INKOVEMA-Podcast „Gut durch die Zeit“

#196 – Dürfen Mediator*innen in gesellschaftlichen und internationalen Konflikten Stellung beziehen und sich positionieren?

Im Gespräch mit Christian Bähner und Elke Schwertfeger

Elke Schwertfeger – Diplom-Psychologin, Wirtschaftsmediatorin BM und Ausbilderin BMWA und BM; geschäftsführende Gesellschafterin von Zweisicht in Freiburg.

Christian Bähner – Diplom-Pädagoge, Wirtschaftsmediator BMWA und BM, Organisationsberater und Ausbilder BMWA und BM; geschäftsführender Gesellschafter von Zweisicht.

Gut durch die Zeit.

Der Podcast rund um Mediation, Konflikt-Coaching und Organisationsberatung.

Inhalt

In dieser Episode des Podcasts „Gut durch die Zeit“ widmen wir uns einem besonders sensiblen Thema: der Rolle von Mediatoren angesichts politischer Meinungsverschiedenheiten und gesellschaftlicher Konflikte. Gemeinsam mit den erfahrenen Mediationskollegen Elke Schwertfeger und Christian Bähner von Zweisicht beleuchte ich die Herausforderungen, die sich für Mediatoren in einem zunehmend polarisierten politischen Klima ergeben.

Wir diskutieren, wie politische Positinierung und politische Streitfragen in die Mediationspraxis eintreten können und welche Anforderungen sich daraus an die Neutralität und die Haltung von Mediatoren ergeben. Elke und Christian, die beide auf über zwei Jahrzehnte Erfahrung in der Mediationsausbildung zurückblicken, bringen wertvolle Einblicke über den Balanceakt zwischen persönlicher Überzeugung und professioneller Neutralität in die Diskussion ein.

Ein zentraler Punkt unserer Unterhaltung dreht sich um die Frage, ob Mediatoren grundsätzlich politisch neutral sein sollten, oder ob es notwendig ist, deutlich Stellung zu beziehen. Wir erkunden, wie aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen, insbesondere nach den jüngsten politischen Strömungen in Deutschland, einen Paradigmenwechsel für Mediatoren hervorrufen können. Hierbei stellen wir fest, dass viele Mediatoren auch persönliche und emotionale Reaktionen auf gesellschaftliche Ereignisse haben, die in der Ausbildung nicht thematisiert wurden.

Zusätzlich thematisieren wir die psychologischen Aspekte von Konflikten in der Arbeitswelt und der Gesellschaft. Christian und Elke erläutern, wie wichtig es ist, eine menschenorientierte Haltung zu bewahren und gleichzeitig das eigene professionelle Mandat zu respektieren. Dabei geht es auch um die Verantwortung, die Mediatoren innerhalb von Konflikten tragen, und die Notwendigkeit, sich aktiv dafür einzusetzen, dass nicht jeder Konflikt mediierbar ist, wenn wesentliche Machtungleichgewichte existieren.

Im weiteren Verlauf der Episode reflektieren wir über die Unsicherheiten und Herausforderungen in der heutigen VUCA-Welt (Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität), die Mediatoren dazu anregen, sich einer ständigen Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Positionierung zu stellen. Wir analysieren, welchen Platz Mediation in unserer aktuellen gesellschaftlichen Realität einnehmen kann und diskutieren die Frage, ob wir vielleicht erst in stürmischen Zeiten den Wert von Mediation und Dialog wirklich erkennen.

Auf eine tiefgehende und erkenntnisreiche Diskussion kommen wir schließlich zu dem Schluss, dass die Herausforderungen, vor denen Mediatoren stehen, keine einfachen Antworten zulassen. Dennoch bleibt die Überzeugung, dass gerade in schwierigen Zeiten die Notwendigkeit von Dialog und Mediation verstärkt werden kann, um Wege zur Konfliktlösung zu finden.

 

