INKOVEMA-Podcast „Gut durch die Zeit“
#151 – Cooperative Praxis / Collaborative Law
Mediation ohne Mediator oder Mediation mit zwei parteilichen Mediatoren?
Im Gespräch mit RA-Mediatorin Sabine Hufschmidt
Gut durch die Zeit. Der Podcast rund um Mediation, Konflikt-Coaching und Organisationsberatung.
Sabine Hufschmidt ist eine Rechtsanwältin und Mediatorin mit Spezialisierung auf Familienrecht, Erbrecht und Mediation. Sie ist die Gründerin der Kanzlei Hufschmidt Rechtsanwälte, die seit 1999 tätig ist. Die Kanzlei bietet Rechtsberatung in den Bereichen Familienrecht, Erbrecht und Mediation mit Schwerpunkt auf Familien-, Erbschafts- und Wirtschaftsmediation. Sabine Hufschmidt ist auch eine professionelle Business-Coachin, eine Supervisorin für Mediatoren und eine CP-Anwältin (Cooperative Practice).
Inhalte
Der Ansatz der Cooperativen Praxis
Selbständig geführte Verhandlungen bieten die intensivste Form der autonomen Konfliktlösung sowie die Chance, die kreativen, strategisch bedeutsamen Potenziale zu nutzen. Dem ist auch der collaborative law-Ansatz aus der amerikanischen Konfliktklärungspraxis verpflichtet. Im europäischen bzw. deutschen Raum setzt sich Cooperative Praxis als Bezeichnung durch.
Andere Bezeichnungen sind Collaborative Law oder KoKon-Verfahren.
Maßgebend ist die tragende Rolle der kooperativ verhandelnden Rechtsanwälte der Streitparteien, die praktisch eine „Mediation ohne Mediator“ durchführen. Ihnen kommt also die Doppelrolle zu, einerseits und formal parteiische Vertreter der Mandanten zu sein, andererseits und materiell gemeinsam als Leiter des mediationsanalogen Verhandlungsverfahren aufzutreten.
Die Bedingung: Disqualifikationsklausel
Flankiert wird diese Doppelrolle durch eine notwendige Begrenzung, die Disqualifikationsklausel.
Haben Streitparteien jeweils Rechtsvertreter, treten diese ohnehin direkt in Kontakt. Was macht Collaborative Law anders, als in den üblichen Fällen, wenn ein Rechtsbeistand die gegnerische Partei kontaktiert und Ansprüche erhebt und sodann an den Rechtsberater verwiesen wird bzw. dieser antwortet?
Cooperative Praxis kommt erst dann zustande, wenn die Parteien ihre Rechtsbeistände das ausschließliche Mandat für außergerichtliche Verhandlungen erteilen und jene auch nur dieses wahrnehmen. Die Parteien schließen vorab eine Vereinbarung, mit der sie das Mandat ihrer Anwälte von Beginn an auf die außergerichtliche Verhandlungen beschränken und damit eine verfahrensvertragliche Disqualifikationsklausel einführen. Das Aufnehmen eines Gerichtsprozesses (mit neuen Rechtsbeiständen) wird dadurch „künstlich“ verteuert und der Wille zur außergerichtlichen Lösung auch für aufkommende Zweifelssituationen während der strittigen Verhandlung vertieft.
Ähnlich wie Mediationsklauseln in Vertragsverhältnissen wirken Disqualifikationsklauseln in Streitverhältnissen für kommende Situationen freiheits- bzw. freiwilligkeitsbeschränkend, indem sie vorab als Ausdruck der Selbstbestimmungsfreiheit genutzt werden. Wir haben es hier mit dem klassischen Fall eines Odysseus-Paktes zu tun, der hilft, dass kluge Überlegungen auch Entscheidungen bleiben und nicht bei der ersten Verführungssituation abgeändert werden.
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Der Ansatz der Cooperativen Praxis
Selbständig geführte Verhandlungen bieten die intensivste Form der autonomen Konfliktlösung sowie die Chance, die kreativen, strategisch bedeutsamen Potenziale zu nutzen. Dem ist auch der collaborative law-Ansatz aus der amerikanischen Konfliktklärungspraxis verpflichtet. Im europäischen bzw. deutschen Raum setzt sich Cooperative Praxis als Bezeichnung durch.
Andere Bezeichnungen sind Collaborative Law oder KoKon-Verfahren.
Maßgebend ist die tragende Rolle der kooperativ verhandelnden Rechtsanwälte der Streitparteien, die praktisch eine „Mediation ohne Mediator“ durchführen. Ihnen kommt also die Doppelrolle zu, einerseits und formal parteiische Vertreter der Mandanten zu sein, andererseits und materiell gemeinsam als Leiter des mediationsanalogen Verhandlungsverfahren aufzutreten.
Die Bedingung: Disqualifikationsklausel
Flankiert wird diese Doppelrolle durch eine notwendige Begrenzung, die Disqualifikationsklausel.
Haben Streitparteien jeweils Rechtsvertreter, treten diese ohnehin direkt in Kontakt. Was macht Collaborative Law anders, als in den üblichen Fällen, wenn ein Rechtsbeistand die gegnerische Partei kontaktiert und Ansprüche erhebt und sodann an den Rechtsberater verwiesen wird bzw. dieser antwortet?
Cooperative Praxis kommt erst dann zustande, wenn die Parteien ihre Rechtsbeistände das ausschließliche Mandat für außergerichtliche Verhandlungen erteilen und jene auch nur dieses wahrnehmen. Die Parteien schließen vorab eine Vereinbarung, mit der sie das Mandat ihrer Anwälte von Beginn an auf die außergerichtliche Verhandlungen beschränken und damit eine verfahrensvertragliche Disqualifikationsklausel einführen. Das Aufnehmen eines Gerichtsprozesses (mit neuen Rechtsbeiständen) wird dadurch „künstlich“ verteuert und der Wille zur außergerichtlichen Lösung auch für aufkommende Zweifelssituationen während der strittigen Verhandlung vertieft.
Ähnlich wie Mediationsklauseln in Vertragsverhältnissen wirken Disqualifikationsklauseln in Streitverhältnissen für kommende Situationen freiheits- bzw. freiwilligkeitsbeschränkend, indem sie vorab als Ausdruck der Selbstbestimmungsfreiheit genutzt werden. Wir haben es hier mit dem klassischen Fall eines Odysseus-Paktes zu tun, der hilft, dass kluge Überlegungen auch Entscheidungen bleiben und nicht bei der ersten Verführungssituation abgeändert werden.
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