Mediation im Gesundheitswesen
Mediation mit Ärzten im Shuttleverfahren
Ko-Autorenschaft: Sabine Krause und Dr. Sascha Weigel
Konfliktpotenziale geraten zum Pulverfass, wenn grundlegende Werte und wirtschaftlich bedeutende Güter auf dem Spiel stehen: Leben, Gesundheit, Eigentum, die jeweils bedingt sind von persönlichen und professionellen Beziehungen, stehen wie sonst selten vor allem im Gesundheitswesen im Fokus des Kommunikations- und Konfliktgeschehens.
Das sog. Krankenhaus bietet den Nährboden für eine „besonders intensiv erlebte Konfliktkultur“.
Mediator*innen und Konfliktmanager*innen werden dann gerufen, wenn z.B. das Ärzte- und Pflegeteam verkracht sind und auch die zunehmend mehr wirtschaftlich orientierte Geschäftsführung mit ihrem Latein am Ende ist.
Für Mediator*innen, die im Feld Gesundheitswesen agieren, ist es dabei nicht selten von Vorteil, wenn Sie ausreichend Felderfahrungen mitbringen.
Indikatoren der Shuttle-Mediation
Bis tatsächlich ein*e Mediator*in angerufen wird, ist im Krankenhaus und zwischen den Konfliktparteien häufig sehr viel passiert. Die Konfliktgeschichten scheinen endlos, die Verletzungsintensitäten mitunter maßlos. Konfliktberater können getrost im zweiten Drittel Glasls Analysetool der Konflikteskalationsstufen beginnen zu nutzen.
Blockaden und Widerstände gegen die Notwendigkeiten und Veränderungen, aber auch die scheinbaren und zuweilen existenten Sinnlosigkeiten belasten den Krankenhausalltag der beteiligten Personen. Im Konfliktgeschehen, wenn sich all die „wartenden Konfliktpotenziale“ einmal entfaltet haben, herrscht deshalb schnell grundsätzliches Misstrauen, geballte Wut und undefinierbare Unsicherheit unter den Beteiligten.
Blickkontakte in Besprechungen sind häufig kaum erträglich, die Beteiligten gehen sich aus dem Weg, Gespräche geraten zu Vorwurfsarenen oder unterbleiben gänzlich. Dabei täte ein offener Dialog so Not! Aber das erforderliche Maß an Kooperation, das ja für Dialoge so nötig ist, fehlt – keineswegs selten(!) – bei allen. In diese Gemengelage treten Mediator*innen auf den Plan. Betrachtet von den Betroffenen einerseits als Verheißung auf Besserung, andererseits als Scharlatane, die nur durch Reden(lassen!) dem Treiben ein Ende bereiten können!? Auch wenn das ein Missverständnis ist, ist es für die externen Dritten ein ernstzunehmendes Missverständnis.
Deshalb bietet es sich zuweilen an, das Mediationsverfahren als Shuttleverfahren durchzuführen.
Vorgehensweise und Ziele der Shuttle-Mediation
Wenn zufrieden stellende Arbeitsergebnisse ausbleiben, weil der Arbeitsbeziehung Kooperation und Kreativität abgeht und nicht, weil Wissen und Können in der Sache fehlen, dann ermöglicht Mediation Verbesserung. Denn Mediation ist ein prozessorientiertes Konfliktklärungsverfahren, das die Art und Weise der Zusammenarbeit thematisiert und damit die beteiligten Personen in ihrem Zusammenspiel fokussiert.
Mediation steuert die Umgangskultur (an).
Die gemeinsame Arbeitsbeziehung durch eine Krise hindurchzuführen und eine befriedigende Arbeitsfähigkeit wieder herzustellen, ist dabei nicht nur das Anliegen der Mediation, sondern berührt generell die Interessen der Beteiligten, einschließlich der Organisation. Dies ermöglicht zukünftige schwierige Situationen miteinander zu meistern und den Berufsalltag zu entlasten. Voraussichtliche Kernbereiche, die einer derartige verhaltensorientierte Veränderung der Kommunikation- und Kooperationsfähigkeiten unterstützen, sind:
- Konfliktbearbeitung durch Vermittlung und Transformation
- Kommunikation und Umgang miteinander
- Eigen- und Fremdwahrnehmung
- Fähigkeit zum Perspektivenwechsel
Ablauf und Inhalte des Shuttle-Verfahrens
Die Shuttle-Mediation sichert in eskalierten Situationen einen besonders geschützten Rahmen, weil die Kommunikation über die Mediator*in stattfindet.
In Einzelgesprächen mit der externen Vermittlungsperson werden die strittigen Themen aufgenommen, gesammelt und anschließend in ihrer Tiefe vermittelt, in ihrem persönlichen und sozialen Kontext transformiert, gemeinsam ausgehandelt und neu beschlossen. Zudem kommt eine teamorientierte Reflexion des Klärungsprozesses.
In der Shuttle-Mediation kommt es also keineswegs von Beginn an (und manchmal überhaupt nicht) zu einem Gespräch mit allen Beteiligten an einem Tisch. Vielmehr pendelt die Vermittlungsperson (wie ein Shuttle) zwischen den Beteiligten hin und her. Das hat für den Klärungs- und Deeskalationsprozess seine Vor- und Nachteile. Für Mediationen im Krankenhaus ist eine Shuttle-Mediation jedenfalls in Betracht zu ziehen, um überhaupt gemeinsame Gespräche zu ermöglichen.
Auch wenn der Ablauf, das Design sowie die Stundenanzahl je nach Mediationsfall unterschiedlich ausfallen mögen, so hat sich jedoch folgende Vorgehensweise bewährt:
- Shuttle: Einstieg und Themensammlung
- Shuttle: Dokumentation und Vermittlung
- Shuttle: Transformation und Verhandlung
- Shuttle: Reflexion und Optimierung
Ergebnisse und Besonderheiten
Die Besonderheiten dieses Verfahrens liegen zum einen in der aufwendigen Vorbereitung vor den jeweiligen Shuttle-Runden und zum anderen in der professionellen Rollenklärung der Mediator*innen in den jeweiligen Shuttle-Runden. Das Shuttle-Verfahren benötigt mehr schriftliche Abstimmungen und Informationsweiterleitungen als bei den klassischen Mediationsverfahren, weil alle Beteiligten nie zeitgleich an einem Tisch sitzen. Weiterhin benötigen die Mediator*innen eine klare Rollenklärung in den Shuttle-Runden, um die Grenze zum Coaching aufrecht zu erhalten. Nicht selten führt eine gute Mediation im Shuttle-Verfahren dazu, dass die kooperativen Verhaltensänderungen direkt umgesetzt und als selbstverständlich und nachhaltig erlebt werden, so dass selbst eine zusammenführende Gesprächsrunde ausbleiben kann.
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