Herzlich Willkommen zu den Episoden der Mediation,
dem Podcast von INKOVEMA zu den praktischen Fragen der Mediation und des Konfliktmanagements.
Ich bin Sascha Weigel und erläutere in diesem Podcast Fallfragen aus meiner Mediations- und konfliktberaterischen Praxis. Ich stelle Konzeptionen und Modelle der Mediation vor und ordne unterschiedliche Perspektiven und Entscheidungsmöglichkeiten ein.
Kapitel
0:19 – Einführung in die Mediation
2:00 – Die Bedeutung der Beratung
3:51 – Die Kontraktphase der Mediation
6:52 – Konfliktmanager oder Mediator?
8:25 – Abschluss und Ausblick
In der Kontraktphase agieren wir noch nicht als Mediatoren,
sondern als begrenzt beauftragte Berater des Konfliktsystems
Zusammenfassung
In dieser Episode des Podcasts zur Mediation besprechen wir die entscheidenden Aspekte der Konfliktberatung und der Rolle des Mediators zu Beginn eines Mediationprozesses – in der Kontraktphase. Ich erläutere, wie eine Anfrage zu einer Mediation nicht zwangsläufig zur Durchführung der Mediation führen muss, sondern oft eine erste Beratungsphase einschließt. Der Fall, der als Ausgangspunkt für diese Diskussion diente, zeigt eindrücklich, dass ich als Mediator in einer für mich vertrauten Organisation um Unterstützung gebeten wurde, hält jedoch auch die Herausforderung bereit, dass die Konfliktparteien mir unbekannt waren.
Ich thematisiere die Notwendigkeit von Unabhängigkeit und Neutralität in der Mediation, insbesondere wenn ein Unternehmen unter öffentlicher Beobachtung steht. In solchen Situationen ist es wichtig, dass der Mediator nicht nur extern, sondern auch emotional unbefangen ist, um das Vertrauen der Konfliktparteien, vor allem aber der Auftraggeber zu gewinnen. Dies führt uns zu dem entscheidenden Punkt, dass eine fundierte Beratung vor der offiziellen Mediation oft eine Voraussetzung ist, um letztendlich die Mediation selbst durchzuführen. Ich betone, dass die Mediation nicht isoliert betrachtet werden sollte; vielmehr ist der gesamte Kontext der Konfliktsysteme entscheidend.
Ein wesentlicher Aspekt, den ich herausstelle, ist die sogenannte Kontraktphase. Hier wird der Mediationsvertrag verhandelt und es wird geklärt, ob die Mediation ein geeignetes Verfahren für die Konfliktparteien ist. In dieser Phase agieren wir als Konfliktmanager und Verhandlungspartner, die die Parteien durch eine offene und beratende Diskussion führen, bevor wir in die Rolle des Mediators schlüpfen. Es ist von Bedeutung, dass wir uns bewusst sind, dass in der Anfangsphase der Mediation noch keine Allparteilichkeitsverpflichtung vertraglich besteht; wir sind vielmehr Berater, die eine objektive Perspektive einnehmen, um den Prozess zu fördern.
Ich erläutere weiter, dass die Kontraktphase nicht nur die Grundlage für die Mediation schafft, sondern auch dazu dient, Vertrauensverhältnisse aufzubauen und alle Beteiligten auf die anstehende Mediation, einschließlich der Allparteilichkeit(!) einzustimmen. Während dieses Prozesses ist es entscheidend, neutrale Distanz zu wahren und nicht als Mediator aufzutreten, bevor der Mediationsvertrag unterzeichnet ist. Diese Unterschiede in der Rolle, die ich als Mediator innehabe, sind essentiell, um das eigentliche Mediationsverfahren erfolgreich durchzuführen.
Abschließend betone ich, dass** die ersten Schritte im Mediationprozess nicht zu unterschätzen sind. Der Weg zu einer erfolgreichen Mediation erfordert Geduld, Sensibilität und vor allem das richtige Beratungshandwerk**. Ich hoffe, dass meine Überlegungen und Erkenntnisse aus der heutigen Episode dazu beitragen, dein eigenes Verständnis der Mediationspraxis zu vertiefen und dir bei deinen zukünftigen Herausforderungen hilfreich zur Seite zu stehen.