Transkription des gesamten Gespräches

[0:00]Herzlich willkommen zum Podcast Gut durch die Zeit, der Podcast rund um Mediation,
[0:08]
Willkommen zum Podcast
[0:04]Konfliktcoaching und Organisationsberatung, ein Podcast von INKOVEMA. Ich bin Sascha Weigel und begrüße dich zu einer neuen Folge. Und die heutige Folge hat ein spezielles Thema. Heute geht es um Politik, politische Verortung, politischer Streit, gesellschaftliche Konflikte und welche Rolle dort Mediatoren spielen, spielen können, spielen sollen, spielen dürfen und was das Ganze mit den Anforderungen an Mediatoren zu tun hat. Und um sich hier im Podcast diesem doch mitunter möglicherweise heiklem Thema zu nähern, habe ich mir zwei ganz kompetente Mediationskollegen eingeladen, die schon lange Mediatoren ausbilden. Gewissermaßen Mediatoren der ersten Stunde wahrscheinlich fast sind und daher kein unbeschriebenes Blatt. Und dennoch will ich Elke Schwertfeger und Christian Bähner selbst auch kurz vorstellen lassen. Herzlich willkommen erstmal hier im Podcast, ihr beiden. Hallo.
[1:15]Hallo, vielen Dank für die Einladung. Wir freuen uns sehr und sind gespannt zu diesem Thema mit dir in den Austausch zu kommen. Uns treibt das die letzten zwei Jahre ganz besonders akut um. Und wir haben uns viele Gedanken intern gemacht, wie wir damit umgehen und sind gespannt, manchmal auch erstaunt, über den Austausch auch mit Kolleginnen und Kollegen, wie unterschiedlich auch dieses Thema gesehen und gewertet wird.
[1:45]Ja, Elke, da gehen wir fast mitten rein, aber wir geben Christian noch kurz die Gelegenheit, zumindest Hallo zu sagen und dann… Zu gucken.
[1:54]Ja, hallo Sascha, danke für die Einladung. Ich freue mich auch. Viele Grüße aus Freiburg nach Leipzig und ja, schön, dass wir heute die Gelegenheit haben, über das wichtige Thema zu sprechen. Wir sind ja schon immer wieder dazu in den vergangenen Monaten im Austausch gewesen und heute sehen wir uns hier in den Kästchen.
[2:13]Genau, das Thema hat sich auch bei uns so ein bisschen aufgestaut. Ich habe euch ja sozusagen da angesprochen, gar nicht mal, weil ihr auch Mediatoren ausbildet und daher einen ganz guten Überblick und Einblick in die Szene habt und auch über die Entwicklung, weil ihr es schon seit Jahren, fast Jahrzehnten schon, oder ne, ihr macht schon seit Jahrzehnten, ich glaube ihr habt jetzt 20-Jähriges oder 25-Jähriges. Genau.
[2:39]Also Zwei-Sicht gibt es seit 2003. Wir selber sind schon ein paar Jahre länger als KreaturInnen aktiv. Und von daher, wir bilden jetzt schon seit 21 Jahren Kolleginnen und Kollegen aus.
[2:51]Ja, und daher ist es von der Warte her schon mal ein guter Punkt gewesen, aber es war auch ganz konkret eine Erklärung, eine Deklaration, ein Post, der doch ausführlicher war, wo ihr das Thema angeschnitten habt, konfrontierend auch benannt habt und gesagt habt, dafür stehen wir und da kommen wir dann auch gleich drauf zu sprechen, weil das hat mich bewogen dann zu sagen, das sind jetzt genau die Richtigen, die ich dafür anspreche, um das in dem Podcast hier ein bisschen zu vertiefen. Aber zunächst vielleicht nochmal so ein, zwei Worte zu euch. Viele Mediatoren werden euch kennen, aber vielleicht gibt es auch den einen oder anderen Berater jetzt so am Zuhörerkreis, der jetzt nicht so in der Mediatorenszene sich auskennt. Wer seid ihr? Was macht ihr? Ihr seid in Freiburg auf jeden Fall, das habt ihr schon gesagt. Und Zweisicht vereinigt euch als Ausbildungsinstitut. vielleicht Elke kurz zu dir was macht dir aus wie bist du zur Mediation gekommen und hast es dort so lange ausgehalten.
[3:56]Tatsächlich haben Christian und ich schon seit Beginn von Zweisicht, also über 20 Jahre, einen gemeinsamen Weg und haben uns über die Mediationsausbildung kennengelernt. Und damals im Arbeitskontext, wir waren beide bei Unternehmensberatungen festgestellt, Konflikte brauchen eine andere Form der Bearbeitung, wie wir es kennengelernt haben. Und so kam unsere Leidenschaft zur Mediation. Und es war ziemlich schnell klar, dass wir da unser eigenes Ding draus machen und so haben wir 20 gegründet.
[4:27]Aus der Ausbildungsgruppe sozusagen.
[4:30]Genau, wir waren ein Intervisionsteam.
[4:34]Bei wem war das damals?
[4:36]Bei einem Urgestein der Mediatoren, dem Christoph Besemer, haben wir unsere Ausbildung gemacht. Sozusagen von den Basics an das mitbekommen und dann später auch mitentwickelt. Und wir haben uns ja von den Themen spezialisiert, aber nicht von der Branche. Und das ist nach wie vor eine große Freude, in unterschiedlichsten Arbeitswelten mit immer wieder ähnelnden Menschen in den Themen unterwegs sein zu dürfen.
[5:06]Ja, danke. Elke, Christian.
[5:10]Und ich ergänze mal, der Christoph Besemer, der kommt ja aus der Friedensbewegung und da war ja so eine ganze wichtige Wurzel dann auch
[5:18]Für die Mediation.
[5:19]Aus der dann auch der Bundesverband Mediation damals entstanden ist. Und wir haben damals eher auf dieser Ebene von Gesellschaft und Nachbarschaft und Gemeinwesen Mediation gelernt und angeschaut und haben dann aber aufgrund unserer Arbeitsfelder gemerkt, da passt nicht alles und da gibt es Fragestellungen, die wichtig sind und mit denen wir uns auseinandersetzen müssen. Und so kam dann auch der Impuls zu sagen, wir entwickeln das jetzt für uns weiter in Richtung Organisations- und Wirtschaftsmediation. Damals gab es keinen, kaum einen Anbieter. Wir waren keine bekannt zumindest und sind mit vielen anderen Kollegen, Kolleginnen im Bundesverband dann auf den Weg gegangen und haben gesagt, Mensch, was braucht es jetzt, dass das auch in das Feld der Arbeits- und Wirtschaftsmediation übertragbar ist. Und haben uns dann mit Hierarchie, mit Macht und ähnlichen Aspekten auseinandergesetzt und hatten dann auch das Glück der frühen Stunde, dass wir von Anfang an Kundschaft aus Mittelstand und größeren Unternehmen hatten.
[6:27]Da dann auch MediatorInnen ausbilden und begleiten konnten, bis hin zu Konfliktmanagement-Systemen, die wir dann mitinitiiert und teilweise auch mit eingeführt haben und hatten von daher auch immer den Einblick, als externe MediatorInnen Mediation in Unternehmen anzubieten, aber auch, wie läuft es betriebsintern und wie nutzen das größere Unternehmen, die sich da Eigenanlaufstellen und Mediator-Pools einrichten.
[6:55]Ja, das finde ich ja eine interessante Entwicklung. 2001, 2002, das war ja auch die Zeit, als Jörg Risse sein erstes Wirtschaftsmediationsbuch in ersterAuflage rausbrachte, aber eben aus einer ganz anderen Richtung kommend.
[7:09]Richtig.
[7:10]Der war wahrscheinlich nicht in der Ausbildungsgruppe von Christoph Besemer zu finden.
[7:15]War er nicht.
[7:15]Dass da genau zwei völlig verschiedene Richtungen da sich entwickelt haben. Genau.
[7:20]Und die meisten Impulse kamen ja damals noch so, meine ich mich zu erinnern, dann B2B-Konflikte und stark Harvard behandlungsorientiert zu arbeiten. Und wir haben dann aber schon ganz früh auch in uns beraterischen Tätigkeiten und in den Trainings, die wir damals auch schon angeboten haben, festgestellt, die meisten Konflikte in Unternehmen gibt es innerbetrieblich. Und das hat sehr viel mit menschelnden Themen und Fragenstellungen zu tun. Und da braucht es eher so diese beziehungsklärende Mediationsansätze. Da haben wir uns dann spezialisiert und unsere Ausbildung auch drauf aufgebaut.
[8:02]Vieles war ja auch sehr stark dann noch aus der juristischen Ecke geprägt. Und wir kommen eben beiden eher über die psychologische Ecke. Und daher waren die menschelnden Themen für uns die Themen, die wir besonders fokussiert haben und die auch in unseren Konflikten, die wir bearbeitet haben, im Vordergrund standen und gar nicht so sehr Verhandlungsthemen oder juristische Themen.
[8:25]Ja, und dieser Punkt mit Christoph Besemer und der starke sozusagen Strang, der zum BM führte, aus der Friedensbewegung heraus oder aus der friedensmediatorischen Arbeit heraus, auch Tilman Metzger, das finde ich an meinen interessanten Punkt jetzt auch für das heutige Thema, weil das natürlich auch in Rede steht einfach und, Ja, was die Entwicklung sozusagen mit dem russischen Vollangriff 22 dann auch dieser Idee zufügt, das ist noch offen, aber gehört mit besprochen. Wahrscheinlich ist es heute ein Teil davon. Wir haben dann wahrscheinlich mehrere Einstiegsebenen. Vani, vielleicht könnt ihr noch ein, zwei Sachen aus der Zeit sagen, was so friedensmediatorisch damals so die Atmosphäre war, wie man Mediation dann in Wirtschaftsunternehmen gebracht hat, wenn man aus so einer eher gesellschaftlichen Blickrichtung zur Konfliktbearbeitung kommt.
