INKOVEMA-Podcast „Gut durch die Zeit“

#203 GddZ – Mediationsklauseln konkret

Mediationsklauseln – Teil 2

Im Gespräch mit Dr. Jörg Schneider-Brodtmann

Dr. Jörg Schneider-Brodtmann: Studium der Rechtswissenschaften in Tübingen, Genf/Schweiz, Heidelberg; Master of Laws (Mediation und Konfliktmanagement), Europa-Universität Viadrina, Frankfurt (Oder). Anwalt des Jahres für Technologierecht, Handelsblatt / Best Lawyers 2022 und 2024; Empfohlen für IT- und Technologierecht, Handelsblatt / Best Lawyers 2022, 2023 und 2024; Empfohlen für Data / Information Technology, Who’s Who Legal Global und Germany 2022 und 2023; Einer der renommiertesten Anwälte für IT-Recht, WirtschaftsWoche 34/2019.

Gut durch die Zeit.

Der Podcast rund um Mediation, Konflikt-Coaching und Organisationsberatung.

Inhalt

Kapitel

0:19 – Herzlich willkommen zum Podcast
0:56 – Mediationsklauseln im Vertrag
5:09 – Antizipation von Konflikten
6:00 – Vertragsgestaltung und Prävention
8:02 – Inhaltliche Gestaltung von Mediationsklauseln
11:21 – Klageverzicht und Mediationspflicht
14:01 – Verfahrensregeln für Mediation
15:34 – Risiken der Mediation
19:19 – Vertraulichkeit in der Mediation
24:21 – Unterschied zwischen Mediationsarten
27:56 – Mediation als Vertragsfortführung
33:11 – Ausblick auf zukünftige Themen
37:26 – Paradoxe Wirkung von Regeln

Inhaltliche Zusammenfassung

In dieser Episode sprechen wir mit Jörg Schneider-Brodtmann über Mediationsklauseln und deren Bedeutung für die Prävention von Konflikten im Unternehmenskontext. In Unternehmen, wo Emotionen oft unternehmerischer Natur sind, ist es essenziell, rechtzeitig präventive Maßnahmen einzuführen. Wir thematisieren, wie Mediationsklauseln formuliert werden können, um eine konstruktive Konfliktbewältigung zu fördern, bevor Eskalationen stattfinden. Dabei beleuchten wir, welche Basics und Regelungen in solchen Klauseln enthalten sein sollten, um im Ernstfall eine klare Vorgehensweise zu haben.

Mediationsklauseln sind nicht bloß juristische Formulierungen, sondern sollen vor allem verständlich für alle Vertragsparteien sein. Ein zentraler Aspekt unseres Gesprächs ist der Antizipationscharakter dieser Klauseln: Wenn Parteien bewusst besprechen, wie im Fall eines Konflikts zu verfahren ist, könnten sie möglicherweise den Konflikttreiber von vornherein entschärfen. Wir diskutieren die praktische Anwendung solcher Klauseln und auch die Herausforderungen bei der Vertragsumsetzung, insbesondere wenn Vertragsverlängerungen oder Änderungen anstehen.

Ein weiteres Thema unserer Diskussion sind die Elemente, die es zu berücksichtigen gilt, um die Mediationsklausel effektiv zu gestalten. Die Regelungen um Vertraulichkeit finden in der Mediation ebenfalls hohen Stellenwert und wir erläutern, warum die Vertraulichkeit nicht nur für den Mediator, sondern auch zwischen den Parteien von Bedeutung ist. Auch die Unterscheidung zwischen Ad-Hoc-Mediation und präventiven Mediationsklauseln werden wir vertiefend betrachten, und wie diese im Verlauf eines Projektes eine Rolle spielen können.

Zusätzlich thematisieren wir die Erfahrungen aus der Praxis, die zeigen, dass maßgeschneiderte Klauseln, die spezifisch auf das jeweilige Vertragsverhältnis abgestimmt sind, deutlich effektiver sind. Je detaillierter und klarer eine Mediationsklausel formuliert ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch in einem Konfliktfall aktiv aufgerufen wird.

