INKOVEMA-Podcast „Gut durch die Zeit“
#130 – Das Entscheidungsverfahren
Wie in Gruppen und Organisationen Entscheidungen getroffen werden (sollten).
Im Gespräch mit Prof. Dr. Claus Nowak
Gut durch die Zeit. Der Podcast rund um Mediation, Konflikt-Coaching und Organisationsberatung.
Prof. Dr. Claus Nowak, Coach, Berater, Fachbuchautor, Honorarprofessor für Personal- und Organisationsentwicklung an der Universität Hamburg; promovierter Meeresbiologe und ausgebildeter Gymnasiallehrer.
Inhalte:
Wenn mehrere Personen an einer Entscheidung beteiligt sind, kommt es regelmäßig zu Verdächtigungen, Problemen und Konflikten, wenn das Entscheidungsverfahren und damit das Zustandekommen der Entscheidung unklar ist. Besonders problematisch ist, dass regelmäßig erst in diesen Fällen, in denen schon Misstrauen aufgekommen ist, das Verfahren selbst diskutiert wird. Das von Claus Nowak ausgearbeitete Konzept des Entscheidungsverfahren soll diese Probleme lösen helfen:
1. Legitimität von Entscheidungen durch Macht – und die Frage, wer die Macht durch die Hierarchie (als Ordnungsprinzip) legitimiert wird.
Im Podcast-Gespräch diskutieren die Professoren Sascha Weigel und Claus Nowak über die Legitimität von Entscheidungen in einer Organisation und wie Machtmissbrauch durch Unterlassung entstehen kann. Es wird betont, dass Hierarchien in Organisationen dazu dienen, Entscheidungen zu legitimieren, insbesondere solche, die Konflikte lösen, welche von den Teammitgliedern selbst nicht bewältigt werden können. Führungskräfte haben die Verantwortung, Entscheidungen zu treffen und den Konfliktlösungsprozess zu erleichtern. Wenn Führungskräfte jedoch diese Verantwortung ignorieren oder verweigern, begehen sie einen Machtmissbrauch durch Unterlassung.
Wenig führt zu mehr Konflikten in Organisationen als intransparente Entscheidungsverfahren.
2. Entscheidungsverfahren und Konflikte über das Verfahren
Das Gespräch konzentriert sich auf die Bedeutung klarer Kommunikation über das Entscheidungsverfahren. Es muss transparent für Alle sein, dass es eine Informations- und Beratungsphase gibt und welche Bedeutung diese Informationen und Beratungen für das Entscheidungsverfahren haben.
Wenig führt zu mehr Konflikten als intransparente Entscheidungsverfahren. Oftmals diskutieren Menschen erst über das Entscheidungsverfahren, wenn sie bereits in einer kontroversen Diskussion stecken. In solchen Situationen wird das Verfahren selbst zum Streitpunkt. Empfehlenswert ist, von Anfang an klare Vereinbarungen darüber zu treffen, wo und wie und durch Entscheidungen getroffen werden, um Missverständnisse und Konflikte zu vermeiden.
3. Unterschied zwischen Demokratie und Partizipation
Die Teilnehmer betonen den Unterschied zwischen Demokratie und Partizipation. Demokratie bezieht sich auf ein Verfahren, das von unten nach oben geht, während Partizipation ein Verfahren ist, das von oben nach unten geht. Bevor eine Entscheidung getroffen wird, sollten alle Beteiligten einvernehmlich festlegen, wie viel Partizipation gewünscht und angemessen ist. Dies ermöglicht eine klare Kommunikation und verhindert potenzielle Konflikte über die Beteiligungsebene.
Partizipation führt von Oben nach Unten, während Demokratie von Unten nach Oben führt. Und in beiden Fällen muss der Grad an Demokratie oder an Partizipation jeweils von beiden Seiten übereinstimmend definiert bzw. akzeptiert werden.