[9:31]Ich glaube, wo die Nähe immer war und die Verbundenheit, ist tatsächlich in der Frage der Haltung. Menschen zu mögen, einen konstruktiven Weg zu gehen, das war immer unsere Überzeugung, menschlich auch zu agieren, auch in Konflikten, ist auch in harten Wirtschaftsbetrieben möglich. Und das war, als wir angefangen haben, fast wie ein Paradigmenwechsel. Ganz viele waren der Überzeugung, man muss sich entweder professionell, sprich auch ein Stück kalt, profitorientiert verhalten oder menschlich. Und dann war das eher so die Sozialschiene und die Friedensbewegung. Und wir waren immer davon überzeugt, das geht zusammen. Wenn wir menschlich wertschätzend fair agieren, sind wir wirtschaftlich profitabler. Und das war immer unser Ehrgeiz, das auch in die Unternehmen zu transportieren. Und von daher haben wir, glaube ich, so die Wurzeln nicht verlassen und gleichzeitig sehr pragmatisch drauf geguckt, wie schaffen wir das, diese Themen auch in Wirtschaftsunternehmen zu transportieren. Und das nicht als Widerspruch zu begreifen, sondern das mit zu integrieren und zusammenzubringen.
[10:43]Ja.
[10:45]So ein friedliches, man kann sagen auch ein freundliches oder faires Miteinander, das war ja auch immer eine Idee für die Arbeitswelt. Das war ein Link, der für uns gut gepasst hat. Und wenn ich mich so zurückerinnere, in Stellenanzeigen stand eigentlich schon immer drin, kommunikationsstark und konfliktfähig und ähnliches. Es sollte jeder und jede sein. Ganz ehrlich, die meisten wussten gar nicht so sehr vor 20, 25 Jahren, wie das überhaupt geht und wie man das machen kann. Und mir ging das zumindest auch so, dass ich das zu Hause gar nicht gelernt habe und dass ich da gar kein Vorbild, kein Modell hatte. Und dann, das war so meine Motivation damals auch, mich auf den Weg zu machen und mich mit den Themen so intensiv zu beschäftigen. Und dann natürlich spannend festzustellen, in Unternehmen gibt es auch keine Idee, wie das besser laufen kann. Und es gibt eher so eine Friedhöflichkeit. Man ist ruhig und hält die Füße still und man spricht nicht drüber. Kalte Konflikte, bis es irgendwann zum großen Eklat mit einer großen zerstörenden Wirkung kommt. Und dann ist es im Prinzip oft auch schon zu spät gewesen. Und da so diese Idee reinzubringen, das geht auch anders und da können wir frühzeitiger drüber sprechen und finden auch Wege durch diesen Konflikt durch,
[12:09]Sodass im besten Fall die Beziehung nachher noch stärker ist oder wieder vertrauensvoll wird. Das war attraktiv. Und schön ist ja auch, dass wir heutzutage erleben, dass Mediation in den Unternehmen angekommen ist. Darf sicherlich noch viel bekannter werden, aber damals wusste niemand, was ist Mediation. Das war als Begriff noch gar nicht definiert und eingeführt. Und heute kann man zumindest sagen, in den meisten Unternehmen, die haben schon mal davon gehört und auch schon mal ausprobiert.
[12:44]Ja, die Konflikte dürfen jetzt schon auch direkt benannt und angegangen werden. Und mir scheint auch, dass es gut anschlussfähig war, denn die Idee sozusagen der Kommunikationsverbesserung und des Selbstwachstums, das war ja schon länger auch im Bereich von Gruppendynamik, Organisationsentwicklung, Coaching, was alles schon gut auch in Unternehmen aufgewirbelt war, Aber wenn auch noch nicht so im Sinne von wir dürfen Konflikte auch direkt benennen und angehen, da hat sicherlich Mediation einen echten Mehrwert gebracht, auch da jetzt nicht noch ein zweites Ich-Botschafts-Kommunikationstraining aufzusetzen oder eben doch mal irgendwie Teamentwicklung zu machen, wo es einfach wirklich um Klärungsarbeit geht.
[13:32]
Politische Neutralität der Mediatoren
[13:32]Okay, das ist so, kann ich das ganz gut einordnen nochmal, so eure Anfänge dahin und eben auch mit diesen, ich sage mal, friedensbewegten Wurzeln auch jetzt diesen Post auf LinkedIn 2024 im Februar nochmal eine längere Brücke schlagen oder auch eine breitere, wo ihr gefragt habt, sind wir als Mediatoren zu politischer Neutralität verpflichtet? Weil halt die Neutralität die Basisposition ist in der Konfliktvermittlung. Was war denn für euch der Anlass zu sagen, das müssen wir thematisieren? Was hat sich da für euch geändert oder was habt ihr beobachtet, dass das notwendig wurde? Und dann komme ich auch gerne nochmal mit den Anlässen, die von mir aus zu dem Thema führen.
[14:26]Ich weiß gar nicht, Sascha, ob sich da wirklich was verändert hat, denn ich würde schon immer sagen, dass wir eine menschenorientierte Haltung hatten, die sich auch im gesellschaftlichen oder politischen Diskurs ausgeprägt hat und die wir da in dem Rahmen auch vertreten haben. Von daher, wahrscheinlich hat sich innerlich gar nicht so viel verändert, aber im Herbst 23 gab es dann nochmal bei uns intern so eine intensive Diskussion, die eigentlich eher so in diese Richtung kommt, müssen wir deutlicher werden, müssen wir lauter sein, müssen wir uns da auch mehr engagieren und da war der Auslöser einmal so dieser Blick.
[15:11]Und wir heißt Mediatoren? Wir heißt Mediatoren jetzt?
[15:16]Wir Mediatoren von Zweisicht. Wir haben das in unserer Zweisicht-Community von Festen und Freien Mediatoren miteinander diskutiert mit dieser Idee, Mensch, wie geht es dir denn gerade mit dem Rechtsruck in Deutschland? Wie geht es dir mit diesem Ausblick auf die Landtagswahlen 2024 in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg? Wie geht es dir dann, als dann diese Remigrationsveranstaltung in Potsdam war? Und was bedeutet es für uns und müssen wir da nicht uns auch deutlicher positionieren? Und das war so der Punkt, wo wir dann gesagt haben, ja, wir sind da persönlich betroffen davon. Das löst in uns eine ganz große Sorge und Schmerz aus. Und so die Frage von, ich möchte dazu meine Stimme erheben und das hindert mich nicht daran, gleichzeitig Mediator zu sein. und diesen Auseinandersetzen. Wir haben es im
[16:17]Post ja als Kante zeigen auch bezeichnet. Also deutlicher werden, war nicht so die Idee.
[16:25]Ja, ich kann mir das beziehungsweise auch, Und was ich sozusagen erlebt habe und solche Fragen mir auch stellte, einordnen, ich bin politisch streitbar, ich mache das auch auf LinkedIn deutlich, nehme zu politischen Themen Stellung. Und es ist nicht selten, dass mir das Argument entgegenschlägt, was bist denn du für ein Mediator? Du bist ja gar nicht neutral. Und warum schlägst du dich hier auf eine Seite? Also ob du jetzt die wirklich kriegerische Auseinandersetzung nimmst beim russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und da die Themen Waffenlieferung etc. Und das hat mich schnell verwundert. Also ich kann da politisch gut drüber diskutieren und ich mag auch Diskussion. Aber alleine, dass ich diskutiere und Gegenargumente finde und nicht jetzt nur einen Dialog und Schulkreis aufbauen will in LinkedIn zu dem Thema, wird häufig markiert. Und nicht nur von politischen Diskutanten, sondern auch von mediatorischen Kollegen, dass das nicht mediativ ist und dass das doch irgendwie dann keine, also was bist denn du für einer, ist so eine Konnotation da. Da habe ich gemerkt, das muss klargestellt sein und das muss auch, glaube ich, eine Diskussion unter Mediatoren sein.
[17:54]Also für uns war immer ganz wichtig, dass wir von unseren Auszubildenden erwarten, dass sie in eine gewisse Haltung reinwachsen. Das ist ein Anspruch in der Ausbildung und das macht schon deutlich, für uns ist Mediation nicht ein Methodenkoffer, sondern tatsächlich eine Haltungsfrage. Und deshalb war uns es auch wichtig, dass wir authentisch, persönlich zu Dingen auf Stellung beziehen. Unsere Haltung wird darüber sichtbar. Und da möchte ich nicht neutral sein und verstehe ich auch den Auftrag als Mediatorin nicht so. Und dieses Authentischsein, Haltung zeigen, wird aus unserer Erfahrung eher honoriert. Also wir hören sehr häufig, wir können euch gut einschätzen, wir wissen, mit wem wir es zu tun haben. Und das ist ein echter Kontakt. Und deshalb ist für uns diese Neutralität oft eher was Aufgesetztes, was Fassadenhaftes, wo jemand nicht in Kontakt geht.
[18:57]Ja, auch zurückweichend, genau. Wer wirklich einer aus dem Kontakt geht, warum auch immer, aber ich finde dennoch sozusagen interessant, weil wir auf einer bestimmten Ebene Einigkeit, glaube ich, haben und wir das konzeptionell völlig unterschiedlich einordnen.
