#27 EdM

Sogwirkung des Rechts bei der Konfliktbearbeitung.

Leistungen der Mediation

Episoden der Mediation.

Der Podcast zu den praktischen Fragen zur Mediation und des Konfliktmanagements.

Herzlich Willkommen zu den Episoden der Mediation,

dem Podcast von INKOVEMA zu den praktischen Fragen der Mediation und des Konfliktmanagements.

Ich bin Sascha Weigel und erläutere in diesem Podcast Fallfragen aus meiner Mediations- und konfliktberaterischen Praxis. Ich stelle Konzeptionen und Modelle der Mediation vor und ordne unterschiedliche Perspektiven und Entscheidungsmöglichkeiten ein.

Kapitel

0:14 – Willkommen zum Podcast über Mediation
0:34 – Die Sogwirkung des Rechts
2:14 – Alltagskonflikte und ihre Herausforderungen
4:08 – Der Einfluss rechtlicher Argumentation
7:12 – Die Bedeutung von Entscheidungsfindung
9:40 – Komplexität der Konfliktentscheidungen
11:45 – Mediation und ihre Relevanz
12:22 – Abschluss und Ausblick

Zusammenfassung

In dieser Episode des Mediation-Podcasts diskutiere ich die Sogwirkung des Rechts in der Konfliktbearbeitung. Ich präsentiere anschauliche Beispiele aus meiner Mediationspraxis, die zeigen, wie und weshalb rechtliche Fragestellungen häufig im Mittelpunkt von Konflikten stehen. Dabei wird deutlich, dass viele Mediatoren das Recht als Störfaktor betrachten könnten und versuchen, es aus dem Vermittlungsprozess auszuschließen, was jedoch nicht zielführend ist. Ich beleuchte, wieso das Recht diese Fokuswirkung in der Konfliktbearbeitung erlangt und was hilft, das angemessene Verständnis für das Recht zu erlangen.

