen ja schon landläufig bekannt sind und man von Beginn an damit rechnet, dass das alles nicht passt und dort mit guten Erfahrungen in anderen Bereichen relativ preiswert ein Lösungsansatz geboten wird, aber kaum möglich. Zumindest zu meiner Wahrnehmung nach kaum realisiert wird. Ich meine, vielleicht ist der ein oder andere Zuhörer und Zuhörerin auch jetzt entsetzt, dass wir nicht wissen, dass es am Bau dort auf jeden Fall auch solche Entwicklungen gibt. Dann immer gerne auch Rückmeldung dazu. Aber es ist mir persönlich auch noch nicht untergekommen. Ich habe auch davon nichts gehört. Das ist auch für mich ein Fragezeichen, weshalb das eigentlich so ist. Ich habe für mich eine Erklärung gefunden, die mag natürlich jetzt nicht allumfassend sein oder für alle gültig, ganz bestimmt nicht. Eine Erklärung wäre.
[29:14]Architektur, also so wie ich es gelernt habe, war einpersonenzentriert. Also es gab immer den Architekten, sage ich jetzt mal, weniger die Architekten, ich sage jetzt mal den Architekten mit dem 6B-Stift, kaum dass er aufgestanden ist und ins Bett geht, immer unterwegs ist. Also man ist sozusagen ständig Architekt, der dann auch abends beim Glas Rotwein und dem 6B-Stift noch skizziert und so weiter. Was ist der 6B-Stift? Ist das die Einheit für das Bleistift? Wie hart der ist? Ja, das ist ein Bleistift, der ist ganz weich und man skizziert ja eher grob. Das sind so Bilder, die man hat. Aber nichtsdestotrotz mit diesen Bildern bin ich groß geworden, sehr egozentriert eigentlich, auf die Person konzentriert und das ist ja auch bei großen Architekten so. Norman Foster, obwohl dahinter eine Riesenmaschinerie steht.
[30:04]Das Ganze hat sich auch verändert, die ganze Berufskultur hat sich verändert. Aber sie kommt daher von dieser Personenzentriertheit und wenn wir jetzt von Organisationen sprechen, dann ist das einfach eine andere Art der Organisation, der Arbeit auch und es ist ein anderes Verständnis von Arbeit. Also wir reden ja manchmal auch vom Organisationsskript, was eine Organisation prägt. Kann man sich vorstellen, also wenn so eine dominante Architektenperson ist, Die prägt natürlich so eine Organisation. Und alle arbeiten ihr zu und suchen rauszufinden, was sie meint. Darf sich dann auch Unverständnis erlauben? Und die Person ist auch, zumindest in Vertretung, mit in der Bauhütte am Gesprächstisch?
[30:47]Also mein Chef, der war nur alle zwei Wochen in Berlin, sein Büro war in München, aber er kam auch mit zur Baustelle, ja natürlich. Das war dann natürlich immer besonders, wenn er was dazu gesagt hat. Ja, ich kann mir auch vorstellen, dass dieses Bauprojekt ja keinen Organisationscharakter hat, sondern Projekt bleibt und dass für diese kurze Zeit, dass sich nicht etabliert, so eine Rolle eines kundigen Moderators. Wie gesagt, der Kollege Jörg Schneider-Protmann, der das bei Softwareprojekten begleitet hat, der sagte auch, dass es mehrjährige Projekte sind, wo unterschiedlichste Professionen zusammenkommen.
[31:25]Die permanent im Gespräch bleiben müssen, um die Veränderungen und Anpassungen vorzunehmen. Also die haben auch so ein Bauhütten-Gespräch, wenn man so will. Und er da auch beauftragt wurde, unabhängig vom Konfliktthema einfach begleitend tätig zu sein und die Person auch an den Tisch zu holen, weil man weiß, dass es zu Konflikten kommt. Also ganz ähnlich strukturiert, aber mit anderen Berufsgruppen und ein anderer Gegenstand, ein anderes Produkt gebaut wird. Und da ist das entstanden einer solchen Figur, der sagte dann auch, das ist sozusagen die Dealmediation, eine Vermittlung ohne Konfliktanlass, sondern eine Vermittlung aufgrund hoher Konfliktwahrscheinlichkeit. Da könnte man sagen, auf der Baustelle kann man 100 Prozent davon ausgehen, dass es Konflikte gibt. Von daher könnte ich mir vorstellen, wenn so eine Person eben von Anbeginn an dabei ist, mit bei diesen Geofix-Besprechungen, dass das schon eine große Wirkung zeigen würde. Wir lassen das mal so stehen. Ich weiß vom BM beim Bundesverband Mediation, die haben auch eine eigene Fachgruppe, Mediation am Bau. Vielleicht wenn der eine oder andere hier das gehört hat, können wir da nochmal anknüpfen, aber vielleicht so für den Moment, bleiben wir mal dabei. Du hast damit heute ja weniger zu tun. Was machst du sozusagen heutzutage mit deiner Beratungsqualifikation? In welchen Kontexten arbeitest du?
