INKOVEMA-Podcast „Gut durch die Zeit“

#223 GddZ

Konfliktakteur Betriebsrat – Teil 3.

Konflikte zwischen Betriebsratsgremium und Geschäftsführung

Im Gespräch mit RAin Antje Burmester

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Mediatorin (Viadrina Frankfurt); Expertin für kollektiv-arbeitsrechtliche Konflikte.

Kleine Reihe: 

  • #205 GddZ – Konflikte in Betriebsratsgremien

  • #211 GddZ – Konflikte zwischen Betriebsratsgremien

  • #223 GddZ – Konflikte zwischen Betriebsratsgremium und Geschäftsführung

Inhalt

Kapitel:

Chapters

0:14 – Herzlich willkommen zum Podcast Gut durch die Zeit
2:10  – Konflikte im Betriebsrat
8:42 – Herausforderungen für Betriebsräte
9:40 – Konflikte mit der Geschäftsleitung
11:50 – Das Dreieck der Interessen
15:40 – Die Rolle der Mediatoren
17:40 – Einflüsse außerhalb des Verhandlungstisches
22:16 – Verhandlungskommissionen und deren Dynamik
23:58  – Mediation in schwierigen Situationen
28:33 – Der Wandel in der Betriebsratsarbeit
33:37  – Neue Anfänge durch Mediation
36:08 – Internationale Herausforderungen im Arbeitsrecht
41:51 – Fazit und Ausblick auf die Zukunft

Inhaltliche Zusammenfassung

In dieser Episode beenden wir unsere kleine Reihe über den Betriebsrat als Konfliktakteur unter der Leitung von Frau Rechtsanwältin Antje Burmester. Gemeinsam beschäftigen wir uns mit den Herausforderungen, vor denen Betriebsräte stehen, insbesondere im Hinblick auf die Konfliktlinien zu den Arbeitgebern und deren repräsentierenden Führungskräften. Wir reflektieren über die wesentlichen Konfliktpunkte, die sowohl innerhalb der Betriebsräte selbst als auch in der Interaktion mit der Geschäftsleitung zutage treten.

Zu Beginn betrachten wir die internen Konflikte innerhalb von Betriebsratsgremien, die durch unterschiedliche Altersgruppen, Geschlechter und Professionen geprägt sind. Diese Diversität bringt sowohl Chancen als auch Schwierigkeiten mit sich, da es darum geht, eine konstruktive Zusammenarbeit zu fördern. Antje beleuchtet, wie diese internen Konflikte oft die großen betrieblichen Herausforderungen widerspiegeln, und wir diskutieren die Notwendigkeit, dass Betriebsräte eine einheitliche Stimme nach außen darstellen, um ihre politischen Rechte zu stärken.

Ein zentraler Punkt unserer Diskussion ist die Komplexität der Beziehung zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung. Wir beleuchten, wie Betriebsräte oft als „Verhinderer“ wahrgenommen werden, insbesondere wenn es um Themen wie Arbeitszeitregelungen oder Arbeitsschutz geht. Dabei stellen wir fest, dass Betriebsräte als Interessenvertreter der gesamten Belegschaft plötzlich zwischen den Bedürfnissen der Mitarbeiter und den Forderungen des Unternehmens hin- und hergerissen sind.

Antje teilt ihre Erfahrungen darüber, wie Betriebsräte in ihrer Rolle oft nicht nur den Interessen der Arbeitskräfte dienen, sondern auch mit einer Vielzahl von Erwartungen und Druck seitens der Mitarbeitenden konfrontiert werden. Hier zeigt sich die Herausforderung, als Betriebsrat sowohl schützend als auch vermittelnd zwischen den unterschiedlichen Sichtweisen und Bedürfnissen zu agieren. Die Frage, wie sich die Betriebsräte in diesem Spannungsfeld positionieren können, steht im Zentrum unseres Dialogs.

Wir behandeln auch die Rolle der externen Mediatoren und deren Einfluss auf Konflikte zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung. Antje hebt hervor, dass es wichtig ist, nicht nur mit den sichtbaren Parteien am Tisch zu arbeiten, sondern auch die Stimmen jener zu berücksichtigen, die Einfluss nehmen wollen, aber nicht an den Verhandlungen teilnehmen. Die Komplexität dieser Dynamiken erfordert von uns als Mediatoren ein tiefes Verständnis der internen Strukturen und Prozesse in den Unternehmen.

Am Ende der Episode reflektieren wir über die zentralen Erkenntnisse dieser Reihe und stellen fest, dass der Betriebsrat in seiner Funktion oft mehr als ein reiner Interessenvertreter für die Angestellten ist. Er agiert vielmehr in einem ständig dynamischen politischen Umfeld und muss dabei die unterschiedlichen Sichtweisen, Ziele und Interessen, die auf ihn einwirken, geschickt navigieren. Das Gespräch hebt die Herausforderungen hervor, die mit dem Umgang dieser Rollen und den damit verbundenen Verantwortungen einhergehen.

Wir danken Antje für ihren wertvollen Beitrag und die tiefen Einblicke in die komplexe Welt der Betriebsratsarbeit und deren Konfliktfelder.

Vollständige Transkription

 