[19:20]Ich hüte mich vor diesem Haltungskonzept, dass sozusagen Mediatoren in der Ausbildung in eine Haltung hineinwachsen. Das würde ich so, glaube ich, nicht deklarieren. Ich weiß jetzt nicht, ob meine Ausbildungskandidaten sagen würden, das fühlt sich aber so an und das machen wir auch und da brauchst du das auch nicht so benennen. Das glaube ich nicht. Haltung zeigen, finde ich, wiederum ist eher ein politisches Thema, wo ich auch sage, ja, da gilt es wirklich auch Verhalten dann auch an Tag zu legen. Aber konzeptionell gehe ich eher sozusagen davon aus zu sagen, Neutralität ist eine professionelle Dienstleistung, die ich in einem Mediatorenvertrag bereit bin zu geben. Das prüfe ich vorher, ob das in dem Fall passt, ob ich das leisten kann und so, ob die Gegenleistung stimmt. Und dann ist Neutralität für mich eine vertraglich vereinbarte Leistung. Das mache ich professionell. Und wenn ich dann fertig bin mit dem Auftrag, dann ist es auch wieder gut. Ich habe nicht sozusagen die konzeptionelle Idee, dass ich etwas aus mir heraus in die Mediation bringe, was ich in der Ausbildung sozusagen in mir zum Wachsen gebracht habe. Also wenn man so mit innerer Haltung jetzt als Konzept rangeht. Und das finde ich einen interessanten Punkt, weil wir, glaube ich, zum gleichen Ziel steuern, aber eine unterschiedliche Konzeption dabei haben. Und glaube ich, es hat schon auch noch Unterschiede. Christian, ich glaube, du hast.
[20:49]Vielleicht ist ja auch das Wort Haltung unterschiedlich besetzt an der Stelle. Ich würde jetzt die Neutralität an der Stelle auch eher als Prinzip der Mediation sehen und weniger als die Haltung, sondern die Haltung oder vielleicht anderes Wording. Die Werte, die wir vermitteln, ist, wie gehen wir mit Menschen um? Also dieses kooperative Denken, diese Orientierung an Gefühlen und ein Interesse an der Emotionalität, der Befindlichkeit des Anderen und auch des Selbstausdrucks. Wie geht es mir also an dieses akzeptierende, wohlwollende, fürsorgliche Menschenbild, würde ich jetzt mal sagen, die wir dann auch in Werten ausdrücken. Das ist uns ein Anliegen, dass das eben nicht nur eine Methode ist, wo ich jetzt sozusagen mal anknipse und sage, jetzt bin ich Mediator und jetzt interessiere ich mich für dich und sonst sind mir Menschen total egal und ich verhalte mich wie die Axt in den Wald. Ja, das ist
[21:44]Ja eine weite Spannweite von sind mir egal und ich verhalte mich wie die Achse im Wald.
[21:50]Ja, ja, klar. Also ich mache es mal extra jetzt ein bisschen schwarz-weiß, um zu zeigen, was ich damit meine. Und vielleicht geht es auf eine sehr frühe Erfahrung auch zurück, wo wir mal erlebt haben, dass wir einen Konflikt mit einem anderen Mediator hatten, der dann bei diesem Wunsch, der sich dann nicht kooperativ oder nicht dialogisch verhalten hat und dann auch den Wunsch nach einer Mediation gesagt hat, ich habe keinen Bock auf Mediation.
[22:20]Hey, du, ich würde mich freuen, wenn du jetzt dein Smartphone in die Hand nimmst und eine Sternebewertung auf deinem Podcast-Catcher hinterlässt, wie dir dieser Podcast gefällt. Denn das hilft uns hier als Podcast-Macher, dass dieser Podcast auch gefunden wird von Kolleginnen und sonstigen Podcast-Hörerinnen, die den Podcast noch nicht kennen. So, und jetzt geht es weiter mit dem Podcast.
[22:48]Und das ist für mich oder für uns so eine werte Frage, wie gehen wir denn letztendlich mit den Instrumenten, die wir selbst vermitteln, um und ist das jetzt nur ein Methodenkasten, wo ich jedes Mal raussuche, was passt und worauf habe ich grundsätzlich Lust? Das machen wir unter anderem natürlich trotzdem auch, aber ich würde jetzt zum Beispiel nicht per se immer raussuchen, möchte ich wohlwollend, freundlich, fair in Konflikten mich verhalten, sondern das ist für mich ein Wert, oder wir sagen jetzt, haben jetzt eben Haltung dazu gesagt, wie als Menschenbild oder als grundsätzlicher Wert eben unseres Erachtens auch von innen raus gelebt werden will.
[23:34]Ja, und ich würde es auch gar nicht so ganz groß moralisch fassen wollen, sondern tatsächlich eher so, wenn ich mich der Mediation verpflichte, dann verpflichte ich mich in einem konstruktiven Weg. Ja, also das ist für mich eher sehr grob. Und dieses konstruktive Verhalten oder die Haltung dahinter, die ist für mich eigentlich die Voraussetzung. Dann gibt es ganz viele individuelle Abstufungen, individuelle Werte. Aber dass ich mich einem konstruktiven Wert verpflichte, das ist tatsächlich für mich so die Basis. Und auch das ist gar nicht selbstverständlich, wenn jemand in eine Mediationsausbildung kommt. Wir kennen ganz oft noch dieses, dann verhalte ich mich im Privaten so und im professionellen Kontext bin ich dann Mediator. Das hat für uns eben nicht zusammen.
[24:24]Ah ja, okay. Da unterscheiden wir uns auch. Ich würde auch in meinen Konflikten mir vorbehalten, ist das jetzt klug, hier eine Mediation durchzuführen? Ist das Überraschungsmoment, das ich jetzt vielleicht als blinden Fleck habe, erreichbar? Ist es für mich auch lohnenswert? Ohne natürlich genau zu wissen, was ist das im Blindenfleck, sonst wäre er ja nicht blind, aber lohnt sich der Aufwand dafür oder ist das jetzt hier eine andere Art von Konfliktbearbeitung notwendig, wo ich es delegiere oder so oder wo ich es auch einfach sein lasse, wo ich einfach sage, ich habe jetzt einfach keine Zeit dafür.
[25:01]Das kann auch konstruktiv sein.
[25:03]Genau, aber die Prüfung würde ich mir so sagen vorher. Und ich merke, wenn ich auf die politische Thematik gehe, ich habe schon den Eindruck, dass wir, ob wir es manchmal wollen oder auch nicht so gesehen werden oder uns darauf auch argumentativ dann festnageln lassen müssen. Ihr müsstet doch für Mediation sein. Ihr müsstet doch jetzt für Mediation sein. Und dass das auch ein politisches, ist auch eine politische Waffe. Also ich habe das ganz in der Diskussion um den russischen Angriffskrieg deutlich erlebt, wo ich sage, es ist völliger Quatsch, da Mediation durchzuführen oder auch nur dafür zu sein, in dem Moment X und Y. Das kann sich vielleicht im Monat zwei und drei dann nochmal ändern, aber momentan ist es, nicht mit meinen Werten zu vertreten, für Mediation zu werben und damit die Konfliktparteien auch ein Stück weit einzuebnen auf eine Gleichwertigkeit. Da sitzen nämlich dann Konfliktpartei 1 und Konfliktpartei 2 und nicht mehr Angreifer und Angegriffener. Das finde ich eine schwierige Diskussion, ein schwieriges Thema.
[26:08]
Herausforderungen der Mediation im Konflikt
[26:09]Das sehen wir auch so. Also wir würden auch in solchen Kontexten nie erwarten, dass Opfer freiwillig auf Augenhöhe in konstruktives Verfahren gehen.
[26:22]Mobbing, bei uns in unserem Arbeitsfeld.
[26:24]Mobbing ist so ein Thema. Genau, das wäre für uns auch nicht mediierbar. Da gibt es klare Verstöße und die brauchen auch Konsequenzen. Also das teilen wir. Da sind wir unverbothaftig auch nicht, dass wir immer konstruktive Verfahren wie Mediation wählen müssen. Was wir grundsätzlich schon sagen, und das ist ja dann eher Harvard, der Gedanke aus dem Harvard-Konzept ist dann Tit-Fort-Head. Also wenn es ein Umdenken gäbe und ein Angebot, das fair auf Augenhöhe stattfinden kann, dann sind wir natürlich dafür, diese Dinge zu nutzen. Also keine Rache-Gedanken dann zu legen, sondern dann einen Weg zu suchen.
[27:06]Aber nicht.
[27:07]Mit dieser Idee nachgeben
[27:10]Und allseitigen Konsequenzen leben. Christian, wie gehst du in die Diskussion oder welche Diskussion hast du dazu erlebt? Ich kann mir schon auch vorstellen, dass viele… Sich dann wundern werden, dass dann so ein Mediator sagt, nee, keine Mediation.
[27:27]Also ich wollte gerade noch ein Gedanke zu dem davor ergänzen. Also ich finde es schon wichtig zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Mediation gegeben sind. Die sehe ich jetzt in dem von dir angesprochenen Krieg, Angriffskrieg von Russland gegen die Ukraine auch nicht. Also die Verhandlung würde jetzt ja eine Bedingung haben, dass die Ukraine sich unterwirft und dann könnte man über Frieden verhandeln. Und das ist an eine nicht akzeptable Bedingung geknüpft und das wäre deswegen auch keine Mediation oder diplomatische Lösung im eigentlichen Sinne. Von daher würde ich da auch sagen, kommt Mediation nicht in Betracht.