Abschließend reflektieren wir die Herausforderungen, die mit der Einhaltung und Durchsetzung von Mediationsklauseln verbunden sind, sowie das Dilemma, wie viel Regelungsnotwendigkeit besteht, ohne die Flexibilität der Verhandlungspartner im Konfliktfall unnötig einzuschränken. Der Dialog mit Jörg Schneider-Brodtmann bietet hierbei wertvolle Einblicke in die praxisrelevante Anwendung von Mediationsmechanismen und deren strategische Bedeutung in Unternehmenskontexten.

 

Transkription

[0:00]Wenn die Konflikte so hoch eskaliert sind, was es auch im Unternehmensumfeld gibt, das nennt man nicht so sehr die persönlichen Emotionen wie bei persönlichen Konflikten, aber dann eben die unternehmerischen Emotionen, wenn man so will, dann ist es mitnichten so, dass die dann dahin kommen, nur weil Mediation da
[0:19]
Herzlich willkommen zum Podcast
[0:15]ist und weil ein Mediator dann sitzt, dann plötzlich ganz freundlich miteinander sprechen. Herzlich willkommen zum Podcast und durch die Zeit, der Podcast rund um Mediation, Konfliktcoaching und Organisationsberatung. Ein Podcast von Inko Feber. Ich bin Sascha Weigel und heute hier nicht allein im Podcast-Studio, sondern seit langem mal wieder mit meinem Kollegen Jörg Schneider-Protmann. Hallo Jörg. Hallo Sascha. Schön, wieder bei dir im Studio zu sein. Ja, finde ich auch. Und wenn du da bist, dann geht es immer um Prävention und Antizipation und was man tun kann, um Konflikte gut zu bearbeiten in einem Zeitpunkt, wo noch keine da sind. Aber schon klar ist, es wird welche geben.
[0:56]
Mediationsklauseln im Vertrag
[0:56]Genau, das Thema haben wir uns ja jetzt schon eine Weile ein bisschen auf die Fahnen geschrieben und auch schon von verschiedenen Seiten her beleuchtet.
[1:04]Letztes Jahr hatten wir eine kleine Serie über die Konfliktmanagementsysteme und dann haben wir dieses Jahr schon begonnen, uns eigentlich mit dem Thema auch Streitbeilegungsklauseln, Mediationsklauseln zu befassen. Und wenn ich es richtig im Kopf habe, wollen wir da heute auch drüber sprechen. Genau, wir werden heute auch über Mediationsklauseln sprechen und damit über Vertragsarbeiten. Also was können wir und sollten wir in Verträgen formulieren, damit es dann auch gut in der Praxis angewendet wird? Das klingt zunächst mal immer trocken, aber wir befinden uns hier ja schon in einem Bereich, wo die Vertragsarbeit darum geht, eben nicht dann gerichtlich von einem Richter überprüfen zu lassen, also über gerichtsfeste Normen, sondern möglichst eine Formensprache zu finden, die dazu einlädt, außer- oder vorgerichtlich zu agieren. Und darüber muss man sich einfach Klarheit verschaffen. Und da wollen wir in die Tiefe gehen von Mediationsklauseln. Vielleicht lohnt es sich aber, das noch ein bisschen in den Kontext einzustellen, dass wir noch mal gucken, wo befinden wir uns da. Du hattest mal diesen Begriff der Champagner-Klauseln genannt, wo die Inhalte wirklich zu den Juristen geschoben werden, weil auch nur die damit irgendwie in Kontakt kommen werden, auch wenn es dann schlecht laufen würde. Die Klauseln, die wir jetzt anschauen würden, die müssen natürlich juristisch sauber sein, aber sie sind eigentlich, wenn ich das so pointiert sagen darf, nicht für die Juristen geschrieben.
[2:30]Oder wie würdest du das einschätzen? Naja, es ist ein Teil von Verträgen und Verträge sind ja als solches, ich glaube, das haben wir auch letztes Mal schon ein bisschen angesprochen, ein präventives Instrument. Es ist einerseits ein gestaltendes Instrument, eine Zusammenarbeit soll auf eine bestimmte Art und Weise ablaufen und dafür werden eben dann Vorgaben gemacht.