[0:00]Das hast du auch auf beiden Seiten. Du hast auch auf Arbeitgeberseite diejenigen, die nicht am Tisch sitzen, aber deutlich über die Schulter schauen und Einfluss nehmen wollen, mit denen man dann je nachdem, wo du jetzt als Beratender bist,
[0:14]
Herzlich willkommen zum Podcast Gut durch die Zeit
[0:12]natürlich auch umgehen muss. Herzlich willkommen zum Podcast Gut durch die Zeit. Der Podcast rund um Mediation, Konfliktcoaching und Organisationsberatung. Ein Podcast von INKOVEMA. Ich bin Sascha Weigel. und begrüße dich zu einer neuen Folge. Und heute werden wir die kleine Reihe, die wir vor einiger Zeit gestartet haben, beenden. Die kleine Reihe, die wir mit dem Betriebsrat als Konfliktakteur bezeichnet hatten und wir schon zwei Folgen aufgenommen haben. Und wir, das heißt in dem Falle Frau Rechtsanwältin Antje Burmeester und ich. Herzlich willkommen, Antje. Wir haben jetzt zum dritten Mal die Möglichkeit, über die Konfliktaktionen und Reaktionen von Betriebsräten zu sprechen. Wir haben das schon zweimal gemacht und hatten im ersten in den Blick genommen die Konflikte innerhalb der Betriebsratsgremien und dort typische Situationen herausgearbeitet, die ganz gesellschaftsrelevant waren. Also unterschiedliche Altersgruppen, unterschiedliche Professionen, unterschiedliche Geschlechter sitzen plötzlich an einem Tisch, weil sie gewählt wurden und müssen irgendwie zusammenarbeiten, wie in einem kleinen Parlament.
[1:29]Um dann Betriebsratspolitik auch praktisch erlebbar zu machen. Und das war natürlich und ist nach wie vor für Betriebsräte eine Herausforderung.
[1:37]Im Zweiten haben wir dann uns verschiedene Gremien-Ebenen angeschaut, weil in einer Firma ja auch mehrere Gremien existieren können.
[1:48]Standortbetriebsräte, Gesamtbetriebsräte, Konzernbetriebsräte und haben uns dort angeschaut, was für Konfliktlinien dort auftauchen. Und haben schon so, war für mich so der Kern, die große Betriebspolitik schwappt in die Gremien hinein, weil eben das nicht mehr nur eine Standortlogik ist,
[2:10]
Konflikte im Betriebsrat
[2:07]sondern häufig eine Konzernlogik auftaucht. Was hast du für dich sozusagen aus diesem Bereich genommen, Antje? Was war so für dich der Kern dieser Episoden, dass wir nochmal unsere Hörerinnen und Hörer da einschwören?
[2:25]Ich denke, wir sind uns einig geworden, dass es für den Externen, der wir sein können, wenn wir als Mediatorin, als Mediator oder Moderator auf eine solche Konstellation treffen, Schwierigkeiten haben, dort hineinzukommen. Hineinzukommen in den Konflikt, hineinzukommen in die Gremien oder heranzukommen an die Personen, weil natürlich solche internen Konflikte nur sehr ungern geteilt werden und erstmal eine gewisse Vertrauensbasis da sein muss, bevor man sich entsprechend öffnet. Nach außen möchte man doch sehr gerne den einheitlichen Betriebsrat darstellen. Das hat ja auch durchaus relevante politische Gründe. Nur ein einheitlicher Betriebsrat ist ein starker Betriebsrat. Das Innen-Außen ist auch ein wichtiges Thema, wenn Betriebsräte miteinander klarkommen wollen. Das Sprechen mit einer Stimme, obwohl man wissen kann oder auch zeigen möchte, dass man einige Dinge nicht mittragen will. Das ist ja für Ungeübte eine große Herausforderung, diese Rolle anzunehmen und nicht nach gut Dünken der eigenen Persönlichkeit einfach seine Meinung immer und überall kundzugeben.
[3:42]Heute wird das sicherlich eine Rolle spielen, dieser Aspekt, denn wir wollen es ja anschauen in der letzten Folge, im Grunde genommen den Klassiker, die klassische Vorstellung, weil dafür der Betriebsrat als Organ einer Firma letztlich gegründet wurde, die Konfliktlinie hin zur Geschäftsleitung, häufig vertreten durch die Personalabteilung. Konflikte also, für die der Betriebsrat gegründet wurde, weil die Belegschaft, die Mitarbeiterschaft ein Vertretungsorgan schaffen darf, um sich Gehör zu verschaffen und damit ja im Grunde genommen Konfliktpotenzial institutionalisiert wird. Und nicht mehr der einzelne Mitarbeiter für sich eintreten soll oder braucht, weil er wirkungslos ist in einer großen Einheit mit mehreren Hundert oder Dutzend Personen. Wie guckst du ganz generell drauf, dass es so ein Organ betrifft? Und das ist ja eine, ich kann mal schon sagen, eine sehr deutsche Besonderheit in dieser Form, im Prinzipiell gewerkschaftsunabhängig.
[4:49]Gewerkschaftslos gelöst eine Mitarbeitervertretung, ein kleines Parlament praktisch zu schaffen und zwar verpflichtetermaßen auch, wenn die Belegschaft das will, für die Geschäftsleitung und Eigentümer dann auch, so ein Organ zu etablieren. Ganz allgemein gucke ich erstmal mit großem Respekt darauf, weil die Arbeitnehmervertreterinnen und Arbeitnehmervertreter dieses Betriebsratsamt als Ehrenamt ausüben. Das heißt, sie machen das zusätzlich zu ihrer normalen beruflichen Belastung. Sie übernehmen Verantwortung für ihre Kolleginnen und Kollegen und haben dadurch faktisch schon die eine oder andere Schwierigkeit zu bewältigen. Sie müssen sich mit ihrer eigenen beruflichen Entwicklung auseinandersetzen. Geht das ungehindert so weiter? Sie müssen sich mit Erwartungshaltungen auseinandersetzen ihrer Kolleginnen und Kollegen. Sie müssen sich mit Kritik ihrer Kolleginnen und Kollegen auseinandersetzen. Das heißt, das ist alles etwas, was diese Menschen auf sich nehmen.