[28:08]Aber teilt ihr die Beobachtung oder hattet ihr auch solche Diskussionen, dass das wie ausgeblendet war, so eine Voraussetzungsprüfung? Und dass einfach viele sagten, auch Kollegen sagten, also die sollen verhandeln.
[28:23]Ja, weißt du, Sascha, ich glaube, da wird ein Umkehrschluss gemacht, der so natürlich nicht stimmt. Also so nach dem Motto, wenn du nicht für Frieden und für Verhandlung bist, dann bist du automatisch für Krieg.
[28:37]Ja, genau. Und das ist ein Umkehrschluss, der stimmt natürlich so nicht.
[28:42]Also ich finde es schrecklich, was da passiert und ich finde es schrecklich, wie viele Opfer es gibt. Welch hoher Preis letztendlich auch die russische Bevölkerung dafür bezahlen muss, indem sie wie Lemminge in diesen Krieg von ihrem Anführer Putin geschickt werden.
[28:58]Ja, und auch ziehen. Also ziehen auch. Und selbst diese Aussage weiß ich, dass die Frage, Sascha.
[29:10]Wir leben nicht in Russland und wir wissen, dass Opposition da nicht so einfach ist, wie wir das hier haben. Und von daher muss das jeder für sich prüfen, kann ich da überhaupt entscheiden, wie würde ich mich verhalten wollen, wie würde ich mich verhalten können. Also ich denke auch, es gibt Optionen und ich hoffe für mich in Anbruch nehmen zu können, dass ich mich auch da anders entscheiden werde. Aber ganz viele fühlen sich da, glaube ich, sehr gefangen in diesem System und sehen das nicht als echte Wahlfreiheit.
[29:41]Ja, und wo ich auch schon unter Druck gesetzt sehe, dieses, was wir ja lange Jahre praktisch ohne echten Prüfstein auch lehren konnten, das humanistische Menschenbild und Menschen sind von sich aus gut und solche Realitäten bringen das schon unter Druck. Also zumindest meine These, das Gerät unter Druck. Und da kann ich jetzt gucken, stelle ich mein eigenes Lebenskonzept als Mediator und humanistisch Gelehrter in Frage und auf dem Prüfstand oder…, Blende ich das einfach aus, dass die nicht alle einfach gezwungen sind, sondern muss sagen, ja, das ist vielleicht doch auch, wie auch früher in anderen totalitären Systemen, dass das Bedingungen sind, die dazu führen, dass Menschen auch wollen.
[30:34]Die wollen oder im Sinne einer Güterabwägung für sich entscheiden, das ist zumindest das geringere Übel. Und das ist für mich einfacher, mich so zu verhalten.
[30:45]Das haben wir ja tatsächlich auch in kleineren Kontexten, auch in der Arbeitswelt. Also auch da würden wir nicht sagen, alle Menschen sind gut, sondern auch da habe ich die einen und die anderen. Also diese Komplexität, diese Widersprüchlichkeit, die ist, glaube ich, ganz wichtig. Ansonsten kommen wir ja schnell in dieses Gutmenschentum. Und dafür sind wir, glaube ich, auch viel zu realistisch. Wir erleben eben auch Menschen, die nur über ihren Profit nachdenken, die Machtinteressen vertreten, die nicht konstruktiv an Dinge rangehen. Da gibt es eine Geschichte dazu, aber die spielt dann im Alltag keine Rolle, weil andere müssen mit den Konsequenzen leben. Deshalb ist es für uns immer wichtig, sozusagen das ganze Bild anzugucken und wir engagieren uns für einen Ausschnitt, aber es gibt das andere auch. Und deshalb brauchen wir auch andere Verhaltensweisen und Reaktionsmuster. Es ist eben nicht nur unsere Insel, das wäre uns auch zu naiv.
[31:50]Und Sascha, vielleicht noch ein Gedanke.
[31:52]Weil du gesagt hast, du hast da sehr viel starke Reaktionen auf deine Postings bekommen, dass du doch als Mediator zur Neutralität verpflichtet bist. Ich fühle mich nur verpflichtet in dem Rahmen, in dem ich mich bewege und wo ich mich sozusagen vertraglich darauf eingelassen habe. Wenn wir als Mediatoren jetzt sagen würden, wir müssten zu allem neutral sein, dann würden wir uns ja sowas wie einen Maulkorb verpassen. Das wäre für mich fast so ein vorauseilender Gehorsam. Das würde für mich als politischen Mensch nicht passen. Das ist nicht mein Beitrag für die Gesellschaft, den ich leisten möchte.
[32:32]Ja, bei dem Punkt sozusagen, da sehe ich auch die Mediation als Konzept sozusagen oder daran kann man gut, glaube ich, nochmal das Konzept Mediation auch verordnen und ich denke schon, dass wir da auch als Mediatoren aus dieser Situation was nehmen können für das Verständnis von Mediation, ob es sozusagen wie lange Jahre ja auch sehr explizit geäußert ist, so eine Alternative zum Recht und sozusagen die bessere Variante und das hat was zwei Losgelöstes. Die einen, da geht es halt um Ordnung und Staat und so. Und das andere ist halt, da geht es um den Menschen und das ist so wie alternativ. Und das andere ist, und das wird schon deutlich, es findet auf der Basis des Rechts und in einem Rechtsrahmen statt und darin kann Mediation gedeihen. Und ja, die Aufforderung zur Mediation, die ja mit dem Angebot Mediation als Möglichkeit in Betracht zu ziehen, auch gegeben ist, setzt ja Parteien, Konfliktparteien unter Druck.
[33:36]Mediation hat so eine schillernde Funktion, wenn du Nein dazu sagst, musst du dich rechtfertigen. Und das wird in der Konfliktauseinandersetzung genutzt. Also in Betrieben, ganz klar, da… Wenn man Mediation anbietet, setzt man den anderen unter Druck, der muss sich da jetzt erstmal rauswinden, wenn er nicht will. Und das hat Konfliktauseinandersetzungscharakter. Und das scheint mir noch für die Beleuchtung wert zu sein.
[34:06]Ja, für uns ist da schon ein wichtiger Punkt. Also wenn ich Konflikte in der Arbeitswelt so austrage, dass Konsequenzen entstehen und Konsequenzen sind Belastung vom Arbeitsklima, weniger Produktivität und so weiter, dann habe ich auch eine Verantwortung dafür, wieder arbeitsfähig zu werden. Absolut. Das ist unsere Haltung dazu. Ich werde für letztendlich meine Produktivität bezahlt, also muss ich auch einen Beitrag leisten, dass sie wiederhergestellt wird. Und die Mediation könnte eine Möglichkeit sein, wieder arbeitsfähig zu werden. Und das sehe ich schon freiheitsgradig. Es gibt vielleicht manchmal auch gute Gründe, Konflikte dann nicht über Mediation auszutragen, sondern arbeitsrechtlich oder anders. und die Verantwortung sehe ich dann bei der Konfliktpartei. Ich erlebe die nicht in so einer völligen Abhängigkeit, da muss ich jetzt Ja sagen, weil alles andere ist unerwünscht, sondern ich sehe die da auch in der Verantwortung. Ich habe einen Beitrag zum Konflikt geleistet, da bin ich verantwortlich, also muss ich jetzt auch einen Beitrag zur Lösung leisten, wie immer der aussieht. Und der Druck, die Freude nicht immer groß, das ist nochmal eine andere Sache. Wir haben das ja auch, dass die dann geschickt werden und erst mal mit Widerständen da sitzen. Und dann dürfen sie entscheiden, taugt das für mich? Bringt mir diese Mediation was? Ich kann das erst mal antesten. Und wenn nicht, dann muss ich die Verantwortung tragen, nee, ich gehe einen anderen Weg.
[35:33]Und den Druck, den du beschreibst, ist eigentlich eher der geäußerte Veränderungsdruck. Also ich finde, es ist gar nicht relevant, ob das jetzt eine Mediation oder ein anderes Verfahren nachher ist. Sondern eigentlich bedeutet dieses Angebot der Mediation jetzt ja eigentlich nichts anderes, als dass eine Seite, die Führungskraft, der Arbeitgeber sagt, hör mal zu, liebe Mitarbeiterinnen, liebe Mitarbeiter, bis hierhin und nicht weiter. Ich nehme wahr, hier ist ein Konflikt. Ich möchte, dass dieser Konflikt geklärt, ausgetragen, beendet wird, gelöst wird und dass eine Zusammenarbeit wieder möglich ist oder, wenn es nicht mehr möglich ist, dass wir dann auch einen Weg des Umgangs finden. Und das ist eigentlich ein Veränderungsdruck und den finde ich auch ganz gesund an der Stelle. Es ist weniger der Druck für ein bestimmtes Verfahren, so erlebe ich es zumindest nicht.
[36:28]Ich kann mich natürlich hinter dem Verfahren dann verstecken und sagen, ja, ich habe keinen Bock auf.
[36:33]Egal was. Und wenn
[36:36]Ich mich dann zurücklehnen.
[36:37]Könnte und die Organisation sagt dann, ja gut, wenn du da keine Lust hast, dann machen wir nichts und lassen alles beim Alten, dann wäre das natürlich fein. Aber das ist zum Glück, muss man ja sagen, auch nicht die Realität, sondern dann geht es halt einen anderen Weg.
[36:51]Ja, das ist auf jeden Fall so eine Konsequenz, wenn man Mediation auch anbietet, dass wenn die keine Lösungsideen entwickeln und vereinbaren, dass dann auch entschieden werden muss. Dann kann man nicht als Organisation sagen, okay, dann halt nicht, war ein Versuch wert, aber wenn es halt keine Lösung gibt, ist gut.