4. Information, Beratung, Entscheidung
In einem Entscheidungsprozess ist es oft hilfreich, zwischen der Informations- und Beratungsphase sowie der Entscheidungsphase zu unterscheiden. In der Informations- und Beratungsphase werden Informationen gesammelt, Optionen abgewogen und verschiedene Meinungen und Expertisen (beratend) eingeholt. Dies ermöglicht eine fundierte Grundlage für die Entscheidungsfindung. In der Entscheidungsphase hingegen werden die gesammelten Informationen und Empfehlungen analysiert, Prioritäten gesetzt und eine endgültige Entscheidung getroffen.
Die Unterscheidung zwischen diesen Phasen ist wichtig, um sicherzustellen, dass verschiedene Standpunkte und Informationen angemessen berücksichtigt werden. Es ermöglicht auch eine klare Trennung der Verantwortlichkeiten und Rollen der Beteiligten.
In einigen Fällen können dieselben Personen sowohl die Informationen sammeln und beraten als auch die endgültige Entscheidung treffen. Beispielhaft könnte hier ein Betriebsratsgremium genannt werden. Dies kann freilich zu Interessenkonflikten führen. Ein Interessenkonflikt tritt auf, wenn eine Person in einer Situation ist, in der ihre persönlichen Interessen oder Verpflichtungen mit ihren professionellen Verantwortlichkeiten oder der objektiven Bewertung der Informationen kollidieren. Interessenkonflikte können die Entscheidungsfindung beeinträchtigen, da die betreffende Person möglicherweise nicht unvoreingenommen und objektiv agiert. Es besteht die Möglichkeit, dass persönliche Vorlieben, Vorurteile oder finanzielle Interessen die Entscheidung beeinflussen (sollen). So können Informationen vorenthalten werden, zu früh ausgewertet und ausgesondert werden. Oder es wird einseitig beraten.
Allerdings kann die Tatsache, dass Personen sowohl informieren als auch entscheiden, auch Vorteile mit sich bringen. Es ermöglicht eine direktere Einbindung der Informationen und Meinungen in den Entscheidungsprozess. Dadurch können relevante Erkenntnisse und unterschiedliche Perspektiven früher berücksichtigt werden, was zu einer umfassenderen und fundierteren Entscheidung führen kann.
Es ist wichtig, dass in solchen Situationen Transparenz, Offenheit und professionelle Standards eingehalten werden, um mögliche Interessenkonflikte zu minimieren. Dies kann durch die Festlegung klarer Verhaltensrichtlinien, ethischer Standards und Überprüfungsmechanismen erreicht werden. Die Beratungspersonen sollten sich bewusst sein, dass sie möglicherweise in einer Doppelfunktion agieren und sicherstellen, dass sie ihre Aufgaben mit Integrität und objektiver Beurteilung ausführen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Unterscheidung zwischen Beratungsphase und Entscheidungsphase sowie die Aufmerksamkeit für mögliche Interessenkonflikte bei Personen, die sowohl informieren als auch entscheiden, wichtige Aspekte eines effektiven Entscheidungsprozesses sind. Durch die Berücksichtigung dieser Punkte kann die Qualität der Entscheidungen verbessert und potenzielle Konflikte minimiert werden.
5. Delegierung von Verantwortung
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Delegierung von Verantwortung. Führungskräfte können Verantwortung an ihre Teammitglieder delegieren, jedoch gibt es bestimmte Bereiche wie Budget, Personal und Strategie, die schwer delegierbar sind. Es wird betont, dass Partizipation möglich ist, aber letztendlich trägt die Führungskraft die Verantwortung für die getroffene Entscheidung. Dies verdeutlicht die Balance zwischen Beteiligung und letztendlicher Verantwortung.
Diese fünf Punkte, zusammengefasst aus dem Podcast-Gespräch, betonen die Bedeutung von legitimen Entscheidungen, die Machtmissbrauch durch Unterlassung verhindern, die Notwendigkeit klarer Kommunikation über Entscheidungsverfahren und Diskussionen, den Unterschied zwischen Demokratie und Partizipation sowie die Delegierung von Verantwortung in einer Organisation.
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