[5:50]Um sich ehrenamtlich für ihre gesetzlichen Aufgaben zu engagieren. Und das nötigt mir jedes Mal, wenn ich einen Betriebsrat neu kennenlerne, sehr großen Respekt ab. Das ist ja eine Perspektive, die du reinbringst und auch aus einer Position und aus einer Perspektive heraus, die losgelöst ist von dem einzelnen Gremium, sondern von der abstrakten Regelung her, die einen Grundgedanken verwirklicht. Eben den Grundgedanken, das ist ein Ehrenamt und da stellt sich jemand zur Verfügung für die Belange der anderen.
[6:22]Geht auch Risiken ein, Stichwort so Karriereknick, also die Fachkarriere ist sozusagen dann häufig in der Praxis zumindest gebremst. Wie erlebst du das dann in Gremien, dass diese Perspektive dort Kraft hat? Also hat die eine praktische Auswirkung? Oder ist es… Weil ich das auch so erlebe, aber wie ist die Gewichtung, wie wird das von den Beteiligten erlebt? Auch von denjenigen, die nicht im Gremium sind. Werden Betriebsräte es so angeschaut? Mit dem entsprechenden Respekt? Große Frage.
[7:00]Nicht umsonst haben viele Betriebsräte, darüber haben wir an anderer Stelle auch schon mal kurz gesprochen, Probleme, entsprechende neue Mitglieder für ihre Gremien zu gewinnen und sei es auch nur als Wahlbewerber. Das ist ein Thema, was uns in 2026, wo ja die regulären Betriebsratsverein wieder erwarten, das sind ja alle vier Jahre, das ist dann 2026 wieder der Fall. Das wird uns mit Sicherheit begegnen, weil es gar nicht so leicht ist, Menschen dafür zu motivieren, beziehungsweise wenn man sie dann motivieren kann, halt auch schon ein bisschen schauen muss, warum machen sie das? Aus welcher Motivation heraus? Ist es eher die Motivation für die Gemeinschaft, für die Aufgabe der vertrauensvollen Zusammenarbeit, für dieses Konfliktpotenzial, was du zu Recht angesprochen hast? Oder ist es eben auch ein Sorgen für sich selbst? Weil wir wissen auch, umgekehrt hat der Gesetzgeber den Betriebsrat und seine Mitglieder mit gutem Schutz ausgestattet, auch aus gutem Grund. Und den Schutz ja auch nochmal erweitert. Also dort werden sozusagen andere Logiken nochmal angesetzt. Der Klassiker, und da geht es dann weniger um Karrieren von Mitarbeitern, sondern eher von Teamzusammenhalt, berichten doch häufig, dass sie auch von ihren Kollegen zuweilen nicht nur so gesehen werden, gut, dass du das für mich machst, geh bitte dahin und sorge dich auch um unsere Belange, sondern also bist du jetzt wieder weg und ich muss hier alleine arbeiten.
[8:24]Und das ist natürlich eine andere Perspektive. Man könnte ja sagen, mangelnder Respekt oder so ist das eine, weil das noch lange nicht Ansprüche begründen würde, die man an die Person hegt, sondern hier würde ja eher gesagt, du brauchst das, wir brauchen das nicht,
[8:42]
Herausforderungen für Betriebsräte
[8:41]also geh doch nicht hin, also was sollte das? Also die Wahlbeteiligung ist ja auch eher für eine ganz klare Ausrichtung oder Perspektive von, das ist Politik, das ist Betriebspolitik und werden so behandelt wie Politiker. Ja, und es wird halt auch genauso wie bei Politikern, wird auch persönliche Kritik geübt, auch ins Persönliche gehende Kritik, damit muss man ja auch umgehen können und es wird auch teilweise.
[9:09]Als Verhinderer dargestellt nach dem Motto, was stellt ihr euch denn so an? Wir wollen jetzt mobile Arbeit, wir wollen jetzt unsere privaten Geräte für auch unsere Arbeitsaufgaben einsetzen, wir möchten das und das und was habt ihr da für Probleme? Also sprich, dass so pushy agiert wird, an einer Stelle, wo der Betriebsrat zu Recht die Aufgabe erhalten hat, mal zu schauen, ja, Ja, wie wirkt sich das denn im Kollektiv aus?
[9:40]
Konflikte mit der Geschäftsleitung
[9:38]Muss ich vielleicht die Mitarbeitenden schützen vor sich selber? Das ist schon auch ein Aspekt, der jetzt gerade in der Transformation, in der wir uns befinden, durchaus als Konfliktpotenzial auch nochmal dazu kommt. Dieses Zusammenspiel der Konfliktlinien, das führt uns dann auch gleich zu unserem Kernthema heute. Die Konflikte mit der Geschäftsleitung, Standortleitung oder auch den Vertretern der HR. Ein ganz häufiges Thema ist, schützen vor sich selbst, dass also Betriebsräte für Arbeitsschutzregelungen eintreten.
[10:07]Stichwort Arbeitszeitregelungen und treffen auf Situationen, wo die unmittelbar beteiligten Mitarbeiter und die Vorgesetzten sich eigentlich einig sind. Ja, da machst du noch eine Mehrstunde obendrauf, also allgemein in Überstunden genannt. Oder da machst du noch eine Nachtschicht und da machst du noch die Dinge, wo du die Zuschläge haben möchtest. Und die wollen das natürlich auch. Und wenn jetzt der Betriebsrat seine Rechte und die Belange aller Mitarbeiter in den Blick nimmt und dafür eintritt, also dann ist er eine dritte Kraft und ist nicht nur das Schutzschild des Einzelnen, sondern wird dort auch als Verhinderer erlebt.
[10:43]Geld zu verdienen, zusätzliches Geld zu verdienen. Gleichwohl geht er in diese Konfliktlinie nicht nur zur Geschäftsleitung und sagt, ihr dürft nicht diese Arbeit verlangen von denjenigen.
[10:55]Weil das gegen Arbeitszeit, Arbeitsschutz etc. Verstößt, aber gleichzeitig auch in Konflikt stellen muss sich zu den einzelnen Mitarbeitern, die sagen, also Paul, Peter, was machst du da? Du kannst doch nicht da jetzt hier das verhindern. Ich arbeite gerne am Sonntag. Ich habe eine Hypothek, ich habe Familie, ich habe das und das. Lass mich das machen. So, also da kommen wir sozusagen genau in die Konfliktlinie rein. Wie ist das bei dir, wenn du mit Betriebsräten arbeitest? Hast du eher so diesen klassischen Bereich von, da steht der Betriebsrat als Schutzschild für die Mitarbeiter mit seinen Rechten in Konfrontation zur Geschäftsleitung, Standortleitung etc.? Oder ist er in diesem Dreieck eher, dass er sagt, wir haben alle gegen uns und dennoch machen wir das, weil wir eine Perspektive stark machen müssen, die nicht auf den einzelnen Mitarbeiter abstellt, sondern auf allen.