[37:13]
Mediation und ihre Grenzen
[37:14]Aber dann wird sozusagen schon auch beides Seiten von Mediation deutlich, also sowohl die eröffnende Seite als aber auch die abschließende Seite. Und das scheint mir, es ist nicht immer so präsent in Mediation, es hat also immer sehr einseitig schillernd und in den politischen Diskussionen oder in den politisch ausgetragenen Konflikten, ob die in der Arbeitswelt sind oder wo sie jetzt auch immer auch aufploppen und dergleichen und dann kommt Mediation ins Spiel, gilt es eben mit zu prüfen, Welche Seite wird jetzt sozusagen beabsichtigt, ins Feld zu führen? Soll da wirklich eine Klärung sein, weil ein Raum für Gespräche da ist? Oder handelt es sich um einen Konflikt, wo ein Raum für Verhandlungen nicht da ist? Weil, ihr habt das in dem Post auch so genannt, bei Hass und Hetze ist Schluss. Also es gibt Punkte, die sind nicht verhandelbar, weil sie außerhalb, ich nehme mal die Ordnungsvorstellung des Rechts, weil sie außerhalb des Rechts der rechtlichen Grundlagen sind.
[38:24]Und das, glaube ich, muss für Mediation, und deshalb finde ich die Diskussion für uns Mediatoren wichtig, deutlich werden, dass wir nicht wie so eine mediative Falle tappen. Wenn die andere Seite, also wenn da eine Seite, die meinetwegen, was weiß ich, für Remigration ist jetzt, sagt, dann machen wir halt eine Mediation, dass man dann sich erlaubt zu sagen, das muss ich erst mal prüfen, nee, also Mediation passt jetzt eigentlich gar nicht, Sondern das ist nicht verhandelbar. Und dabei gibt es Konflikte über unverhandelbare Werte, wo man auch Mediation probieren kann und wo es auch manchmal gewirkt hat. Aber das halte ich für sehr schwierig, so schematische Lösungen zu haben. Und ich finde, sie schlagen in Diskussionen so nieder, auch mit Kollegen.
[39:14]Also für mich wäre immer die Grundfrage, sind die Konfliktparteien wirklich interessiert an einem echten Austausch, an einem Dialog? Auch wenn das ganz konträr ist. Also wenn ich ein echtes Interesse am Gegenüber habe, dann sind, glaube ich, auch schwierige Themen mediierbar. Wenn das Ganze aber nur eine Alibi-Veranstaltung ist und Deckmantel von ich bin bereit zum Gespräch drüberlegt, dann würde ich als Mediatorin nicht zur Verfügung stehen. Das mache ich ja am Handeln auch fest. Also wenn eine Partei mir Dinge anbietet und gleichzeitig konträr dazu handelt im Alltag oder in anderen Äußerungen, dann passt das für mich nicht zusammen. Das ist für mich dann eine Frage der Glaubwürdigkeit.
[40:02]Aber würde das, also es kann ja sein, aber ich kann mir jetzt schwer vorstellen, dass ihr keine Mediation durchführt, wenn ihr nicht vorher positiv geprüft habt, die haben ein echtes Interesse aneinander und die wollen wirklich eine Klärung. Ich kann mir eher vorstellen, dass ihr sagt, naja, gucken wir mal, wie weit wir springen hier. Also momentan benehmen sie sich noch nicht so, als wenn sie interessiert aneinander sind. Das ist doch eigentlich das positive Ergebnis in der Mediation.
[40:28]Und gleichzeitig, wenn ich in der Mediation dann merke, dass diese Dialogbereitschaft nicht da ist, dass das eine Alibi-Veranstaltung ist, wir haben auch Mediationen schon gehabt, wo Dinge, die vereinbart wurden, dann im Alltag ad absurdum geführt wurden, wo ich merke, da ist nicht eine
[40:46]Bereitschaft zum echten.
[40:48]Dialog oder zu einem wirklich konstruktiven Handeln, dann breche ich die Mediation auch ab.
[40:52]Ja, aber Christian, du wolltest noch was sagen.
[40:57]Ich wollte ergänzen, dass es für mich natürlich immer rote Linien gibt und dass ich bei manchen Themenstellungen von vornherein ausschließen würde, dass es mediativ bearbeitbar ist.
[41:10]Hass und Hetze, darüber möchte ich gar nicht verhandeln. Ich kann aber versuchen, den Menschen zu beantworten.
[41:18]In einem Dialog zu erreichen und zu verstehen, wie kommt es denn dazu, dass so eine Ansicht entstanden ist und lässt sich da sozusagen ein Verständnis für die Person erreichen. Also ich würde nochmal ganz klar unterscheiden, was ist das Ziel des Ganzen? Geht es um den Dialog, geht es um den Austausch, die menschliche Begegnung? Und diese Bereitschaft muss als Grundbereitschaft da sein, die muss ich ein Stück weit mitbringen. Die Art, wie das ausgetragen wird oder wie sich das zeigt, das ist natürlich nicht immer jedem sofort möglich, dann auch so zu handeln und das zum Ausdruck zu bringen. Und das darf sich in der Mediation entwickeln. Aber wenn ich mit dieser Haltung, mit diesem Gedanken reingehe, ich habe keinen Bock auf dich und ich rede hier gar nicht mit dir, dann finde ich es schwierig, wenn das von vornherein feststeht. Und genauso, wenn die Haltung innerlich ist, dass das Ziel der Veranstaltung ist, dass du nachher meine Meinung hast. Also es muss so eine Dialogbereitschaft und so ein Interesse da sein. Und du hast schon recht. Wir gehen öfters in Mediationen und überlegen, wie weit kommen wir denn überhaupt? Das ist so ein Ausloten des Raums. Und trotzdem haben wir als Minimalprinzip, ich bin bereit, in diese Veranstaltung, in diesen Dialog zu gehen und mir das mal anzuschauen und mich einzubringen. Und vielleicht stellen wir dann fest, es gibt keine ausreichend große Schnittmenge und deswegen ist ein Miteinander,
[42:44]Eine Zusammenarbeit nicht mehr möglich. Ja, und da will ich auch gerne die Lanze für Mediatoren brechen, weil da schon deutlich wird, wie schwierig und voraussetzungsreich diese Arbeit ist, sowohl bei der Entscheidung, mache ich mit, als auch, was brauchen die, damit die auch mitmachen, selbst wenn sie die Idee hatten und dass man sich wirklich schrittweise vorwagt. Nur schematisch sagen, ja, also wenn ihr wirklich miteinander klären wollt, bin ich dabei, dann gibt es keine Mediation. Ich glaube, das ist ein Großteil der Atmosphäre, die Mediatoren versprühen, dass sie ein so voraussetzungsreiches Verfahren aufbauen, dass es nicht zustande kommt. Und auf der anderen Seite, ja, ich lasse mich darauf ein, wohlwissend, ich kann mich schmutzig machen. Ich kann in dieser Mediation rauskommen und sagen, das war doof. Der Unterlegene hat noch eine drüber gekriegt. Der Mächtige hat sich noch mehr bestätigen können. Oder ich habe handwerkliche Fehler gemacht, weil ich dachte, das kriegen wir irgendwie hin und dann wird es nicht. Und es ist einfach wirklich nur so ein Tippel-Tappel-Tour und man kriegt mit, das ist irgendwie schwierig. Es ist überhaupt nicht so, wie man es gedacht hat am Anfang in der Ausbildung oder so, dass man einfach mit offenen Armen willkommen geheißen wird, endlich hilft uns einer im Konflikt und holt uns aus dem Schlamm.
[44:12]Wäre so schön, wenn das so wäre, ja.
[44:14]Ja, genau. Tatsächlich, wie mit allen Berufen. Das wäre echt schön gewesen.
[44:19]Und aus der Perspektive ist es natürlich total, total schwierig für Anfängerinnen und Anfänger rauszusuchen, in welchen Fall nehme ich jetzt an und nicht. Also die Ideallinie, wie du sie gerade beschrieben hast, die ist eher selten gegeben. Und wenn ich den Korridor so ganz eng mache, kriege ich nachher keine Fälle. Und gleichzeitig muss ich ja prüfen, glaube ich daran, dass da ein Verhandlungsraum vorhanden ist? Und ist das ein Verhandlungsraum, der in meinem ethisch-moralischen Range liegt. Oder liegt der daneben und dann möchte ich da auch nicht einen Beitrag leisten.
[45:01]Ja, und diesen Raum vielleicht zu finden. Und ich glaube, da ist der Punkt, und da kann ich auch friedensbetont, also die sehr friedensorientierte Mediatoren verstehen, die sagen, lasst uns doch wenigstens erstmal einen Tisch setzen. Und wenn die Mobberseite sagt oder die Angreiferseite sagt, ja, ich bin bereit zu Verhandlungen, dann lass uns doch gucken, dass das Opfer auch Ja sagt. Und dann gucken wir mal, vielleicht kriegen wir ja den Raum. Und da finde ich einfach, sind wir wie alle anderen auch immer wieder in der Entscheidungssituation von unentscheidbaren Fragen. Wir wissen es in dem Moment nicht, aber wir müssen entscheiden, sagen wir Ja dazu und damit verstärken wir auch den Druck auf die Beteiligten, Ja zur Mediation zu sagen. Oder sagen wir, nee, das lohnt sich hier nicht. Damit braucht ihr als Beteiligte oder in dem Falle als Opfer nicht entscheiden, ich mache da mit. Ja. Ich finde, da haben wir auch eine wichtige Entlastungsfunktion.
