INKOVEMA-Podcast „Gut durch die Zeit“

#197 GddZ – Mobbing am Arbeitsplatz. Risiken und Schutz bei psychosozialen Belastungen.

Podcast-Feature #04

zur

Ortstagung Halle (Saale) – 21. 11. 2024 – des Deutschen Arbeitsgerichtsverbands e.V. in Kooperation mit MLU Halle

Im Gespräch mit Prof. Katja Nebe (MLU Halle)

Prof. Katja Nebe: Juristin und Hochschullehrerin, seit 2014 als Professorin für Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg tätig ist. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Arbeitsrecht und Sozialrecht, mit besonderem Fokus auf Themen wie Arbeitsschutz, Antidiskriminierung und Rehabilitationsrecht.

Gut durch die Zeit.

Der Podcast rund um Mediation, Konflikt-Coaching und Organisationsberatung.

Kapitel

0:04 – Herzlich willkommen zum Podcast Gut durch die Zeit
2:07 – Mobbing am Arbeitsplatz
4:47 – Ortstagung des Deutschen Arbeitsgerichtsverbandes
6:18 – Forschung und aktuelle Fälle
10:37 – Gesetzliche Rahmenbedingungen
14:58 – Herausforderungen in der Praxis
17:41 – Rechtliche Aspekte von Mobbing
20:42 – Komplexität von Mobbing-Situationen
27:16 – Mediation als Arbeitsschutzmaßnahme
33:09 – Einladung zur Tagung in Halle

Zusammenfassung

In dieser Episode des Podcasts „Gut durch die Zeit“ befasse ich mich mit einem besonders relevanten und brisanten Thema: Mobbing am Arbeitsplatz. Gemeinsam mit Professorin Katja Nebe, einer Expertin auf dem Gebiet des Arbeits- und Sozialrechts, erörtern wir die vielfältigen Facetten dieses Themas und bereiten gleichzeitig auf eine bevorstehende Ortstagung des Deutschen Arbeitsgerichtsverbandes in Halle (21.11.2024) vor, bei der wir beide einen Beitrag leisten werden.

Professorin Nebe gibt zu Beginn Einblicke in ihre Arbeit, die sich sowohl in der Lehre als auch in der Forschung mit psychosozialen Konflikten am Arbeitsplatz beschäftigt. Sie hebt hervor, wie wichtig es ist, diese Themen nicht nur aus der juristischen Perspektive zu betrachten, sondern auch die praktischen Auswirkungen auf die Betroffenen im Blick zu haben. Wir diskutieren, wie ungelöste soziale Konflikte zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen führen können, die nicht selten in Langzeiterkrankungen oder einem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Berufsleben enden.

Im Kontext der bevorstehenden Tagung, die sich explizit mit dem Thema Mobbing auseinandersetzt, erörtern wir die Notwendigkeit, aktuelle Probleme in der Arbeitswelt direkt anzugehen. Besonders besorgniserregend ist die Feststellung, dass in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern der Schutz vor psychosozialen Gefährdungen am Arbeitsplatz oft noch unzureichend ist. Wir beleuchten kritische Punkte, die die Ursachen von Mobbing im Arbeitsumfeld betreffen, und betrachten, wie fehlende gesetzliche Regelungen oder unzureichende Maßnahmen dies begünstigen können.

Ein weiterer wichtiger Aspekt, den wir ansprechen, ist der Umgang mit Beschwerden über Mobbing. Oftmals wird Mobbing erst im Nachhinein als solches erkannt, was die rechtlichen Möglichkeiten der Betroffenen erheblich einschränkt. Auch die Rolle der Gerichte in solchen Prozessen wird thematisiert und die Schwierigkeiten, die es für Betroffene mit sich bringt, einen klaren juristischen Schutz zu erlangen. Diese Dynamik führt dazu, dass Mobbingvorwürfe häufig nicht ernst genommen werden, bis die Situation bereits stark eskaliert ist.

Während unseres Gesprächs kommen wir auch darauf zu sprechen, wie wichtig eine umfassende Dokumentation und Datenerfassung zum Thema psychosoziale Belastungen ist. Professorin Nebe weist darauf hin, dass wir im internationalen Vergleich hinterherhinken und konkrete Handlungsempfehlungen für Unternehmen dringend erforderlich sind, um Mobbing frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern.

Im Hinblick auf präventive Maßnahmen und Interventionen im Falle von Mobbing messen wir der Mediation eine herausragende Rolle zu. Sie kann oft als effektives Werkzeug dienen, um Konflikte zu lösen und ein besseres Arbeitsumfeld zu schaffen. Dabei ist es entscheidend, dass die Mediation nicht nur als präventive Maßnahme verstanden wird, sondern aktiv in die betriebliche Kultur integriert wird, um Mobbing von vornherein zu vermeiden.

Zum Schluss laden wir alle Interessierten herzlich ein, an der Tagung am 21. November in Halle/Saale teilzunehmen. In diesem Rahmen werden verschiedene Perspektiven aus der Wissenschaft und Praxis vorgestellt, um das Thema Mobbing am Arbeitsplatz differenziert zu betrachten und Lösungen zu erarbeiten. Es ist höchste Zeit, dass wir uns mit diesem drängenden Thema intensiver auseinandersetzen und all jene unterstützen, die unter den Folgen von Mobbing leiden.