[2:50]Aber es hat eben auch diesen Präventionscharakter, nämlich im Hinblick darauf, wenn dann irgendwann mal, oder Antizipationscharakter eigentlich, wenn irgendwann mal die Zusammenarbeit vielleicht doch nicht mehr ganz so läuft, wie sich das die Parteien am Anfang gedacht haben, wenn was stottert, wenn es zu irgendwelchen Mängeln kommt oder Schäden, dann werden halt Regeln bereitgestellt, Spielregeln bereitgestellt, wie die Parteien dann damit umgehen. So, das ist eigentlich per se schon mal antizipativ. Konflikte werden dadurch nicht vermieden, nicht verhindert, aber es gibt halt schon Regeln, was passiert, wenn es dann doch halt mal zum Knatsch kommt. Und in dem Kontext sind eben auch dann die Streitbeilegungsklauseln zu sehen. Im Vertrag am Ende findet man standardmäßig eine Gerichtsstandsklausel, wo eben drinsteht, wenn es zum Rechtsstreit kommt, also das klassische Streitbeilegungsinstrument im Rechtsbereich, dann geht es eben zu einem bestimmten Gericht.
[3:43]Und das ist eigentlich der Ansatzpunkt, wo man sich dann eben bei der Vertragsgestaltung überlegen kann, ist das denn der richtige Weg oder der einzige Weg, dass man eben zu Gericht geht, wenn es einen Streit gibt oder gibt es eben auch andere Wege? So und da geht es los und von daher, um da die Frage zu beantworten, nein, ist nicht nur für die Juristen, weil es betrifft natürlich die Parteien, weil wenn es zum Streit kommt, macht es natürlich einen eklatanten Unterschied, ob sie eben direkt zum Gericht gehen müssen quasi oder eben noch andere Mechanismen davor schalten können oder alternativ dazu. Daher sollten sie so klar ausgedrückt werden, dass auch die Verantwortlichen, die jetzt keine Juristen sind.
[4:23]Den Sinn und den Inhalt erfassen können, ohne gleich denken zu müssen, okay, das ist so mehr Juristensprache, da bin ich nicht geübt drin, sondern das soll eigentlich eher sehr ansprechend sein. Ich würde noch einen Punkt, bevor wir inhaltlich werden, nochmal ansprechen, den du genannt hattest. Und zwar, wenn man solche Klauseln einbaut und das in den Verträgen bespricht und dann formuliert, ob dadurch nicht schon sich etwas ändert. Also wie sind so deine Erfahrungen, wie man solche Vertragspartnerschaften dann ausführt und wie man mit Problemen umgeht, wenn man weiß, es gibt solche Klauseln oder ist es tatsächlich so, dass sie keinen Unterschied machen bis zu dem Moment, wo der Konflikt eskaliert ist und dann fragt man sich, was macht man jetzt,
[5:09]
Antizipation von Konflikten
[5:06]jetzt guckt man in die Klauseln und dann weiß man, was man da zu tun hat. Die These sozusagen ist ein bisschen, wenn man vorher drüber spricht, was man tut, wenn es schwierig wird, dass das paradoxerweise dazu führt, dass es länger nicht schwierig wird. Ja, schön.
[5:24]Also auch sozusagen wieder antizipieren. Ja, genau.
[5:28]Da spielen natürlich verschiedene Faktoren eine Rolle. Das eine ist das Thema Laufzeit eines Vertrages. Viele Verträge haben ja bei großen Projekten, Bauverträge, Infrastrukturprojekte, IT-Projekte haben ja oftmals eine sehr lange Laufzeit. Und häufig ist es so, dass die Personen, die an der Verhandlung des Vertrages beteiligt sind, nachher nicht an der Ausführung beteiligt sind. Man würde sich das oftmals anders wünschen. Wir versuchen das tatsächlich auch bei bestimmten Projekten auch so hinzubekommen, dass die Leute dabei sind, aber es ist einfach nicht gewährleistet. So, das ist vielleicht der eine Punkt. Und der andere würde sagen.
[6:00]
Vertragsgestaltung und Prävention
