#29 EdM – Feedback und Kritik

Der gewichtige Unterschied oder wer möchte hier wen steuern?

Episoden der Mediation.

Der Podcast zu den praktischen Fragen zur Mediation und des Konfliktmanagements.

Herzlich Willkommen zu den Episoden der Mediation,

dem Podcast von INKOVEMA zu den praktischen Fragen der Mediation und des Konfliktmanagements.

Ich bin Sascha Weigel und erläutere in diesem Podcast Fallfragen aus meiner Mediations- und konfliktberaterischen Praxis. Ich stelle Konzeptionen und Modelle der Mediation vor und ordne unterschiedliche Perspektiven und Entscheidungsmöglichkeiten ein.

Kapitel

0:09 Einführung in Feedback und Kritik

1:03 Der Unterschied zwischen Feedback und Kritik

3:05 Feedback als Selbststeuerungsprozess

4:50 Kritik im Kontext von Mediation

7:22 Coaching und die Erlaubnis zur Kritik

8:26 Feedback in Organisationskontexten

9:24 Schlussfolgerungen zu Feedback und Kritik

inhaltliche Zusammenfassung

Feedback oder Kritik? – Eine wichtige Unterscheidung

In dieser Episode des INKOVEMA-Podcasts spreche ich über ein Thema, das oft übersehen wird, aber für meine Arbeit als Coach und Mediator von zentraler Bedeutung ist: den Unterschied zwischen Feedback und Kritik. Aus meiner Sicht ist diese Unterscheidung bedeutsam – vor allem, wenn es darum geht, wie wir miteinander kommunizieren und in Beziehung stehen.

Ich erzähle von eigenen Erfahrungen aus der Coaching- und Mediationspraxis und davon, wie ich selbst regelmäßig meine Klienten und Mediant*innen dazu einlade, mir Rückmeldungen zu geben. Diese Rückmeldungen helfen mir, besser zu werden, zu lernen und zu reflektieren. Dabei ist für mich entscheidend: Feedback beginnt immer bei der Person, die etwas über sich selbst erfahren möchte. Es ist ein pro-aktiver Selbststeuerungsprozess. Ich – Person A – frage gezielt andere (Person B, C, D …), wie sie mich wahrnehmen und einschätzen. Nur mit dieser inneren Bereitschaft ist es ein Feedback-Prozess, kann fruchtbar sein und zu einem Lernprozess führen.

Kritik hingegen wird häufig ganz anders eingebracht. Sie kommt oft von außen – also von B, C oder D – und ist etwas, das die andere Person loswerden möchte. Vielleicht stört sie etwas, vielleicht möchte sie etwas klarstellen oder verändern. Das Problem dabei: Die angesprochene Person A muss diesen Austausch gar nicht eingefordert haben; zuweilen ist er ihr zuzumuten bzw. hat A generell(!) dazu eingewilligt. Sie ist unter Umständen nicht vorbereitet oder auch nicht offen für diese Form der Rückmeldung. Genau darin liegt aus meiner Sicht ein entscheidender Unterschied, der viel zu selten beachtet wird – mit weitreichenden Folgen für die Kommunikation in Organisationen, Teams oder auch in persönlichen Beziehungen.

Wenn ich von „Feedback“ spreche, meine ich damit keinen Euphemismus für (gut geschulte, dh. abgespulte) Kritik, sondern einen bewussten, steuerbaren Prozess. Feedback ist freiwillig, basiert auf einer Suchbewegung – ich will etwas über mich erfahren. Kritik dagegen wird oft als Fremdbestimmung erlebt – sie kann sinnvoll und notwendig sein, wird aber auch schnell als übergriffig empfunden, wenn sie ungefragt kommt.

Gerade in der Arbeit mit Führungskräften oder in der Mediation wird diese Unterscheidung besonders deutlich. Im Coaching-Kontext ist die Bereitschaft, Feedback zu erhalten, meist gegeben. In der Mediation dagegen braucht es ein sensibles Gespür für Kritikdynamiken – besonders, wenn es um die Rolle des Mediators oder der Mediatorin selbst geht. Hier ist es wichtig, die eigenen Bewertungen und Impulse genau zu reflektieren und nicht vorschnell in eine kritische Haltung zu verfallen.