Vollständiges Transkript

[0:00]Und dass man dann halt auch so ein Verständnis gewinnt, dass Mediation eine
[0:04]
Herzlich willkommen zum Podcast Gut durch die Zeit
[0:03]Arbeitsschutzmaßnahme sein kann. Herzlich willkommen zum Podcast Gut durch die Zeit. Der Podcast rund um Mediation, Konfliktcoaching und Organisationsberatung. Ein Podcast von Ingen Zehmer. Ich bin Sascha Walke und begrüße dich zu einer neuen Folge. Und die heutige Folge dreht sich um ein Thema, das in Mediationen oder in der Konfliktbearbeitung Brisanz und Aktualität hat, nämlich Mobbing. Mobbing am Arbeitsplatz. Und wir wollen mit dieser Folge auf eine Tagung hinweisen, auf eine Ortstagung des Deutschen Arbeitsgerichtsverbandes, der in Halle stattfinden wird. Da werde ich gleich was dazu sagen. Zunächst einmal begrüße ich meine Gesprächspartnerin und Expertin auf dem Gebiet, Professorin Katja Nebe. Herzlich willkommen. Hallo.
[0:53]Hallo. Frau Nebe, Sie haben das Thema momentan auf dem Schreibtisch. Sie sind da angefragt worden. Das werden wir gleich vertiefen. Zunächst mal, was macht Ihre Arbeit aus? Wo kommen Sie mit dem Thema Mobbing in Berührung? Wer sind Sie? Danke für die Einladung und ich versuche mal kurz über mich zu dem Thema und meine Berührung zum Thema ein bisschen was zu erzählen. Also ich bin Arbeitsrechtlerin und Sozialrechtlerin, quasi Juristin an der Martin-Luther-Universität in Halle, lehre dort Arbeits- und Sozialrecht und bin aber auch in der Forschung mit den Themengebieten stark zu Gange. Und das Thema Mobbing oder psychosoziale Konflikte am Arbeitsplatz, das ist in beiden juristischen Teilgebieten ein relevantes Thema. Zum einen, weil es um die Prävention von solchen Konfliktlagen oder zur Bewältigung von solchen Konfliktlagen im Arbeitsverhältnis geht. Das ist dann ein arbeitsrechtliches Thema.
[1:52]Und weil wir aber auch wissen, dass viele Menschen durch ungelöste soziale Konfliktlagen am Arbeitsplatz zum Beispiel Langzeiterkrankungen erfahren. Bei manchen Menschen geht das so weit, dass das zu einem dauerhaften Ausscheiden
[2:07]
Mobbing am Arbeitsplatz
[2:07]aus dem Erwerbsleben führt. Und dann sind wir quasi am Ende der Stange des Sozialrechts sozusagen bei zum Beispiel Erwerbsminderungsrenten. Und da sind dann die Sozialleistungsträger früher auch gefragt, um die Prävention oder auch die wieder einkehrende Arbeitsleben durch Sozialleistung zu unterstützen. Und das mache ich auch in der Forschung. Und ja, so bin ich quasi in Lehre und Forschung mit den Themen ziemlich häufig auch im Kontakt. Und wenn ich auf diese Ortstagung sozusagen verweise, die da stattfinden wird, wo wir beide auch zusammen dann einen Beitrag leisten und Sie auch das organisieren, dann sind das meist Tagungen, soweit ich das überblicke, die ganz praxisbezogen sind und eben nicht nur sozusagen im stillen Kämmerlein von Professoren an der Hochschule im Elfenbeinturm gewälzt werden, sondern die ganz unmittelbaren Einschlag in den Lebenswelten von Betroffenen haben. Wie kommt das sozusagen für Sie, dass Sie da ganz nah an der Praxis dran sind? Ja, jetzt muss ich aufpassen, dass ich nicht zu lang rede.
[3:10]Das ist eine spannende und auch eine komplexe Frage. Also dieser Deutsche Arbeitsgerichtsverband, der übrigens in zwei Jahren sein 100-jähriges Jubiläum, Oh, jetzt muss ich überlegen.
[3:23]Also jedenfalls ein ganz, ganz tradierter Verband ist. Der muss gerade in Ostdeutschland auch noch in der Fläche wieder ein bisschen stärker wahrnehmbar sein. Deshalb haben wir uns auch als Universität vorgenommen, ich bin ja Arbeitsrechtlerin, bin auch schon lange Mitglied in diesem Verband, dass wir mehr Ortstagungen veranstalten wollen. Und das machen wir natürlich im Schulterschluss mit der Arbeitsgerichtsbarkeit und vor allem auch mit den jeweiligen Interessenverbänden auf beiden Seiten, sprich mit Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden. Und dann kommen im besten Fall die ganz aktuellen Themen, die in der Arbeitswelt gerade aufschlagen, die kommen dort zur Sprache durch Vorträge von und mit Expertinnen, aber vor allem auch durch eine lebendige Diskussion, damit eben solche Fragen möglichst früh aufgeworfen und möglichst früh auch mit lebensnahen Tipps auch vielleicht gelöst werden können. Ich habe gerade nachgeguckt, geht ja heute ganz schnell, 1893 als Gewerbe- und Kaufmannsgerichtsverband gegründet und damit sozusagen 125 Jahre vor der Tür stehend. Wenn ich das noch kurz einschieben darf, wir haben demnächst 100 Jahre Arbeitsgerichtsgesetz und da ist natürlich der deutsche Arbeitsgerichtsverband, der aber schon älter ist. Also deshalb sind es zwei Jubiläen quasi zeitgleich, 125 Jahre, genau. Und dieser, der stattfinden wird am 21. November, dreht sich um das Thema Mobbing.
[4:47]
Ortstagung des Deutschen Arbeitsgerichtsverbandes
