INKOVEMA-Newsletter
Mediation und Konfliktmanagement
# 43
A. Schwerpunktthemen:
– Gewaltaufkommen im Amateurfußball
B. Konzepte für die Mediation – Teil 11: Edward de Bonos Konfliktperspektiven-Grid
Aktuelle Geschehnisse
- Im Juli 2019 veröffentlichte der DFB sein Lagebild zum Amateurfussball, worin er einen Anstieg der Gewalt z.B. gegen Schiedsrichter feststellt. In der Saison 2018/2019 kam es zu 2.906 Angriffen auf Schiedsrichter im Vergleich zu 2017/2018 mit 2.866 Angriffen, obschon ca. 50.000 Spiele weniger absolviert wurden. Link
- Im Oktober 2019 streiken in Berlin alle Schiedsrichter*innen, um auf die „zunehmende Gewalt“ gegen sie aufmerksam zu machen. Link
- Ende Oktober 2019 schlägt in Hessen ein Spieler einen Schiedsrichter bewusstlos. Der Fall erregt bundesweit Aufsehen.
- Nur zwei Wochen später, im November 2019, kommt es erneut in Hessen zu einem gewaltsamen Übergriff von vier Gästespielern und deren Trainer auf den Schiedsrichter. Link
Anfänge
In Deutschland werden wöchentlich ca. 80.000 Fussballspiele im Amateurfussball ausgetragen. Seit jeher kommt es vereinzelt, aber medienwirksam zu Gewaltausschreitungen, z. B. gegen den Schiedsrichter, gegnerische Mitspieler oder gegenüber den Zuschauern. Zudem kommt es zu rassistischen Ausschreitungen. Zuweilen entladen sich auch Frustpotenziale, wenn die Ressourcen an Fussballplätzen begrenzt sind und Doppelbelegungen von Plätzen und Hallen „provozierend“ wirken.
- Bereits seit 1998 gibt es dazu entsprechende Gewaltpräventionsprogramme und Mediationsprojekte, mit denen ein systematisches Konfliktmanagement aufgebaut werden sollte. Verantwortlich zeichnete sich damals die Sportjugend Hessen in Kooperation mit dem Hessischen Fussballbund. Link
- Interview mit einem ehemaligen Amateurschiedsrichter, der infolge der Gewalt seine Karriere unfreiwillig beendet hat. Link
Aktuelle Maßnahmen
- Fussballliebende haben die Initiative #GABAF gegründet, Gemeinsames Aktionsbündnis zur Förderung des Amateurfussballs. Link
- Der Berliner Fussball-Verband hat härtere Strafen bei Gewalt gegen Schiedsrichter*innen beschlossen. Link
- Die Mannschaften und Vereine können Präventivtrainings durchführen, wofür erfahrene Konfliktberater zur Verfügung stehen, so z.B. die Kolleginnen Angelika Ribler und Astrid Pulter vom Institut für Sportmediation (http://www.institut-sportmediation.de), die den Hessischen Fussballbund seit 1998 begleiten und unterstützen. Link
- Der DFB erhebt nunmehr bundesweite Daten und bringt damit Licht ins Dunkel, worüber bei diesem Thema tatsächlich gesprochen wird. Link Denn, soweit die Daten aus NRW repräsentativ sind, ist eine Zunahme der Gewalt in den vergangenen Jahren nicht festzustellen. Vielmehr werden diese Taten zunehmend gefilmt und ins Social Media Netz gestellt. Link
Austausch fördern
- Empfehlenswert ist auch, sich mit dem ähnlichen Sport Ultimate Frisbee zu beschäftigen, die weder einen Schiedsrichter benötigen und auch kein Problem mit Gewalt haben, gerade weil sie sich mit dem Geist des Sports beschäftigen und entsprechende Strukturen aufgebaut haben und diese mit Sportsgeist füllen. Link // Link
Die wichtigsten Regeln des Ultimate Frisbee
- Spirit of the Game: Ultimate betont die Sportlichkeit, Anstand und Fair-Play. Kämpferischer Einsatz wird zwar gefördert, darf aber niemals auf Kosten des Respekts vor dem Gegner, der Regeln und dem Spaß am Spielen gehen.
- Körperkontakt: Zwischen Spieler*innen ist kein Körperkontakt erlaubt. Darauf haben alle Spieler*innen zu achten. Das Behindern der Verteidigung durch eine/n angreifende/n Spieler*in wie im Basketball ist ebenfalls verboten („Pick“). Jede Körperberührung ist im Prinzip ein Foul.
- Foulspiel: Wenn ein/e Spieler*in einen Gegenspieler berührt, ist das ein Foul. Foul ruft der Spieler, der gefoult wurde. Wenn die Scheibe dem/der Angreifer*in dabei verlorengeht, wird das Spiel unterbrochen und nach einem „Check“ fortgesetzt, als wäre das Foul nicht passiert. Ist der/die foulende Spieler*in mit dem Foulruf nicht einverstanden, so wird der letzte Pass wiederholt.
- Eigenverantwortung
Es gibt keine externen Schiedrichtenden. Jede/r Spieler*in ist selbst dafür verantwortlich Fouls oder Linienverstöße (erster Bodenkontakt muss in sein, die Linie zählt zum Aus). anzuzeigen. Die Spieler regeln ihre Meinungsverschiedenheiten in fairer Weise.
Aus dem INKOVEMA-Podcast
- „Heute hält sich jeder den Kopf, obwohl er am Fuss gefoult wurde.“ (Marcel Reif im Interview, 2017)
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