Konzept der Passivität.
Wenn passives Denken Lösungen verhindert.
Konzepte für die Mediation. Teil 1
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1. Vorstellung des Konzepts passiven Denkens
Die Transaktionsanalyse nennt Denken in dem Falle passiv, wenn unbewusst Informationen nicht zur Kenntnis genommen werden, die für die Problemlösung relevant wären. Konsequenz ist sodann, dass möglicherweise eine Problemlösung unterbleibt oder jedenfalls nicht auf der Grundlage dieses ausgeblendeten relevanten Wissens erfolgt. Passivität im Denken führt dazu, dass das Problem unangetastet bestehen bleibt.
Es lassen sich vier Stufen passiven Denkens feststellen und konzipieren. Im folgenden wird das an einem Beispiel erläutert werden.:
1. Stufe: Die Ausblendung des Problems:
Konflikte können geleugnet werden und entsprechende Hinweise, Feedbacks etc. einfach als falsch abgetan. Dann bleibt derjenige in seinem Denken, es gäbe keinen Konflikt, allenfalls der andere ein Problem. („Ich habe keinen Konflikt mit Dir. Du hast ein Problem.“)
2. Stufe: Die Abwertung des Problems.
Die nächste Stufe ist, dass die Existenz des Problems „Konflikt“ oder was auch immer, anerkannt wird, aber in seiner Bedeutung kleingeredet bleibt. (=“Das mag sein, aber das ist doch nicht so schlimm/groß/dramatisch wie Du behauptest!“)
3. Stufe: Die Unlösbarkeit des Problems wird angenommen.
Ist die Bedeutung des Problems anerkannt und wird nicht mehr kleingeredet, dann kann immer noch die Lösbarkeit geleugnet/abgestritten werden. Wer arbeitet schon gern an „unlösbaren Problemen“, von Wissenschaftlern und anderen Nerds einmal abgesehen… (=“Das ist schlimm, aber nicht zu ändern.“)
4. Stufe: Die eigene Lösungsfähigkeit wird abgewertet.
Die vierte Stufe des passiven Denkens ist, die eigene, persönliche Lösungsfähigkeit zu bestreiten. (=“Das ist schlimm, aber ich bin nicht in der Lage, das Problem/den Konflikt etc. zu lösen.)
2. Nutzen des Konzepts in der Mediation
Konsequenz und Grundidee des Konzepts passiven Denkens ist, dass ein beraterisches Bearbeiten des Problems auf der Stufe des Denkens ansetzen muss, das aktuell vorherrscht. Es muss also herausgefunden werden, inwieweit passiv das Problem bzw. die Lösungsfähigkeit gedacht wird und entsprechend angesetzt werden.
Niemand sollte dazu angeregt werden, an einem Problem zu arbeiten, von dessen Existenz er nicht überzeugt ist. Oder anders, aus der Sicht der Beraterperson:
Es lohnt sich nicht, mit jemanden über Lösungen zu reden, wenn das Problem nicht deutlich ist.
Dafür mögen beispielhaft folgende Fragestellungen hilfreich sein:
Dem Mediator helfen diese Stufen und Fragen, nicht mit den Medianten an Lösungen zu arbeiten (Stufe 4), wenn sie den gemeinsamen Konflikt noch als Problem der jeweils anderen Partei definieren (Stufe 1) bzw. die andere Partei zum Problem degradieren (Stufe 2!) oder oder oder…, jedenfalls noch nicht die Vorstellung hegen, dass sie ihre Konfliktsituation zu verantworten haben und deshalb in der Lage sind, diese gemeinsam zu beenden. Mediator*innen sollten deshalb das Konzept der Passivität kennen, um mit den Medianten auf der Stufe zu interagieren, auf der Probleme und Lösungsmöglichkeiten abgewertet werden.
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