[4:48]Drei Beiträge werden geleistet, neben Ihren und meinem kommt noch die Frau Doreen Richard von der Ärztekammer. Und wir werden das Thema aus drei Seiten beleuchten. Was ist sozusagen Ihre Perspektive auf dieses Thema Mobbing am Arbeitsplatz? Also in einer längeren Zeitschiene betrachtet ist es halt das wissenschaftliche Interesse. Bei mir hat auch gerade eine Doktorandin ihre Dissertation abgeschlossen, ist jetzt auch veröffentlicht. Carina Suray hat zum Thema Konfliktprävention auch durch Mediation ihre Dissertation geschrieben.
[5:27]Dadurch bin ich auch schon länger mit dem Thema in der Forschungsbegleitung befasst. Und dann kam aktuell aus der Presse eine Anfrage, eine Einschätzung abzugeben zu diesem dramatischen Fall. Das ist ein bemerkenswerter Fall, der sich in Friedrichshafen ereignet hat, wo am Ende einer schweren Konfliktsituation dann eine Arbeitnehmerin sich das Leben genommen hat. Und dadurch bin ich jetzt nochmal ganz aktuell mit sehr realen Fällen, die teilweise wirklich sehr dramatisch sind, befasst. Und dann habe ich gedacht, das wäre jetzt eine Möglichkeit, in diesem Format der Ortstagung diesem Thema nochmal einen Rahmen zu geben, um zum einen den Betroffenen die Möglichkeit zu geben, dass das Thema sichtbar auch durch Experten behandelt wird, aber auch vielleicht sich eingeladen zu
[6:18]
Forschung und aktuelle Fälle
[6:14]führen, dann in der Diskussion mit konkreten Fragen die Stimme zu erheben. Was mir auch sofort aufgefallen war, ich jetzt als Mediator habe in Arbeitsplatz und Organisationskonflikten hin und wieder mit dem Thema zu tun.
[6:31]Meistens zu einem Zeitpunkt, wo noch nicht ganz klar ist, was hat sich denn abgespielt und wie ist es denn zu bewerten. Und sozusagen im Vorhinein einer Feststellung und einer dann auch Konsequenzsuche von Mobbingprozessen. Ihre Perspektive kommt sozusagen so ein bisschen aus dem Nachklang, wenn deutlich geworden ist, was ist angerichtet worden und die Frage, wie kann es dazu kommen und was können wir auch regulieren, dass das nicht nochmal der Fall ist. Also, wenn ich richtig informiert bin, andere Länder haben extra dafür Gesetze geschaffen.
[7:07]In Deutschland belässt man es bei den Gesetzen, die wir momentan so haben. Zumindest habe ich nicht den Eindruck, dass da was im Gange ist. Wir haben den dritten Teil dann mit Frau Richard, die sozusagen das Geschehen selbst nochmal beurteilt, auch was es für Auswirkungen hat.
[7:24]Soweit ich das überblicke, ist es ein großes Thema, das man nicht mit einer Lösung irgendwie bearbeiten kann. Für Sie, die sozusagen einen Überblick sich dazu verschafft oder verschaffen möchte auch forschen, wie groß halten Sie denn das Problem? Also haben wir es da mit extremen Fällen zu tun, die halt aufploppen, weil sie extrem sind? Ist es die Spitze eines Eisbergs? Ist es etwas, was manchmal auch von Betroffenen genannt wird, dass es einfach ein akzeptiertes Verhalten ist und dass man es überhaupt nicht so skandalisiert behandelt in der Praxis? Wie stellt sich das für Sie dar? Ich entnehme der Frage jetzt auch im Grunde genommen mehrere Detailfragen. Ich fange mal mit Daten an. Also das Dilemma in Deutschland ist, was ja auch von Ihnen gerade richtig beschrieben worden ist, dass wir zum Schutz vor gesundheitsgefährdenden sozialen Konfliktlagen am Arbeitsplatz. Damit schließe ich Mobbing ein, aber ich will es nicht nur auf den Begriff reduzieren, dass wir da zu wenig Konkretes zum Beispiel im Arbeitsschutzrecht stehen haben. Vor allem auch in den untergesetzlichen Konkretisierungen, also wenn jetzt zum Beispiel die Arbeitsschutzaufsicht oder die Berufsgenossenschaften, wenn die jetzt in Vitriebe kommen und schauen, wie sieht es da aus mit der Arbeitsschutzorganisation, haben wir also eine Unmenge an Detailregelungen zum Schutz vor physischer Gesundheit.
[8:43]Aber wenig ausbuchstabiertes zum Schutz vor psychischer Gesundheit und vor allem auch zum Schutz vor psychischen Belastungen. Das ist nicht immer alles dasselbe, aber gerade worüber wir hier sprechen, geht es ja am Ende meistens auch um psychische Belastung und psychische Gesundheit. Dadurch haben wir auch wenig Daten, was jetzt in den Betrieben tatsächlich, also ich sage mal, die Gefahrstoffmessung, das wird dokumentiert Und die Messung von psychosozialen Konfliktlagen, das wird noch längst nicht flächendeckend dokumentiert, weil es dazu halt auch wenig konkrete normative Anhaltspunkte gibt. Und damit komme ich zum Anfang Ihrer Frage. Es gibt von der Internationalen Arbeitsorganisation ganz aktuell aus dem Jahr 2019 die ILO-Konvention 190. Und da geht es um den Schutz vor Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz und Deutschland hat 2022 dazu eine Ratifikation verabschiedet. Aber man hat gesagt, man braucht im Grunde genommen kaum nähere Konkretisierung im Gesetz. Das ist von einzelnen Verbänden heftig kritisiert worden, aus meiner Sicht völlig zu Recht. Wenn man sich die Kritik gegen diese legislative Untätigkeit anschaut, dann sieht man, was eigentlich alles tatsächlich getan werden müsste. Ja, also das heißt, Sie würden schon die These teilen, wir sind da unaufmerksam, ganz diplomatisch ausgedrückt und wir sind hinterher im internationalen Vergleich?