[11:50]
Das Dreieck der Interessen
[11:50]Mir begegnet beides und die Realität geht an uns allen nicht vorbei, auch in unserem betrieblichen Miteinander und das gilt natürlich in erster Linie, also ganz erst recht auch für Betriebsräte, die sehen natürlich auch das Spannungsverhältnis, wohin muss sich das Unternehmen entwickeln. Ja, also sprich, brauchen wir mehr Flexibilität in der Arbeitszeit? Brauchen wir mehr Flexibilität in den Arbeitsbedingungen auf der einen Seite? Auf der anderen Seite, wie viel Schutz brauchen die Mitarbeitenden dagegen? Das heißt, weitet sich dieses klassische Schutzschild-Thema gegenüber dem Kollektiv, der Arbeitnehmenden Richtung dieses Dreiecks, was du genannt hast? Wie kommen wir hier alle am besten durch? Durch die Anforderungen, die eher von außen an uns gestellt werden. Und außen kann ja alles sein.
[12:39]Gesamtwirtschaftliche Situation, politische Situation, aber auch die Anforderungen der Zeit, also Vereinbarkeit von Beruf und Familie zum Beispiel ist so eine klassische Anforderung, die von außen jetzt viel stärker nochmal herangetragen wird, wo auch natürlich die Betriebsräte gefragt sind, sich flexibler aufzustellen und sich zu überlegen, welchen täglichen Arbeitszeitkorridor will ich denn jetzt freigeben? Ist es wirklich dann um vier zu Ende oder öffne ich das vielleicht auch bis in die Abendstunden, um Menschen innerhalb des Tages mehr Gelegenheit zu geben, nicht am Arbeitsplatz fix festgebunden zu sein, sondern vielleicht private Dinge erledigen zu können, Kinder abzuholen, Kinder zu versorgen, was auch immer. Also sprich, wir gehen schon aus meiner Sicht sehr stark auch in diese Dreiecksbeziehung hinein, die natürlich es nicht einfach macht oder nicht einfacher macht. Vielleicht ist das wirklich ein Punkt, also mir würde zumindest jetzt erst so deutlich dieses Argument oder diese, wie soll man schon sagen, diese Bewertung des Verhinderers, der Betriebsrat als Verhinderer, bricht ja viele Themen, nicht nur technologische Fragestellungen.
[13:42]Hat ja nur deshalb so eine Kraft, vielleicht jetzt als These formuliert, hat deshalb nur so eine Kraft, weil es nicht nur die Verhinderung aus der Perspektive der Geschäftsleitung ist, die sagt, also wir stehen hier in Konkurrenz mit anderen Standorten, mit anderen Ländern, mit anderen Ländern. Branchen und wir müssen uns behaupten, sondern sie können dieses Verhinderungsargument deshalb lautstark auch vertreten, weil Mitarbeiter das auch als Verhinderung erleben, wenn auch nur Einzelne, aber vielleicht die Lauten, die sagen, ja, wir wollen das nicht so. Und dass das eine Anforderung ist, die gar nicht so deutlich wird, wenn wir jetzt diese Perspektive einnehmen, wir gucken uns mal die Konflikte zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung an, die ja strukturell so angelegt sind im Betriebsverfassungsgesetz. Sondern wir verstehen, glaube ich, die Konflikte nur dann, wenn wir die Mitarbeiterschaft weiterhin im Blick haben. Also sie ist ja nur gedacht, die eine Mitarbeiterschaft, sondern da sind auch viele Fraktionen und unterschiedliche Interessen da. Und es sind ja keine geübten Politikerbetriebsräte. Viele kommen.
[14:46]Also doch, vielleicht auch so wirklich wie im Parlament, da kommen wir zwei, drei Perioden dahin und andere sind dann schon fast Berufsbetriebsräte, sind sehr lange dabei. Aber diese politische Dynamik, unterschiedliche Interessen zu vereinigen, inwieweit ist das den Betriebsräten in ihren Konfliktlagen, wenn sie auf ihre Rechte schauen und durchsetzen wollen, bewusst?
[15:09]Ich denke, es ist ihnen sehr bewusst und bis hin dahin, dass es an ihnen zerrt. Dass sie in Situationen gesetzt werden oder gestellt werden, wo sie Verhandlungen führen und sie kommen möglicherweise an ihren eigenen Standort zurück und da ist schon was durchgesickert. Und dann sagen ihnen Kollegen, sag mal, hast du das noch alle, warum hast du das so vereinbart? Und dann sagt man, nee, Moment, das Wochenende, das müssen wir schützen. Wir können jetzt nicht ständig Samstagsschichten freigeben, weil die Produktionsplanung
[15:40]
Die Rolle der Mediatoren
[15:36]mal wieder es nicht auf die Reihe bekommen hat, um es mal so ganz platt auszudrücken. Das sind schon Themen, die wirklich zerren können. Oder nehmen wir Technologieaffinität, die ist sehr unterschiedlich in der Belegschaft. Manchen ist das völlig egal, was, wo, wie, für sie oder von ihnen für Daten durch die Gegend schwirren. Für andere ist das ein hochsensibles Gut. Das heißt, auch da kommen ganz unterschiedliche Vorstellungen, die an die Betriebsräte herangetragen werden und wo sie dann irgendwie erstmal auch ihren Weg, ihre Richtung festlegen müssen, wie gehen sie damit um? Also wir haben viele solcher Zeitthemen, die eher zerren, als dass sie verbinden. Vielleicht ist das ein Punkt, wo wir jetzt auch die Perspektive von uns Dritten stark machen können. Also nicht nur die neutralen, allparteilichen Mediatoren oder auch in der Einigungsstelle, die sozusagen die entscheidenden Leute, sondern auch die Parteivertreter, Also die sozusagen dann wie ein Parteianwalt in Verhandlungen, in Mediationen auch dabei sind.
