#22 EdM – Unfreiwillige Mediationen
Welche Mediationskonstellationen sind eindeutig unfreiwillig und damit keine erlaubte Mediation?
Episoden der Mediation.
Der Podcast zu den praktischen Fragen zur Mediation und des Konfliktmanagements.
Herzlich Willkommen zu den Episoden der Mediation,
dem Podcast von INKOVEMA zu den praktischen Fragen der Mediation und des Konfliktmanagements.
Ich bin Sascha Weigel und erläutere in diesem Podcast Fallfragen aus meiner Mediations- und konfliktberaterischen Praxis. Ich stelle Konzeptionen und Modelle der Mediation vor und ordne unterschiedliche Perspektiven und Entscheidungsmöglichkeiten ein.
Das ist Folge 22 – Unfreiwillige Mediationen
Welche Mediationskonstellationen sind eindeutig unfreiwillig und damit keine erlaubte Mediation?
Das Merkmal der Freiwilligkeit ist ein konstitutives Merkmal der Mediation und Konkretisierung des Eigenverantwortlichkeitsprinzips, das die Mediation als Konfliktbearbeitungsverfahren überragt. Ohne Eigenverantwortlichkeit ist Mediation nicht durchführbar und damit auch nicht ohne Freiwilligkeit. ABER – und das ist wichtig – Mediation ist kein hedonistisches Verfahren. Für den Hedonismus ist das höchste ethische Prinzip das Streben nach Sinneslust und Sinnesgenuss. Und davon kann bei Mediation nicht die Rede sein.
Auch in einer Welt, die den Individualismus fördert, z.B. durch individuelle Rechte, Menschen- sowie auch Grundrechte, in dieser Welt, die sich granulär ausnimmt, singuläre Persönlichkeiten produziert, generell die Persönlichkeitsentfaltung und vor allem -entwicklung fordert, die das Selbstmanagement bis hin zur Selbstoptimierung belohnt, auch in dieser Welt ist Mediation keineswegs nur denjenigen vorbehalten, die darin Lust verspüren, an ihren Konflikten zu wachsen und Mediation als transformative Veranstaltung interpretieren.
Mediation findet im Prinzip auch dann freiwillig statt, wenn die Beteiligten Unlust, Unbehagen, ja mitunter auch Ekel und Entsetzen empfinden. Vergleichbare Phänomene, die Menschen freiwillig, wenn auch mit Unbehagen ausführen, ist das schlecht schmeckende Mittagessen, das sich gekauft wurde (aber Essen muss der Mensch ja!); die Ehe, die zwar aufgelöst werden könnte, zuweilen – aus medizinischer, Kindeswohl oder sonst dritter Sicht auch müsste, aber dennoch fortgeführt wird; ebenso das Arbeitsverhältnis, das keineswegs ein Zwangsverhältnis ist, erst recht nicht in einem Sozialstaat, in dem sich zunehmend mehr ein Arbeitnehmermarkt etabliert. Die Auflistung könnte noch um viele ähnliche Phänomen fortgeführt werden. Deutlich wird jedoch bereits hier, dass der Begriff der Freiwilligkeit nicht allein an subjektiven Empfindungen in einem subjektiv definierten Zeitmoment geknüpft werden kann, sondern sich diese Empfindungen in einem objektiven Korsett einfügen müssen. Oder kurz: Mediation ist keine hedonistische Veranstaltung, ich sage es gern noch einmal an dieser Stelle.
So hat schon die europäische Mediations-Richtlinie 2008/52/EG in Art. 3 betont, dass ein richterlicher Vorschlag, eine richterliche Anordnung oder eine gesetzliche Vorgabe zu einer Mediation möglich und rechtmäßig ist.
Und in der Praxis ist dieses Thema ebenso relevant wie verwirrend, fordert die Mediator*innen ebenso wie die Auftraggeberpersonen und Konfliktparteien gleichermaßen heraus. Bei mir jedenfalls sind die Mediationen schlichtweg ungezählt, bei denen ich mit den Konfliktparteien darüber sprechen musste, was Freiwilligkeit im Sinne des Gesetzes meint – und inwiefern sie freiwillig mitmachen (müssten).