[10:11]Auf jeden Fall. Also uns fehlt quasi die Brille, um psychische Belastung, also psychische Fehlbeanspruchung, um das mal so zu nennen, Belastungsbeanspruchungsmodell. Das kennen wir inzwischen, denke ich, ganz gut in den Betrieben bei den Arbeitsschutzverantwortlichen. Und das Ganze jetzt nochmal für die konkrete Gefährdungslage psychosoziale Belastung
[10:37]
Gesetzliche Rahmenbedingungen
[10:33]am Arbeitsplatz anzuwenden, das ist noch zu wenig geübt, noch zu wenig ausbuchstabiert. Und da hängen wir wirklich im internationalen Vergleich extrem hinterher.
[10:43]Und deshalb bin ich auch vorsichtig, jetzt Zahlen zu nennen, sondern ich würde mal sagen, die Krankenkassen und die Rentenversicherungsträger haben ja die Zahlen über den Zugang zu vorzeitigen Renten, also Erwerbsminderungsrenten. Und da sind im Moment die psychischen Diagnosen sozusagen auf Platz eins. Und wenn man jetzt mal die These aufstellt, das könnten auch Folgen von ungelösten sozialen Konfliktlagen am Arbeitsplatz sein, dann sehen wir da schon, dass das eine wichtige Triebkraft ist, der wir irgendwie was entgegensetzen müssen.
[11:12]Mal abgesehen von allen Einzelschicksalen. Und da würde ich sagen, die sind die Spitze des Eisberges. Und da ist es um jedes Einzelschicksal dramatisch. Und ich finde auch, wenn man sagt, in der Masse sind das wenig Einzelschicksale, die so schlimm ausgehen. Aber jeder Unfalltote im Chemiebetrieb wäre relevant. Jeder Verkehrstote ist relevant. Und genauso müssen wir auch Suizidprävention im Zusammenhang mit Mobbing vorbeugen. Also mir geht es bei dem Thema auch häufig so, dass ich selten, nicht eine große Kluft, aber einen riesen Sprung gedanklich und emotional auch machen muss zwischen den Einzelschicksalen, die ich unmittelbar erlebe, wo ich eine individuelle Ebene ansteuere und dann ganz klar auf dieser Ebene auch alle Beteiligten sich schwer entziehen können, unberührt zu bleiben. Es ist dramatisch bis auswirkungsreich und auf der gesellschaftlichen Ebene, auf der größeren Ebene sozusagen von Organisationen, Branchen.
[12:13]Nicht nur in der Wirtschaft, auch in der Verwaltung, dass es sich nicht mehr so eindeutig darstellen lässt und nicht mehr so eindeutig auch regelbar ist. Wo man auch nicht einfach sagen kann, naja, wir müssen jetzt sozusagen alles beregeln und dann kommen sozusagen diese Vorwürfe von, was soll man denn noch alles machen? Wie wollen wir das denn noch dokumentieren und handhaben und Bürokratie? Darauf läuft ein Teil hinaus. Und auf der anderen Seite aber auch ganz deutlich klar belegbar ist, das würde Geld sparen und wir müssen frühzeitig auf Arbeitnehmerinnen oder deren Situation eingehen. Das können wir nicht so laufen lassen. Wir haben das auch im Arbeitsschutz mit physischen Verletzungen hinbekommen, dass die Null im Jahr sozusagen an Verletzungen das Ziel sein muss. Ich denke auch, genau was Sie beschreiben, dass die Person in der Bewältigung vielleicht auch schon sehr manifester Konfliktsituation, dass da alle Involvierten, auch die Professionellen.
[13:10]Für sich selber natürlich auch starke Belastungen spüren. Also das merken wir auch bei unserer Universität überall dort, wo wir psychosoziale Beratung leisten, dass man dann selber wieder schauen muss, ist man durch Supervision und vielleicht auch durch die Menge der Fälle und dass man da selber auch wieder für sich Kompensationen findet. Und das andere ist aber so der systemische Ansatz. Und da denke ich schon, dass wir erstens, wir müssen erfassen und dokumentieren. Und ich mache es mal konkret an zwei Punkten. Also was ich jetzt erzähle, ist ja nicht von mir irgendwas Erfundenes oder Spontan Ausgedachtes, sondern es gibt international Vorgaben. Und national gab es zum Beispiel den Entwurf einer verkürzt Antistressverordnung.
[13:51]Die ist leider 2013 da nicht verabschiedet worden. Wir haben natürlich auch wissenschaftliche Erkenntnisse. Und wenn ich das mal kurz so zusammenfasse und daraus synthetisiere, wir könnten erfassen, wo in Betrieben zum Beispiel Vorgesetzte, also Menschen mit Führungsverantwortung, selber ein Coaching kriegen. Also sozusagen überhaupt erstmal dafür sensibilisiert werden, wie Führungsverhalten sich auf die Belastung, Beanspruchung der Mitarbeitenden auswirkt. Und solange in einem Betrieb so ein Coaching überhaupt nicht angeboten wird oder wenn es angeboten wird, nicht nachgefragt wird, haben wir an der Stelle im Grunde genommen eine leerlaufende Prävention.
[14:32]Das ist das Ein. Okay, also alleine, dass man das dokumentiert, wo wird gecoacht, worum dreht sich’s und wird das angenommen auch, wenn die Personalabteilung das anbietet, das haben wir nicht, das wäre schon mal was wert sozusagen. Ich bin mir sicher, dass es Betriebe gibt, wo das schon auch systemisch gut etabliert ist, aber das ist eher selten, um es mal ganz vorsichtig zu sagen.
[14:58]
Herausforderungen in der Praxis
