#28 EdM

Mediation und Moderation – Der Unterschied.

Was macht für die dritte Person den Unterschied zwischen einer Mediation und einer Moderation?

Episoden der Mediation.

Der Podcast zu den praktischen Fragen zur Mediation und des Konfliktmanagements.

Das ist Folge 28 – Mediation und Moderation – Der Unterschied.

Zusammenfassung

In dieser Folge wird der Unterschied zwischen Moderation und Mediation anhand eines Praxisbeispiels erläutert: Eine Konzernklausur mit latenten Konflikten, bei der bewusst keine Mediation, sondern eine themenbezogene Moderation durchgeführt wurde.

Der zentrale Unterschied liegt in der Motivation der Beteiligten:

In einer Mediation ist allen bewusst, dass sie zur Bearbeitung von Konflikten zusammenkommen.

In einer Moderation geht es um gemeinsame Sacharbeit, ohne dass Konfliktbearbeitung explizit Teil des Auftrags ist – selbst wenn Konflikte währenddessen sichtbar werden.

Diese Ausgangslage beeinflusst die Rolle und das methodische Vorgehen der dritten Person entscheidend. Während Mediatorinnen aktiv mit Konflikten arbeiten dürfen und sollen, müssen Moderatorinnen sehr vorsichtig abwägen, ob und wie sie eingreifen.

Fazit: Mediation ist nicht grundsätzlich schwieriger als Moderation – oft ist es sogar umgekehrt, da die Klarheit über den Konfliktauftrag in der Mediation entlastend wirkt. Moderationsaufträge mit aufploppenden Konflikten sind besonders herausfordernd.