Inhalt

[0:08]Herzlich Willkommen zu den Episoden der Mediation, dem Podcast von INKOVEMA
[0:14]
Willkommen zum Podcast über Mediation
[0:11]zu den praktischen Fragen der Mediation und des Konfliktmanagements. Ich bin Sascha Weige. und erläutere in diesem Podcast Fallfragen aus meiner Mediations- und konfliktberaterischen Praxis. Ich stelle Konzeptionen und Modelle der Mediation vor und ordne unterschiedliche Perspektiven und Entscheidungsmöglichkeiten ein.
[0:34]
Die Sogwirkung des Rechts
[0:28]Das ist Folge 27, die Sogwirkung des Rechts in der Konfliktbearbeitung. Heute widme ich mich der Sogwirkung des Rechts und rechtlicher Argumentationen, die mir in Mediation regelmäßig vor Augen geführt werden.
[0:44]Zunächst zwei, drei ganz allgemeine Beispielsfälle. Da sind die trennungswilligen Eltern, die sich anhand von gelesenen Gerichtsurteilen darüber streiten, wer welche Zahlungen zu leisten hat. Das sind die ehemaligen Kooperationspartner eines Softwareprojektes, das gescheitert ist und sich diese Personen mit ihren Anwälten maßgeblich über rechtliche Einschätzungen und Folgewirkungen unterhalten, wer noch was zu leisten hat und wer nicht. Da sind die Mitarbeiter und ehemaligen Mitarbeiter eines renommierten Forschungsinstituts, die sich mit den Leitungspersonen über Jahre hinweg streiten.
[1:29]Wer sich hier rechtlich schuldig gemacht hat und wer generell was schuldig geblieben ist. Und da ist der Betriebsrat eines schwer angeschlagenen Industriebetriebes, der sich scheinbar kaum um wirtschaftliche Fragestellungen schert, aber die wirtschaftliche Schieflage zum Anlass nimmt, über die Rechtswidrigkeiten und Ungeheuerlichkeiten der Geschäftsleitung und Führungskräfte reden möchte und Versäumnisse vorwirft. Ich könnte diese Reihenfolge nicht nur beliebig fortsetzen, sondern auch die einzelnen Fälle noch weiter konkretisieren und immer noch sicherlich im Erfahrungsbereich
[2:14]
Alltagskonflikte und ihre Herausforderungen
[2:10]vieler Zuhörerinnen und Zuhörer sprechen.
[2:15]Denn das ist Alltagsgeschäft.
[2:19]Deutlich wird, dass das Recht eine ganz wichtige Kommunikations- und Konfliktlinie ist, einen Argumentationsraum eröffnet, der in der Bearbeitung von Unterschiedlichkeit und von Konfliktpotenzialen beidseitig und allseits Bedeutung hat. Konflikte werden rechtlich ausgetragen und das lässt sich leicht erklären, denn wer Recht hat und andere ins Unrecht setzt, kann Ansprüche ableiten und das haben wir frühzeitig gelernt. Das ist so intuitiv richtig, dass selbst Mediatoren nichts Besseres einfällt, als das Recht an sich und Rechtsanwälte als solche am liebsten aus dem Mediationsverfahren zu verbannen. Sie empfinden das Recht und die Rechtsvertreter schlichtweg als störend und meinen, man müsse das Recht aus der Mediation und damit aus der Konfliktbearbeitung einfach auch mal heraushalten, weil es wie ein Elefant im Porzellanladen daherkommt. Wohl wissend, dass die Mediation kein rechtsfreier Raum ist und dass das Recht nicht einfach der Mediation und den Mediationsgesprächen zu weichen hat.
[3:29]Ich möchte heute hier erklären, weshalb das auch gar nicht notwendig ist und b. Zweitens, wie das richtige Verständnis von Recht und Mediation ausschaut. Und wenn Sie jetzt, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, leichten Widerspruch verspürt haben, weil ich gesagt habe, ich möchte das erklären, wie das richtige Verständnis von Recht und Mediation ausschaut und Sie so ein bisschen den Eindruck hatten, ich behaupte, dass Sie nicht das richtige Verständnis bisher haben, dann haben sie einen ersten Eindruck bekommen, was ich meinte, dass das Recht und die rechtliche Argumentation eine Sogwirkung hat, der man sich kaum entziehen kann.
[4:08]
Der Einfluss rechtlicher Argumentation
[4:09]Dieser Widerspruch, der uns innerlich antreibt und eine rechtliche Argumentation trennend erscheinen lässt, ist es, der eskalierend wirkt. Auch wenn ich lediglich meine Absicht erklärt habe, etwas Richtiges zu sagen. Wie kommt das? Nicht nur im Konflikt, aber dort vor allem geht es darum, kluge Entscheidungen zu treffen. Nämlich die richtige. Und im Konflikt am besten für die Konfliktparteien gemeinsam. Doch was ist die richtige Entscheidung? Und nun kommt das Recht zum Tragen. Denn um rechtlich zu argumentieren, muss man nicht Jura studieren. Und im Jurastudium lernen Studenten sehr schnell, dass sie ihr Rechtsgefühl zu beanspruchen haben und das dann am besten auch zu professionalisieren haben. Aber rechtliche Argumentation selbst, das lernen wir alle von Kindesbeinen an. Wir denken frühzeitig in richtig und falsch, in rechtmäßig und unrechtmäßig, auch wenn uns der Maßstab egal ist und es noch lange nicht um staatliche Gesetze geht. Aber der binäre Code des kommunikativen Rechtssystems, Recht, Unrecht, Wie Niklas Luhmann das beschrieben hat.
[5:26]Der beschränkt sich keineswegs auf die Institutionen der Justiz, sondern treibt sein Unwesen oder milder gesagt sein Geschäft bereits im Kinderzimmer. Aber der Reihe nach. Die Frage nach dem Recht und was richtig ist, zieht eine Linie auf dem weißen Blatt der Möglichkeiten. Auf der einen Seite der Linie befindet sich das Recht oder derjenige, der Recht hat. und auf der anderen Seite der Linie befindet man sich plötzlich im Unrecht. Recht kann nicht geschaffen werden, ohne Unrecht mitzudeklarieren. Und wer will schon im Unrecht bleiben? Richtig, niemand. Und wer sich im Unrecht wehnt, wird rechtlich argumentieren, dass er noch auf der Seite des Rechts steht. Und will er nur behaupten, dass er auch auf der Seite des Rechts steht, behauptet er doch zugleich auch mit, wer Unrecht hat. Schaut man sich diese Linie des Rechts an, kommt das Recht wie eine Leitlinie daher, wie ein Leitseil, das nicht nur in die Zukunft weist, sondern klar verteilt, wer hat Recht und wer hat Unrecht. Und derjenige, der Recht hat, kann Ansprüche ableiten gegenüber demjenigen, der kein Recht hat.