[16:38]Welche Konflikte sie vor Augen bekommen. Dass ja also zwei Vertretergruppen gegeneinander gerichtet sind und können auch wirklich deutlich machen, wir sind im Konflikt. Man hat eine relativ starke Abgrenzung, das Gremium und dann Geschäftsleitung, Standortleitung, HR, manchmal auch in dieser Gruppe dann in so einem Konzernstandort da. Und dennoch, und darauf sozusagen will ich hinaus, sind da noch ganz viele andere, die nicht mit an diesem Tisch sind, aber um deren Anwesenheit.
[17:11]Konfliktinteressen jetzt gerungen wird. Und die klassische Mediatorenvorstellung, ich bringe halt alle Interessen an einen Tisch, lächerlich unterkomplex ist. Funktioniert einfach, geht einfach nicht. Dafür sind die Leute ja gewählt worden. Wie erlebst du dort die Verhandlungen? Also was haben die für einen Einfluss, die da nicht mit am Tisch sitzen, aber ständig über die Schulter schauen wollen? Das ist natürlich sehr unterschiedlich
[17:40]
Einflüsse außerhalb des Verhandlungstisches
[17:36]und sehr von der Konstellation abhängig. Das hast du auch auf beiden Seiten. Du hast auch auf Arbeitgeberseite diejenigen, die nicht am Tisch sitzen, aber deutlich über die Schulter schauen und Einfluss nehmen wollen.
[17:48]Mit denen man dann je nachdem, wo du jetzt als Beratender bist, natürlich auch umgehen muss. Ganz ehrlich und ganz spontan gesagt würde ich diese Erwartungen, diese ungeschriebenen und nicht an den Tisch gebrachten Erwartungen noch viel stärker auf Arbeitgeberseite einordnen als auf Betriebsratsseite. Auf Betriebsratsseite ist es so, dass sie schon das zumindest intern versuchen zu formulieren und intern zu Diskussionen bringen und da sind wir jetzt auch wieder bei einem demokratisch organisierten Organ. Wir haben dann letztendlich Mehrheitsentscheidungen, die im Betriebsratsgremium gefällt werden, in dem Sinne, dass über bestimmte Verhandlungspositionen, die man einnimmt, vorab nicht nur diskutiert, sondern im Zweifel auch abgestimmt wird. Ja, und dann ist es an der Stelle demokratisch und es werden aber die Punkte, die von außen eingebracht werden, schon auch nach meiner Erfahrung auf den Tisch gebracht, nach dem Motto in kleineren Zusammenhängen, da hat mich der und der angesprochen oder die und die hatte noch die Idee, in größeren Zusammenhängen schon auch, dass es vielleicht eher mitarbeitenden Gruppen gibt, also die Abteilung Forschung und Entwicklung zum Beispiel, die versucht, mit dem Betrieb, mehr in Kontakt zu kommen, um zu werben für eine fortschrittliche Technologie, die man halt braucht und wo der Betriebsrat aber irgendwie involviert werden muss aus verschiedensten Gründen.
[19:10]Das läuft dann im Zweifel am Ende, nach dem Gesetz jedenfalls, ich muss diese Einschränkung machen nach demokratischen Prinzipien ab.
[19:19]Selbst wenn sie eingehalten werden, ganz formell ist es ein hochkomplexes Zusammenspiel. Also ich erlebe sowohl, gehen wir mal nicht so auf die Klassische alte Zeit, da sitzt der Betriebsratsvorsitzende und verhandelt und sagt, ich kann mein Gremium davon überzeugen. Geht klar. Hat also ein Mandat sich gegeben, dass er aus der Praxis heraus auch wahrnehmen kann, weil er das Gremium überzeugen kann. Häufiger und eben in dem Sinne auch wirklich demokratisiert die Gremien, geben den Vorsitzenden oder den Verhandlungsgruppen ein sehr enges Mandat. Eigentlich nur mit einem Ergebnisvorschlag zurückzukommen und dann wird das nochmal verhandelt, was für die Verhandlung selbst hochproblematisch ist und wirklich kaum Verhandlungs ermöglicht, außer eben, ja dann machen wir so und frag jetzt dein Gremium. Und das gibt natürlich auch eine Verhandlungsmacht, denjenigen immer wieder auf das Gremium zu verweisen. Selbst wenn man eben da dem Buchstaben des Gesetzes folgt, ist es einfach eine ganz schwierige Praxis, die dann verhandelt werden, also die in der Verhandlung durchgeführt wird. Ja, und ganz ehrlich, als Externer, entweder kennt man die anderen Personen gar nicht oder man kennt sie teilweise.
[20:34]Und was ich schon wirklich leidvoll erlebt habe, ist, dass eben diese Kommissionen gebildet werden, kleine und große Verhandlungskommissionen und die Zusammensetzung der kleinen Verhandlungskommissionen dann sich im Nachhinein als ganz ungünstig darstellt, weil die eigentlichen Wortführer in der großen Verhandlungskommission sind. Das heißt natürlich unglaublich erschwerend auch für die Verhandlungsdynamik, weil das Gegenüber dann den Eindruck gewinnen muss, man behandelt ja eigentlich mit den Falschen. Und das ist dann für den, der berät, auch super, super schwierig, weil im Grunde genommen in der Situation dann moderiert werden muss zwischen diesen beiden Partitionen sozusagen der Verhandlungsgruppen auf Betriebsbarzeiten. Das ist wirklich so eine, auch eine, nämlich auch häufiger war so ein Wandel in diesem sogenannten Agenten-Prinzipal-Problem. Früher war der Prinzipal als Vorsitzender immer da und hat gesagt, ja, ich kriege das schon, also kriege ich hin. War praktisch gleichzeitig der Agent, der sagen konnte, was gemacht wird und was nicht. Und heute die Verhandlungsgruppen und Führer haben eigentlich die starken Personen im Gremium dann erst zu informieren und zu informieren. Die wissen sozusagen, ich gehe gar nicht erst in die Verhandlung, ich werde erst innerhalb des Gremiums meine Stimme erheben und darüber die Dinge steuern oder zumindest beeinflussen.