Ich spreche auch über ein Missverständnis, das mir oft begegnet: dass Feedback grundsätzlich konstruktiv, freundlich oder hilfreich sei – und Kritik automatisch autoritär oder negativ. So ist es nicht. Entscheidend ist aus meiner Sicht vielmehr die Beziehung zwischen Sender und Empfänger: Wer will was von wem – und ist die andere Person bereit, es zu hören bzw. zu sagen? Riskant ist dabei jede Rolle!

Mit dieser Episode möchte ich für mehr Klarheit sorgen. Wie schätzt Du diese Thematik insgesamt ein?

Vollständige Transkription

[0:02]Herzlich Willkommen zu den Episoden der Mediation im Podcast von INKOVEMA zu
[0:09]
Einführung in Feedback und Kritik
[0:06]den praktischen Fragen der Mediation und des Konfliktmanagements. Ich bin Sascha Weige und erläutere in diesem Podcast Fallfragen aus meiner Mediations- und Konfliktberaterischen Praxis. Das ist Episode 29 – Feedback und Kritik – Der gewichtige Unterschied. Zuletzt im Coaching, nicht lange her. Sie dürfen mich ruhig kritisieren, dafür bin ich ja hier. Und dann kurze Zeit später, ich glaube am nächsten Tag, im Kontext einer Paarmediation, eine kleine Seitenbemerkung. Kritisieren Sie mich gerne hier. Also sowohl, wenn ich hier was falsch mache in dieser Mediation, als aber auch in den Sachverhalten hier, die ich oder auch meine Frau hier dann schildern werden. Das wäre hilfreich für mich. Ich will ja auch was lernen.
[0:54]Das ist erstmal löblich, diese beiden Situationen, die ich hier in der Praxis erlebt habe, denn wenn Menschen was lernen wollen, das ist erstmal,
[1:03]
Der Unterschied zwischen Feedback und Kritik
[1:02]finde ich, ein guter Ausgangspunkt. Und dann, ich war geeicht auf dieses Thema, habe ich auch in den sozialen Medien plötzlich verstärkt, Fragezeichen, verstärkte Wahrnehmung, die Sandwich-Methode wieder mal gesehen und einen Flipchart mit dem Feedback-Bürger. Und dann der Hinweis von Kollegen, das Vier-Ohren-Modell eignet sich hervorragend, um gutes Feedback zu geben und damit dem zwischenmenschlichen Zusammensein, dem zusammen was schaffen wollen, angemessenen Rahmen zu bieten. Und bei all dem ist mir einfach der gewichtige Unterschied zwischen Feedback und Kritik nicht deutlich genug beachtet worden. Und deshalb will ich in dieser Episode diesen Unterschied herausstellen. Und all die anderen Themen, die man zum Feedback, den Hintergründen, den psychologischen Einordnungen, als auch den Abfolgen und Schrittfolgen, dem will ich mir gar nicht Rechnung tragen. Sondern der grundlegende, gewichtige Unterschied, der ist mir wichtig, dass der ankommt. Diese Botschaft.
[2:08]Und der wichtige Unterschied ist zwischen Feedback und Kritik, dass das andere Personen sind, die das Gespräch wollen. Die Frage ist also, wer will hier was? Beim Feedback will eine Person über sich etwas erfahren, nämlich wie andere sie wahrnehmen, wie ihr Handeln auf diese Personen gewirkt hat. Und dieser Anlass des Gesprächs, der geht von dieser Person aus, die das wissen will. Während bei dem Kritikgespräch geht es darum, dass jemand etwas loswerden will, am besten an diese Person direkt gerichtet, die sich der Meinung nach kritisch verhalten hat und diese Kritik muss auch genannt werden. Aber die Person, die diese Kritik jetzt hört oder zu lesen bekommt.
[2:56]Die will das im Ausgangspunkt nicht. Das kann sein, dass sie im Laufe dieser Ankündigung, da gibt es was Kritisches