Transkription:
[0:12]Herzlich Willkommen zu den Episoden der Mediation, dem Podcast von INKOVEMA
[0:17]zu den praktischen Fragen der Mediation und des Konfliktmanagements. Ich bin Sascha Weigel und erläutere in diesem Podcast Fallfragen aus meiner Mediations- und konfliktberaterischen Praxis. Ich stelle Konzeptionen und Modelle der Mediation vor und ordne unterschiedliche Perspektiven und Entscheidungsmöglichkeiten ein. Das ist Folge 23. Mediation beginnt als Konfliktberatung oder gar nicht. Für die heutige Episode ist eine Mediationsanfrage Anlass, die mir vor einiger Zeit angetragen wurde, ich aber beratend abgelehnt habe. Ich wurde als Mediator von einer Organisation angefragt, für die ich bereits tätig gewesen bin und mit der ich eng verbunden war, aber die Personen und die Abteilung, die nun in Rede standen, in keiner Weise kannte.
[1:00]Dennoch würde meine enge Verbundenheit in diesem Falle Türenöffnend sein. Und die Konfliktparteien hätten sich auch bestimmt auf mich eingelassen, die konkreten Konfliktparteien, die in der Mediation gewesen wären. Ich habe allerdings darauf hingewiesen, dass die Organisation selbst unter öffentlicher Beobachtung steht, beziehungsweise damals stand und auch die Presse bereits mehrmals zu den Vorkommnissen, die sich über einen längeren Zeitraum rund um diesen Konflikt her zugespitzt hatten, berichtet haben. Aus diesen Erwägungen heraus habe ich davon abgeraten, einen Mediator zwar extern, aber mit Stahlgeruch zu verpflichten, sondern einen gänzlich fremden Mediator bzw. Noch besser ein fremdes Mediatorenteam zu verpflichten, die selbstverständlich zuvor kennengelernt und geprüft werden dürften. Doch aus der Sicht der Öffentlichkeit und Presse sollte die Unabhängigkeit und Neutralität über das normale Maß hinaus deutlich werden.
[2:01]Dieser Fall zeigte mir, dass Beratung zu Beginn einer Mediationsanfrage dazugehört, und häufig auch Voraussetzung ist, dass die Mediation dann auch stattfindet. Dieser beraterische Wert wird gerade bei Organisationsmediationen wichtig, bei denen nicht die unmittelbaren Konfliktparteien die Mediation beauftragen, sondern die Organisation selbst und häufig eben durch andere Personen, die dann nicht mit in den Gesprächen direkt dabei sind.
[2:31]Der Beginn einer Mediation ist nämlich nicht die Mediation selbst. Zu Beginn kommt eine Anfrage, ob eine Mediation hier durchgeführt werden möchte, ob der Auftrag übernommen werden will. Und das ist eine Frage an einen Verhandlungspartner, nämlich sich über den Mediationsvertrag zu einigen, um gleichzeitig aber auch die Frage, bestenfalls jedenfalls, idealerweise, die Frage, ist denn Mediation wirklich eine kluge Idee? Okay, das kann man auch von Mediatoren oder anderen Konfliktmanagern erwarten, dass sie das nochmal prüfen und vielleicht ein anderes Verfahren vorschlagen. Und insoweit, bevor es zu einem Mediationsvertrag kommt, der konkret festlegt, welche konkrete Art von Mediation unter welchen Vertraulichkeitsgesichtspunkten und mit welchen einzelnen Regelungen diese Mediation dann durchgeführt werden soll, bevor so ein Mediationsvertrag zustande kommt, haben wir es mit einem Beratungsverfahren und einem Verhandlungsverfahren zu tun. Nämlich ist die Mediation passend und sind Sie der richtige Mediator dafür. Das ist die sogenannte Kontraktphase. Und erst am Ende der Kontraktphase ist die Person der Mediator in diesem Mediationsfall.
[3:51]Es muss also die Beratungssituation erfolgreich sein, damit daraus eine Mediation entsteht.