[46:11]Ja, und was wir häufiger schon feststellen in unseren Kontexten, ist, dass dann gerne unangenehme Themen an uns als Mediatoren delegiert werden. Also wie gehe ich damit um, wenn rassistische Themen im Raum stehen, sexistische Themen, Übergriffe? Da sind wir für uns sehr klar, dass das nicht medierbare Themen sind. Die gehören sanktioniert. Und dann kann ich in einem begleitenden Gespräch schauen, wie sind die Auswirkungen? Gibt es eine Reue? Und es gibt aber ganz klare… Das wäre so Täter-Opfer-Ausgleichs-Gespräche,
[46:46]Wie ich letztens mit… Das ist die Liederrichtung.
[46:48]Wo man gucken kann. Aber dafür braucht es dann tatsächlich auch eine echte Einsicht. Und es braucht auch Sanktionen. Und da würden wir nicht in Mediationen gehen. Diese Anfragen lehnen wir immer ab, weil wir sagen, das ist euer Job als Führungskräfte. Die Verantwortung liegt bei euch, diese Dinge zu sanktionieren. Und in diesem Rahmen ist es ja auch möglich. Und da habe ich die Verantwortung für eine Arbeitskultur. Und dann kann ich nicht einfach mit Mediation das wieder reinwaschen. Da stehen wir nicht zur Verfügung.
[47:18]Ja, das erinnert mich an das letzte Gespräch mit, oder an eines der letzten Gespräche mit Hilke Kenke-Schwarz, die sozusagen als TOA-Mediatorin es mit Gesprächsstrukturen zu tun hat, wo klar ist, da gibt es jemanden, der ist strafrechtlich verantwortlich, der hat Schuld aufgeladen und jetzt kann die Schuldzumessung sich nochmal verändern, wenn er sich bemüht, sozusagen für Ausgleich zu sorgen. Und da war ein Aspekt, sie prüft eben auch, wie so ein bisschen Schutzfaktor für die Opferperson meint der andere ernst. Und unterhalb der Strafbarkeitsschwelle kann uns das in betrieblichen Kontexten eben genauso passieren. Es braucht Sanktionen auf der einen Seite von der Macht, von der Hierarchie und auf der anderen Seite kann man gucken, gibt es da nochmal einen Ausgleichsbedarf, ein Gespräch dafür. Ja, und diese Opferperspektive in Anführungsstrichen, die finde ich schon ganz wichtig.
[48:17]Also wenn jetzt da nachher ein Druck draus entsteht, ich muss mich an etwas beteiligen, was mir nicht gut tut, was mir womöglich emotionalen Schaden zufügt, mentalen Schaden zufügt, dann wäre das ja frappierend. Also aus unserer Sicht ist es wichtig, dass das an der Stelle dann ein echtes Angebot ist.
[48:36]Aber ein Angebot kann ja Druck ausüben.
[48:39]Das ist sehr wichtig.
[48:40]Aber so ein Angebot übt ja Druck aus. Ich finde ja Druck da in dem Moment auch gar nicht verwerflich, aber sich klar zu behalten, das Angebot von Mediation oder zu einer Mediation übt Entscheidungsdruck aus.
[48:55]Wir würden in so einer Situation tatsächlich immer auch in den Vorgesprächen die Schwächeren stützen und denen auch Mut machen, Nein zu sagen, wenn das für sie stimmig ist. Wir gucken auch klar, was brauchen die? Hat es was Heilendes, wenn ich nochmal in den Austausch komme und vielleicht eine Reue wahrnehme? Oder hat es was Retraumatisierendes? Und dann machen wir denen unbedingt Mut, Nein zu sagen. Ich bin deshalb keine schlechte Mitarbeiterin, weil ich in so einem Kontext eine Mediation ablehne. Das steht mir zu.
[49:28]Und das heißt ja aber erstmal auf der Stufe davor, es übt Entscheidungsdruck aus. Und Nein zu einer Mediation zu sagen, steht vom Image von Mediation schon in der Gefahr, das ist jetzt nicht okay. Ich glaube, da dürfen wir als Mediatoren, das höre ich auch bei euch deutlich raus, da dürfen wir aufmerksam drauf werden.
[49:56]
Verantwortung und Entscheidungsdruck in der Mediation
[49:53]Dass wir nämlich dann klar sagen, da darf es auch ein Nein geben. Und das ist völlig in Ordnung.
[49:59]Da braucht es auch von uns eine klare Positionierung in der Auftragsklärung. Als auch gegenüber einer Personalabteilung, einer Führungskraft.
[50:08]Und was ich gut finde, ist, wenn wir Alternativen dann auch aufzeigen.
[50:12]Wenn die sinnvoll sind. Also in so einem Fall könnte ja die parteiliche Beratung über die Sozialberatung oder andere Instrumente vielleicht viel hilfreicher für die Person sein, die sagt, ich habe hier einen Schaden emotionaler Art davon getragen und ich fühle mich hier deutlich unterlegen in der Situation. Und dann ist es vielleicht kein Einigungsdruck oder kein Druck, in die Mediation zu machen, sondern eher diese Entscheidung, was ist jetzt tatsächlich von den angebotenen Unterstützungsinstrumenten für mich das Passendste.
[50:48]Also von daher, ich glaube.
[50:49]Da ist die Personalabteilung oder die Personen, die das initiieren, mit uns in der Verantwortung zu schauen, was sind die besten Optionen für alle beteiligten Personen. Ja, ja. und für die Organisation. Und da haben wir dann schon so eine Vorsondierung.
[51:05]Ja. Ich überlege, oder habe jetzt nochmal so Revue passieren lassen, so jetzt zum Ende des Gesprächs hin, von der Fragestellung her, welche Aspekte wir vielleicht noch nicht angesprochen haben. Also wir haben ja so nach der Neutralitätspflicht gefragt oder müssen wir einfach, weil wir mal A in der Ausbildung gesagt haben, jetzt auch B für die Zeit nach der Ausbildung zu allen Konflikten Abstand waren, Äquidistanz und bei jedem auch das Gute sehen. Also wo stehen wir mit dem Thema? Also ist die heutige Zeit ein Prüfstand für die Ideen der Mediation, die aus sehr, ich sage mal wirklich friedensbewegten und friedensorientierten Zeiten kommt, also wo Frieden auch eine Realität war, in einem Ausmaß, wie man es sich halt einfach nicht träumen lassen kann.
[52:03]Und ist es jetzt so, dass wir praktisch zurückfallen gesellschaftlich oder geht einfach eine Phase von Illusionen zu Ende und wir sind in der Realität, die immer da war. Wir haben sie vielleicht nur nicht gesehen vor lauter Beschäftigung mit dem Guten des Menschen. Und was heißt das für so unsere Verortung als Mediatorin, die ja doch für viele Persönlichkeitsentwicklungs- und identifikatorischen Charakter hat? Viele begreifen sich ja sofort nach einer 120-Stunden-Ausbildung als Mediatoren.
[52:47]Ich kann für mich nur sagen, für mich ist das Teil der VUCA-Welt. Und da hat sich die Welt verändert. Als ich vor 20 Jahren angefangen habe, war die Welt viel eindeutiger, viel einfacher. Und ich konnte es mir da komfortabler einrichten mit einem Weltbild, mit einem Glauben an eine positive Grundausstattung im Menschen. Heute haben wir viel mehr Aspekte, die an uns zerren. Und ich glaube, als Mediatorin sitze ich da mittendrin. Ich habe genau die gleichen Anforderungen wie andere in der Arbeitswelt oder in der Welt an sich. Es sind sehr unterschiedliche Dinge. Und mein Anspruch ist tatsächlich, diese Dinge irgendwie für mich aushaltbar zu machen und miteinander zu vereinen. Und deshalb gebe ich bestimmte Haltungen nicht auf und gleichzeitig muss ich erleben, dass an anderer Stelle die mit Füßen getreten werden und das bleibt nebeneinander stehen und das ist so meins zu gucken, wie kriege ich das hin, dass ich meine Sachen nicht aufgeben muss und gleichzeitig die anderen Realitäten im Blick habe und auch darauf gegebenenfalls reagieren muss also ich glaube, das wird sich nicht ändern ich glaube nicht, dass wir wieder zurückkommen
[54:03]Und ich glaube, das ist genau dieser Schmerz, den wir da aushalten müssen. Und ich kann mich noch erinnern, als wir die ersten Ausbildungen gemeinsam mit Thomas Rupprecht gemacht haben. Der hat uns als Ausbilder durch die erste Ausbildung geführt. Und er war sein Lieblingswort. Das war so unser Running Gag schon immer Ambiguitätstoleranz. Und daran muss ich heute häufiger denken, weil das ist tatsächlich was, was ich immer mehr brauche. diese Widersprüchlichkeiten in mir auszuhalten und anzunehmen. Ich muss sie nicht gut finden. Ich finde es oft unglaublich anstrengend und auch frustrierend. Und gleichzeitig ist es, wie es ist.
[54:43]Ja, vielen Dank.
[54:47]Ich ergänze mal, ich glaube, wenn wir in dieser Unsicherheit sind, Stichwort VUKA, dann reagieren Menschen eben ganz viel aus ihren Stressmustern und haben deswegen nicht so einen guten Zugriff auf das, was ihnen tatsächlich langfristig gut tut und wie sie langfristig kooperativ ihre Bedürfnisse erfüllen können, sondern viele wählen dann diese archaischen Konfliktverhaltensstrategien. Und da ist Kämpfen einfach eine Realität. Und die Kooperation und die Sehnsucht nach Frieden oder das Suchen nach Frieden ist nicht die erste Wahl. Ich gehe in den Kampf oder ich mache mich vom Acker. Und daher kommen wir in diesen unsicheren Zeiten sicherlich auch in Kontakt mit den Grenzen von Mediation, indem wir merken mein Gegenüber will keinen Frieden oder verhält sich in jedem Fall nicht so, dass wir gemeinsam Frieden finden können und dazu muss ich mich dann auch verhalten und für mich ist trotzdem wichtig ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass wir langfristig nur Ja, ja. Durch Kooperation, durch ein gutes Miteinander, durch letztendlich Zusammenhalt