[6:46]Und deshalb ist die unschuldig gestellte Frage in einer Konfliktbearbeitung oder in einer Mediation, ob wir nicht mal einfach das Recht beiseite schieben oder belassen können oder über andere wichtige Dinge reden können, sehr anrüchig und lässt den Vorwurf aufscheinen, man möchte über das Recht verhandeln, das selbst nicht verhandelbar ist.
[7:12]
Die Bedeutung von Entscheidungsfindung
[7:13]Die Antwort auf diese Frage, können wir das Recht nicht einfach mal kurz beiseite belassen hier in der Mediation, hat nur eine richtige Antwort. Nein, das können wir nicht. Das Recht kann nicht ausgesetzt werden in einer Mediation und braucht es auch nicht. Aber es ist Folgendes zu beachten.
[7:31]Konflikte werden nicht nur zugunsten des Rechts entschieden oder um des Rechtswillens, sondern weil die Konfliktparteien eine Entscheidung treffen müssen und diese nach ihren Kriterien auch zu treffen haben. Und das Recht ist eine wichtige Kategorie in dieser Entscheidungsfindung, denn die Entscheidung muss rechtmäßig sein. Aber wer zu nah am Recht ist, erkennt nur das Recht als Leitseil, als Leitlinie der Entscheidung, die auch Unrecht in den Blick nimmt. Erst mit Abstand erkennen wir, dass das Recht eine Spielwiese eröffnet, einen Rahmen setzt, innerhalb dessen die Konfliktparteien sich als freie Bürger in einer freien Gesellschaft frei bewegen können. Doch wohin bewegen, das ist die Frage.
[8:24]Innerhalb dieses Rahmens können sie sich bewegen und müssen sich auch innerhalb dieses Rahmens bewegen. Doch wer zu nah an den Rändern die Linie des Rechts in den Blick nimmt, erkennt nur Recht und Unrecht, nicht den Rahmen, die Spielwiese des Rechts. Und ich sprach davon, dass die Konfliktparteien auch noch weitere Kriterien haben. Die Konfliktentscheidung muss bezahlbar sein. Nicht bezahlbare Lösungen sind keine Lösungen. Die Entscheidung muss auch ethisch und moralisch vertretbar sein.
[9:06]Sind sie nicht vertretbar? Werden sie nicht getroffen? Auch die Frage nach dem ästhetisch Schönen oder Hässlichen ist eine zu treffende Entscheidung. Ähnlich die Frage nach dem Wahren und dem Unwahren und damit ein wissenschaftliches Kriterium, auch wenn das nichts mit Hochschulen oder Forschungseinrichtungen zu tun hat. Die Entscheidung muss auch machbar sein und im Machbarkeitsbereich der Beteiligten sein.
[9:40]
Komplexität der Konfliktentscheidungen
[9:36]Das ist eine politische Entscheidung und hat nichts mit Parteien zu tun. Diese Kriterien hat der Soziologe Niklas Luhmann in seinen funktionalen Teilsystemen beschrieben und die jeweilige binäre Kodierung, rechtmäßig, rechtswidrig, bezahlbar, nicht bezahlbar, machbar, nicht machbar, umrissen.
[9:59]Sie bilden die Leitlinien für die Entscheidung der Konfliktparteien Und es lässt sich wie verschiedene Rahmen übereinandergelegt erkennen, wie komplex eine Konfliktentscheidung von Parteien ist. Denn es muss herausgefunden werden, ob es einen Rahmen gibt, der für alle erreichbar ist und nach keinem dieser Kriterien als unrechtmäßig oder nicht bezahlbar, als nicht machbar oder moralisch nicht vertretbar oder als ästhetisch nicht akzeptabel oder moralisch nicht akzeptabel daherkommt.
[10:42]Das beschreibt auch die Leistungsfähigkeit und die Leistung in der Mediation von Mediatoren. Sie falten diese Komplexität wieder auf. Sie lassen nicht zu, dass die Konfliktparteien zu früh nach nur einer binären Kodierung entscheiden und sich damit gewissermaßen die Konfliktentscheidung leicht machen. Das ist die Leistung der Mediation und zuweilen eine Zumutung für die Parteien. Andererseits ist die Mediation deshalb auch nur für ein Konflikt und für Konfliktparteien ein relevantes Konfliktbearbeitungsinstrument, wenn es um die Bewältigung dieser Komplexität auch geht. Und da muss es in dem Konflikt für die Parteien um einiges gehen, dass sie sich dieser Komplexität bewusst und bearbeitend stellen.
[11:38]Konfliktparteien sind wie alle anderen auch bemüht, so wenig wie möglich Aufwand zu betreiben.
[11:45]
Mediation und ihre Relevanz
[11:46]Mediation ist das Verfahren, das diese Komplexität im Entscheidungsverfahren der Mediation offenbart.
[11:54]Auffaltet und aufhält, sodass die Parteien eine gemeinsame Entscheidung in einem gemeinsam geklärten Rahmen treffen können.
[12:04]Konsequenterweise ist die Mediation nicht relevant, wenn die Parteien geklärt haben, es gibt keinen gemeinsamen Spielraum. Auch das fällt Mediatoren nicht leicht, dann ihre Mediation zu beenden und ihre Mediationsdienstleistungen einzustellen.
[12:22]
Abschluss und Ausblick
[12:22]Das war es für dieses Mal und ich hoffe, es ist für dich nicht mehr nötig, in Zukunft zu fragen, ob man nicht mal einfach das Recht kurz beiseite schieben kann. Vielen Dank fürs Zuhören und vielleicht könntest du darüber hinaus die ein oder andere Idee für einen deiner konkreten Fälle entwickeln, weiter spinnen und zu einer Entscheidung führen. Dafür wünsche ich dir auf jeden Fall gutes Gelingen. Wenn du diesen Podcast und mich unterstützen möchtest, dann hinterlasst auch ein Feedback auf Apple Podcast oder auf Google Business. Über eine Sternebewertung und einen Kommentar freue ich mich und das würde helfen, dass andere diesen Podcast finden können, die ihn bisher noch nicht gefunden haben. Mit besten Wünschen verabschiede ich mich für den Moment. Bis zum nächsten Mal. Komm gut durch die Zeit. Ich bin Sascha Weigel, Gründer und Inhaber von INKOVEMA, dem Institut für Konflikt- und Verhandlungsmanagement in Leipzig und Partner für professionelle Mediations- und Coaching-Ausbildungen in Leipzig.