INKOVEMA-Podcast „Gut durch die Zeit“

#231 GddZ

Friedensbewegung, Mediationsaufkommen und die Rückkehr des Krieges – und was nun?!

Was bedeutet die Rückkehr des Krieges in Europa für die Profession von Mediation?

Im Gespräch mit Tilman Metzger

Jurist, Mediator der ersten Stunde in Deutschland und passionierter Klärungshelfer; Ausbilder für Mediation und Klärungshilfe; Mitbegründer des Bundesverbandes Mediation; Schwerpunkte: Konfliktbearbeitung in Organisationen, mit Sascha im Mediatorenpool der Fraunhofer Gesellschaft verbunden.

Kleine Reihe: Gesellschaftspolitische Konfliktlagen

Inhalt

Kapitel:

0:08 – Einführung in die Mediation
5:15 – Die Friedensbewegung und ihre Einflüsse
6:48 – Rückblick auf die Mediation in Deutschland
7:50 – Der gesetzliche Rahmen der Mediation
15:29 – Der Wendepunkt 2014: Krim-Besetzung
16:08 – Politische Perspektiven auf den Ukraine-Konflikt
20:26 – Die Rolle der Mediatoren im Krieg
25:40 – Moralische Dilemmata von Mediatoren
34:13 – Ansätze zur sozialen Verteidigung
42:03 – Die Unterscheidung zwischen Angriff und Verteidigung
51:25 – Identität und Ethik der Mediatoren
1:04:05 – Politische Haltung und Mediation
1:07:12 – Schlussfolgerungen und Ausblick

Inhaltliche Zusammenfassung

In dieser Episode des Podcasts „Gut durch die Zeit“ lade ich den erfahrenen Mediator Tilman Metzger ein, um über das Selbstverständnis von Mediatoren zu sprechen. Wir beleuchten, wie die Herausforderungen von Konflikten, insbesondere im Kontext von Kriegen, unser Verständnis und unsere Herangehensweise an die Mediation beeinflussen. Tilman bringt seine umfangreiche Erfahrung aus der Friedensmediation, die er seit den 80ern in verschiedenen Krisengebieten gesammelt hat, ein und teilt mit uns seine Einsichten über die Transformation der Mediationsprofession im Laufe der Jahre.

Wir beginnen mit einer Diskussion über Tilman’s frühe Erlebnisse in der Friedensbewegung und seine ersten Schritte in der Mediation während des Nordirland-Konflikts. Diese Erfahrungen haben ihm nicht nur geholfen, seine Fähigkeiten als Mediator zu entwickeln, sondern auch ein tiefes Verständnis für die Dynamik von Konflikten und die Notwendigkeit von gewaltfreier Konfliktbearbeitung zu erlangen. Tilman erklärt, wie er in den Krisenzeiten erkannt hat, dass Mediation nicht nur ein berufliches Werkzeug, sondern auch eine persönliche Berufung ist.

Ein zentrales Thema unserer Konversation ist der Wandel in der Mediation. Tilman reflektiert über die Entwicklungen seit den 80er Jahren bis heute und die Herausforderungen, mit denen Mediatoren konfrontiert sind, wenn es darum geht, das eigene Selbstverständnis und die ethischen Grundsätze zu bewahren. Wir sprechen über das Mediationsgesetz in Deutschland und dessen Auswirkungen auf die Berufspraxis. Tilman hebt hervor, dass trotz der gesetzlichen Rahmenbedingungen das grundlegende Prinzip, dass Mediatoren verantwortungsvoll handeln und orientiert bleiben müssen, nicht verloren gehen darf.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Einfluss aktueller geopolitischer Ereignisse, insbesondere des Ukraine-Konflikts, auf das Selbstverständlichkeitsbewusstsein von Mediatoren. Tilman und ich diskutieren die moralischen Dilemmata, die sich ergeben, wenn es darum geht, als Mediator in Konflikten zu agieren, in denen Fehlverhalten und Aggressionen offenkundig sind. Wir hinterfragen die Rolle von Mediatoren in einem Umfeld, in dem militärische Auseinandersetzungen und die Notwendigkeit von Verteidigungsstrategien immer präsenter werden.

Die Diskussion führt uns zu der Frage, ob und wie sich der Bundesverband Mediation in politische Debatten einbringen sollte, ohne die Neutralität und Integrität der Mediation zu gefährden. Wir überlegen, wie wichtig es ist, dass Mediatoren eine klare Trennlinie zwischen ihrer persönlichen Meinung und ihrer professionellen Rolle ziehen, um die vielfältigen Perspektiven und Bedürfnisse ihrer Klienten zu respektieren.

Abschließend betonen wir die Notwendigkeit, den Dialog innerhalb der Mediationsgemeinschaft offen zu halten und die unterschiedlichen Meinungen und Erfahrungen zu akzeptieren, um die Profession weiterzuentwickeln. Diese Episode bietet wertvolle Einblicke in die komplexen Herausforderungen und ethischen Überlegungen, mit denen Mediatoren heute konfrontiert sind und lädt dazu ein, über die eigene Praxis nachzudenken.

Vollständige Transkription

 