[14:54]Und wir wissen es nicht, wir haben keine zusammenführenden Zahlen dazu. Genau, ich denke, so können wir es hier auch erstmal stehen lassen. Und das andere wäre, dass man zum Beispiel dort, wo es um Langzeiterkrankungen geht, um Return-to-Serve-Prozesse, dass man spätestens dort auch sehen kann, wenn Personen offen liegen. Bei mir ist die Ursache der Dauer- oder Langzeiterkrankung eine psychosoziale Konfliktlage am Arbeitsplatz. Das müsste eigentlich in einem guten BEM-Prozess, also ein Return-to-Work-Prozess, müsste das offensichtlich werden. Und dann könnte man im Betrieb genauer schauen, haben wir dort eine generelle Ursache in einer bestimmten Abteilung, bei bestimmten Personen, wegen bestimmter multikausaler Stressfaktoren. Und dann müsste man dort nochmal mit Einzelarbeitsschutzmaßnahmen sozusagen einwirken. Also ich denke schon, dass eine gute Datenerfassung auf der betrieblichen Ebene auch schon uns systemisch gut voranbringen würde. Und dann denke ich, wenn das alle Verantwortlichen auch so erleben, dass dann hoffentlich nicht immer als erster Reflex kommt, oh Gott, was kommt noch dazu.
[15:59]Überordende Bürokratie, sondern okay, das ist ein Mehr an Arbeitsbelastung für die Verantwortlichen, aber mit guten Effekten, weil dann die Konflikte vielleicht früher erkannt werden. Und ich sage mal, es ist ja selten ein ganz einseitiger Konfliktverlauf, dass von einer Person nur sozusagen Übergriffe ausgehen, sondern es hat oft was mit Kommunikation zu tun und dass man dann auch früher ansetzen kann und sich die Konflikte nicht mehr so verhärten. Hey du, der diesen Podcast hört, vergiss nicht, ihn zu bewerten und eine Rückmeldung zu geben. Vielen Dank und jetzt geht’s weiter.
[16:42]Das ist ein Teil meiner Berührungspunkte. Also wie ich zu dem Thema komme in der Praxis, ist selten so, dass jemand… Mich beauftragt und sagt, wir haben hier eine Mobbing-Situation. Das bedeutet, wir haben da eine mobbende Person und wir haben ein, wahrscheinlich zwei oder drei schwer leitende Opfer. Bitte machen Sie mal was. Das ist ja nicht die Praxis, in der ich sozusagen damit in Berührung komme und die man auch so in den Betrieben vorfindet, sondern ich habe häufig den Fall.
[17:12]Dass gesagt, wir haben da Konfliktparteien, das ist unstrittig und beide werfen sich einander Mobbing vor. Der eine mehr, der andere weniger. Deutlich aber, das, was beschrieben wird.
[17:26]Wird unter diesem Tatbestand, wenn man das mal so technisch benennen will, fallen. Und wir wissen nicht, was wir tun sollen. Manchmal habe ich so überpointiert gesagt, Mobbing weiß man immer erst im Nachgang
[17:41]
Rechtliche Aspekte von Mobbing
[17:36]eines solchen Geschehens, wenn man es dann bewertet hat oder irgendeine Stelle es beurteilt hat. Und das heißt ganz selten aber, dass die Beurteilung für alle Beteiligten getroffen wird, sondern meistens für eine Person. Können wir direkt noch einen Punkt ansprechen, der eigentlich auch mit in das Themenspektrum hier gehört und da passt Ihre Beschreibung sehr gut dazu.
[17:59]Dass diese Bewertung aus der Nachhineinbetrachtung, das ist im Grunde genommen auch das Erschwernis für die Betroffenen, zum Beispiel gerichtlichen Rechtsschutz hier einzufordern. Also die Gerichte sagen dann natürlich, man kann auch durch einstweilige Verfahren vor Gericht, wo es dann um schnelle Verfahrensabläufe geht, kann man schneller zu einem vorbeugenden Rechtsschutz kommen. Dann müssen aber die Betroffenen natürlich relativ klar vortragen, was jetzt die begehrte Schutzmaßnahme ist und müssen dafür zumindest eine gewisse Substanz vortragen. Und da merken wir auch, das läuft in der Rechtsprechung noch ganz selten und es ist richtig schwierig, da einstweiligen Rechtsschutz zu bekommen, weil ich ja im besten Fall noch nicht sagen kann, ich bin schon ganz schwer gesundheitlich belastet und es hat sich eine Häufung an, sag ich mal, psychischen Gewaltübergriffen oder Herabwürdigung ist schon zu verzeichnen. Sondern im besten Fall sagt man, hier findet im Vorfeld keine Prävention statt und deshalb ist zu befürchten, dass es hier zu Gesundheitsverletzungen kommt. Und vielleicht noch ein zweiter Punkt, wenn ich den auch noch ganz ernst habe.
[19:07]Der zweite Punkt, ob wir es mit einer Spitze des Eisberges zu tun haben oder nur mit wenigen Einzelfällen. Ich glaube, das werden wir in der Zukunft noch besser sehen. Wie sieht es eigentlich mit der Solidarisierung oder Entsolidarisierung aus? Die Fälle, die mir jetzt so geschildert worden sind, die zeigen auch, wie schwierig es ist für die Einzelnen, wenn sie nämlich dann, und das ist dann ein System von schwerem Mobbing, das denke ich, kann ich sagen, wenn dann quasi diejenigen, die.