[56:11]Weiterkommen, profitieren. Ich glaube auch, dass die großen Herausforderungen unserer Zeit nur gemeinsam und nicht gegeneinander gelöst werden können. Und von daher ist so die politische Anstrengung zu werben, wie können wir da wieder zurückfinden und wie können wir dem mehr Raum geben. Und das heißt gleichzeitig eben nicht, um jeden Preis das zu machen und dabei sich selbst mit den eigenen Werten oder mit den eigenen Haltungen aufzugeben und dann den Kopf rund zu ziehen. Und das Spannungsverhältnis müssen wir aushalten.
[56:47]Weil das nicht die Basis ist, also Stichwort Demokratie, Rechtsstaat, Demokratie, Autokratie auf der anderen Seite. Aber ich glaube, da dürfen wir das Konzept von Mediation schon nochmal einordnen, historisch und könnten geneigt sein, hoffentlich zu sagen, da müssen wir einstehen dafür, da müssen wir zusammenstehen und kämpfen, sonst geht das verloren. Und in diesem Rahmen findet Mediation dann wiederum statt und das letztendlich kooperativ weiterführt. Das stimmt, aber das sind manchmal so lange Zeitspann, dass die Tage, Wochen und Jahre dazwischen, wo man hart gegeneinander gekämpft und gestanden hat, leicht übersieht. Und ich glaube, das ist eine Zeit, wo wir das wieder klar bekommen. Ich persönlich bin so tatsächlich in den letzten Monaten eher so wieder zurückgeworfen in die 90er, die ich anders erlebt habe, wo einfach Kampf und Gegeneinander auf ganz grundsätzlichen und vielschichtigen Fragestellungen das Mittel der Wahl war. Und das nicht der Zeitraum war, sich in den Stuhlkreis zu setzen.
[58:03]Und es ist dann gekommen, es ist dann gewachsen, das war möglich. Und von der Mediation her finde ich, es ist vielleicht eine interessante Paradoxie, dass es in der Zeit, wo es sehr friedlich einherging und wo zum Beispiel auch in Deutschland immer weniger vor Gericht geklagt wurde und Mediation gewachsen ist, aber keineswegs das abgefangen hat, was da jetzt nicht mehr bei Gericht landet. Weil die Zeiten so friedlich waren, dass vielleicht Mediation sogar eine größere Chance hat in Zeiten, die sich gar nicht danach anfühlen. Das finde ich tatsächlich eine ganz spannende Frage für die nächsten fünf bis zehn Jahre. Und das ist eine der wenigen Fragen, die mich positiv gucken lässt, das rauszufinden. Vielleicht ist Mediation wirklich für diese Zeiten eher, hat ein stärkeres Wachstum oder ein stärkerer Bekanntheitsgrad, weil es die kleinen Räume sind in den größer gesellschaftlichen umkämpften Arenen.
[59:02]Und ich kann schauen, wo bin ich selbst wirksam. Also die Mediation ist eine Einladung, sich um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern und zu guten Ergebnissen zu kommen, ohne sich mit dem anderen weiter zu streiten. Und damit kann ich ja erleben, dass ich in meinem unmittelbaren Umfeld, in meinem Nahbereich tatsächlich was bewirken kann und wirksam sein kann. Die große Bühne, da ist das deutlich schwieriger, da Einfluss zu nehmen und was zu verändern. so sehr das wünschenswert und notwendig ist. Von daher, ich kann da gut mit mit deiner These, dass eigentlich vieles dafür spricht, dass die Mediation noch stärker gefragt ist, weil die Sehnsucht wird da sein, zumindest im Kleinen Frieden zu erreichen, friedvoller zu sein, weil das drumherum schon so wenig friedvoll ist.
[59:55]Das glaube ich auch, dieser Moment der Hilflosigkeit, der lähmt ja. Und dann stelle ich mir natürlich auch manchmal die Sinnfrage, hat das überhaupt irgendeinen Effekt? Und in dem Moment, wo ich kleine Erfolge habe, das hilft mir dann auch durchzuhalten. Und nicht nur das große Ganze, was dann manchmal schwer ist anzugucken, sondern wirklich den Rahmen, den ich beeinflussen kann.
[1:00:19]Ja, das wäre wünschenswert, wenn Mediation so die Luft zum Durchatmen gibt und zum Ausruhen, dann aber wiederum sozusagen das, wo Kampf notwendig ist, auch ermöglicht und dass es nicht so einen, ich sage jetzt mal, so einen biedermeierischen Rückzug bietet, so in die kleine Selbsthilfe. Liebe Elke, lieber Christian, ich danke euch, dass ihr ein heikles Thema, ich finde wirklich ein schwieriges, komplexes, heikles Thema, hier mit dem Podcast mit besprochen habt. Das war sehr erkenntnisreich, hilfreich. Vielen Dank dafür.
[1:01:01]
Reflexion über die Mediation und ihre Rolle
[1:01:02]Danke für den spannenden Austausch.
[1:01:04]Genau.
[1:01:05]Ich wünsche euch eine gute Zeit und wir werden wahrscheinlich in der einen oder anderen Diskussion und in ganz vielen Dialogen dann noch Gelegenheit haben.
[1:01:14]Bis dahin, alles Gute,
[1:01:16]Sascha. Ebenso. Ciao.
[1:01:17]Euch eine gute Zeit.
[1:01:21]Ja, das war mein Gespräch mit den Mediationsausbilderinnen Christian Bähner und Elke Schwertfeger von Zweisicht aus Freiburg. Zwei ganz erfahrene Ausbilderinnen und Mediatorinnen, die in Wirtschafts- und Organisationsmediationen spezialisiert sind, Experten sind und da eben auch aus der Arbeitswelt. Diese Themen, die wir heute besprochen haben, erleben und auch angefragt bekommen. Also auch wir als Mediatoren angefragt sind, was denn mit unserer Neutralität, mit unserer Allparteilichkeit in Konflikten ist, in denen wir vielleicht nicht als Mediatoren angefragt sind, sondern unseren Ideen, wie Konflikte bearbeitet werden können, Ob wir da auch zur Neutralität verpflichtet sind, ob schon Grundwerte von Mediation, von Mediatorinnen in Frage stehen.
[1:02:22]Und ich habe mich mit den beiden über unterschiedlichste Konstellationen unterhalten und Fragestellungen von Neutralität und geschaut, ob wir so ein bisschen in das Dickicht reingehen können und Klarheit finden können zwischen professioneller Neutralität, die vertraglich vereinbart ist, in politischer Neutralität, weil wir immer auch Bürger sind oder auch sozusagen mit unserer Ganzheit als Mensch begründeten Neutralität gegenüber anderen.
[1:02:56]Die sich ja eben auch in Zugewandtheit äußert, also dass wir erstmal vom Guten ausgehen und damit einem humanistischen Menschenbild verpflichtet sind.
[1:03:05]Wir haben darüber gesprochen, wie der Neutralitätsanspruch in Mediationen Ausdruck finden kann und was es bedeutet, wenn man nicht als Mediator angefragt ist. Wir sind von einfachen, klaren Antworten dann immer noch mal auch in Dilemmata gerutscht und es ist deutlich geworden, das sind keine einfachen Fragen. Also auf der einen Seite, ich mache keine Mediation, wenn deutlich ist, dass das Machtverhältnis der Parteien, der Konfliktparteien nicht angetastet werden soll, sondern in der Mediation zum Tragen kommen soll. Stichwort Angreifer und Angegriffene, Mobbingopfer, Mobbingtäter, wenn man das mal so in zwei plakativen Fällen nimmt. Und dennoch aber auch in der Praxis sich zeigt, wir lassen uns auf Mediation ein, in der Hoffnung, dass sich daran etwas ändert durch die Mediation. Und da nochmal ein Austausch, ein Gleichlauf ermöglicht ist, dass man hinter die Machtfassade schauen kann, von beiden Seiten aus. Und dass das zum Geschäft dazugehört, diese Räume zu vermuten und dann anzusteuern, In der Hoffnung, dass es gelingt, sie zu öffnen und manchmal auch mit der Realität, dass diese Räume nicht nur nicht geöffnet wurden, sondern vielleicht auch gar nicht existierten in der Vorstellungswelt der Parteien.
[1:04:34]Und dass es eben eine Entscheidungsfrage ist, zu Beginn einer Mediation, die man da nicht entscheiden kann, werden diese Räume sich öffnen oder auch nicht. Die Mediation kann es jedenfalls nicht versprechen. Und das führt in ethische Dilemmata hinein, aus der man als Mediator bei aller Haltung, bei aller Überzeugtheit nicht herauskommt. Vielen Dank, dass du hier wieder mit dabei warst, bei dieser Podcast-Folge zu Fragen politischer Neutralität von Mediatoren in und außerhalb von Mediationen. Ich verabschiede mich mit den besten Wünschen. Bis zum nächsten Mal. Ich bin Sascha Weigel, dein Host von INKOVEMA – Institut für Konflikt- und Verhandlungsmanagement in Leipzig und Partner für professionelle Mediations- und Coachingausbildungen.
[1:05:19]Music