[3:59]Und ohne diese fachlich konnotierte Beratung, konfliktfachlich konnotiert und dem gesamten Konfliktsystem zugesprochen, das Konfliktsystem wird beraten und nicht einzelne Personen, ohne diese Beratung kommt die Mediation nicht zustande. Denn, so die zweite These, diese Beratung lädt erst dazu ein, sich auf das Verfahren als Konfliktpartei einzulassen und beansprucht auch gleichzeitig die Autorität und fördert das Vertrauen auf Seiten der Konfliktparteien. Hierfür, für diese Anfangsphase wird sich auch als Mediator professionalisiert. Da werden Vertrauenspotenziale aufgebaut, durch eine Ausbildung zum Beispiel, eine seriöse Ausbildung, die diese riesige Hürde für Konfliktparteien hilft zu überwinden. Wenn das Marketing für Mediation also erfolgreich sein soll, muss genau diese Bergfahrt am Anfang, diese Gipfeltour erklommen werden und gemeistert werden, damit dann, wo alles zugeschnitten ist, auch eine Mediation durchgeführt werden kann.
[5:12]Und hier sei auch noch ein Wort zu dieser Kontraktphase und meinem Verständnis von Mediation, Mediatorentätigkeit erwähnt. In dieser Kontraktphase, als also noch keine Mediation vereinbart wurde, sind wir auch noch keine Mediatorinnen. Wir können uns zwar als solches verstehen, weil wir Mediation gelernt haben, aber wir haben auch vieles andere gelernt. Wir sind aber de facto in dieser Situation noch keine Mediatorin und schon gar nicht in diesem Konfliktfall. Wir sind also noch nicht so zumindest das vertragliche Verständnis von Mediation in diesem Falle zur Allparteilichkeit und den ganzen anderen Prinzipieneinhaltungen verpflichtet, vertraglich verpflichtet. Wir machen das, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass wir einen Mediationsauftrag bekommen, aber wir sind in dem Moment noch nicht allparteilich.
[6:18]Wir sind einfach noch nicht mit dem Konflikt involviert, wir können auch weder noch eine Partei ergreifen, sondern wir werden erst durch den Mediationsvertrag dazu verpflichtet, allparteilich zu agieren. Das steht ein wenig zum Kontrast des Konzepts der Haltung, dass also allparteiliche Haltung per se Mediatoren irgendwie zu eigen kommt, unabhängig von konkreten Mediationen, sondern das haben die halt trainiert in
[6:46]Mediationsausbildungen und sind dann herauskommende allparteiliche Mediatorenwesen. Wenn wir also keine Mediatoren in dieser ersten Kontraktphase sind, sind wir etwas anderes, nämlich Verhandlungspartner und Konfliktmanager. Beratende Konfliktmanager, die mit Experten wissen, die Konfliktparteien als Konfliktsystem beraten, möglichst ergebnisoffen ist Mediation das passende Verfahren, aber natürlich haben sie ein Interesse, dass das auch als Mediation gesehen wird. Das ist nun mal so, wenn man zum Mediator kommt als Konfliktpartei, darf man sich nicht wundern, dass die auch Mediation empfehlen. Und dann wird darüber verhandelt, unter welchen Umständen konkret die beteiligten Personen bereit sind, eine Mediation durchzuführen und ob die Konditionen stimmen.
[7:38]Wer sich in dieser Phase als Mediator aufführt, überschreitet letztlich vertragliche Grenzen und das heißt konkret, er verunmöglicht schlimmstenfalls den Mediationsauftrag. Oder zumindest benimmt er sich gegenüber den Konfliktparteien unmöglich.
[7:58]Erlaubt ist hier allenfalls eine neutrale Distanz zu halten, keinesfalls allparteiliches Verhalten schon zu über die Maßen zu präsentieren, weil es ohne Auftrag geschieht und auch eben als übergriffig, deplatziert und irgendwie merkwürdig konnotiert werden kann. Bestenfalls ist es unfreiwillig komisch.
[8:25]Und jetzt erst, am Ende dieser Fachberatung und dem Abschluss eines Mediationsvertrages, ist die Person Mediator oder Mediatorin in diesem konkreten Fall für diese konkreten Medianten. Das war’s für dieses Mal. Vielen Dank fürs Zuhören und vielleicht konntest du die ein oder andere Idee für einen deiner Fälle entwickeln, weiterspinnen und Entscheidungen treffen oder hast kritische Anmerkungen, dann freue ich mich natürlich über ein Feedback, über Rückmeldung dazu und wünsche euch für die Dinge, die bei euch anliegen, gutes Gelingen. Wenn du diesen Podcast unterstützen möchtest, hinterlasse doch bitte ein Feedback auf Apple Podcast oder auf Google Business. Für den Moment verabschiede ich mich mit den besten Wünschen. Bis zum nächsten Mal. Kommt gut durch die Zeit. Ich bin Sascha Weigel.
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