[3:05]
Feedback als Selbststeuerungsprozess
[3:02]zu sagen, diesen inneren Raum geöffnet hat, sich das anzuhören. Aber das ist doch ein grundlegender Unterschied, ob eine Person ein Feedback haben möchte und dafür ein Gespräch initiiert oder ob jemand anders das Gespräch initiiert, weil dort etwas Kritisches zu sagen ist, was diese eigene Person betrifft. Und dieser Unterschied, der wird viel zu selten beachtet, denn wenn er beachtet werden würde, werden die ganzen Schrittfolgen, die ganzen Tricks und Tipps, wie gutes Feedback gegeben wird, nicht ganz so hoch aufgehängt. Das wird aber getan in Trainings, in Workshops, weil man denkt, dass der Feedbackgeber nur richtig genau psychologisch fundiert das machen muss, damit das Feedback ankommt. Aber das ist halt nicht der Fall, wenn es in der Sache um Kritik geht. Feedback ist kein Steuerungsprozess von Personen B gegenüber A.
[4:06]Feedback ist ein Selbststeuerungsprozess von A für sich selbst, aber eben nicht ohne B durchführbar. Der Begriff Feedback macht das deutlich. Es ist ein technischer Begriff, kommt aus einem technischen Bereich, wo sich sozusagen eine Maschine, ein Messgerät sich selbst füttert mit Umweltdaten, um dann entsprechend anders zu reagieren. Und im Zwischenmenschlichen bedeutet es also A möchte etwas über sich erfahren und fragt B, C, D, E, F, G und dann kann es.
[4:43]Auf der Basis dieser Informationen entscheiden, ob das Verhalten geändert wird oder nicht.
[4:50]
Kritik im Kontext von Mediation
[4:50]Und wenn A tatsächlich Feedback will, also eine Bereitschaft äußert, sich das anzuhören und sich im Spiegel der anderen zu betrachten, dann ist es nicht mehr ganz so wichtig, ob B, C und D die Reihenfolge richtig eingehalten hat und auch die richtige innere Haltung hatte, als sie dann etwas gesagt haben, wie A auf sie wirkt. Denn der maßgebende Faktor, die Bereitschaft von A, etwas über sich zu erfahren von anderen, der ist gegeben. Das ist ganz anders beim Kritikgespräch. Wenn also B, C, D, E und F und bis hin zu Z mal sagen müssen, was A verzapft hat oder was A noch nicht gut genug gemacht hat oder oder oder. Aber A hat nicht um das Gespräch gebeten und nicht um den Inhalt, egal ob er gut oder schlecht war.
[5:46]Wichtig ist, dass zunächst diese Bereitschaft nicht von A ausging, etwas von A zu hören, sondern B, C und D, die müssen etwas sagen. Warum auch immer, weil ihre Rolle als Führungskraft das verlangt und die Organisation das erwartet oder weil die Zusammenarbeit mit Teamkollegen schlichtweg nicht anders funktioniert, außer indem man auch Kritisches sagt. Aber ob Kritik angemessen ist, ist nicht nur eine Frage des Inhalts, sondern ist auch der Rolle. Wenn ich also als Mediator gefragt werde oder gebeten werde vielmehr auch Kritisches zu äußern, dann muss ich mir das schon wirklich mehrmals überlegen, um was geht es. Wenn also Mediant A mit dreckigen Schuhen hier in die Mediationsräume kommt und alles dreckig macht, dann ist schon durchaus etwas Kritisches meinerseits zu sagen, aber wie ich das mache und wann ich das mache.
[6:39]Das ist noch mal eine Taktfrage. Aber ob mir eine Kritik zusteht zu den Verhaltensweisen, die von der Konfliktpartner-Person sind.