Ebenso ist das Merkmal als gesetzliches Merkmal des § 1 Abs. 1 MediationsG umstritten. Danach ist die Mediation ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren ist, bei dem die Parteien mithilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konfliktes anstreben. Und nach § 2 Abs. 2 MediationG hat sich die Mediationsperson zu vergewissern, ob die Konfliktparteien freiwillig an der Mediation teilnehmen. Also Gespräche zur Freiwilligkeit fordert das Mediationsgesetz!
Unter Jurist*innen ist dieses gesetzliche Merkmal auch umstritten – und Gerichte hatten bisher nicht viele Möglichkeiten, die Auslegung dieses Merkmals zu praktizieren und damit zu vertiefen.
Und unter Mediator*innen ist dieses Merkmal wohl noch mehr umstritten.
Deshalb ist es wichtig, die Fragestellungen klar zu definieren und sich über das Verhältnis von Recht und Mediation bewusst zu bleiben: Die Frage nach der Freiwilligkeit ist einerseits juristisch eine Frage der Rechtmäßigkeit der Mediation; aber andererseits und zudem(!) mediatorisch eine Frage nach der Praktikabilität der Mediation.
Auch wenn das Gesetz noch Freiwilligkeit erkennt, bedeutet das nicht, dass alle Mediatorinnen die Mediation auch durchführen würden. Unter professionellen Aspekten kann man als Mediatorin durchaus höhere Ansprüche an die Verfasstheit der Konfliktparteien stellen als das das Mediationsgesetz macht. Nur eben geringere Ansprüche reichen nicht aus. Das ist die Logik des Gesetzes.
Ich möchte mich in diesem praxisorientierten Lehrpodcast den unterschiedlichen Facetten dieses Merkmals in den kommenden Episoden nähern, anhand von Praxisfällen, soweit möglich, das Verständnis vertiefen.
Heute beginne ich damit, Fallkonstellationen zu verdeutlichen, in denen – soweit ich die Literatur und Meinungsvielfalt dazu überblicke – unzweifelhaft Unfreiwilligkeit gegeben ist. Widersprüche und andere Meinungen sind freilich erlaubt – und in den Kommentaren auf der Webseite oder in den Sozialen Medien bzw. per E-mail erwünscht.
Fall 1) Trennungs- und Scheidungsmediation In Abwandlung eines realen Falles aus meiner Praxis würde Unfreiwilligkeit zu einer Trennungs- und Scheidungsmediation bejaht werden, wenn einer der Eheleute die Trennungs- und Scheidungsmediation damit erzwungen hat, dass andernfalls die – in diesem Falle – drei Kinder dem anderen Teil entfremdet würden, was infolge der Anwesenheits- und Arbeitsverteilung möglich gewesen wäre und glaubhaft gemacht werden konnte. In diesem Falle steht das Nötigungsmittel (Drohung mit einem Übel, namentlich die soziale Stellung gegenüber Vierten, nicht anwesenden Personen) in keinem zulässigen Verhältnis zum erstrebten Zweck (Absprachen in Anwesenheit eines Mediators festzulegen). Die Umstände, die den Ausschlag für den Konflikt und die Mediationsabsichten darstellten, waren zwischenmenschliche Verfehlungen dieser genötigten Person, hier sog. Fremdgehen.
Fall 2) Arbeitswelt Ein Arbeitgeber droht einem Mitarbeiter mit Kündigung oder anderen arbeitsrechtlichen Sanktionen, falls dieser sich weigert, an einer Mediation innerhalb der Belegschaft(!) teilzunehmen. Solche Drohungen oder Nötigungen sind rechtswidrig und verletzen die Freiwilligkeit der Teilnahme.
Generell muss bei Arbeitsplatzkonflikten und der Frage nach der Mediation im Ausgangspunkt unterschieden werden, ob es sich um eine Mediation zwischen den Vertragspartnern des Arbeitsvertrags handelt (also Arbeitgeberorganisation und Arbeitnehmerin) oder um eine Mediation zwischen Kolleginnen (also zwischen Arbeitnehmer*innen).