[21:59]Beeinflussen. Das erlebe ich auch hier. Sand ins Betriebe schmeißen, kann man auch sagen. Also wenn man es negativ betrachten würde, würde man sagen, ordentlich Sand ins Betriebe schmeißen. Also das ist jetzt zwar sehr wertend, aber im Verhandlungsprozess, wo man eigentlich etwas erreichen möchte auf Betriebsratseite,
[22:15]muss man das irgendwann auch mal so benennen. Also man will ja eigentlich ein Ziel erreichen und zwar innerhalb des Kontextes, in dem man sich befindet. Du hast eben das Wort Einigungsstelle kurz genommen. Wenn ich verhandle, verhandle ich ja häufig vor der Einigungsstelle, denn ich weiß genau, dass die Einigungsstelle mir vielleicht gar nicht das Ergebnis bringen kann, was ich erzielen möchte, weil ich nicht nur Ziel A habe, sondern B, C und D für mich genauso wichtig sind. Das kann ich in der Einigungsstelle aber vergessen. Ja, zeitlich vor der Einigungsstelle. Ja, zeitlich vor der Einigungsstelle, aber der Arbeitgeber dann irgendwann eben auch damit spielen kann, zu sagen, ja Leute.
[22:52]Überlegt euch mal, im Zweifel haben wir hier rein rechtlich auch noch die Einigungsstelle und das ist ja dann ein Gremium, was eine betriebsverfassungsrechtliche Besonderheit darstellt und wo man wirklich, ganz klar sagen muss, man weiß vorher nicht, was hinterher rauskommt. Also das ist ein ehernes Prinzip dieses Einigungsstellenverfahren. Und da erlebe ich es häufig als Verhandlungsargument oder als Verhandlungsmasse, es ist ein Verfahren, das auf jeden Fall der Arbeitgeber bezahlen muss. Und dieses Kostenelement wird häufig genutzt. Da geht die Verhandlung schon los. Betriebsräger sagen, da gehen wir halt vor die Einigungsstelle, wohl wissend, dass das unangenehm ist, kostenmäßig.
[23:36]Und der Arbeitgeber sagt, wenn wir wegen euch jetzt vor die Einigungsstelle gehen müssen, dann bringt das mal euren Wählern bei, dass ihr hier Geld verplempert, wo es doch schon so eng am Gürtel ist. Und da wird dann schon dieses Thema ausgehandelt, zeitlich vor der Einigungsstelle, mit der Drohung damit. Ich habe eine Konstellation, um das mal konkret zu machen, was wir jetzt alles
[23:58]
Mediation in schwierigen Situationen
[23:57]schon auch besprochen haben. Vielleicht können wir uns da nochmal ein paar Sachen deutlich machen, was es heißt, Konflikte zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung. Ich bin da zugerufen worden, da auch wirklich als Mediator, weil zwischen der Personalleitung am Standort eines Konzerns schwere Konflikte mit dem Betriebsratsvorsitzenden waren. Das hatte Auswirkungen, die die Personen drumherum auch wirklich hören konnten und sehen konnten in Meetings. Es war schnell deutlich, die beiden müssen miteinander reden.
[24:29]Und daher kam die Idee auf einer Mediation. Die Idee wurde da bekannt gegeben, da hatte ich noch lange nichts damit zu tun gehabt und es wurde dann eine kleine Runde gemacht, nicht nur die beiden Personen, sondern eben auch Stellvertreter und die rechte Hand und die Personalentwicklung, damit man wirklich so ein kleines Team hat, weil es ging schon auch um strukturelle Themen, die eine Rolle spielten. Und dann kam die Frage auf, wer macht das? Und dann kam mein Name ins Spiel wohl. Und die Personalleitung, die ich da noch nicht kannte, hat dem zugestimmt. Und das erlebe ich auch häufig, dass den Mediatorenvorschlägen dann zugestimmt wird, um einen ersten Schritt auch auf den Betriebsrat zuzugehen.
[25:11]Am Verhandlungstisch, am Mediationstisch geht es so los, jeder erzählt es mal so und jeder macht so seine Dinge deutlich und so eine leichte Stimmung von Kriegsberichterstattung kam auf. Also was ist alles schlimm, wie schlimm, wie unmöglich war der andere und was musste man alles mitmachen. Und jetzt überspringe ich einfach ein paar Situationen und dann saßen plötzlich dort die Personen und waren sich einig, dass die Konflikte, die dazu geführt haben, älter sind. Da war die Personalleitung noch gar nicht vor Ort. Und sie betraf Themen, wir hatten das vor uns schon, der Arbeitszeit und des Arbeitsschutzes, wo Bereiche in diesem Standort, wo sich alle einig waren. Wir machen da Überstunden, also Mehrarbeit. Es gibt Zuschläge. Es wird sozusagen Geld verdient. Und nicht nur von der Firma wird Geld verdient mit den Produkten, sondern auch die Mitarbeiter, die dort eingesetzt waren, konnten mehr Geld verdienen, als jetzt der übliche Lohn war. Und eigentlich kein Problem. Wer hatte also ein Problem nur? Der Betriebsrat sagte, das ist eine Praxis, die wir so nicht belassen können. Und die Praxis hat er schon lange Zeit angebracht und sich mit dem ehemaligen Personalleiter und Standortleiter auch über Jahre hin verkracht. Und jetzt kam die neue Personalleitung hinzu und hat diese Konflikte geerbt. Und es war relativ schnell deutlich, die Personen, die am Tisch saßen, waren…
[26:40]Bei weitem nicht diejenigen, die das ganze Problem oder die ganzen Dinge verzapft hatten. Da sitzen dann am Tisch praktisch welche, die sich schwer verletzt haben auf persönlicher Ebene und müssen erkennen, dass sie zum großen Teil, es gibt natürlich noch Feinheiten, aber zum großen Teil einen Konflikt austragen, der nicht unmittelbar der ihre ist, sondern den sie übernommen haben, geerbt haben, den sie mit ihren Rollen dann auch durchführen müssen. Und die Idee der unmittelbar Beteiligten abreden nicht funktioniert, dass man also nicht alle an einen Tisch holen kann. Hey, du, der hier diesen Podcast hört, wenn er dir gefällt, dann drück doch fünf Sterne und hinterlass ein Feedback, damit auch andere, die den Podcast bisher noch nicht anhören oder gefunden haben, das tun können. Und jetzt geht es weiter mit der Episode im Podcast. Gut durch die Zeit.