[19:36]Dieses Aufdecken des Konfliktes verhindern wollen, weil ja oft auch Tatsachen dann mit zutage kommen. Irgendjemand hat vielleicht doch Fehler gemacht, also Fehlerkultur wird nicht beschrieben, sondern Fehler sollen vertuscht werden und die, die die Fehler benennen, werden dann zu Opfern von Zurückweisungen, Übergriffen, Denunziationen und was weiß ich. Also selbst Opfer von Denunziationen. Und dass man dann gleichzeitig aber auch, das ist Teil des Systems in Einzelfällen, versucht, das solidarisch verhaltene Kollegium sozusagen abzuspalten, die vom, sag ich mal, Opfer der Vorwürfe wegzuziehen und auf die Seite des, ich sag jetzt mal, Täters zu ziehen. Der neutralen, zumindest konservativ agierenden Organisation, die wollen die Situation konservieren, da soll nichts rankommen, ja. Genau. Und das führt dann bei den Personen, die sich eigentlich solidarisch verhalten wollen, weil das das erste, also persönlich auch wahrgenommene Gewissenslage ist. Die sind selber gesundheitlich belastet, weil sie selber Teil des Konfliktes werden. Und für die Person, die sozusagen dann allein im Fokus steht,
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Komplexität von Mobbing-Situationen
[20:39]verschärft sich die Belastung noch, weil sie so isoliert. Ja, und deshalb glaube ich schon, dass wir es hier wirklich mit der Spitze des Eisberges zu tun haben und sich insgesamt in Organisationen Arbeit verbessern kann.
[20:53]Wenn wir mit Hinweisgebung und mit Schutz für alle dann in solchen Fehlersituationen so achtsamer umgehen. Also gerade dieser Aspekt, wer da wie involviert ist und wie die Interessenlagen sind, erinnert mich häufig an so Compliance-Situationen, dass einfach eine hohe Unsicherheit, weil hohe Unbekanntheit ist, wohin führt das alles? Dass auch selbst Dinge, die eindeutig klar sind, die zu verfolgen sind, die nachzuhalten sind, dann nicht gegangen werden, weil man nicht genau weiß, was hat es noch für einen Preis und dann gibt es sozusagen diese Bezeichnung von Täter, Opfer, Betroffenen und dann die Umstehenden, die sehr aktiv werden und eine ganz eigene Agenda dann auch haben. Und ich finde, das ist etwas, was sozusagen der Begriff Mobbing auf der ersten Ebene nicht darlegt, so eine Vielschichtigkeit und so eine sehr komplexe Situation, bei der es um viel geht und ich sag mal so, nicht unemotional, nicht nur um Gesundheit, sondern da geht es um ganz unterschiedlichste Interessen und dass das schwer abzubilden ist in dem Begriff Mobbing, Weil der doch etwas hat von, da gibt es einen Täter und da gibt es Opfer. Und es ist relativ eindeutig. Also so eine klassische…
[22:14]Gerichts, Strafgerichtssituation. Und das wird zumindest in dem Zeitpunkt, wo ich mit diesen Themen konfrontiert werde oder mit denen zu tun habe.
[22:26]Wird das dem nicht gerecht. Also da ist noch zu hohes Maß an Komplexität und es schnell in so eine reduzierte, auf Schuld und Verantwortung reduzierte Situation zu bringen, ist meistens noch nicht der Zeitpunkt, wie man das sozusagen in der betrieblichen Praxis organisieren will. Das ist ein Fragezeichen. Das ist wirklich ein hohes Maß an Arbeitsauftrag noch. Ja, also ich bin da völlig bei Ihnen und bin auch dankbar gerade, dass Sie es hier so in so einer Gesprächssituation so beschreiben. Mal aus der Perspektive der Juristin eine normative Antwort. Also wir haben ja das Hinweisgeberschutzgesetz. Das hat jetzt erstmal nicht unmittelbar was mit unserem Thema zu tun. Aber es gibt einem, finde ich, sehr hilfreiche Anschauung, was sich der Gesetzgeber als gutes Modell vorstellt für die von Ihnen gerade beschriebene Komplexität. Und ich habe mir selber, als ich über das Gesetz das erste Mal auch referiert habe, einfach mal eine Schablone gemacht. wer ist denn eigentlich alles von diesem Gesetz als schutzwürdig adressiert? Und das sind eben nie nur zwei Personen, also einer, der einen Hinweis gibt und einer, der durch den Hinweis vielleicht einen Reputationsverlust oder was auch immer haben könnte, sondern es sind Netzwerke, die drumherum sind. Also es ist das Unternehmen mit allen Netzwerken, mit seiner Reputation am Markt, aber auch interorganisational, also die Kollegen, aber dann auch das soziale Netzwerk, Also die Familie.
[23:55]Und dann ist es auch nochmal unterschiedlich, bin ich auf Beurteilung, Bewertung für weitere Berufsschritte von Betroffenen oder irgendwie Involvierten angewiesen und das versetzt sie in den Maulkorb oder nicht und macht sie entsprechend verletzlicher oder nicht. Und deshalb ist mein Credo immer, es braucht Transparenz, aber in einem geschützten Raum. Also wir brauchen ganz viel Achtsamkeit, auch Datenschutz, Datensicherheit. Also wir müssen genau differenzieren, wie bei Gesundheitsdaten generell.
[24:23]Wer wird überhaupt worüber informiert und wo wird was verhandelt und thematisiert? Ich kann Ihnen da nur zuschauen. Ich hoffe mir als Juristin, dass wir durch dieses Hinweisgeberschutzgesetz und die dort vorgesehenen Wege und Arenen und Schutzkorridore, dass wir dadurch auch lernen für unsere psychosozialen Konfliktlagen. Ja, das ist auch ein Punkt, den hatte ich bisher noch nicht jetzt mit im Blick auch für diese Tagung oder für den Beitrag dort, aber das Hinweisgeberschutzgesetz ist tatsächlich ein interessantes Instrument auch für diese Prozesse, also wie sie in Gang gesetzt werden können, ohne unmittelbare sozusagen organisationsbeteiligte Prozesse. Da nur zu informieren oder informieren zu müssen, sondern es ist ein guter Weg für Betroffene. Und dass die Wirkung gar nicht mal so ist, wie man am Anfang dachte, jetzt wird viel denunziert und das wird selbst als Mobbing benutzt. Also das ist ja auch ein Thema, dass der Mobbing-Vorwurf als Mobbing genutzt werden kann, sondern dass dieses Hinweisgeberschutzgesetz, zumindest habe ich es so in ein, zwei Fällen dann auch erlebt.