Fall 3) Ein Ehepartner droht dem anderen, finanzielle Unterstützung oder Unterhalt zu verweigern, falls dieser nicht an der Mediation teilnimmt, die sich um einen anders gelagerten Konflikt innerhalb der Familie oder Ehe dreht. Diese Art von finanzbezogener Nötigung, sog. Erpressung, stellt eine in der Regel eine rechtswidrige Beeinflussung dar.
Fall 4) In einem Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher, also im Grundsatz auch in einem Arbeitsvertrag zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer, wird eine Klausel aufgenommen, die eine Partei zwingt, bei jedem Konflikt eine Mediation durchzuführen, erst recht unter der Androhung von erheblichen finanziellen Nachteilen oder Vertragsstrafen, falls sie sich weigert. Solche Klauseln sind in aller Regel als rechtswidrig anzusehen. Hier kommt – im Falle einer Allgemeinen Geschäftsbedingung – auch der Rechtsgedanke von § 309 Nr. 14 BGB zur Anwendung.
Fall 5) Ein Vorgesetzter ordnet einem untergeordneten Mitarbeiter die Teilnahme an einer Mediation zwischen Kolleg*innen oder mit Zulieferern an, indem er ausdrücklich mit konkreten beruflichen Nachteilen wie Versetzungen oder der Verweigerung von Beförderungen droht. Dies stellt regelmäßig einen Missbrauch der Machtposition dar und ist rechtswidrig.
Hier sind allerdings die Grenzen schwierig zu ziehen zu der Tatsache, dass im Hintergrund des Direktionsrechts steht derartige vertragliche Sanktionen lauern. Denn im Grundsatz ist anerkannt, dass der Arbeitgeber (auch aus Fürsorgepflichten heraus, die gegenüber den Arbeitnehmern bestehen!) Konsequenzen aus der ungelösten Konfliktsituation ziehen muss – und Mediation ein milderes Mittel für Arbeitnehmerpersonen ist, soweit sie dadurch diese Veränderungen mitbestimmen und Einfluss darauf nehmen können. Hier werden wir in den nachfolgenden Episoden näher drauf eingehen müssen. Das ist ganz praktisch der Nebel- und Graubereich der Theorie. Zunächst lässt sich jedoch festhalten, dass die Androhung konkreter Nachteile die Unfreiwilligkeit in der Regel begründen.
Fall 6) Ein Vermieter droht einem Mieter mit einer ungerechtfertigten Kündigung oder nicht näher spezifizierten rechtlichen Schritten, wenn dieser sich weigert, an einer Mediation zu Streitigkeiten über Sanierungsmaßnahmen und -kosten teilzunehmen. Solche Drohungen, in dem Mittel und Zweck in keiner direkten Relation stehen, sind in aller Regel rechtswidrig und beeinträchtigen die Freiwilligkeit der Teilnahme.
Fall 7) Gleiches gilt auch hier: Ein Krankenhaus zwingt einen Patienten zur Teilnahme an einer Mediation bei einem Streit über Behandlungsfehler, indem es droht, notwendige medizinische Dienstleistungen oder Behandlungen zu verweigern. Diese Praxis ist rechtswidrig und verstößt gegen die Patientenrechte bzw. gegen das Mediationsgesetz. Denn hier wird der alleinmachende Charakter, den Mediation auch aufweist, angestrebt, der das Ansinnen zu einer Mediation als rechtswidrig erscheinen lässt.
Fall 8) Das würde ebenfalls bei einem arbeitsrechtlichen Konflikt gelten, bei dem Mobbing oder andere Diskriminierungsvorwürfe in einer Mediation verhandelt werden sollen, die jedoch nicht ohne direkten Nötigungsdruck zustande kommen würde. Etwas anderes gilt freilich, wenn die konkreten Personen diese (Mediations-)Gespräche angeregt haben und ausdrücklich wollen.
Diese Grundstruktur der Konstellation – Dreiecksverhältnisse – lässt sich in etliche Bereiche gesellschaftlichen Lebens und einer sozialen Teilhabe dazu übertragen:
Fall 9) Kommunalbereich/Nachbarschaftskonflikte Denkbar ist eine ähnliche Konstellation auch im öffentlichen Bereich: Eine Gemeinde oder Stadtverwaltung zwingt Bewohner zur Teilnahme an einer Mediation bei Nachbarschaftsstreitigkeiten, indem sie mit der Androhung von Verwaltungsstrafen oder der Nichterfüllung von kommunalen Dienstleistungen droht. Solche Maßnahmen sind rechtswidrig, wenn sie ohne eine klare rechtliche Grundlage erfolgen. Aber auch im Falle der Rechtmäßigkeit der angekündigten Konsequenzen (Vollstreckung der unterbliebenen Müllgebühren etwa), kann die Mediation zu einem völlig anderen Thema, rechtswidrig sein, eben will die Zweck-Mittel-Relation nicht gegeben ist.