[0:08]
Einführung in die Mediation
[0:06]Herzlich Willkommen zum Podcast Gut durch die Zeit. Der Podcast rund um Mediation, Konfliktcoaching und Organisationsberatung. Ein Podcast von Inko Fema. Ich bin Sascha Weigel und begrüße dich zu einer neuen Folge. Heute geht es um das Selbstverständnis von Mediatoren.
[0:26]Die Art und Weise des Umgangs mit Konflikten und in diesem Falle mit einem ganz ausgewachsenen Krieg und was das für uns Mediatoren bedeutet, im professionellen, aber auch im ganz menschlich-privaten Sinne. Und ich kann mir keinen kompetenteren Mediator vorstellen, der zu diesem Thema in dieses Podcast-Gespräch eingeladen werden müsste. Und er ist gekommen, nach langer Zeit mal wieder, Tilman Metzger. Hallo. Ja, moin moin Sascha. Freue mich sehr, mal wieder hier zu sein. Ja, das ist eine lange Zeit her. Damals haben wir über Klärungshilfe gesprochen und dann auch über Fehler, die Mediatoren begehen und wie sie damit umgehen. Das war ein größeres Gespräch mit mehreren Personen. Es ging auch um eigene Konflikte, in die man auch verwickelt wird. Und dann haben wir die Brücke ganz kurz geschlagen. Und wenn ich sage, ich kann mir keinen geeigneteren Gesprächspartner vorstellen, dann zum einen natürlich, weil du ein professioneller Mediator bist, zum anderen aber auch, weil du aus der Friedensmediation kommst und dort in schwersten Kriegs- und Krisengebieten dein Herz an die Mediation verloren hast, wenn ich das mal so pathetisch sagen darf. Und du darfst mich auch so gleich korrigieren.
[1:56]Aber du hast es, glaube ich, im ersten Podcast gesagt und ich weiß es natürlich, wir haben auch ein paar Mal darüber gesprochen, dass du in den 80ern tatsächlich in der Friedensbewegung und im Krieg Nordirland-Konflikt, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, aber du kannst das gerne nochmal konkretisieren, Mediation kennengelernt hast.
[2:14]Ja, genau. Es war so, dass ich direkt nach meinem Abitur 1983 da sehr aktiv in der Friedensbewegung in Deutschland war. Da ging es ja damals um NATO-Doppelbeschluss, atomare Rüstung und so weiter. Wie wir heute wissen, waren wir damals ganz knapp an einem Atomkrieg dran. Das weiß man heute aus der Forschung. Wir haben es damals nur befürchtet.
[2:34]Und als dann die Friedensbewegung 1984 zusammenklappte, also nachdem dann der NATO-Doppelbeschluss durch war und eben beschlossen wurde, dass noch mehr atomare Waffen in Deutschland installiert werden, klappte ja die Friedensbewegung zusammen und das habe ich überhaupt gar nicht verstanden. Also ich finde, jetzt geht es ja eigentlich erst los und habe dann im Grunde genommen was gesucht, irgendwie sinnvolle Sachen, die ich tun kann, die jetzt nicht mit Demonstrationen zu tun haben, weil ich habe so ein bisschen den Glauben an Demonstrationen verloren und bin dann durch einen Zufall, weil ich eben anstelle des Zivildienstes einen Auslandsdienst in Belfast, Nordirland, gemacht habe, 18 Monate lang, 85, 86, bin ich dann ganz durch Zufall am Anfang dieser Zeit über US-amerikanische Mediatoren gestolpert, die eben Mediation trainiert haben da. Und da war dann tatsächlich für mich einerseits das Gefühl, ja so Mediationsarbeit im Alltag zu machen, können so eine Art von subversiver Friedensarbeit sein, also dass Menschen erleben können, dass tatsächlich kooperative Konfliktarbeit möglich ist. Und andererseits war es für mich aber auch super spannend, für mich als Mensch mit meinen eigenen Konflikten besser umgehen zu können. Also insofern habe ich da wirklich, wie du sagst, in Belfast, da mitten in dem Trouble, mein Herz an die Mediation verloren. Das kann man tatsächlich so sagen.
[3:45]Und das nicht zufällig, weil das ist jetzt sozusagen mir auch neu oder nochmal ein anderes Puzzleteil, dass das aus einer Enttäuschungserfahrung oder auch Irritation zunächst mal hervorgegangen ist, die du nicht erwartet hattest, das Zusammenklappen der Friedensbewegung. Total. Also ich war eigentlich schon recht früh als Jugendlicher so ein politischer Mensch, der auch interessiert Zeitungen gelesen hat. Und ich war, glaube ich, mit 14, 15 noch jemand, der sehr kämpferisch für Atomwaffen tatsächlich eingetreten ist. Naja, so in den Diskurs, den man halt so als Jugendlicher mit irgendwelchen Leuten hat. Und habe dann aber, als ich dann selber für mich die Frage anstand, okay, jetzt Kriegsdienst oder Zivildienst, habe ich mich damit intensiver auseinanderbefasst, auch mit Gandhi und anderen, die eben gewaltfrei Veränderungen herbeigeführt haben. Und war dann ganz klar einfach ein Kriegsdienstverweigerer und auch bin bis heute jemand, der denkt, neben dem Klimawandel, der eigentlich eine Klimakatastrophe ist, finde ich, ist die atomare Bewaffnung, glaube ich, die größte Gefahr, die wir immer noch haben als Menschen. Also dass das mal aus Versehen dann einen Schaltkreis durchbrennt oder irgendein Idiot den Knopf drückt, halte ich für mit die größte Gefahr, die wir bis heute haben. Und es wird irgendwie erstaunlicherweise irgendwie wegignoriert.
[5:00]Aber das hat mich damals schon sehr umgetrieben und das Gefühl vermittelt, wir müssen was tun, um zu überleben als Gesellschaft, als Weltgemeinschaft, müssen wir was tun, um wirklich damit umzugehen, dass wir verschieden sind.
[5:15]
Die Friedensbewegung und ihre Einflüsse
[5:12]Und da rein purzelte Mediation. Und ich war wirklich jemand, ich wollte unbedingt was tun, was Sinn macht in meinem Leben. Und das war auf einmal mit Mediation wirklich so das Gefühl, ja, bingo, so das ist es ja. Und wenn ich jetzt mal die Zeiten etwas konstruiere von 1984 zu 2014, um 30 Jahre voll zu machen und mit 2014 ein ganz wichtiges Datum für Europa ist, nämlich die Krim-Besetzung und 1984 das Zusammenklappen, dann waren diese 30 Jahre aus Mediationssicht ja eine Erfolgsgeschichte, zumindest eine positiv betrachtete Geschichte, dass Mediation fast unbeirrt den Glauben an friedliche Auseinandersetzung, An die Idee, dass Kommunikation, Verbalkommunikation, rationale Kommunikation ein Instrument ist, das einen Aufstieg erlebt und das Gewalt sozusagen der Vergangenheit angehört in der Konfliktbearbeitung und in der Zeit du sozusagen ja deine Mediationsprofession ausgebildet hast.
[6:28]Also ich habe es genauso erlebt, wie du es gerade beschrieben hast. Also ich habe ja da auch alle Stufen durchgemacht. Also als ich 86 zurück nach Deutschland kam mit Mediation im Gepäck, war für mich klar, das will ich hier machen und war ja noch total unbekannt in Deutschland. Natürlich war mein erster Weg zurück zur Friedensbewegung,
[6:48]
Rückblick auf die Mediation in Deutschland
[6:46]zu den Leuten, die ich da kannte und habe da mir jetzt schon vorgestellt. Und das war sehr interessant, weil die sagten damals, das ist doch was für Kinder und auf diese Art und Weise kannst du nichts machen. Also selbst in der Friedensbewegung, also jedenfalls zu dem Teil, zu dem ich damals Zugang hatte, oder den Resten der Friedensbewegung, muss man eigentlich sagen, wenn man das vergleicht mit 83, war das erstmal komisch mit der Mediation. Komisches Wort, Mediation, dann auch noch amerikanisch, oh Gott, oh Gott. Also als Friedensbewegter kann man mit amerikanischen Sachen erstmal gar nichts anfangen. Und damals haben wir auch alle noch von Mediation geredet. Also dieses eindeutschen Mediation, das kam, glaube ich, ungefähr 92, 93 in meiner Erinnerung. Also es war so richtig so ein bisschen befremdlich, sowohl für Friedensbewegungen. Dann war ich dann in den 90er Jahren ja auch sehr aktiv unterwegs in Lüneburg. Habe da wirklich zwei Jahre lang Klinken geputzt, Verwaltung, Wohlfahrtsverbände, Parteien, egal. Also ich habe da wirklich unglaublich mit vielen Leuten gesprochen. Es gab zwei Hauptreaktionen. Die eine Reaktion, das machen wir doch schon längst, gibt es doch schon immer. Und die andere Reaktion, das funktioniert nicht.
[7:43]Also es war wirklich so, dass ich würde sagen, bis rein in die 90er Jahre, dass echt hart Steine klopfen war.
[7:50]
Der gesetzliche Rahmen der Mediation
[7:51]Und dann kam es so langsam und für mich war so ein erster gefühlter Durchbruch, es gab natürlich viele kleine Stufen, aber so ein erster gefühlter Durchbruch war, glaube ich, Merkel in irgendeiner Bundestagsdebatte oder irgendwann, das war so um 2006, 2007 zum ersten Mal.
[8:06]Das Wort Win-Win genutzt hat. Da habe ich gedacht, wow, okay. Also es wächst rein in die Politik und generell ist einfach meine Wahrnehmung, dass wirklich ganz bestimmt bis 2014 oder so auch länger ich mit Migration so einen Fortschrittsgedanken wirklich empfunden und erlebt habe. Es geht weiter voran. Wir werden immer besser darin, mit Konflikten umzugehen, auf allen Ebenen ehrlich gesagt. Und da haben wir sozusagen schon einen Zehnjahressprung drinnen, von Mitte der 90er bis Mitte der Nullerjahre, als dann Mediation über die EU-Richtlinien auch weit ausgefaltet wurde und der Auftrag war jetzt auch ein deutsches Mediationsgesetz zu schaffen. Also ab 2008 war das, glaube ich, wenn ich das richtig einordne.
[8:54]Ungefähr. Und ich fand das auch sehr gut, dass Deutschland, so wie viele andere europäische Länder ja auch, sagt, wenn wir schon ein Migrationsgesetz machen, dann allgemein ist. Ganz ursprünglich war das ja der Anlass, diese binationalen Scheidungsangelegenheiten, dafür mal ursprünglich mal diesen sehr zivilen EU gedacht, dass die armen Kinder nicht unter Scheidung leiden, wenn der Vater Portugies ist und die Mutter Deutsche. Und dann haben ja sozusagen auch Deutschland und viele andere sich entschlossen, ein allgemeines Initiationsgesetz zu machen. Und das habe ich auch als einen sehr positiven Einschnitt erlebt. Also dieses vor 2013 dann Verabschiedung oder Inkrafttreten und danach war für mich gefühlt ein Unterschied. Es war viel selbstverständlicher, als es davor war, dass man in Betriebe reingeht und hat einen niemand mehr mit dem Wort belächelt. Also jedenfalls in Personalabteilungen nicht. Also das war spätestens dann mal alles durch. Ja, also dieser gesetzgeberische Ritterschlag.