[6:01]Ja, also jedenfalls, wenn wir über, haben wir, glaube ich, auch schon ein bisschen drüber gesprochen, wenn wir über so vertragliche Eskalationsklauseln sprechen, also im Rahmen von so einem Governance-Modell, dann ist ja so eine Mediationsklausel häufig eingefügt in eine Eskalationsklausel, wo eben gesagt wird, wenn es ein Problem gibt, dann wird erst mal auf Projekt. Ebenen miteinander geredet. Wenn die sich nicht verständigen, dann geht es höher. Eine Ebene, Lenkungskreisebene und dann vielleicht auch eine Geschäftsführungsebene. Das sind Regelungen, wo die Parteien häufig ein großes Interesse zeigen und auch involviert sind. Wenn es dann eher in die Verrechtlichung des Streits geht, und da gehört ja dann sozusagen aus der Sicht der Parteien die Mediation dann teilweise auch schon dazu, ist jedenfalls meine Wahrnehmung, dann ist das Engagement nicht mehr so hoch. Dann sagen die halt, was schlagt ihr denn vor, ihr Juristen? Wenn man dann eben Juristen hat, die dann vielleicht mediationsaffin sind, dann kommt es zu einer Mediationsklausel oder halt einer Schlichtungsklausel. Aber dann sind wir schon ein bisschen in dem Champagner-Bereich.
[6:59]Champagner ja, weil die Parteien feiern schon den Vertragsschluss, öffnen schon die Champagnerflasche und die Anwälte kümmern sich noch vor uns um den Vertrag. Also ich würde sagen, die Mediationsklausel ist da so ein bisschen zwischen der reinen Gerichtsstandklausel und der Eskalationsklausel zu sehen, ja. Okay, dann bleibt aber zumindest sozusagen einfach die Tatsache, dass die Vertragsparteien, wenn es gut läuft, zu Beginn das Szenario schon besprechen, es wird Konflikte geben. Wir werden uns verrennen oder unsere Mitarbeiter, es wird bestimmte Kollegen geben, die man gar nicht namentlich benennen kann, die werden in Schwierigkeiten miteinander kommen, sich gegenseitig die Schuld zuschieben. Wir wissen das jetzt schon, wir bedenken es, wir besprechen es. Das ist ja gleichwohl eine wichtige Funktion. Was können wir denn dann denjenigen anbieten, was sie regeln sollen und regeln können auch? Also wenn man jetzt die Mediationsklausel als Vereinbarung, wir gehen nicht sofort zu Gericht, Klammer auf, delatorische Klageverzicht, Klammer zu,
[8:02]
Inhaltliche Gestaltung von Mediationsklauseln
[7:57]und wir machen eine Mediation, wir werden also den Konflikt im Wege einer Mediation bearbeiten. Was kann man und sollte man noch am Anfang regeln? Was sind so Inhalte, die wir da aufgreifen können?
[8:08]Von der einfachsten Klausel, die einfach nur sagt, wenn es Knatsch gibt, machen wir eine Mediation. Das wäre sozusagen die allereinfachste Form, aber möglicherweise nicht sehr wirkungsvoll, weil eben sehr unbestimmt. Dann hat sich eigentlich so ein bisschen herauskristallisiert, was eigentlich so die Kernelemente sind. Die zwei zentralen Elemente, du hast ja eigentlich fast gerade schon ein bisschen erwähnt, du hast schon dieses Fremdwort verwendet. Ja, dilatorischer Klageverzicht. Jetzt muss man wahrscheinlich erstmal ein bisschen erläutern, was das eigentlich heißen soll. Eigentlich heißt es nur vorübergehend. Das ist sozusagen eine zentrale Wirkung einer Mediationsklausel, dass es eben bedeutet, dass ab Einleitung des Mediationsverfahrens erstmal kein Gerichtsverfahren eingeleitet werden soll. Wenn es die andere Partei dann doch tut, ja, dann kann sich der Gegner eben darauf berufen und sagen, das darfst du jetzt nicht und dann würde das Gericht so eine Klage als derzeit unzulässig abweisen, deshalb dilatorisch, nur vorübergehend.