Fall 10) Schulwesen Eine Schule zwingt Eltern zur Teilnahme an einer Mediation bei Konflikten mit Lehrern oder der Schulleitung, indem sie droht, das Kind aus der Schule zu verweisen oder anderweitig zu benachteiligen. Solche Drohungen sind rechtswidrig und verletzen die Rechte der Eltern und Kinder.
Fall 11) Vereinswesen Interne Konflikte in einem Sportverein. Vereinsfunktionäre zwingen ein Mitglied zur Teilnahme an einer Mediation. Gedroht wird damit, dass das Mitglied aus dem Verein sonst ausgeschlossen wird oder andere, konkret benannte Sanktionen zu befürchten habe, die nichts mit dem Konflikt zu tun haben. Diese verkoppelnde Praxis ist rechtswidrig, vor allem, wenn die Vereinsstatuten oder das geltendes Recht für diese gekoppelten Umstände andere Klärungsmaßnahmen vorsieht. Z. B. hat das Vereinsmitglied seine Beiträge nicht gezahlt, was bekannt und geduldet wurde; nun aber wird dieser Umstand genutzt, die Zustimmung zur Mediation zu erlangen.
Fall 12) Erzwungene Mediation im Bankwesen Eine Bank zwingt einen Kunden zur Teilnahme an einer Mediation bei Streitigkeiten über Kreditbedingungen, indem sie droht, den Kredit vorzeitig zu kündigen oder andere finanzielle Nachteile zu verhängen. Solche Drohungen sind rechtswidrig und beeinträchtigen die Freiwilligkeit.
Fall 13) Erzwungene Mediation bei öffentlichen Aufträgen Eine Behörde zwingt einen Auftragnehmer zur Teilnahme an einer Mediation bei Streitigkeiten über Vertragsausführungen, indem sie droht, künftige Aufträge zu verweigern oder laufende Verträge zu kündigen. Diese Praxis ist rechtswidrig, wenn sie ohne eine klare rechtliche Grundlage erfolgt.
Fall 14) Erzwungene Mediation im Hochschulbereich: Eine Universität zwingt Studenten zur Teilnahme an einer Mediation bei Konflikten mit Professoren oder Verwaltung, indem sie droht, Studienleistungen nicht anzuerkennen oder die Immatrikulation zu verweigern. Solche Maßnahmen sind rechtswidrig und verstoßen gegen die Rechte der Studenten.
Fall 15) Erzwungene Mediation in religiösen Gemeinschaften: Eine religiöse Gemeinschaft zwingt ein Mitglied zur Teilnahme an einer Mediation bei internen Konflikten, indem sie mit dem Ausschluss aus der Gemeinschaft oder anderen sozialen Sanktionen droht. Solche Drohungen sind rechtswidrig und beeinträchtigen die Freiwilligkeit der Teilnahme.
Das war’s für dieses Mal, vielen Dank fürs Zuhören, und vielleicht konntest Du die ein oder andere Idee für einen Deiner Fälle entwickeln, weiterspinnen und Entscheidungen treffen. Dafür wünsche ich gutes Gelingen!
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Für den Moment verabschiede ich mich bei dir mit den besten Wünschen. Bis zum nächsten Mal!
Komm gut durch die Zeit! Prof. Dr. Sascha Weigel
Ich habe mich schon während der Ausbildung mit dem Begriff der Freiwilligkeit auseinandergesetzt und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich diesen Begriff in der Gesetzestextformulierung unbrauchbar finde, da er keinen Mehrwert bietet, sondern nur zur Verwirrung führt und Debatten provoziert, welche den Begriff der Freiwilligkeit ad absurdum führen.