[9:49]Die Österreicher hatten ihr Mediationsgesetz, glaube ich, noch 2006 schon oder wenn nicht sogar 2003, 2006. Also die haben das vielzeitiger, sozusagen auch in der Frist geschafft. Deutschland war ja zu spät dran, hat auch Strafe gezahlt, weil sie zu spät umgesetzt haben, diese Richtlinie, aber dafür halt umfassend gemacht. Bleiben wir mal noch genau bei der Zeit sozusagen, wo sich Mediation dann hin zu einem gesetzlich fundierten Verfahren entwickelt hat. Ich hatte da den Eindruck gehabt, dass Mediatoren, die nicht juristisch unterwegs waren, also nicht Anwälte, dann plötzlich auch so ein Irritationserlebnis hatten. Oh, jetzt bestimmt Juristen, was Mediation ist, weil das jetzt ein gesetzlicher Begriff geworden ist. Und dann kam der Ritterschlag eben auch nochmal sozusagen mit Wucht zurück. War das eine, also auch im Bundesverband Mediation, weil das ist ja ein Verband, der nicht jetzt juristisch geprägt ist oder von Juristen, gab es da, War das eher enttäuschend oder irritierend oder wurde das Gesetz auch positiv erlebt, als es dann 2012 erlassen wurde?
[11:13]Also wenn ich da erstmal von mir spreche, ich bin ja so ein bisschen ein lustiger Zwitter. Ich habe ja Jura studiert, weil ich schon Mediator war und dachte, ich brauche in Deutschland irgendwas. Irgendeinen Schein, den ich vorweisen kann, der zeigt, ich bin nicht bekloppt. Da kommst du auf Jura, okay. Ja, ja, und deswegen habe ich Jura studiert. Also Jura und Psychologie kamen halt in Frage und aus irgendwelchen Gründen, die ich jetzt nicht ausbreite, habe ich mir Psychologie nicht zugetraut, was ich heute ganz anders sehen würde. Aber ich habe mich dafür entschieden, war von Anfang an kein typischer Jurist. Also ich bin von meiner Identität her ein Jurist geworden, habe auch nie als Jurist praktiziert, aber habe halt das erste Startexamen. Also ich bin so ein bisschen so ein Zwitter und als der Zwitter, der ich bin, finde ich das erstmal genau, wie du sagst, ist es ein Ritterschlag. Ich finde zweitens, dass dieses Migrationsgesetz, was wir in Deutschland haben, sehr liberal ist. Also es ist sehr wenig, was es wirklich behindert. Also man darf sich ja sogar in Deutschland weiterhin Mediator nennen und dann Silberschild an die Tür stellen und sagen, ich bin Mediator, ohne dass man irgendwas gemacht hat, so ungefähr. Also es ist ja der Begriff zertifizierter Mediator. Und ansonsten werden natürlich rechtliche Herausforderungen an den Mediator gestellt. Wir arbeiten sollen ja nicht. Aber es ist wenig Behinderung dabei, muss man mal ganz klar sagen. Auch gar keine Sanktionen. Also selbst wenn irgendwas ist, gibt das Gesetz keine harten Sanktionen vor.
[12:33]Also am ehesten würde man noch zivilrechtlich an die Hammelbeine gezogen bekommen, wenn man was falsch macht und das Auswirkungen hat. Aber das wissen wir als Juristen, dass das ziemlich große Voraussetzungen sind, die erfüllt sein müssen, bis vor da was passiert. Also das heißt, ich finde es erstmal ein sehr liberales Gesetz und ich bin nicht 100 Prozent damit einverstanden. Da gibt es Dinge, die ich kritisiere, aber das ist, glaube ich, jetzt gar nicht der Punkt. Im Wesentlichen würde ich sagen, ein Riesenfortschritt. Und in BM insgesamt gibt es halt, der BM ist, würde ich sagen, so würde ich tatsächlich sagen, ein Spiegel der Gesellschaft. Die haben eine sehr große Mischung von Menschen von sehr verschiedenen Richtungen. Und das ist gar keine Frage, dass der BM insgesamt und offiziell dieses Gesetz umarmt und wichtig findet. Und natürlich gibt es auch, gerade unter den Nicht-Juristen, wie du sagst, auch Menschen, die so das Gefühl hatten, oh, jetzt wird das sozusagen juristisch definiert und so weiter.
[13:24]Diese Ängste gibt es und gab es. Ich habe nicht den Eindruck, dass das irgendwas davon eingetreten ist von den Ängsten, nach meiner Wahrnehmung, ehrlich gesagt. Aber ja, da gab es durchaus auch skeptisch so. Ja, gab es. Aber das würde ich jetzt nicht als den Mainstream bezeichnen, glaube ich nicht. Das würde bedeuten sozusagen, das Gesetz, was ja doch einfach einen enormen Veränderung ist für die Durchführung von Mediation, auch für das Selbstverständnis, hat aber keinen Bruch, hat keine Irritation in der Daseinsberechtigung, in dem Selbstverständnis von Mediatoren gehabt, sondern es war ein weiterer Schritt auf einem Aufstiegserleben. Genau, die wesentliche Veränderung ist einfach nur der Ritterschlag, ansonsten steht im Mediationsgesetz ja eigentlich nur drin, mediere gut, mehr steht ja nicht drin. Ja, das ist richtig zu sagen. Ja, es ist schon kurz, aber das ist praktisch die Botschaft. Ja, Mediäre gut.
[14:20]Und das sollte sich jeder Mediator schon vor dem Gesetz gesagt haben. Und insofern, also ich finde rein inhaltlich hat sich nicht wirklich was verändert. Der einzige Knackpunkt, den ich sehe, dass damals eben Leute, scheinbar habe ich den Eindruck, am Mediationsgesetz mitgearbeitet haben, auch von Karbandseite, die vor allen Dingen aus dem Bereich Scheidungsmeditionen und Zweiermeditionen kamen. Also mir fehlt die Dimension der betrieblichen Migration und was das für Migration bedeutet, dass da ist das Migrationsgesetz einfach teilweise zu knapp, zu unzutreffend, nicht gut genug. Aber das wäre wahrscheinlich wieder ein anderer. Das ist tatsächlich ein eigener Podcast.
[14:54]Also auch wer ist dann beteiligt und wer und darf muss was mitreden. Aber da macht man ein eigener nochmal draus. Freiwilligkeit, Neufallfreiwilligkeit, das finde ich das größte Problem, dass da Freiwilligkeit reingeschrieben ist. Das ist kein Muss, dass mir jetzt so ein freiwilliges ist und schon gar nicht im betrieblichen Kontext. Und dabei hindert dieses Wortlaut des Gesetzes, macht da mehr Schwierigkeiten. Aber auch damit kann man umgehen, haben wir gelernt auch damit umzugehen. Ja, aber das notiert eigener Podcast Tillmann, zweite Jahreshälfte, 25. Ja, und dann kommen wir sozusagen zum Thema.
[15:29]
Der Wendepunkt 2014: Krim-Besetzung
[15:30]2014, die Krim wird besetzt. Es gibt viel Desinformation, Propaganda drumherum. Aber für diejenigen, die sozusagen den Osteuropa schon im Blick hatten, war das ein unerhörter Wendepunkt, der dann in einer Abfolge von Versuchen und Enttäuschungen dann zu dem großen Vollangriff 2022 führte.
[16:00]Es sind in der Rückschau acht Jahre nochmal, aber wie war das für dich 2014?
[16:08]
Politische Perspektiven auf den Ukraine-Konflikt
[16:09]Nicht mehr direkt aktiv oder involviert in Friedensmediation, wenn ich das vermute, aber eben natürlich ganz politisch aufmerksamer interessierte Mediator mit einschlägigen Erfahrungen in derartigen Entwicklungen und Verwicklungen. Ja, also ich erinnere das so, dass ich in 2014 gar nicht so wahnsinnig aktiv dran war und dann schon versucht habe, mir so ein bisschen meinen Reim drauf zu machen, wie muss ich das jetzt eigentlich beurteilen. Also ich gehörte damals zu den Menschen, die durchaus auch auf Putin geschaut haben und was er macht, mit so einer Mischung aus, ja, sind dann seine Reden, die er gehalten hat, zum Beispiel im Bundestag, wo die so sehr kooperativ klangen, ist das der wahre Putin? 2001.
[16:58]Ja, ist der wahre Putin, der halt in Länder einmarschiert, was er eben auch reichlich gemacht hat und also reichlich Kriege gemacht hat. Also wie muss man das einordnen? Und also da war ich durchaus so ein bisschen hin und her gerissen. Ich konnte auch gut nachvollziehen, dieses Argument, naja, ich glaube Stalin war das, der den Ukrainern die Krim geschenkt hat mal irgendwann aus irgendwelchen Gründen. Khrushchev.
[17:23]Khrushchev war das, okay, danke. Und dass man sagen konnte, naja, davor war das eben auch tatsächlich russisches Territorium. Also man konnte, ich war dann nicht so, wie soll ich sagen, nicht so ganz engagiert in der ganzen Debatte, habe aber durchaus mit vielen Menschen geredet, die auch damals schon behaupteten, naja, der Westen würde ja dem Russland Unrecht tun und Putin Unrecht tun und das wäre ja alles ganz in Ordnung. Und natürlich gab es ganz genauso auch die andere Argumentation. Also ich muss gestehen, ich bin damals nicht so ganz tief eingestiegen und habe das eigentlich so, ja, hat erstmal bei mir jetzt keine weiteren großen Folgen gehabt. Ja, das ging mir ganz ähnlich so. Ich bin da nicht sehr orientiert und schon gar nicht fundiert interessiert gewesen. Und im Nachgang habe ich den Eindruck, dass ich hoffte, wenn ich jetzt mal wirklich mit bewusstem Begriff von Hoffnung rede, das ist jetzt lokal. Es geht um diese Insel. Es geht um diese Halbinsel Krim und ist gut. So wie… Mit Hoffnung kann ich mich sehr gut identifizieren.
[18:35]Sicher nicht, aber okay, wenn es dann nur um diese Insel geht und, in Gottes Namen so, wenn es dabei bleibt, okay, so ungefähr, genau. Das war so, und für mich waren auch, und das ist etwas, was sich 2022 dann wirklich verschoben hat, die Bedeutungen und Einordnungen von Größenverhältnissen. Ich dachte, das ist halt lokal und da geht es jetzt wirklich einfach um diese Halbinsel und dann ist gut und das andere wäre dann schon ein großer Krieg und das war irgendwie unvorstellbar.