[9:05]Solange halt das Mediationsverfahren läuft. Und wenn das dann endet, dann endet auch wiederum diese Einrede, ja. Ja, und würde das, jetzt bin ich sozusagen ein bisschen doch ja nochmal juristisch genauer, gilt der Klageverzicht in der Regel, wenn das Mediationsverfahren eingeleitet ist, dass dann nicht geklagt werden darf? Oder gilt das schon dann, wenn ein Konflikt festgestellt ist, aber eben noch kein Mediationsverfahren? Ich mache mal ein paar Beispielsfälle. Ich kriege mit als Vertragspartner, dass ich meinen Kollegen, meinen Vertragspartner nicht erreiche. Der reagiert nicht drauf. Vielleicht auf die Zahlungsaufforderung nicht oder auch auf das Gesprächsangebot oder auf die Aufforderung. Wir müssen reden. Es gibt Schwierigkeiten. Meine Mitarbeiter haben mir gesagt, dass eure Mitarbeiter einfach freidrehen und so. Das ist jetzt problematisch und jetzt merke ich, ich bin nicht mehr mit dem im guten Kontakt. Also der hebt nicht ab oder reagiert nicht oder fühlt sich nicht zuständig. Und jetzt merke ich Konflikt. Das ist jetzt schwierig. Jetzt kann ich nicht einfach klagen, sondern ich habe halt im Vertrag drin stehen, zunächst mediativ.
[10:13]Das heißt, in dem Falle ist schon das Mediationsverfahren begonnen, dass der delatorische Klageverzicht eingreift oder wäre ich jetzt noch in dieser Entscheidungsphase, mache ich Mediation und beginne das Verfahren und dann kann ich nicht mehr klagen oder andererseits, ich kann jetzt noch klagen gleich. Wenn der Konflikt dann da ist und die Entscheidung steht an, ob ich ein Gerichtsverfahren einleite oder nicht und ich habe eine Mediationsklausel, ja, dann darf ich es nicht tun. Und wenn ich es dennoch tue, dann kann die Gegenseite dann eben diese Einrede erheben. Und das heißt auch, man müsste jetzt tatsächlich genau definieren, wann ein Konflikt in unserem Vertragsverhältnis vorliegt. Sonst könnte ja jeder irgendwie sagen, das hat schon längst begonnen. Im Grunde immer, wenn eine Partei eben sozusagen sonst eine Klage erheben würde oder wenn sie es möchte, spätestens dann ist der Konflikt da. Das sind jetzt die zwei verschiedenen Wirkungen. Das ist jetzt diese Klageverzichtswirkung, die heißt einfach nur, das Gerichtsverfahren wird eben dann nicht durchgeführt. Das andere zentrale Element der Mediationsklausel ist ja die Verhandlungspflicht
[11:21]
Klageverzicht und Mediationspflicht
[11:18]und eben die Verhandlungspflicht unter Hinzuziehung eines Dritten. Und das liegt eben in der Hand der Parteien, wann sie sagen, okay, jetzt greifen wir auf die Klausel zu. Sie können eben erst verhandeln und dann stellt eine Partei fest.
[11:30]Wir kommen hier nicht weiter und dann ruft er eben die Mediationsklausel an. Das heißt, wir können auch inhaltlich in die Klauseln reinschreiben, wenn einer der Vertragsparteien sich behindert sieht oder sein Interesse nicht ausreichend gewahrt sieht, dann ist er berechtigt, eine dritte Person anzurufen und zu beauftragen, die andere Seite zu kontaktieren und damit schon die Mediation zu beginnen. Heißt auch, weil der ja 50-50 bezahlt wird, dann, ich kann als Vertragspartner den anderen mit verpflichten zu bezahlen. Also das wäre ja eine starke Vereinbarung, wenn beide sagen, ja, in so einem Falle kannst du jemanden beauftragen, den ich zur Hälfte mit bezahle. Das ist ein starker Vertrauensbonus. Die Beauftragung muss dann durch beide Parteien gemeinsam erfolgen. Nur sie haben sich ja früher schon verpflichtet, das dann zu tun. Also anrufen kann dann sozusagen den Mediator einer, je nachdem, wie die Klausel eben formuliert ist. Aber dann wird es natürlich ein gemeinsames Verfahren und dann müssen auch beide Parteien dann gemeinsam den Mediator beauftragen und dann ja auch den Mediatorvertrag abschließen. Ich merke, wie Konstellationen sich immer wieder wachrufen. Wenn man dann so weit ist, dass man verärgert aufeinander ist, dann streitet man sich, wenn es nicht geregelt ist, auch darüber. Also völlig unnötig, dass du jetzt schon den Mediator anrufst. Du weißt genau, der kostet 350 die Stunde und dann machst du hier so ein Primborium. Ich bin nicht bereit, dass wir das mitbezahlen.