[25:26]Hilfreich war, Luft ranzulassen, ohne dass es schon an die große Glocke gehängt wird, sondern es bleibt eine organisationsinterne Veranstaltung, bei der dann aber die unterschiedlichen Interessen in die Verhandlung kommen, die eben nicht so eindeutig sind. Also man kann nicht sagen, die Organisation will nicht, dass es ans Tageslicht kommt, sondern sie ist da vielschichtiger. Das könnte tatsächlich auch nochmal ein Thema sein für dieses Mobbing-Thema. Das hatte ich noch nicht so im Blick gehabt.
[25:57]Und das ist wichtig, dass man jetzt auch nicht so vorzutut, als wüsste man ganz genau, wie dann die, auch zum Teil ja unterschiedlichen Fälle, wie die genau ablaufen, sondern man muss sich das anschauen, wie das im Gesetz jetzt angelegt ist. Also eigentlich müssen ja die größeren Betriebe jetzt alle, auch die Meldesysteme, jedenfalls zumindest darüber informieren.
[26:17]Und dann muss man mal schauen und frühzeitig auch Erfahrungswerte auswerten, um zu schauen, was gut funktioniert und was nicht gut funktioniert. Ich hätte noch einen Punkt, weil der gerade in Ihren Ausführungen mit anklang. Also es gibt, denke ich, auch Einzelfälle und das hat die vorhin eingangs erwähnte Dissertation auch mit sozusagen im Untersuchungsblick gehabt, wo man von vornherein vielleicht auch weiß, dass man mit internen Strukturen zur Konfliktbewältigung nicht allein auskommen wird und sozusagen externe Mediation hinzuziehen muss. Das heißt, das ist auch noch mal eine Perspektive, ob in bestimmten schwierigen, sage ich mal, Machtgefällelagen im Unternehmen vielleicht auch, wo es wichtig ist, sich sozusagen externe, neutrale Expertise hinzuzuziehen, die auch nach dem Ansatz der Mediation sozusagen verhilft, dass die Konfliktparteien hier möglichst langfristig auch den Konflikt selbst gelöst bekommen und dass man dann halt auch so ein Verständnis gewinnt,
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Mediation als Arbeitsschutzmaßnahme
[27:14]dass Mediation eine Arbeitsschutzmaßnahme sein kann. Also das wird ein Punkt sein, den ich auch mit dem Beitrag am 21. November ansteuere, also die unterschiedlichen Interventionsarten, wenn so ein Vorwurf aufgekommen ist.
[27:28]Klar, weil es gibt Entscheidungskompetenzen und es gibt Allparteilichkeitskompetenzen und da muss man genau suchen und genau aussuchen, was es alles braucht. Es braucht auch beides, aber Mediation hat dort wirklich einige Fragen zu klären, bis sie zustande kommen kann. Auch das Thema gerade beim Mobbing und schwerem Mobbing, auch wenn man das so jetzt mal als Beispiel aufnimmt, dann ist mehr Krisenintervention gefragt.
[27:53]Und ich habe das auch gerade aktuell in einem Fall, wo einfach die psychische Stabilität Mediation aushebelt, auf einen längeren Prozess einstellt, als dass die Mediation als Hilfe erlebt wird, weil es eben auch konfrontiert. Dann muss Mediation einfach warten und Geduld haben, dann ist nicht der richtige Zeitpunkt. Da brauchen Menschen tatsächlich direktere und eindeutigere Hilfe. Mediation ist in der Hinsicht keine eindeutige Hilfe, sondern versucht mehrere Interessen unter einen Hut zu bringen, aber das individuelle Interesse an sofort Stopp und eindeutig feststellen, bitte von dritter Seite, wer ist hier der Moppende und wer ist das Opfer, kann Mediation dann manchmal einfach nicht gerecht werden. Das sind noch mal Themen, die ich da auch noch mal ausführen werde. Herr Weigel, kann ich das zwei Sätze? Genau, nur zwei Sätze, weil ich finde, das ist so wichtig, was Sie gerade beschreiben, dass wir bei einer bestimmten Verschärfung, auch bei einer bestimmten Wahrnehmung von starker Gesundheitsbelastung, also wir haben ja die Fälle, wo Menschen dann wirklich psychisch auch schwer erkranken bis hin dann zum Suizid am Arbeitsplatz, dass man sich da auch der Verantwortung bewusst ist. Was erkennt man beim Suchen nach geeigneten Mitteln und wo muss man nochmal ganz anders in die Intervention gehen, eben dann auch mit Gesundheitsbehandlung. Das haben mir Betroffene auch mitgegeben, deshalb will ich es hier kurz mit aussprechen. Beim Return-to-Work-Prozess.
[29:15]Die Personen, selbst wenn sie wissen, der Konflikt ist geklärt und es ist auch klar, dass sie nicht die vermeintlich einzig Verantwortlichen oder vielleicht gar nicht Verantwortlichen waren.
[29:25]Dass dann bei der Rückkehr an den Arbeitsplatz trotzdem so eine Verletzlichkeit besteht, dass man da auch noch mal besonders achtsam mit den Betroffenen sozusagen beim Return to Work umgehen muss. Aber das wäre fast ein extra Feld, was wir noch mal hören können.