[19:07]Das bahnte sich ja an, also in dieser Zeit, das ging ja so richtig, der Krieg ging ja los am 24. 2. oder sag mal, die Vollinvasion, muss man ja sagen, ging ja da manchmal am 24. 2. 22 los und in den Tagen und Wochen davor gab es ja schon eine Berichterstattung, die diese Massierung der russischen Truppen da an der Grenze ja auch beschrieben und es gab ja auch Gespräche mit Macron und anderen, mit Putin und so, das gab ja durchaus so gewisse Vorwarnzeichen, aber im Grunde genommen, weiß ich nicht, wie es dir ging, Ich hatte so das Gefühl, wenn Russland da wirklich über die Grenze geht, ich hatte so das Gefühl, das würde Russland wahnsinnig viel kosten an Reputation etc. Und es hätte potenziell irrwitzige Folgen. Und irgendwie habe ich damals Putin als einen rationalen Player interpretiert, der sowas dann doch in der Dimension mitten in Europa nicht machen würde. Und da hat man mich getäuscht. Ja.
[20:09]Also ich habe dann in den Jahren schon besorgter dahin geguckt. Und zwar, weil ich einfach, ich hatte privat meinen, wie soll ich sagen, meinen Englischlehrer, dessen
[20:26]
Die Rolle der Mediatoren im Krieg
[20:22]Frau kommt aus der Ukraine und die Eltern wohnen in diesen Gebieten. Und da habe ich über Jahre hinweg Informationen halt immer wieder gehabt und immer wieder darüber gesprochen, auch was sie dort erleben und worum es geht und dass es einfach wirklich Kriegsgebiet war. Ja, und dann habe ich eben in den Jahren 2021, 2022 auch mit Blick eben oder mit Einfluss aus der amerikanischen Entwicklung das eher wirklich mit Sorge gesehen und wusste, dass diese, ich sage es mal, diese Einfluss. Dieses Schwach- und Kleinreden von Europa und auch die militärische Situation, dass das eine Einladung war und dass Trump auch diese Einladung mit bewirkt hat und mit Corona dann auch nochmal Europa als Zerfahren wahrgenommen wurde und mit dem Hirntod, den Macron ausgerufen hat, der NATO, war irgendwie klar, das ist jetzt nicht mehr unwahrscheinlich.
[21:21]Okay, ja. Das ist sozusagen auch direkt auf die Situation da bezogen und so als Einladung an Putin, das wird keine großen Folgen haben, wenn du da einwaschierst. Die Menat ist sowieso hirntot sozusagen. Ja, also dass diese Selbsteinschätzung so, dass das auch den Hunger dort weckt oder die Bereitschaft auch darlegt, dann kamen natürlich die Nachrichten alle über diese ganz große Übung, die dort stattfinden sollte. Deshalb diese Gruppentruppenmassierung. Und dann war ich noch der 22. Das war eigentlich für mich der entscheidende Tag. Das war die Anerkennung der Teilrepubliken. Und da war mir klar, das wird jetzt Krieg bedeuten, weil mit der Anerkennung der Teilrepubliken von russischer Seite wird es Krieg geben. Das ist einfach die Logik. Denn Ukraine kann sozusagen diese Republikausrufung von pro-russischen Gruppen nicht stehen lassen. Sie müssen dort agieren. Wenn Sachsen sich irgendwie freimachen will, dann ist es eben auch so, das ist einfach der Nationalgedanke.
[22:32]Putin sagt, das sind für mich eigenständige Republiken, dann werde ich die eben in Anführungsstrichen beschützen. Und dann geht’s los. Da war ich auch sehr viel wacher dran an dem Geschehen, als ich das damals tatsächlich war. Also es war nicht so, dass ich jetzt dann am 24. Februar so total aus allen Wolken fiel. Das war eine der Möglichkeiten, die ja in der Presse beschrieben wurden, was passieren könnte. Und trotzdem irgendwie dachte ich, das kann man mir nicht vorstellen.
[23:02]Ja, also da kann ich mich auch in Gesprächen mit Kollegen erinnern, die waren nicht froh, da mit mir gesprochen zu haben. Ich hatte dann sehr, ja, also das war schon düster, aber im Nachgang muss ich auch sagen, ich habe es mir eigentlich optimistischer vorgestellt im Sinne von, da wird halt jetzt Europa hochrüsten und dann wird es halt eine Mauer wieder geben. Die ganzen Verwicklungen und das Gezedere und da kommen wir zu den Fragestellungen auf, wie reagieren wir darauf und wie reagieren wir auch aus unserem Professionsverständnis heraus. Stichwort Verteidigungsbereitschaft, Nothilfe, Notwehr. Ist das erlaubt? Geht es Frieden oder Freiheit? Das habe ich mir tatsächlich einfacher vorgestellt. Das hätte ich nicht gedacht, was die letzten Jahre da an Diskussion war. Und zwar mit allem, was geht. Mit allem, was geht. Ja, ja, ja. Also das ist dann schon auch interessant. Das haben wir auch in Vorgesprächen auch schon festgestellt, dass wir da offenbar sehr ähnlich drauf blicken.
[24:17]Also das ist wirklich so, dass diese Diskussion, schicken wir jetzt der Ukraine Waffen oder nicht, das ist für mich ehrlich gesagt wirklich unverständlich. Also auch wenn das eine sehr große Parallele ist, aber ich habe ja auch drei Semester lang Geschichte studiert, habe mich auch sehr, schon immer in meinem Leben für Geschichte interessiert. Und wenn man sich mal vorstellt, also wir haben ja die Situation gehabt, im Zweiten Weltkrieg, dass ja Franklin D. Roosevelt, der Präsident der USA damals, dass der schon eigentlich sehr früh auch in Europa intervenieren wollte gegen Hitler und aber eben doch in den USA damals sehr starke isolationalistische Strömungen waren, die sagten, nein, wir wollen da nicht nochmal rein wie im Ersten Weltkrieg. Und dann ja erst durch Pearl Harbor, dass die Japaner dann Pearl Harbor angegriffen haben, dadurch eigentlich erst für Roosevelt ein Rechtfertigungsgrund war, da einzusteigen. Aber ich wage das mir gar nicht vorzustellen, wie Europa heute aussehen würde, wenn die USA nicht eingetreten wäre. Das muss ich ganz ehrlich sagen. Und für mich ist das gar keine Frage, dass ich dankbar bin, dass die Amerikaner sich am Zweiten Weltkrieg engagiert haben. Und für mich ist das gar keine Frage, dass man sagt, wir sind halt Pazifisten und macht mal ein bisschen gewaltfreien Widerstand, ihr Ukrainer und ansonsten viel Glück. Also das kann ich mir nicht vorstellen, ganz ehrlich.
[25:30]Also ich nehme es mir heraus, ein Pazifist zu sein, der sagt, nein, also wenn da ein Underdog wie die Ukraine überfallen wird,
[25:40]
Moralische Dilemmata von Mediatoren
[25:38]dann muss man da auch als außenstehendes Land was dazu tun. Ja, und da sind wir, glaube ich, auch bei Fragen, die unsere Professionalität betrifft. Und ich meine das nicht in der Bewertung von gut oder schlecht, sondern das ist Gegenstand unserer Arbeit. Und Auseinandersetzung, Konflikt und für einige auch Krieg. Und welche Konsequenzen sich daraus ergeben, aber zunächst mal noch zu dem Punkt auch, das habe ich mir damals tatsächlich anders vorgestellt, dass dort eine höhere Klarheit und Einigkeit drin ist.
[26:16]Wobei, und da gucke ich sozusagen dann auch, die Fragestellung ist, sind da Mediatoren in ihrer Vielschichtigkeit tatsächlich ein Spiegel der Gesellschaft oder ein Ausschnitt, der es doch sozusagen sehr gerahmt ist? Also ich würde schon sagen, das Image von Mediatoren ist eher, klar, für Frieden. Also ich erlebe es, die sozialen Medien sind jetzt kein Spiegel der gesellschaftlichen Diskussion, aber sie sind eine wichtige gesellschaftliche Diskussionsplattform.
[26:51]Da wird das regelmäßig mit Irritationen quittiert, wenn man als Mediator für Waffenlieferung und Unterstützung des Angegriffenen plädiert.
[27:03]Das hat mich schon überrascht, muss ich sagen. Das hätte ich nicht erwartet. Ja, also natürlich kann man ganz generell sagen, dass wir vielleicht zum Teil glücklicherweise sicherlich seit dem Zweiten Weltkrieg als Deutsche da sehr vorsichtig sind, militaristisch zu agieren. Und insofern glaube ich, wir schon von daher so eine recht starke Breite, Grundströmung von Pazifismus oder zumindest von Nichtinterventionen haben. Und ich glaube das auch, dass das unter Meertoren, Meertoren, Meertoren sicherlich auch nochmal stärker der Fall ist. Also ich erlebe das schon auch so, dass bei denen vielen der Meertoren, mit denen ich zu tun habe, nicht bei allen diese Waffenlieferung wirklich ein Problem darstellt. Das ist so. Ja, doch kann ich auch bestätigen. Also daher finde ich darüber auch eine Diskussion wert. Ich finde auch wirklich eine Debatte ist das wert, dass wir so konfrontativ oder schmerzhaft dieser Angriffskrieg auch erscheinen, also ist. Wir sind immer noch sozusagen nicht die unmittelbar Angegriffenen und wir sollten uns darüber auseinandersetzen. Und auch die Ukraine hat ein ganz leichtes, individualistisch eigenverantwortliches Leben geführt bis 2014, sehen, wo nicht an.
[28:29]Abwehrkampf und militärische Bewaffnung zum Abwehrkampf gedacht wurde, sondern das war dann notwendig gewesen. Also das, was die dann geleistet haben an Abwehr im Jahre 2022, wäre im Jahre 2014 undenkbar gewesen. Sondern das war eine Gesellschaft wie die unsere.
[28:49]Ja, also das sehe ich ähnlich und ich habe das ja auch seitdem sehr viel intensiver verfolgt und mir scheint es schon korrekt zu sein, wenn man sagt, dass, Die Gesellschaft im Durchschnitt generell in der Ukraine, sicherlich nicht jeder Einzelne, aber doch per se etwas stärker an diesen westlichen Demokratien angelehnt sein wollen und dem Ähneln ihrer Auffassung, dass eben doch tatsächlich Russland, russische Bevölkerung eben doch ein bisschen was anderes ist. Also ich fand es sehr spannend. Ich habe ja dann zusammen mit Fritz Glasel 2023 so ein Schwerpunktheft Krieg und Frieden rausgegeben, Spektrum der Mehration. Ich war der, der zusammen mit Fritz Glasel verantwortlich war, diesen Schwerpunkt zu betreuen und wollte es wieder zu schreiben. Und da hat ja unter anderem auch Dr. Günther Bächler geschrieben, Schweizer, der unter anderem auch 15 Jahre lang da zwischen Georgien und Russland mediiert hat, zusammen mit anderen, muss man sagen. Und der hat schon sehr deutlich geschrieben, zitiere mal aus dem Heft, Putin und seine Beratern. Waren im Grunde immer sehr klar bei der Darlegung der Charakteristika der russisch-orthodoxen Zivilisation, die nicht nur im Gegensatz zum Westen stehen würde, sondern auch dazu ausgewählt sei, den Westen vor dem moralischen Zerfall zu retten.