[12:59]Dann streitet man sich noch um die Existenz des Konfliktes. Potenziell, ja, genau. Deshalb ist es ja genau das Thema, was regle ich denn alles am besten in der Klausel? Eben auch diese Anrufung. Wie komme ich eigentlich dann zu dem Verfahren? Wie komme ich nachher dann auch zur Auswahl des Mediators? Wer ist denn der Mediator? Wenn es dazu gar keine Regelung gibt im Vertrag, dann müssen sich die Parteien erstmal mühsam verständigen. Am klarsten wäre es natürlich schon, wenn sie vielleicht sogar eine konkrete Person benennen, was ich allerdings in der Form, glaube ich, noch nicht gesehen habe. Das ist auch riskant.
[13:33]Genau, vielleicht gibt es den dann nicht mehr oder hat keine Lust oder keine Zeit. Müsst ihr noch eine Regelung treffen über eine Ersatzperson? Es gibt ja auch Organisationen, die entsprechende Ordnungen haben, Mediationsordnungen. Ich kann auch eine Organisation benennen. Was hältst du für praktikabel? Also du hast ja eine Menge Erfahrung auch aus der anwaltlichen Sicht bei der Begleitung von solchen Großprojekten. Würdest du sagen, tendenziell mehr Regeln als zu wenig?
[14:01]
Verfahrensregeln für Mediation
[13:57]Und wenn ja, was hat sich bewährt? Also welche Vorgehensweise? Nicht zu komplex machen. Ich würde mich eigentlich orientieren an Schiedsklauseln. Ja, gibt es auch in der ZPO eben auch Regelungen dazu, was sozusagen die Anforderungen dann an die Bestimmtheit sind. Und da kann man sich ganz gut daran orientieren. Man kann grobe Verfahrensregeln festlegen. Definitiv vereinbart wird das Verfahren dann erst, wenn das Verfahren eingeleitet wird und dann der Mediator sich mit den Parteien abstimmt. Aber man kann eben sozusagen diese Einstiegsregeln, wie kommen wir rein ins Verfahren, was wir gerade schon gesprochen hatten, was muss vorher passiert sein? Ja, muss es vorher eben eine vertragsinterne Eskalation gegeben haben. Man kann, ich habe es gesagt, die Person des Mediators benennen. Man kann auch nur sagen, es soll ein Mediator mit folgender Qualifikation gewählt werden und der soll vielleicht seinen Sitz haben in Leipzig bei Incofema oder es soll eben ein Mediator von Incofema sein. Genau, nach der Mediationsordnung von Inko Fema, die es dann gibt bis dahin. Ja, genau. Ja, also da sind die Parteien im Grunde frei.
[14:59]Man kann sagen, soll es nur ein Mediator sein? Soll es eine Ko-Mediation sein? Wie sollen die Verhandlungen stattfinden? Online, Präsenz?
[15:08]Ja, also da gibt es einen ganzen Strauß von möglichen Regelungen. Und ja, je genauer man das definiert, zu einem Zeitpunkt, wo man eben noch nicht miteinander in Streit ist, nämlich in der Vertragsanbahnungsphase, desto eher kommt man natürlich zu Ergebnissen, als wenn das Ganze dann im akuten Streit dann eben ad hoc geregelt werden muss. Da kann es natürlich dann schon auch sein, dass, wie du es schilderst, eine Partei dann Spielchen spielt und dadurch den Prozess erschwert.
[15:34]
Risiken der Mediation
[15:32]Das halte ich auch für ein echtes Dilemma. Auf der einen Seite habe ich Erfahrungen, wo ich sagen würde, lieber vorher konkret regeln, dass man in einen Automatismus kommt, der nicht mehr funktioniert.
[15:46]Ich sage mal so, die freie Entscheidung in diesem Moment des Konfliktes abruft, weil man in diesem Moment einfach keine Lust hat, zugunsten der anderen Personen oder sich irgendwas gefallen zu lassen und man lieber einen Automatismus hat nach dem Motto, das geschieht jetzt. Das haben wir so vereinbart, das habe ich damals so mit unterschrieben und daran halte ich mich jetzt. Das würde dafür sprechen, einfach wirklich viel zu regeln, welche Grundberufe die haben, welchen Stil die folgen sollen. Da ist Mediation einfach nicht immer Mediation. Wenn ich ein großes IT-Projekt nehme, dann würde ich jetzt stark befürworten, dass es