Inhalt

[0:03]Herzlich Willkommen zu den Episoden der Mediation, den Podcast von INKOVEMA zu den praktischen Fragen der Mediation und des Konfliktmanagements. Ich bin Sascha Weigel und erläutere in diesem Podcast Fallfragen aus meiner Mediation und konfliktberaterischen Praxis. Ich stelle Konzeptionen und Modelle der Mediation vor und ordne unterschiedliche Perspektiven und Entscheidungsmöglichkeiten ein. Das ist Folge 28. Mediation und Moderation. Der Unterschied.
[0:31]Ich werde dieses Mal über Mediation und Moderation in sehr allgemeiner Form sprechen, um einen Unterschied aufzuzeigen, der mir neulich aufgefallen ist. Ich habe zusammen mit meiner wunderbaren Kollegin Angelika Wendt eine größere Arbeitsgruppe innerhalb eines Konzerns moderiert, die sich für drei Tage in Klausur zurückgezogen hatte, um Bilanz zu ziehen und sich neu zu sortieren. In der Vorbereitungsphase wurden heftige Konfliktsituationen geschildert, die in den vergangenen Monaten vor allem zwischen zwei Personen aufgetreten waren.
[1:10]Nicht nur die beiden Personen selbst blickten jetzt mit Sorge auf die anstehende Klausur, auch die Gruppenmitglieder drumherum. Die eine konfliktbeteiligte Person war daran interessiert, die Schwierigkeiten im Wege einer herausgebrochenen Mediation innerhalb der Klausur zu bearbeiten. Die andere Person war daran überhaupt nicht interessiert, sondern betonte, sie würde allein themenbezogen in und mit der Gesamtgruppe arbeiten wollen. Eine Mediation kam für sie nicht in Frage. Long Story short, ich bändigte mein Mediatorenherz und machte die mediative Bearbeitung nicht zur Bedingung der Moderation und der Klausur insgesamt, sondern ließ mich auf das Experiment ein, die Gesamtklausur zu moderieren und nicht den Konflikt der beiden Personen zu fokussieren oder die Mediation zu forcieren. Dafür sprachen einige Gründe und einige sprachen dagegen. Und wir haben uns eben so entschieden. Keine Mediation.
[2:12]Und ich bin im Nachgang auch froh darüber. Für den vorliegenden Zusammenhang habe ich die Lehre gezogen, die ich mit euch hier teilen will und um die es heute hier geht. Der Unterschied zwischen Moderation und Mediation erscheint hinlänglich bekannt und könnte schnell abgehandelt werden. Das Ziel der Moderation ist die Strukturierung und Steuerung einer Gruppe, die zusammen etwas erreichen will. Und die Mediation, da geht es um die Verständigung und Lösung von Konflikten. Die Rolle des dritten Moderators ist mehr des Gesprächsleiters und der Vermittler, der Mediator, ist ein allparteilicher. Die Aufgabe in der Moderation ist Themenfokussierung, Zeitmanagement, Visualisierung und Dokumentation, während Mediatoren das Verständnis fördern sollen. Klärung der Interessenlage und eine Lösungsfindung. Ich könnte diese Unterschiede noch weiter fortführen und ich habe eine Tabelle angefertigt, die ich gerne auf der Episoden-Webseite auch zur Verfügung stelle. Man kann die Unterschiede so nebeneinander stellen, aber der kundige Leser weiß sofort.
[3:26]Ja, die Mediation, das ist auch was Moderatives und Konfliktmoderation selbst, das kann auch für die Konfliktbearbeitung eine Rolle spielen. Weit sind sie nicht auseinander und wenn man sich das Konzept der Konfliktmoderation aus der Hamburger Schule um Alexander Redlich anschaut, dann wird schnell deutlich, man kann das so und so benennen. Doch es gibt einen wichtigen Grund, einen Unterschied, den ich in diesen drei Tagen gelernt habe und der auch wirklich einen Unterschied für die dritte Person macht. Es sind die Motivationen der Beteiligten und diese Motivationen, die die Grundlage für den Auftrag bilden. Bei einer Moderation kommen die Beteiligten zusammen und haben nicht bewusst und allseits bekannt miteinander vereinbart, die Konflikte persönlich anzusprechen. Bei einer Moderation kommen die Beteiligten zusammen und haben bewusst und allseits bekannt nicht miteinander vereinbart, die Konflikte persönlich anzusprechen. Oder sich ansprechen zu lassen.
[4:35]Aber sie wollen persönlich zusammenarbeiten und das ermöglicht, auch leicht zwischenzeitlich Konfliktpotenziale anzudeuten, sie zu markieren und auch ein wenig zu bearbeiten. Oder auch, in der Moderation ploppt es auf. Bei einer Mediation haben die Beteiligten sich vorher jedoch gemeinsam verständigt und abgesprochen, dass ihre Zusammenkunft um der Konfliktbearbeitung Willens stattfindet. Und der Mediator oder sonstige umstehende Personen wissen das auch. Und das ändert das Spiel für die dritte Person in jeder Hinsicht. In Mediationsausbildungen lassen sich viele erfahrene Moderatoren finden. Die glauben, sie müssen noch einmal Mediationsausbildung angehen, weil sie dort die Konfliktbearbeitung lernen. Denn in ihren Moderationen geht es ganz häufig um Konflikt. Aber sie werden nicht in das Zentrum des Auftrages gestellt, Und das macht die Bearbeitung so schwer. Die Konflikte ploppen dann plötzlich auf, obwohl die Moderatorin das schon längst gesehen und auch befürchtet hat.
[5:42]Mediation ist dagegen fast schon leicht, denn die Parteien wollen die Konflikte ansprechen, auch wenn ihnen das schwerfällt. Und der Mediator darf diese Konflikte ansprechen, auch wenn er damit oftmals abgewiesen wird. Aber Konflikte in einer Moderationssituation zu handeln, ach was, zu orchestrieren, das ist etwas ganz anderes. Und den Moderationsauftrag dabei nicht aus den Augen zu verlieren, das ist eine wahre Kunst. Und deshalb sind Moderationsaufträge, bei denen Konflikte aufploppen, so schwierig zu bearbeiten. Und deshalb ist es auch sinnvoll, eine Mediationsausbildung zu machen, bei der man lernt, wie es ist, eine Gruppe von Menschen durch eine Konfliktbearbeitung zu führen, die das jedoch auch wollen, auch wenn es ihnen schwerfällt. Den Auftrag dazu haben sie zumindest erteilt. Maßgebend ist also für den Unterschied, ob die Teilnehmenden bewusst und informiert, sich gegenseitig informierend zusammengekommen sind, um die Konflikte anzusprechen und zu bearbeiten. Diese Motivation, die allseits bekannt ist und deshalb die Erwartung produziert, diese Konflikte werden auch angesprochen und sie werden angegangen direkt, beeinflusst maßgebend das methodische Vorgehen der dritten Person.
[7:00]In einer Moderation zu einer Sachfrage ist das plötzliche Auftauchen konkreter Konflikte jedoch eine Grenze für die Moderationsperson, die sie zumindest zu konkreten vertragsbezogenen Interventionen führen sollte. Darf ich mit Ihnen weiter in diese Richtung gehen? Wo ist Ihre Grenze? Etc. Etc. Ist das hier der passende Raum, Zeitpunkt und Rahmen, um diese Themen durch Sie bearbeiten zu lassen?
[7:30]In einer Mediation ist die Konfliktbearbeitung jedoch die Arbeitsgrundlage für die dritte Person. Hier darf die dritte Person einerseits erwarten, dass sich die Personen nicht direkt entziehen, andererseits aber ihr Tempo selbst bestimmen. Die Mediationsperson muss deshalb nicht thematisch ablassen, wohl aber erhöht achtsam sein in der Annäherung an die kritischen, oftmals sensiblen Themen. Dies scheint mir der maßgebende Unterschied zu sein zwischen Moderation und Mediation, die Motivation der Beteiligten, den Konflikt direkt anzusprechen und diesen Willen auch der anderen Person und der Auftragsnehmerperson der dritten Person mitzuteilen und damit zugleich die Erwartung zu produzieren, dass man sie selbst auch daraufhin ansprechen darf. Das fehlt in einer Moderation und das macht die Sachlage so schwierig.
[8:27]Mediation ist also nicht per se schwieriger als eine Moderation. Und es ist schon etwas dran, dass Konflikte in einem Moderationsauftrag schwieriger zu händeln sind, zu Containern sind. Die Mediation hat ihre Schwierigkeit, überhaupt die Parteien an einen Tisch zu bekommen. Sind sie an einem Tisch, ist die Hälfte der Arbeit schon getan. Das war’s für dieses Mal. Vielen Dank fürs Zuhören und vielleicht konntest du die eine oder andere Idee für einen deiner Fälle entwickeln, weiterspinnen oder auch hier Entscheidungen treffen. Dafür wünsche ich dir jedenfalls gutes Gelingen. Und wenn du diesen Podcast unterstützen möchtest, dann hinterlass doch bitte ein Feedback auf Apple Podcast oder Google Business. Für den Moment verabschiede ich mich bei dir mit den besten Wünschen. Bis zum nächsten Mal. Kommt gut durch die Zeit. Ich bin Sascha Weigel, Host von INKOVEMA und Partner für professionelles Konfliktmanagement sowie Ausbilder für Mediations- und Coaching-Ausbildungen.
[9:31] Musik