[30:09]Und das führt dann Bächler auch weiter aus in Kombination mit diesem zaristischen Anspruch, wir sind Opfer auch von Faschismus gewesen, wir sind immer noch Opfer von Faschismus. Also so ein ganzes Narrativ sich entwickelt hat, was letzten Endes so einen Überfall auf die Ukraine rechtfertigt. Und warum mache ich diesen ganzen Bogen? Weil ich eben doch jetzt in dieser intensiven Beschäftigung seit 2022 mit der ganzen Geschichte doch den Eindruck habe, es ist berechtigt zu sagen, Putin, so wie er agiert als Autokrat, ist eine Gefahr für Westeuropa. Das ist meine Auffassung. Und Ukraine zu hoffen, naja gut, der nimmt sich halt die Ukraine, hat da irgendwelche Argumente dafür und dann ist gut. Ich bin da sehr skeptisch und ich glaube schon, dass man mit der Ukraine auch den westlichen Lebensstil mit verteidigt, ist durchaus mein Eindruck.
[31:02]Absolut, absolut. Das ist eine Gefahr für Westeuropa. Es ist immer Ziel gewesen, auch dieses Großrussischen Reiches von Lissabon bis Vladivostok. Das ist also nicht nur gut belegt, das ist einfach erklärtes Ziel. Und wer dann in Tagesinterviews von Lavrov oder Putin halt Worte hört, die, sozusagen Friedensgesinnten das Herz aufgehen lässt, der verkennt einfach, was Politik ist und wie große Linien gezeichnet werden. Und ich finde auch, dass Putin ein Mann der großen Linien ist. Es ist ein Stratege, der in Jahrzehnten denkt und nicht in Monaten.
[31:51]Und ich finde, wenn man die Experten, die sich mit Osteuropa auskennen, hört und nicht auf YouTube RT-Videos anschaut, um das mal ganz salopp und abfällig zu sagen, der kann das vernehmen. Also das ist kein Geheimnis. Also ich muss auch sagen, dass ich einfach jetzt da im Rückblick mich da auch etwas schlauer gemacht habe. Und die Leute, die das so analysieren, dass Putin eigentlich seit 1999 mehr oder weniger auf dem Pferd gesessen hat, auf dem er heute sitzt, das finde ich überzeugender, als die, die sagen, ach Putin, der wollte ja eigentlich, und die Hand gereicht und so, die NATO hat ihn ausgeschlagen. Das ist alles, also ich, klar ist die NATO auch keine Engel, das will ich jetzt nicht so sagen, aber ich finde es schon überzeugender, diesen Blick, den du gerade auch auf Putin geworfen hast. Was ich trotzdem, und das ist ja auch, finde ich, so habe ich deine Einladung zu diesem Gespräch auch gehört, trotzdem sind wir als Mediatorinnen, Mediatorien ja Menschen, die sagen, naja, also einfach Waffenstarren sich gegenüberstehen, das kann es auch nicht sein. Und da fand ich sehr spannend, ich weiß nicht, ob du den Artikel wahrgenommen hast, es gab jetzt am 24.06. Einen Beitrag im Spiegel von Olaf L. Müller.
[33:06]Der Professor für Gewaltfreiheit, wenn ich das mal so ganz salopp benennen darf. So wird das glaube ich nicht genannt, aber das war sein Thema, glaube ich. Genau, Professor für Wissenschaftsphilosophie in der Hummelt-Uni in Berlin und seit 2003 ist er da Professor Jahrgang 66 und der hat unter anderem bei Reklam ein Essay geschrieben zum Thema Atomkrieg, eine Warnung und auch publizierte davor auch Pazifismus, eine Verteidigung. Also es ist ein erklärter Pazifist, das ist so. Und zugleich sagt er, ich bin für einen aufgeklärten Pazifismus, der sich im Gegensatz stellt zu einem absoluten Pazifismus, der sagt, nie irgendwelche Waffen. Und letzten Endes argumentiert Müller damit, dass man sehr wohl, wenn man einem Putin gegenübersteht oder einem Aggressor gegenübersteht, eine Verteidigung haben sollte. Man sollte Logistik haben, man sollte Aufklärung haben, man sollte eben auch über Mittel verfügen, erstmal an der Grenze mit Militär zu stehen, zu sagen, wenn du hier über die Grenze gehst, das wird für dich teuer. So, das erstmal schon. Aber was ich sehr spannend finde bei seinem Ansatz, dass er sagt.
[34:13]
Ansätze zur sozialen Verteidigung
[34:12]Also bitte setzt jetzt nicht auf automare Aufrüstung. Das ist eine Riesengefahr, dass das sozusagen in einem Desaster ändert. Das teile ich total. Und was er eben propagiert, das finde ich sehr interessant, wirklich Wiedereinführung des Kriegsdienstes. Und zwar mit zwei Wahlmöglichkeiten. Du kannst an der Waffe dienen oder du kannst im waldfreien Widerstand lernen.
[34:32]Und dann zwar für Männer und für Frauen. Und dann wirklich systematisch, also es gibt ja schon seit langem diesen Bund für soziale Verteidigung, die Idee der sozialen Verteidigung, also wie kann man mit nicht-militärischen Mitteln ohne Waffen einem Aggressor das Leben möglichst schwer machen, aber ohne dass man eben aggressiv ist, sondern jemand einfach soziale Verteidigung macht. Und das wirklich zu installieren gewissermaßen als auf der Bundesebene, das ist etwas, was mir bisher bei dieser friedensbewegten Diskussion um soziale Verteidigung gefehlt. Hat, wir brauchen eine, wenn wir das ernst nehmen wollen, soziale Verteidigung, brauchen wir auf der Bundesebene dafür ganz klare Strukturen und das reicht nicht zu sagen, wir haben da mal tolle Erfahrungen, da gab es mal diesen einen Fall, das reicht nicht.
[35:13]Ja, das sehe ich auch so und ich finde auch, dass das unter dem Stichwort der resilienten Gesellschaft auch und vor allen Dingen bei denjenigen eine Rolle spielt, die für eine Verteidigungsbereitschaft einstehen. Und zwar eher kommend, wenn ich das nochmal einmal so gegensätzlich benenne, von denjenigen, die Militär befürworten. Die sagen alle durchgehend, es geht nicht nur um eine Aufrüstung im militärischen Sinn, es geht um eine resiliente Gesellschaft. Und ich befürchte sozusagen, dass die pazifistisch Gesinnteren dort eine Militarisierung der Gesellschaft hören, wie man das sozusagen im kommunistischen Raum und im 20. Jahrhundert verstanden hat. Und ich bin da ganz d’accord, dass Verteidigungsbereitschaft im modernen Sinne auch das Soziale nicht explizit Militärische einbeziehen muss. Und das steht schon auch für uns an. Das sehe ich schon so. Und da sehe ich sozusagen ein Missverständnis beziehungsweise eine ungute Einordnung, wenn wir von Krieg und Frieden reden.
[36:21]Es geht um Krieg oder Frieden. Und auch Frieden sind diejenigen, die keine Waffen haben wollen und nicht in die Hand nehmen wollen und auch nicht dafür plädieren. Und Krieg sind diejenigen, die alle eine Waffe in die Hand nehmen. Und da finde ich, und das macht dieser russische Angriff sich ganz deutlich, dass dort, salopp gesagt, Ukrainer und Russen gleich behandelt werden. Dass einfach so getan wird, ihr seid beides ein Volk, das Waffen in die Hand nimmt. Und ihr gehört dann eben auf die Seite des Krieges. Das ist doch kein kluges Konzept. Das halte ich für sehr fatal, weil es eben diese Schlussfolgerung dann zulässt, okay, also wer halt Waffen in die Hand nimmt, ist genauso böse wie alle die Waffen in die Hand nehmen und es wird nicht mehr unterschieden zwischen Angreifer und Verteidiger, zwischen Täter und Opfer, was wir doch in anderen Bereichen als Mediaturen sofort im Blick nehmen. Ja.
[37:22]Es gibt halt auch so Narrative, die auch hier in meinem Umfeld gibt es auch Menschen, die diesen Narrativen glauben, dass Maidan ja in Wirklichkeit die Faschisten und gesponsert durch die USA in den Ukraine sozusagen die Macht übernommen hätten etc. Solche Narrative gibt es ja, aber die finde ich einfach überhaupt nicht überzeugend. Muss ich einfach sagen, wenn man sich das einfach anschaut, kann ich einfach nur sagen, ich sehe die Ukraine als ein Land, das einfach unabhängig seinen Stil leben will. Und da ist jemand eingefallen, dem das nicht passt. Also eine der für mich sehr stimmigen Argumente, weshalb Putin überhaupt das interessant fand, Ukraine anzugreifen, war einfach, dass die sich ganz klar für einen westlichen Lebensstil für Anbindung an den Westen entschieden haben und für ihn das extrem unbequem ist, als Autokrat direkt an der Grenze ein ehemaliges, in Anführungszeichen, Brudervolk zu haben, was einen auf Westen macht. Also ich glaube, das ist mit Sicherheit eine der ganzen Motivatoren. Und das muss man einfach anerkennen. Und da kann man nicht sagen, die haben beide Waffen in der Hand. Also ich genauso wie du.
[38:22]Und was die aufspannende, bei dem, was du gerade fandest, sagtest, ich glaube auch, dass gerade in den Bereichen, die für gewaltfreie Verteidigung sind, für soziale Verteidigung sind, dass da auch so eine Mitschwingung, so eine Skepsis gegen so eine Institutionalisierung auf der Bundesebene. Und es gab ja durchaus Ansätze dazu, schon mal so eine Art von Ministerien aufzubauen, was soziale Verteidigung sozusagen fördert. Das war auch aus der Friedensbewegung, wo das skeptisch gesehen war. Und ich glaube aber, das braucht es. Man muss ja mal, wenn man auf Deutschland guckt, ehrlich sagen, da sind über 80 Millionen Menschen. Und wenn wir das ernst nehmen wollen, dass soziale Verteidigung und möglichst wenig Waffen und schon gar keine Atomwaffen, funktionieren, dann braucht es eine gesamte Bevölkerung oder zumindest deutlich über 50 Prozent, die dazu stehen und die sagen, ja, dieses Konzept finden wir überzeugend und dazu brauchst du auf der Bundesebene ein Ministerium, was soziale Verteidigung organisiert und du brauchst einen demokratischen Diskurs, der über viele Jahre laufen würde, du brauchst, Gewaltfreie Verteilung inzituasiert auf der Bundesregel und natürlich auch auf lokaler Ebene. Sonst wird da niemand davon überzeugt sein. Ja, und da muss ich noch einen Punkt von vorne nochmal nachschieben und nochmal aufgreifen, der mir in dem Zusammenhang dann doch manchmal verloren geht.