[29:40]Oder sogar auch, wo es gar nicht mehr geht. Wenn das so kommt, wie Betroffene das gewollt haben, in der Hoffnung, danach kann es ja weitergehen und erkennen müssen, geht nicht. Das ist ein ganz wunder Punkt. Das kenne ich aus der Diskussion, wo dann die Rehabilitationsträger sagen, die berufliche Teilhabe am Arbeitsleben soll nicht dazu führen, dass man wieder in einem sozialen Beruf ist, weil dort sind die Betroffenen ja scheinbar besonders instabil und nicht resilient genug. Und das empfinden die Personen dann häufig als besonders stigmatisierend, weil sie haben sich ja ursprünglich mal einen Bereich mit sozialer und Empathiebefehl gewählt. Und wenn man jetzt sagt, weil ihr mal Opfer wart oder weil ihr betroffen wart zumindest, seid ihr dort jetzt generell ungeeignet. Das ist das Schlimmste. Das ist fast eine Retraumatisierung statt eine Restabilisierung. Zwischen generalisierten Lösungen und manchmal auch im individuellen Fall einfach.
[30:37]Es geht in dem Falle nicht und es kann trotzdem nach außen hin das Image dann werden, das hätte man auch vorher sagen können oder so, dass das dann generalisiert wird. Also das ist auch diese Kluft von der individuelle Einzelfall und was kann man als Beispiel daraus ziehen, das ist manchmal genau das Gegenteil. Da wären Sie auch als Expertin so für Diskriminierungsthemen, zumindest habe ich das so auch aus der Antrittsvorlesung von Ihnen noch im Kopf, dass man nicht den Einzelfall immer auch als linearen Beispielsfall für das Generelle nehmen kann, sondern manchmal ist es genau umgedreht und wir haben es mit einem hohen Maß an Komplexität zu tun. Also gar nicht mal Unsicherheit, aber das kommt dann meistens doch mit, dass wir nicht einfach schematisch vorgehen können. Und daher, glaube ich, ist die Tagung genau richtig, nicht nur zum richtigen Zeitpunkt, sondern auch so von dem, wie sie es organisiert haben. Also wir haben da drei Beiträge, wir haben Praxiserfahrungsbericht, wir haben wissenschaftlichen Forschungsblick mit auch internationalem Vergleich und ich werde ein bisschen was aus der Konfliktvermittlungsarbeit sagen, der als Mediator hinzugeholt wird und dann manchmal vor Mobbingvorwürfen steht und auch nicht genau weiß, was ein guter nächster Schritt ist.
[31:49]Und die Gelegenheit zur Diskussion. Das glaube ich auch bei den Ortstagungen. Genau, den neuen Landesarbeitsgerichtspräsident, Herr Engshuber, der moderiert die Veranstaltung. Also wir haben auch die Arbeitsgerichtsfähigkeit ganz unmittelbar eingebunden. Wir haben die Aula gebucht bei uns in der Universität, also einen der größten.
[32:07]Veranstaltungsräume und selbst Personen, die noch nicht angemeldet sind, können sozusagen sich am Veranstaltungsbeginn direkt anmelden und werden dann auch eingelassen.
[32:17]Also frühzeitige Anmeldung wäre wünschenswert, damit wir ein bisschen sozusagen den Blick haben, wer kommt in welche Anzahl und dann aber ist auch möglich, spontan hinzuzukommen am 21. November nachmittags, 16.15 Uhr, nachgetane Arbeit sozusagen. Genau, hoffentlich noch einigermaßen vereinbarkeitsgerecht, aber das ist so der Termin, an dem wir bisher die wenigsten Kollisionslagen jedenfalls an uns herangetragen wurden, sind deshalb halten wir im Moment an diesem Zeitfenster fest und haben da auch bei anderen Themen immer ganz guten Zuspruch. Vielen Dank, Frau Nebe, für den Einblick, für das, was am 21.11. geschehen soll. Ich freue mich, wenn wir uns dann dort sehen und bin ganz gespannt auf die Tagung. Ja, vielen Dank an Sie auch für die Gelegenheit, jetzt dieses Gespräch auch nochmal so entspannt, aber trotzdem konzentriert zu führen. Ich freue mich auch, dass wir das zusammen bewältigen werden. Dankeschön.
[33:09]
Einladung zur Tagung in Halle
[33:10]Ja, tschüss. Tschüss. Ja, ein kleiner Einblick von zwei Beitragenden am 21. November in der Aula im Löwengebäude am Universitätsplatz in Halle an der Saale zum Thema Mobbing am Arbeitsplatz, Risiken und Schutz bei psychosozialen Belastungen. Frau Professorin Dr. Katja Nebe hat diese Tagung organisiert, einberufen und Frau Professorin Doreen Richard.
[33:41]Vizepräsidentin der Ärztekammer in Schleswig-Holstein, mit dazu eingeladen, die zu gerechten Arbeitsbedingungen einen Beitrag leisten wird. Ein Erfahrungsbericht auch aus der Praxis und dass es darum geht, Mobbing am Arbeitsplatz eindeutig und ohne Kompromiss zu verurteilen und welche Vorteile das auch hat für die Beteiligten, für die Organisation und auch für gesellschaftliche Fragestellungen. Fühl dich, fühlen Sie sich dazu eingeladen, am 21. November mit in Halle dabei zu sein. Es geht um Viertel nach vier, um 16.15 Uhr los und wird angesetzt auf zweieinhalb Stunden, wenn ich das richtig zusammenrechne. Ich freue mich, wenn wir uns dort sehen und verbleibe bis dahin mit guten Wünschen und besten Grüßen. Euer Sascha Weigel, Host von Gut durch die Zeit, der Podcast rund um Mediation, Konfliktcoaching und Organisationsberatung.
[34:49]