[6:50]Kritisch gesehen wird. Also ob ich in diese Kritik mit einspiele, selbst wenn ich dazu aufgefordert werde, das ist nochmal was ganz anderes. Das ist eine Frage, welches Bild ich mir von diesem Wunsch nach Kritik mache oder ob das tatsächlich eine Feedback-Situation ist. Und auch in der Coaching-Situation scheint mir das einen wichtigen Unterschied zu machen. Wenn mir ein Coachee, ein Klient sagt, ich dürfe auch kritisch mit ihm umgehen.
[7:22]
Coaching und die Erlaubnis zur Kritik
[7:19]Ob ich die Erlaubnis überhaupt brauche, ist noch mal eine andere Sache in Kritik-Sachen. Aber aus meiner professionellen Perspektive als Coach ist diese Person ohnehin da, um sich Feedback zu geben. Um sich Feedback zu organisieren.
[7:34]Und das ist die gute Voraussetzung, nicht die Kritikbereitschaft. Und das macht einen Unterschied, wie ich mich dieser Person nähere, in einem Coaching oder in einer Mediation. Ich gehe davon aus, dass dort feedbackbereite Personen sitzen. Und ich versuche zu vermeiden, dass dort kritikbereite sind, weil sie meine Rolle so verstehen, dass ich in meiner Rolle auch was Kritisches zu sagen hätte. Das gibt schon ein paar Punkte, wo ich was Kritisches zu sagen hätte. Aber das betrifft nicht die Konfliktfälle. Das betrifft vielleicht die Frage, ob sich zu viel am Buffet hier bedient wird oder ob ich es angemessen finde, dass sie selbstständig die Fenster einfach aufreißen oder, oder, oder. Also ob sie sich wie ein Gast benehmen oder nicht. Aber das ist eine ganz eigene Sache. Die hat nichts mit dem Inhalt der Beratung zu tun.
[8:26]
Feedback in Organisationskontexten
[8:27]Wichtig erscheint mir also vor allen Dingen auch in Organisationskontexten von Teams und Führungsfragen, dass Feedback nicht ein Instrument des Führens ist. Führungskräfte können sich glücklich schätzen, wenn sie um Feedback gebeten werden. Aber ihre Aufgabe ist es, Kritik zu üben, positive wie negative. Aber die Erwartungshaltung, das zu tun, geht von der Organisation aus. Und sie dürfen auch davon ausgehen, dass ihre Mitarbeiter mit Kritik bereit sind, umzugehen auf konstruktive Art und Weise. Denn das ist zu erwarten. Deshalb ein letztes kritisches Wort zu dieser landläufigen Abgrenzung. Feedback ist konstruktiv gut geschult und immer irgendwie positiv. Und Kritik, na, das klingt schon fast nach Autorität. So ist es nicht. Die Frage ist, wer setzt den Ausgangspunkt?
[9:24]Wer möchte diese Inhalte sagen? Und wer ist bereit, sie zu hören?
[9:29]Vielen Dank. Das war es für dieses Mal hier. in dieser Podcast-Reihe Episoden der Mediation. Wenn du diesen Podcast unterstützen möchtest, dann hinterlass doch ein Feedback auf Apple Podcast oder auf Google Business. Dann kann ich mir einen Eindruck machen, inwieweit diese Art der Themenaufbereitung interessant ist. Interessanter vielleicht auch im Vergleich zum Podcast gut durch die Zeit, wo ich ja mit Gesprächsgästen etwas ausführlicher und auch abstrakter darüber spreche, was Mediation ausmacht und Coaching und Beratung. Und hier könnte ich also aufgrund des Feedbacks von euch dann nochmal mir eigene Gedanken machen, in welche Abfolge ich hier die Inhalte setze. Für den Moment verabschiede ich mich bei dir mit den besten Wünschen, wie immer. Bis zum nächsten Mal. Komm gut durch die Zeit und vor allen Dingen durch diesen Sommer. Euer Sascha, Host dieses Podcasts und Gründer von INKOVEMA, dem Institut für Konflikt und Verhandlungsmanagement in Leipzig und Partner für professionelle Mediations- und Coaching-Ausbildungen.