[39:40]Und der Kollege von der Humboldt-Universität hat das ja gesagt, man soll sich schon so benehmen, dass der Einmarsch oder Beginn eines Angriffs teuer erscheinen soll. Das funktioniert aber nur, wenn derjenige glaubt, dass wir uns auch verteidigen werden mit allem, was wir zur Verfügung haben. Das heißt, diese strategische Ambivalenz, dass er auf jemanden trifft, der bereit ist zu kämpfen und Verluste zuzuführen. Und ich meine, dass eben tatsächlich Verluste in diesem Bereich sind Menschenleben. Nur dann funktioniert diese Abschreckung. Man kann nicht, auch nicht gesellschaftlich, vor allem weil das immer öffentliche Reden sind, sagen, naja, wir bauen schon Waffen, aber wir tun dann alles, dass wir die nicht einsetzen müssen. Nein, wir müssen sagen, wir werden sie auch einsetzen. Und das ist ein Dilemma, das beantwortet werden muss. Also ich teile das. Ich denke, wir brauchen einfach an den Grenzen ganz klar eine Artillerie. Wir brauchen eine gute Aufklärung. Wir brauchen eine Logistik. Wir brauchen wirklich genug Soldaten etc., um einem militärischen Aggressor an der Grenze deutlich zu machen, hier holst du dir eine blutige Nase, wenn du hier einmarschierst. Und natürlich, und das ist das, was eben sozusagen…
[41:06]Hier der Olaf Müller sehr hervorhebt. Er ist ja sehr, sehr skeptisch gegen die Diskussion um atomare Aufrüstung, die es hier auch wieder gibt. Das ist einfach genau der Punkt, wo er sagt, liebe Leute, das ist einfach viel zu risikoreich, auf atomare Abschreckung zu setzen. Und da wird natürlich dann deutlich, auch wenn man an der Grenze mit konventionellen Mitteln sich verteidigt und Waffen hat, die erstmal nicht für eine Invasion geeignet sind, aber sehr wohl für eine Verteidigung grundsätzlich, es gibt keine Garantie, dass du das hältst. Das sagt Müller ganz oft. Es gibt keine Garantie, wenn da wirklich eine Großmacht auf dich einstürzt, dass du das hältst. Und das ist an der Punkt, wo dann halt dann die soziale Verteidigung eine wichtige Rolle spielt. Nämlich, dass dann auch, wenn der Aggressor im Land ist, er dann weiterhin auf Strukturen stößt, nicht gewaltfrei, die einfach das Leben für den Aggressor ungemütlich macht und den Soldaten, die da einmarschiert sind, deutlich macht, holla, hier haben wir es erstmal
[42:03]
Die Unterscheidung zwischen Angriff und Verteidigung
[41:59]mit Zivilisten zu tun, mit Menschen, die eigen so sind wie ich und die mir nichts Böses wollen. Und diese hybride Sache von einer Grenze wehrhaft, aber im Inneren auch soziale Verteidigungsbereit, finde ich zurzeit ehrlich gesagt am überzeugendsten.
[42:15]Ja, und das wäre so ein Punkt, wie diese Dinge nicht mehr in dieser Dyrotomie von Krieg und Frieden oder Krieg und Gewaltfreiheit gedacht wird, sondern wie in eine Strategie, die ein Kontinuum von Sozialem und dann auch explizit Militärischem bedeutet und das sich abgrenzt von Angreifen, Unterdrücken, Krieg führen. Also, dass einfach dort eine Unterscheidung getroffen wird zwischen, also ich finde auch mir zu wenig, auch unter Profis sozusagen, mit dem Begriff des Krieges werden alle beteiligten Parteien gleich beschrieben. Und Kriegsführung ist sozusagen das verwischt die Grenzen von, wer ist hier Angreifer und wer ist Verteidiger und das finde ich ein Problem ich finde das auch, wenn man das runterzohnt auf Konflikte und da wären wir bei einem mediatorischen Thema auch bei dem Begriff Konflikt der sozusagen in der Theorie ein eigenes Phänomen schafft, um das jetzt gestritten wird und dann kommt eine Konfliktanalyse und es wird sozusagen.
[43:30]Eine Entität namens Konflikt begriffen und dann wird versucht, dazwischen zu vermitteln. Und man kann diesen einen Konflikt aus verschiedenen Perspektiven sehen. Ich habe da auch in der Mediation eine andere Idee dazu. Auch wenn es Vorzüge hat, so ein analytisches Objekt zu nehmen von der Konflikt. Ja. Aber beim Krieg wird es besonders deutlich und hier beim Ukraine-Konflikt auch oder beim Ukraine-Krieg besonders dramatisch.
[43:59]Also wenn ich dich richtig verstehe, machst du ja im Grunde genommen diese Parallele zur Mediation in der Weise, dass erstmal ganz grundlegend wir als Mediatorinnen und Mediatorinnen ja sagen, zum Konflikt trägt jeder bei. Es ist nicht Ziel der Mediation herauszufinden, wer ist schuld oder wer ist mehr schuld. Und wir leben alle mit verschiedenen Perspektiven etc. Pp. Also als Mediator, Mediatorin sind wir erstmal grundlegend allparteilich und sind nicht daran interessiert, einen Aggressor zu identifizieren. Und, das ist aber der Unterschied, es gibt ja wohl eine gelebte Praxis der Mediation im Täter-Opfer-Ausgleich gewissermaßen, wo ein Mensch als Täter gelabelt ist, weil er halt eine strafrechtlich relevante Grenze überschritten hat. Und auch da, auch bei den Konflikten ist man sich ja einig, dass meistens, also häufig jedenfalls, die Leute sich hochgeschaukelt haben. Das ist ja auch ein bisschen ein Zufall, wer zuerst die strafrechtliche Grenze überstreitet. Und trotzdem, da hat halt jemand dem anderen den Zahn ausgeschlagen, wo sie zuvor sich nur ein bisschen angepöbelt haben. Und da sagt dann halt der Täter auf ausgleich, ja, wir können da mediieren. Und das funktioniert aber erst, wenn der Täter, schrägstrich die Täterin, zuvor sagt, ja stimmt, ich habe den Zahn ausgeschlagen und das war nicht gut. Ja, und das ist das, worüber du sprichst. Also das ist nicht in Täter-Aufwass-Leich-Praxis zu sagen, naja, die waren ja alles harte Kerle und kein Wunder, dass er eins auf die Fresse gekriegt hat. Nein, das wird Täter-Aufwass-Leich gemacht.
[45:25]Und ich betone in dem Zusammenhang halt wirklich das Vertragselement und das Eigenverantwortlichkeitselement und sage, wir dürfen den dort Täter nennen, weil er in einem Verfahren ist, wo er angeklagt ist, er ist noch nicht verurteilt und er führt dieses Gespräch in Anerkenntnis und damit auch eigenverantwortlich und damit auch sozusagen zustimmend, dass der Tatbestand als solches anerkannt wird. Also gesagt, ja, das ist so. Das habe ich gemacht. Ich habe den Zahn ausgeschlagen und ich kann hier das Gespräch nochmal führen für meine Strafzumessung und auch, um mich nochmal zu erklären oder auch nochmal zu verstehen, was ich bewirkt habe. Aber es ist für mich als Täter, es ist okay, wenn ich so benannt und betitelt werde, weil dazu stehe ich. Und da dürfen wir das ernst nehmen. Wir müssen also nicht so tun, als wenn der Titeltäter bei einem Täter-Opfer-Ausgleich von außen gelabelt wird. Sondern das ist eine vertragliche Absprache. Da gibt es eine Zustimmung. Und wer da nicht zustimmt, dann findet auch kein Gespräch statt.
[46:27]Und das finde ich okay und es wäre sozusagen auch, und das finde ich auch ein Thema für das Selbstverständnis, ich fühle mich nicht in Konflikten oder wenn ich Konflikte sehe, bin ich kein Mediator. Wenn ich zu Hause bin, wenn ich mit Freunden bin, wenn ich auf einer Konferenz bin, wenn irgendwo ein Konflikt ausbricht, bin ich kein Mediator. Ich bin kein geborener Mediator. Ich habe nicht aufgrund meiner Ausbildung innerlich etwas entwickelt, wo ich jetzt sagen würde, ich fühle, denke und agiere als Mediator, sondern ich tue das, wenn ich einen Vertrag geschlossen habe, bei dem ich als Mediator engagiert wurde. Und in diesem Konflikt, die mich, die Parteien, die mich als Mediator wollen und ich in diesem Konflikt auch zugesagt habe zu mediieren, dort bin ich Mediator.
[47:18]Das erlaubt es mir auch, wenn ich nicht als Mediator engagiert wurde und dazu gesagt habe, Stellung zu beziehen, wie jeder andere auch oder auch nicht und zu sagen, ist nicht mein Business, geht mich nichts an. Ja, ich finde das eine sehr spannende Trennung, die du da machst, zwischen ich darf als Mensch, der als Mediator tätig ist, eine Privatmeinung haben, die eben auch in bestimmten Zusammenhängen auch sagt, ja sorry, wenn einem Gewalt begegnet, muss man auch sich in gewissem Maße auch mit Gewalt abgrenzen können und deswegen aber nicht sozusagen aberkannt bekommen, dass man ansonsten auch als Mediator arbeitet. Ich glaube, das meinst du, ne? Ja klar, ich kann doch nicht Paragraf 32 das Notwehrrecht aushebeln, nur weil ich eine Mediationsausbildung gemacht habe. Ganz genau. Und das bedeutet schon auch, und da finde ich den Begriff der Haltung überdehnt in Mediatorenkreisen, weil er zu einer Identität anstiftet, die eben auch Schattenseiten hat, also die für mich Schattiger sind vielleicht als für andere, sondern gehe da eher mit einem Vertragsmodell ran, also wirklich vertraglich orientiert. Und da bin ich dann auch Mediator und das ist eine Dienstleistung, die hat ihren Preis. Ich muss schon prüfen, möchte ich das in diesem Konflikt tun, denn ich verpflichte mich dann, nehmen wir mal zum Beispiel Trennungs- und Scheidungsmediation.
[48:47]Bei Geschichten und Erzählungen, was da passiert ist in der Wohnung, kein Urteil zu fällen. Wohl wissend, das sollte man zumindest sich klar machen, wir werden dort Gewaltgeschichten, Ungerechtigkeiten, verprügelte Kinder und so, das werden wir hören. Und es ist meine Dienstleistung.
[49:11]In der Idee, dass diese Vermittlungsarbeit diesen zwei Parteien hilft, weil sie das wollen, werde ich dann mein Urteil zurückstellen. Ja, und selbst da ist es ja so, dass wir ja aufgerufen sind, auch qua Mediationsgesetz, aber das wurde vorher auch nicht anders gesehen. Natürlich gibt es Grenzen, an denen wir auch als Miatoren wach bleiben. Also sozusagen, falls sich in meiner Scheidungsmission das Ehepaar dazu verabredet, weil beide das Kind nicht haben wollen, das an irgendein Oligarchen zu verkaufen.