[27:38]Nicht alle, weil die aus der Vergangenheit natürlich gar nicht mehr greifbar sind. Genau, bei denen wird es ganz deutlich. Und gleichzeitig auch sozusagen die Ausflucht genommen werden kann. Wir sind ja eigentlich unschuldig, es sind eigentlich die, die nicht mehr greifbar sind. Und jetzt sind wir alle Opfer dieser Person. Das gibt es natürlich auch nochmal. Und das stimmt natürlich auch nicht. Da ist natürlich auch eine Entlastungsfunktion mit verbunden. Ist das eine Situation, wo du sagen würdest, ja, so ist das in Organisation. Das ist nicht der ungewöhnliche Fall. Nein, das ist wirklich nicht der ungewöhnliche Fall. Aus meiner Sicht hängt…
[28:18]Natürlich auch mit der zunehmenden Schnelligkeit der wirtschaftlichen Situation zusammen, dass häufig gerade in einem solchen Teilstandort Menschen als Personalleiter,
[28:33]
Der Wandel in der Betriebsratsarbeit
[28:29]HR-Businesspartner, was auch immer, als Karrierestation durchgezogen werden. Die bleiben zwei, drei Jahre und dann ziehen sie weiter.
[28:37]Das ist aber eine neuere Entwicklung. Früher hatten wir 30 Jahre denselben Personalleiter, meistens männlich, an einer Stelle und wir hatten früher auch häufig mal zehn und mehr Jahre denselben Betriebsrat an einer Stelle. Und da haben sich natürlich Konflikte im persönlichen Bereich aufgeschaukelt. Da weiß man heute noch, wer einem vor zehn Jahren die Tür nicht aufgemacht hat, so im übertragenen Sinne. Das kann ich sehr gut nachvollziehen. Nur ich denke, dass es perspektivisch wahrscheinlich etwas weniger wird, weil wir zumindest auf Arbeitgeberseite einfach einen stärkeren Wechsel gerade in solchen Positionen haben.
[29:11]So erlebe ich das. Auf Betriebsratsseite weniger. Da haben wir schon eine hohe Kontinuität, gerade im Betriebsratsvorsitz, weil eben der Erfahrungsvorsprung einfach da ist. Aber ist natürlich eine klassische Konstellation, aber für die Mediation jetzt auch gerade nicht eine leichte Konstellation, weil die Verletzungen kann ich ja, sag ich mal, nur sehr bedingt aufarbeiten, mangels Präsenz. Ich kann nur Spielregeln im Grunde genommen für die Zukunft versuchen zu vereinbaren und damit um Vertrauen werben. Das finde ich interessant, dass das sozusagen eine Konstellation oder eine provozierte Situation ist aus einem gewandelten Verständnis seitens der Geschäftsleitungen, also dass dort die Management-Ebene für zwei, drei Jahre nur da ist und dass selbst die Standortleiter oder auch die Personalleiter am Standort letztlich nur Durchgangspersonal ist. Das kann ich jetzt nochmal anders einordnen, weil häufig war manchmal so der Standortleiter oder auch Personal langjährig gediente und es waren eher so andere Managementfunktionen, die durchgereicht wurden und Betriebsräte.
[30:21]Mir sagte das auch mein Kollege so als Formulierung, das ist das Gewissen am Standort. Die kennen die Historie hier noch. Und selbst dort erlebe ich die letzten Jahre zumindest, also die letzten zehn Jahre, diesen Generationswandel. Den hatten wir ja auch schon im Blick genommen, dass die Fürstinnen und Fürsten abtreten oder auch abgetreten werden und dann die Jungen häufig mit dem Anspruch einer Demokratisierung im Gremium auch dann in die Funktionsrollen stoßen. Ja, und das erklärt auch, es gab schon auch so Kränkungspotenzial oder Kränkungsthemen, wie dass man sauer war, der andere ist weg. Mit dem kann man es nicht mehr klären, obwohl es eben über Jahre hinweg auch schlecht lief bei Klärungsversuchen. Also da kommt so eine Nostalgie manchmal auf, wo man nicht sagen könnte, naja, das würde sich auflösen, wenn der mit am Tisch wäre, sondern das würde sich meist nicht so auflösen, ist meine These.
[31:24]Das sehe ich genauso und es ist ja manchmal auch einfach nur die pure Lust an der Reibung. Also das muss man ja auch benennen. Also das für die Sache, das ja wenig dienlich ist, wenn sich zwei miteinander so verhaken. Das ist, glaube ich, eine ganz, ganz große Aufgabe von Mediatoren, die in einem größeren Kontext an einen solchen Konflikt herangeführt werden, die die Chance haben, das zu tun, außerhalb der Einigungsstelle wirklich relativ schnell zu verstehen, was habe ich hier für Beteiligte, was habe ich hier für eine Konflikthistorie, um genau diesen Punkt herausarbeiten zu können. Geht es um die Sache? Geht es um die Historie? Geht es um persönliche Fäden? Das ist etwas, was dann möglichst schnell im Grunde genommen herausgelöst und nochmal gesondert bearbeitet werden muss, weil sonst haben wir keine Chance, den eigentlichen Sachkonflikt, der uns dahin gebracht hat. Zu lösen. Also ob man es dann tatsächlich in einer Mediation, in der Mediation löst, ist eine andere Fragestellung, aber man kann es nicht unbearbeitet lassen, man muss es ansprechen. Ja, ich habe manchmal die Vermutung, dass dieses auch Kleben an solch Konfliktperspektiven, die so unmittelbar persönlich behaftet sind.
[32:41]Dass das auch eine positive Funktion hat oder eine konstruktive Funktion, die Dinge überschaubar zu machen.