ein evaluativ arbeitender Mediator ist, der das Feld kennt und nicht jetzt irgendein Mediator, der noch nie in so einem Projekt gearbeitet hat, dass man das einfach schon als Voraussetzung mit regelt. Absolut, ja. Und das kollidiert wiederum, ich sage mal, so einer Mediatorenseele, die am besten mit den Konfliktparteien direkt vereinbart, wofür stehe ich zur Verfügung, was will ich und wofür stehe ich da und sich nicht in diese Regelungsdynamik zu verlieren, wo man dann vom Hölzchen aufs Stöckchen kommt. Hey, du, der diesen Podcast hört, vergiss nicht, ihn zu bewerten und eine Rückmeldung zu geben. Vielen Dank und jetzt geht’s weiter.
[17:08]Das kann ja auch einengend wirken. Je mehr ich im Vorfeld regle, desto enger ist dann nachher hinten mein Spielraum. Natürlich haben die Parteien die Freiheit, davon abzuweichen, aber dafür müssen sie sich halt einigen. Und wenn sie in dem Zeitpunkt schon im Clinch sind, dann ist es halt schwieriger, sich zu einigen. Was vielleicht auch dagegen spricht, das Ganze zu eng vorzuzeichnen, ist, dass halt in dem Zeitpunkt, in dem die Parteien, wir haben es gesagt, sich noch vertragen, einen Vertrag schließen, sie vertragen sich noch und sie entwerfen dann so eine Klausel, da wissen sie ja noch nicht, was von Konflikt auf sie zukommen wird. Man kann es natürlich je nach Art des Vertrages so ein bisschen Szenarien sich ausdenken, aber am Schluss kommt es dann halt häufig doch anders. Und dann könnte es natürlich passieren, dass die wunderbar auszisselierte barocke Klausel, die die Parteien entworfen haben.
[17:58]Dann nachher zu dem Rohbeton halt nicht passt, der dann da im Raum steht. Das sind Sprachbilder. Ich merke, du bist zu Hause. Du hast Sprachbilder heute mitgebracht, die kommen nur aus der Praxis. Das ist ja, wenn man über Vertragsgestaltung spricht, meint man vielleicht, der Hörer, das wäre eher was Trockenes, aber ist es nicht immer. Und tatsächlich, es gibt wirklich barocke Verträge. Ich verwende den Begriff auch mal ganz gern oder auch geschwätzige. Wenn ich irgendwie Verträge bekomme mit zeitenlangen Klauseln, amerikanische Verträge, wir nennen das dann hinten raus Boilerplate, wo man eh schon weiß, Eigentlich steht immer das Gleiche drin, trotzdem muss man es durchlesen, weil es könnte ja jemand irgendwas drin versteckt haben. Da kannst du eigentlich nur auf KI hoffen. Ja, genau. Meistens müssen wir noch mit unserer eigenen I arbeiten. Das ist so immer das Spannungsfeld. Wie detailliert regle ich etwas? Also ich kann natürlich wunderschöne Muster, Mediationsklauseln bauen, die gibt es auch. Und trotzdem muss man sich dann anschauen, einfach im konkreten Fall, was ist vielleicht sinnvoll und wo kann ich noch genug Freiheit lassen, dass dann nachher die Parteien mit dem Mediator zusammen das Verfahren bestimmen können. Ist ja auch eine Besonderheit der Mediation, eigentlich diese Verfahrensfreiheit. Also im Schiedsverfahren ist es dann meistens eine Organisation, dann die DISS oder ICC, da gibt es ein festgelegtes Verfahren. Das haben wir ja in der Mediation eher selten.
[19:15]Auf den Punkt komme ich auch nochmal. Also eine barocke Klausel ist ja auch
[19:19]
Vertraulichkeit in der Mediation
[19:18]eine riesen Angriffsfläche. Wenn man nicht will in dem Moment, hat man umso mehr Möglichkeiten, dagegen zu arbeiten und zu sagen, das haben wir so nicht vereinbart, weil immer auch eine Bedeutungsvielfalt drin ist. Und wenn man viele Dinge regelt, dann hat man eigentlich viele Ausnahmen und Deutungsmuster noch mitgeliefert, als wenn man es einfach regelt. Das gibt gerade auch viel Angriffsfläche, es dann gerade nicht zu tun und sich trotzdem im Sinne der Klausel zu verhalten und zu sagen, ja, das haben wir aber gerade