[49:44]Dann ist das eine Art von Sittenwidrigkeit und Gefährdung der öffentlichen Ordnung. Genau, da geht es um eine Gefahr. Da geht es um eine Gefahr in der Zukunft. Wo es mir Torinnen wach sein müssen. Also wir sind nicht komplett egal, was passiert, aber in einem sehr weiten Umfang sind wir Leute, die sagen, wir beurteilen nichts und wir sind hier, um euch zu helfen, dass ihr die für euch passende Lösung findet und mein Urteil ist nicht gefragt. Ja, und da bin ich halt ganz Jurist. Eine Gefahrenbeurteilung bezieht die Zukunft ein und sagt, also was droht hier? Und da bin ich auch nicht an meine Vertraulichkeit gebunden. Aber eine Beurteilung, wer ist hier der Täter, wer nicht, wer ist schuldig, wer nicht, das ist immer die Vergangenheit.
[50:26]Also das heißt, die Dienstleistung besteht darin, wenn ich hier höre von der, klischeehaft jetzt, von der Frau, der Mann hat im Streit vor fünf Jahren das Kind geprügelt und das war das Anfang vom Ende dieser Ehe und dafür hat er sich auch nie entschuldigt. Dann ist meine Dienstleistung dort kein Urteil über diese Person zu fällen, sondern diese Person im Dienste der beanspruchten Vermittlung zu vermitteln. Das ist eine gute Differenzierung, dieses kein Urteilen über Vergangenheit, aber sehr wohl auch Gefahren im Blick haben. Da gibt es einen Restverantwortung für mich als Idiator hinzuschauen. Das kann ich gut nachvollziehen. Und neben diesem vertraglichen Konstrukt, das du ja betrachtest, bin ich da in diesem vertraglichen Konstrukt, Migration gerade drin oder bin ich Privatmensch, möchte ich einfach auch anerkennen, es ist diese Diskussion um Umgang mit Krieg, Umgang mit Ukraine, Waffenlieferung etc.
[51:25]
Identität und Ethik der Mediatoren
[51:22]Ist einfach ein moralisches Dilemma auch. Also ich glaube, dass wirklich gerade auch unter Mediatoren sehr viele Menschen sind, die einfach auch das Richtige und das Gute machen tun wollen, wenn es um Gewalt geht. Und natürlich ist das auch oft mit tiefen Werten unterfüttert, mit Haltung unterfüttert und das ist eben wirklich schwer.
[51:42]Wenn man das ernst nimmt, dann zu solchen Ausnahmetatbeständen zu kommen, wo man sagt, naja, man muss sich halt gegenüber einem Aggressor, der mit Waffen kommt, eben auch im Teil mit Waffen wehren. Das kann ich verstehen, dass das ein totales moralisches Dilemma sein kann. Dass ich das auch so anfühlen kann, dass auch wenn jemand diesem Podcast zuhört, er von uns beiden überhaupt gar nicht überzeugt ist, sondern sagt, nein, nein, nein, man muss da viel radikal am Grund legen. Also ich habe durchaus Sympathien dafür. Ich halte es noch nicht für die echte Lösung angesichts von einem Ukraine-Krieg.
[52:15]Und das finde ich auch ein Punkt, der wichtig ist. Also die Diskussion darüber und auch die Auseinandersetzung, weil es in der Tat ein moralisches Dilemma ist und wir da uns auch, selbst wenn wir an historische Anleihen gehen oder an Vorbilder und so, wir müssen heute eine Entscheidung treffen für uns, was wir tun. Und das ist immer schwer, das war für alle auch schwer. Wo ich sozusagen ins Plädoyistische verfalle und wo ich merke, da bin ich nicht zufrieden damit, wenn sozusagen mit dem Begriff Mediator oder Konfliktberater gleichgesetzt wird, was musst du für eine Meinung dazu haben? Und da finde ich, da dürfen wir deutlicher werden, auch untereinander. Also die Auseinandersetzung gehört da wirklich dazu und da sind wir auch keine Mediatoren, da sind wir schlichtweg Streiter für unsere Werte und für unser Verständnis von Konflikten und kriegerischen Entwicklungen. Und dass das eine Zumutung ist, das finde ich das Gespräch wert. Also daher auch den Dialog mit dir.
[53:31]Also wenn ich sage vertraglich, bedeutet das ja nicht, dass es uns nicht berührt, sondern das ist eine echte Zeitenwende, glaube ich, auch für Mediationsverständnis. Ja, ich glaube auch. Also ich finde, es ist wirklich gut zu sehen, wie du es sagst. Und ich würde gerne noch einen kleinen Mini-Auszug machen auf die verbandliche Ebene. Weil wir haben im Bundesverband Mediation e.V. Auch schon seit Jahren, auch angesichts zum Beispiel rechtsradikaler Tendenzen in Deutschland, AfD etc., auch seit Jahren eine Diskussion darüber.
[54:05]Sollten wir nicht als Bundesverband Mediation e.V. Stellung beziehen. Zum Beispiel für FIFA, gegen die AfD etc. Und dann können wir natürlich auch überlegen, okay, wenn Sascha und Tilma jetzt so vehement dafür sind, dass man auch Waffen einsetzt, ja, was sollte der BM dazu sagen? Und da bin ich jetzt wiederum wirklich gespannt, was du sagst. Ich bin der Auffassung, dass der BM ist eben jetzt erstmal kein Mensch, sondern ist eine Institution, die wirklich für Mediation steht und eben nicht für Waffen steht. Also ich, auch wenn ich privat diese Meinung habe, ich habe null Interesse daran, dass der BM irgendein Kommunikär heraus, der so drin steht, wir sollten, selbst der BM sagt sozusagen, die Ukraine sollte mit Waffen beliefert werden. Nein, also bin ich total dagegen, einfach weil der Bundesverband wirklich per se als Institution für eben Mediation steht. Und da finde ich das wirklich schädlich, das dann zu politisieren, nur weil ich als Thiermann Metzger jetzt gerade politisch eine andere Meinung habe. Aber ich weiß nicht, wie du das siehst, aber ich würde mir nicht wünschen, dass er für Waffenlieferungen plädiert. Ich würde sagen, der soll sich ja komplett raushalten aus der Diskussion.
[55:08]Allenfalls, was wir im Hetz gemacht haben, wir haben ja da Alternativen aufgewiesen, was man gewaltfrei tun kann. Das ist ja auch gut, dafür sind wir da, aber das ist erstmal ein fachlicher Beitrag zu was möglich ist und mehr auch nicht. Ja, ich finde auch, da kann ich mir ergebnisvoll mitgehen, wüsste auch gar keinen Grund jetzt, warum die Organisation BM dort Stellung beziehen sollte oder müsste. Also sehe ich keinen Grund. Aber was das heißt, also gerade wenn es um rechte Tendenzen in Deutschland geht, ist natürlich der Grund, dass da ganz viele Menschen sind, die sich Sorgen machen, so wie ich ja auch und sich einfach dann denkt, naja, also Notwehrrecht des Zivilstaates so ungefähr und der BM soll sich halt auch da engagieren, wo es darum geht, das Gute, Wahre und Schöne zu verteidigen auf der politischen Ebene. Also, dass da Leute sagen, lass uns mal den BM nutzen, damit wir politisch auch die richtigen Botschaften nach vorne bringen, kann ich erstmal individuell verstehen, aber ich finde es fatal, weil man dann einfach den BM in was reinzieht, wo er als Institution nicht reingehört, finde ich. Ja, also man könnte es auch so aufbauen, dass der Preis, den das mit sich bringt, noch unbekannt und zu hoch ist, weil er würde sich natürlich auf die Mitglieder dann auch auswirken. Und das ist schon auch eine offene Frage bei mir, welche Leistung können…
[56:30]Professionell geschulte Konfliktvermittler in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung, die eben erhitzter und separierter, polarisierter geführt wird. Welche können wir da bringen?
[56:43]Und da halte ich wenig davon, sozusagen über den Daumen gepeilt zu sagen, für mich oder für uns kommt jetzt Mediationen nicht in Frage mit Rechtsradikalen, mit Faschisten oder Sonstiges. Denen will man keine Plattform bieten und die Früchte der Leistung sollten denen nicht zugutekommen. Das halte ich alles für selbstüberschätzte, grandiose Gedanken. Sondern das ist für jede Mediatorenperson eine Dilemmasituation. Geht sie in diese vertragliche Leistung oder nicht?
[57:24]Und das muss man abschätzen. Und ich glaube, als Verband hat man die Aufgabe, auf dieses Dilemma aufmerksam zu machen und dafür Reflexion und Übung anzubieten. Sagen, ja, das kann passieren, also ich muss einfach davon ausgehen, wenn ich, und das ist jetzt nur sozusagen gestempelt, das wird überall zutreffen, aber wenn ich in Sachsen mediiere in einer Firma, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass dort rechtsradikales Gedankengut in der Mediation da ist, auch wenn es in einem Konflikt keine Rolle spielt, also ich brauche die Menschen da nicht abstempeln, Sondern die Frage ist, wie gehe ich als Mediator damit um, wenn ich in einer Mediation Ja gesagt habe. Ich werde euch vermitteln. Und dann kommt so etwas hoch. Und da finde ich so…
[58:19]Ich bin mir eben auch sehr recht, wenn Menschen, egal welcher Couleur und wie sie denken, politisch und was Gewalt anbelangt, wenn die nach wie vor den Eindruck haben, Mediation ist erstmal per se ein allparteiliches Verfahren und das würde für mich eben dadurch in Frage gestellt, wenn wir jetzt für uns Verbände selber politisch Stellung nehmen. Also diese Institutionen der Mediation als Allparteisverfahren, das finde ich schon sehr, sehr schützenswert. Und mir ist das sehr recht, dass wir da im BM auch sehr kontrovers über vieles diskutieren. Wir sind ein sehr streitbarer Verband, wie ich glaube eigentlich jeder Mediationsverband. Ich kenne halt den BM am besten. Und mir ist das sehr recht, dass es Leute gibt, die jetzt wahrscheinlich als Resonanz zu diesem Podcast sagen werden, mein Gott, was haben Sascha und Tilma da für einen Unsinn geredet und die fürchtet nicht.
[59:03]Also ja, ich rechne damit, dass das kommen wird auch. Also ich glaube, wir beiden sind schon ein bisschen mutig, wie wir unseren Hals hier raushängen, ehrlich gesagt. Du kennst den BM dann besser als ich. Ich gehe dann in einer gewissen Naivität und Blindheit daran.
[59:19]Verschiedene Mitglieder, das könnte jetzt gar nicht mehr den Minderheiten in dem Punkt sagen. Aber wir können mit Kritik rechnen und das ist mir recht. Also ich finde es gut, dass wir als Mehrtorinnen und Mehrtoren da nicht einer Meinung sind. Und wie gesagt, insgesamt mir ist wichtig, dass die Institutionen der Verbände und die Institutionen der Migration nicht für etwas vereinnahmt wird, was eine politische Ebene hat. Und trotzdem darf ich mir als Tillmann und du dir, Sascha, eine politische Meinung erlauben, so genau wie du es beschrieben hast. Ja, ich erlebe das auch nicht so randscharf abgrenzend oder Entscheidungen, die für immer gelten. Ich kann mir auch Entwicklungen vorstellen, wo eine Organisation dann Stellung beziehen muss, aber ich sehe es momentan nicht. Und die Grenze finde ich noch weithin. Aber das Thema ist auch, dass sich Grenzen verschieben. Was ist denkbar und was ist nicht denkbar? Und wir haben es mit Entwicklungen zu tun, die wirklich gestern und vorgestern noch undenkbar waren. Insoweit würde ich das nicht absolut für immer ausschließen, aber momentan schätze ich das auch so ein, dass es da gar keinen Grund dafür gibt und die Kollateralschäden einer solchen Entscheidung viel zu groß und unberechenbar wären.