[32:45]Ich arbeite viel tatsächlich in Unternehmen. Also ich bin Trainerin und gehe in Unternehmen und arbeite mit den Menschen. Dann für einen Tag oder für zwei Tage zu bestimmten Themen. Natürlich auch Konflikt, aber viel auch Kommunikation und lösungsorientiert. Das ist eigentlich mein Hauptstandbein. Dann habe ich hier meine Praxis Mensch und Raum, da habe ich das so ein bisschen für mich erweitert, also diesen Begriff, ich bin nicht nur lehrende Transaktionsanalytikerin, bin ich natürlich auch, dass ich das weitergebe, die Lehre, das macht mir große Freude, aber ich habe einfach diesen Begriff Mensch und Raum genommen, also weil ich den Menschen eben nicht nur an sich betrachte als Individuum, sondern in seinem Raum, in seiner Organisation, also die systemische Sichtweise mit hinzugenommen habe, weil ich finde, dass es einen sehr großen Einfluss hat und man den Menschen nicht nur an sich betrachten kann,
[33:46]
Fazit und Ausblick auf die Zukunft
[33:43]so als einzelne Person, sondern das andere spielt immer noch damit rein. Und dort mache ich dann Coachings, Beratungen und so weiter. Also da ist auch die Architektenwurzel deutlich, Räume gestalten, Räume zur Verfügung stellen.
[33:55]Räume zur Verfügung stellen, genau. Und ich habe mir gedacht, das bezieht sich ja nicht nur auf die äußeren Räume, sondern das bezieht sich eben auch auf Innenräume. Einfach Platz geben, Platz zur Verfügung stellen und Möglichkeiten beten. Claudia, vielen Dank für das Gespräch, für die Einsichten und Einblicke in eine, finde ich, ganz spezifische, aber ganz menschliche Gesprächssituation, die ihre Herausforderungen parat hält. Und das ist auch deutlich geworden, die ihre Freude beharrt halten. Also es macht auch Spaß, ist nicht nur ein Haifischbecken, sondern das ist auch mit viel Freude und auch mit viel gutem Feedback, wenn es gelingt. Ja, natürlich ist das so. Man muss sich ein bisschen darauf einlassen, das stimmt, aber das macht Spaß, das macht Freude. Das ist natürlich speziell als Architektin, aber dieses Gefühl, dass das, was man selber geplant hat, Plötzlich das steht, in 3D und man kann da selber durchgehen, wie durch seine eigene Gedankenwelt zu gehen und sich selbst überprüfen, wie ist das mit den Proportionen, habe ich mir das richtig gedacht und stimmt das alles und so. Ich glaube, das ist so wie Kinderkriegen, ich kenne kein anderes Gefühl. Genau, ja.
[35:09]Okay, ja. Ja, weil du bist in deinem Kopf entstanden und es steht da plötzlich. Du kannst da drin rumgehen. Das ist schon eine sehr besondere Sache. Vielen Dank, Claudia. Gute Zeit für dich. Gute Zeit für dich. Ciao. Claudia Horstmann, lehrende Transaktionsanalytikerin, Trainerin und Coach, im Ursprungshof Architektin und ich konnte mit ihr die Gesprächssituation, die herausfordernde Gesprächssituation Jour fix auf der Baustelle besprechen. Das ist eine ganz spezielle Herausforderung, erst recht, wenn man dort den Auftrag hat, das Gespräch zu führen, zu leiten oder sogar gegebenenfalls ausnahmsweise sogar auch als Moderatorin oder Moderator dort tätig und wirksam zu sein. Dass das sehr selten ist, hat seine Gründe, dass das notwendig ist.
[36:04]Oder notwendig wäre, aber auch. Und was das bedeuten würde, wenn dieses Arbeitsfeld für Moderatoren, Mediatoren bereitgestellt werden würde, das ist deutlich geworden. Claudia hat Einblicke gegeben, auf was man sich gefasst machen muss, dass man auf jeden Fall getestet wird, offensiv und offiziell, und dass das gute Gründe auch hat und diese Personen dann auch das nicht übel nehmen müssen. Das ist eine ganz eigene Konflikt- oder Gesprächskultur und auf die sich einzustellen, ja, das Handwerk auch von Mediatoren und Beratern ist. Wenn dir diese Episode gefallen hat und der Podcast dir generell zusagt, dann schnapp dir doch jetzt noch dein Smartphone und hinterlasse ein Feedback und eine Sternebewertung. Das ist tatsächlich sehr hilfreich für uns hier von Inko Fema, die diesen Podcast ausspielen, jede Woche dazu eine Episode veröffentlichen und das Ganze euch kostenfrei zur Verfügung stellen. Das wäre also und ist tatsächlich sehr hilfreich, damit der Podcast Verbreitung findet und auch andere interessierte Hörer ihn finden. Vielen Dank dafür. Ich verbleibe mit besten Wünschen. Komm gut durch die Zeit. Ich bin Sascha Weigel, dein Host von INKOVEMA, dem Institut für Konflikt- und Verhandlungsmanagement in Leipzig und Partner für professionelle Mediations- und Coaching-Ausbildungen.