Meine Annahme ist, dass der Gesetzgeber mit dem Begriff der Freiwilligkeit folgende zwei Aspekte abdecken wollte:
Er wollte klarstellen, dass Mediation nicht staatlich angeordnet werden kann, also keine Zwangsmaßnahme sein darf. Freiwilligkeit im Sinne der Zwanglosigkeit von Rechts wegen.
Eine Grundlage dafür schaffen, dass Menschen Mitwirkungsbereitschaft zeigen, wenn sie sich zur Mediation bereit erklären. Freiwilligkeit als intrinsisch motivierter Akt, um an der Konfliktlösung beizutragen.
Außerdem gehe ich davon aus, dass der Gesetzgeber nicht die Intention hatte, den Anwendungsbereich von Mediation grundlos einzuschränken, solange die oben genannten Kriterien erfüllt bleiben.
Was nun aber in der Debatte rund um die Freiwilligkeit geschieht, ist in jeglicher Hinsicht der Sache nicht dienlich. Ich erkenne vor allem zwei Entwicklungen: Einerseits die Einschränkung der eigenen Mediationsbereitschaft, da ich bei subtilen Zwängen, Androhungen etc. annehmen muss, dass hier keine Freiwilligkeit mehr gegeben sei; andererseits die Ausdehnung und somit Neudefinition des Begriffes der Freiwilligkeit, um real existierende Mediationsfälle und -bereiche mit dem Gesetzestext in Einklang zu bringen.
Des Weiteren ist der Begriff der Freiwilligkeit auch denkbar ungeeignet, um die Grenze genau dort zu ziehen, wo die Mitwirkungsbereitschaft nicht mehr gegeben ist und keine effektive Mediation mehr stattfinden kann. Je nach Auslegung des Begriffes könnte man alles als freiwillig bezeichnen, sofern der Mensch nicht mit physischer Gewalt zur Mediation gezwungen wird, oder umgekehrt jegliche subtilen Zwänge, welche im Medianten ein Gefühl vermitteln, dass er lieber nicht hier sei, als Ausschlusskriterium ansehen.
Auf jeden Fall sehe ich genau in diesem Podcast den zum Scheitern verurteilten Versuch, eine klare Grenze zwischen Freiwilligkeit und Unfreiwilligkeit zu ziehen. Um auf die Beispiele einzugehen: Nur weil eine Nötigung, eine Drohung oder andere Druckmittel ausgesprochen werden, heißt das nicht, dass die Partei nicht trotzdem mitwirkungsbereit sein kann und eine effektive Mediation stattfinden könnte. Ebenso wenig bedeutet es, nur weil diese Dinge nicht ausgesprochen werden, dass sie nicht dennoch von einer Partei empfunden werden können und gegebenenfalls keine Mitwirkungsbereitschaft besteht.
Die Freiwilligkeitsklausel ergibt wenn überhaupt nur Sinn, wenn sie sich direkt an das Gericht und staatliche Institutionen richtet und klarstellt, dass diese Mediation nicht als Zwangsmittel einsetzen dürfen. Wobei ich sogar hier nicht eindeutig sehe, dass angeordnete Mediationen nicht auch erfolgreich sein könnten, weil auch hier gilt: Nur weil eine Mediation angeordnet wird, muss dies nicht bedeuten, dass keine Mitwirkungsbereitschaft gegeben ist.
Mein Plädoyer möchte ich mit dem meiner Meinung nach einzigen zielführenden Vorschlag, das Mediationsgesetz zu ändern, schließen.
Hier mein Vorschlag für eine Änderung des Mediationsgesetzes:
§ 1 Abs. 1 MediationsG (angepasst): „Mediation ist ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem die Parteien mithilfe eines oder mehrerer Mediatoren eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben.“
§ X (neu): „Weder verpflichtet das Gesetz zur Annahme eines Mediationsangebots, noch drohen den Parteien Rechtsnachteile, wenn sie eine Mediation ablehnen oder abbrechen. Insbesondere bleibt der Rechtsweg zu den Gerichten unberührt.“
§ 2 Abs. 2 MediationsG (angepasst): „Der Mediator vergewissert sich, dass die Parteien die Grundsätze und den Ablauf des Mediationsverfahrens verstanden haben und Mitwirkungsbereitschaft zeigen.“