[1:00:40]Ich finde, dass da die Mediation auch als, sie wird ja immer noch auch als die Mediation, als wenn das so ein monolithisches Verfahren ist, überhaupt aufpassen darf, sollte auch, dass es nicht als ein elitäres Verfahren gilt, dass sich sozusagen sprachgewandte, eloquente, finanzstarke Player leisten können, sondern dass sie auch wirklich als ein Institut nutzbar ist, das sich den Nutzungsbereichen auch anpassen lässt. Und das heißt, nicht zu viel eigene Standards setzen, die einfach ausschließend wirken. Also wer sozusagen da, sage ich mal, positioniert sich als Mediation, der schließt eben auch andere aus. Und das ist ja immer der Sinn von Selbstzuschreibungen, dass sie auf der einen Seite wie ein Magnet wirken sollen, aber eben auch wie ein Magnet abstoßend wirken kann und.
[1:01:38]Ja, das ist ja auch spannend. Ich meine, die Diskussion hatten wir, glaube ich, in den 2000ern noch relativ stark. Was ist nun Mediation, was ist es nicht? Und auch davor schon. Da teile ich auch deine Auffassung, wir haben einfach weltweit sehr, sehr unterschiedliche Farben der Mediation und das, was wir haben, repräsentiert keinen Ausschnitt von dem, was weltweit als Mediation bezeichnet wird. Und da soll man auch ein bisschen demütig sein und nicht zu viel, wie soll ich sagen, zu glauben, man hätte da die kulturelle Hoheit über Mediation und was da richtig ist. Also das finde ich gut nachvollziehbar, was du sagst. Ja, weil du sagst, wir haben da viele Farben und Buntheit. Und wenn man jetzt sozusagen sagt, ja, Mediation ist bunt, dann muss man in der Diskussion eben auch sehen, dass man Menschen, denen das Leben momentan zu bunt ist und denen auch Mediation zu bunt erscheint, dass die dann da nicht anschlussfähig sind.
[1:02:33]Und das ist ein Dilemma, das ist tatsächlich nicht einfach. Also Mediation vielschichtig und vielfarbig darzustellen, dass aber auch Personen auf die Idee kommen, das könnte für mich hilfreich sein, wenn ich jemand bin, der es eher schwarz-weiß möchte oder blau oder andersfarbig. Es ist schon, und da sind wir wahrscheinlich bei einer anderen Debatte, dass Mediation natürlich auch politisch wahrgenommen wird und manche eben auch von Mediatorenseite das auch politisch positionieren wollen und verstanden wissen wollen.
[1:03:14]Das finde ich eine schwierige Diskussion. Also wirklich, da habe ich auch kein abschließendes Urteil, in vielen Fragen nicht. Wo siehst du gerade den Bezug zu unserem Thema, so mit dem Thema Krieg in der Ukraine und unserer Haltung als Mediator dazu und jetzt bezogen auf dieses Letzte, was du gesagt hast? Dass wir mit dem, was wir sagen oder auch was wir nicht sagen, zum Beispiel zu gesellschaftspolitischen Entwicklungen, stark auch dieses Verfahren positionieren, auch weil wir uns, weil einige besonders betont, ich hoffe, ich gehöre da nicht so dazu, also das stark identitätsstiftend erleben und sagen, ich bin halt Mediator und ich glaube an die Kraft der Mediation.
[1:04:05]
Politische Haltung und Mediation
[1:04:06]Und dann bin ich da drinnen so verbunden, dass ich das nicht mehr als eine Dienstleistung sehe, sondern das ist dann immer mit meiner Identität verbunden und das hat auch Nebenwirkungen. Nämlich? Was ist die Nebenwirkung? Dass man sich einfach auch ausschließt aus bestimmten, dass man nicht in Frage kommt als Mediator oder auch das Verfahren nicht in Frage kommt. Okay, also wenn man das so bestimmte Grundsätze, bestimmte Aspekte von mir als John so auf so ein hohes Podest stellt, dass andere Leute sagen, auf das Podest möchte ich gar nicht rauf sozusagen, also das ist mir zu einseitig radikal und zu weltfremd so ungefähr, sowas ja. Und das betrifft viele Fragestellungen, nicht nur jetzt politische, aber auch so. Zum Beispiel ist es für mich ein Spagat, auch wenn ich auf der einen Seite, auch wie du, in Forschungsinstitutionen mit Professoren und Akademikern mediiere und dann ins Erzgebirge eingeladen werde zu einer handfesten Industriefirma, die dort Konflikte lokaler Art mediieren. Und die Fragestellung, passt das zu uns, passt der zu uns? Was ist das, was der anbietet? Ist das ein Verfahren, was mir hilft, also wo ich mich drinnen wiederfinden kann? Oder kann ich das nur machen, mal ganz salopp gesagt, wenn ich gut reden kann?
[1:05:25]Ja, also ich glaube, ich ahne jetzt so ungefähr, worüber du da redest und was du meinst. Und vielleicht passt das zu, dass tatsächlich das, was wir jetzt hier gerade im Podcast gemacht haben, dass ich auch jetzt sehr über meine friedensbewegte Vergangenheit geredet habe und dass das ja auch dieser friedensbewegte Impuls auch ein wesentlicher Teil meiner eigenen intrinsischen Motivation ist, warum ich diese Arbeit überhaupt mache, weil es macht für mich Sinn. Das ist jetzt nichts, was ich jetzt meinen Kunden normalerweise so auf die Nase braten würde. Also das ist nicht Voraussetzung dafür, dass die mich als Friedensbewegten toll finden oder dass die friedensbewegt sind oder an sie dann glauben, Mediation ist das einzig Gute in der Welt und das bringt das Heil.
[1:06:05]All das tue ich nicht, sondern es geht erstmal darum, ähnlich wie du es geschrieben hast mit dem Vertrag, also was liegt da bei denen vor? Gibt es was, was ich dazu anbieten kann? Und dazu braucht es kein radikal-pazifistisches oder radikal-meitorisches Bekenntnis. Und es geht wirklich darum, habe ich ein Angebot, was denen weiterhelfen könnte? Und da braucht es erstmal keinen bombastischen Überbau. Der würde wahrscheinlich eher hinderlich sein an manchen Punkten. Weiß nicht, ob das so der Richtung entspricht, in der du gerade gedacht hast. Ja, also das ist die Grundidee, klar. Und? Ich meine, du brauchst bei dem Podcast keine Angst haben, den hört keiner, aber Vertrauen baut sich natürlich auf über Sichtbarkeiten. Und das, was wir mal geschrieben haben, wo wir mal auch im Internet deutlicher wurden, auch wenn es nicht zu diesem Fall oder zu dem Thema ist, wird natürlich gesehen und wird auch vorher gescannt und wir werden gegoogelt.
[1:07:12]
Schlussfolgerungen und Ausblick
[1:07:12]Und daher hat es auch, Nebenwirkungen oder Bezugspunkte die wir nicht in der Intention haben sondern die einfach da sind und das auch zumuten.
[1:07:31]Kommunikation ist halt immer auch beobachtete Kommunikation und das eben asynchron auch über die Zeit hinweg und, Ja, aber es macht schon einen Unterschied, ob jemand mich googelt und dann sogar noch diesen Podcast hört oder ob er erstmal mit mir ein Gespräch führt. Also ich glaube schon, dass Leute sich informieren. Aber ich würde jetzt nicht auf meiner Website auf die erste Seite draufschreiben. Ich bin zwar friedensbewegt, aber ich finde, wir sollten Waffen an die Ukraine liefern. Das würde ich nicht auf meine Frontpage schreiben.
[1:08:15]Ja, genau. Ja, und umgedreht, und umgedreht. Ja, genau, genau, genau. Tillmann, die Floske ist, wir könnten jetzt noch ewig so weiterreden. Tatsache ist aber, wir werden es. Demnächst, irgendwann. Aber für den Moment erstmal vielen Dank bis hierher, weil es ein anregendes, vielschichtiges und auch in der Problematik ein wichtiges Thema war. Ja, und ich möchte mich auch sehr bedanken für deine Einladung. Hat mir sehr gut getan, mich mit dir darüber zu unterhalten. Ein Thema, was mich schon viele Jahre umtreibt. Und das tut einfach gut, sich darüber auszutauschen. Vielen Dank. Komm gut durch den Sommer und natürlich durch die Zeit insgesamt. Und ich freue mich, wenn sich die Wege kreuzen. Ciao. Gut, dann ich wünsche dir einen schönen Sommer. Ebenso. Ciao.
[1:09:10]Das war mein Gespräch mit Tilman Metzger, Mediator. Er erfahrener Friedensmediator, ein Mediator der ersten Stunde, der mit mir über die Zeit gereist ist als Mediator von seinen Anfängen Mitte der 80er Jahre bis heute und welchen Einflüssen auch diese Professionsgeschichte ausgesetzt war und welch auch grundstürzende Veränderungen damit einhergingen. Es ist eine Diskussion, vor allen Dingen aber auch einen ausführlichen Dialog wert für Mediatoren, sich über diese Themen zu verständigen und keinesfalls zu schnell auf alte Wahrheiten aufzuspringen. Die Dinge, die wir Medianten und Klienten mitunter nahe bringen dürfen, dass sich das Umfeld verändert hat.
[1:10:14]Das, was man geglaubt hat, wirklich real ist oder noch fundiert ist, das steht auch für uns selbst als Mediatoren an. Wenn du aus dieser Episode das eine oder andere entnommen hast, für dich anregend oder auch aufregend oder vielleicht auch nervend erlebt hast oder auch ätzend oder was auch immer für eine Vokabel da jetzt für dich passt, lass es mich und uns gerne wissen. Auf den sozialen Medien, auf der Webseite, unter der Episode kannst du einen Kommentar hinterlassen.
[1:10:51]Ich würde mich freuen, weil mir das Thema am Herzen liegt, dass wir unsere Professionalität, unser Professionsverständnis miteinander entwickeln, wobei die Richtung offen ist. Ich wünsche dir und euch allen eine gute Zeit. Gehabt euch wohl. Ich bin Sascha Weigel, dein Host von IncoFEMA, dem Institut für Konflikt- und Verhandlungsmanagement in Leipzig und Partner für professionelle Mediations- und Coaching-Ausbildungen.