[32:50]Also das ist eben dann der Karl-Heinz, der hier lange Jahre Standortleiter war. Und mit dem habe ich mich damals in dieser Situation so gezofft, dass der mich vor aller Mannschaft runtergemacht hat oder so. Und dann hat das so einen persönlichen Einschlag, den er jedem deutlich machen kann, dass es darstellbar bleibt. Weil ich jedem klar machen kann, vor versammelter Mannschaft runtergemacht zu werden, ist ein No-Go. Und das kann ich jedem irgendwie deutlich machen. Selbst wenn er sich allparteilich und neutral schimpft. Da muss er auf meiner Seite sein. Und jetzt kommt noch eine Perspektive mit rein, die ich dann wenige Monate später in diesem Bereich oder in dieser Firma erlebt habe. Das war eine gute Mediation, auch für die Beteiligten, diese erste Situation, weil dieses neue Zusammenspiel, neue Personalleitung und Betriebsrat hat einen
[33:37]
Neue Anfänge durch Mediation
[33:37]guten Auftakt genommen. Und da haben wirklich alle Seiten, trotz ihrer Verletzung, wegen den Verletzungen, aber auch weil es neu war und dieser Neustart gelingen sollte, da war hohe Motivation da. Und da hat es gut geklappt. Das ist auch eine andere These. Wenn die einmal am Mediationstisch sitzen, ist die Hälfte der Arbeit eigentlich schon getan. Da ist so viel Motivation da, da kann man eigentlich als Mediator nur noch Fehler machen. Man muss eigentlich gar nichts machen, außer die Zeit gewähren. Aber es kam später dann nochmal zu einer erweiterten Gesprächsrunde aus anderem Anlass und da kam nochmal etwas auf, was mir auch erst und ausschließlich in solchen großen Konzernen war.
[34:16]Aufgefallen ist. Die Situation, die ich vorhin beschrieben habe, dass da Arbeitszeitverstöße im Einverständnis gemacht werden, die ist ja jetzt sehr einseitig dargestellt worden im Sinne von dort, dort haben welche was gemacht, was nicht in Ordnung ist und das ist die Ursache. Etwas größer gezogen wurde nämlich dann mir auch erst später deutlich, das war also nicht nur ein Konzern, sondern es war ein ausländischer Konzern. Die Zentrale war also gar keine deutsche Firma und dort war das Management als deutsches Management mit dem Betriebsverfassungsgesetz zwar unterm Arm vielleicht aufgetreten, aber es hat dort keinen interessiert. Und dass sie hier die Produktion sozusagen auf nicht ganz korrekte Weise ermöglicht bekommen haben, und zwar auch durch die Motivation ihrer Mitarbeiter, hat den Standort auch einfach gerettet oder beziehungsweise hat ihn einfach mitspielen lassen in diesem internationalen Bereich. Und das war vielen Betriebsreden auch nicht klar, die eher sagen, was interessieren mich denn die Anforderungen aus den anderen Ländern? Wenn diese Firma hier in Deutschland produzieren will, muss sie sich an deutsche Gesetze halten. Und deshalb müssen doch die Geschäftsführer hier und die Standortleiter denen deutlich machen, so geht das nicht in Deutschland.
[35:38]Heerer Anspruch, aber das mussten die ja in der Zentrale auch nicht vertreten. Wie erlebst du die Problematik, dass die Arbeitsschutzgesetze und vor allem das Betriebsverfassungsgesetz mit diesen Betriebsräten im Ausland sozusagen anders wahrgenommen werden? Und erst recht von Firmen, die in Deutschland produzieren, aber eben, ich sag mal, nicht von Hause aus diese gesetzlichen Grundlagen eingeübt und eingeimpft bekommen?
[36:08]
Internationale Herausforderungen im Arbeitsrecht
[36:05]Das ist klassischerweise ein großes Konfliktpotenzial. Es ist, wie du so schön gesagt hast, da ist das Betriebsverfassungsgesetz unterm Arm, aber nicht im Kopf.
[36:14]Also es ist sozusagen, die deutschen Manager haben ja gewisse Berührungspunkte, auch ein gewisses Bewusstsein dafür. Eine hohe Sensibilisierung würde ich jetzt schon mal gar nicht sagen. Ja, aber Sie sind dann in der Situation, das auch noch gegenüber Ihren amerikanischen Partnern darzulegen, was für Sie, glaube ich, schon unglaublich schwer ist, weil Sie in den amerikanischen, also wenn ich jetzt mal auf die USA fokussiere, existiert das in der Form ja nun überhaupt nicht. Was für Sie also eine wirkliche Herkulesaufgabe ist, wo ich häufig in der Praxis erlebe, dass ja ein hohes Frustrationspotenzial auch da ist. Also für die deutschen Ansprechpartner, dann der Betriebsräte, die sagen, wir haben es adressiert, wir haben gefragt.
[36:53]Wir kriegen keine Zahlen zum Beispiel, ja, wir kriegen keine näheren Informationen. Es interessiert da auch wenig, dass die deutsche Rechtsprechung sich da ja auch weiterentwickelt hat und gesagt, im Zweifel müssen schon auch Zahlen beschafft werden. Dazu gibt es ja mittlerweile auch Einstiegiges. Aber das ist nicht so weit vorgedrungen, dass es da irgendetwas geändert hat. Also das ist die eine Perspektive. Die sind deutlich unter Druck. Ich habe aber auch noch eine andere Perspektive, dass die Mitarbeitenden in Unternehmen, was jetzt nicht gerade Produktionsunternehmen sind, sondern Dienstleister, Softwareentwickler, was auch immer, die sind mittlerweile in Teams aufgestellt, die ja überhaupt nicht mehr rein deutsch sind, sondern die arbeiten möglicherweise rund um den Globus. Und auch da ist natürlich die Wahrnehmung, was habt ihr da in Deutschland, was soll das, ist schon eine unglaublich schwierige, sodass die Betriebsräte, das habe ich wirklich auch erlebt, teilweise an zwei Fronten kämpfen. Einmal gegenüber der Personalleitung, der Geschäftsführung in Deutschland, der sie ihre Forderungen verdeutlichen müssen, aber zum anderen auch noch in den eigenen Teams dafür zu werben, nach dem Motto, das funktioniert hier in Deutschland einfach nicht so.
[38:01]Und da habe ich auch schon oft erlebt, dass einfach da Betriebsräte auch ihre Ansprüche an eine ordnungsgemäße Durchführung der Prozesse deutlich herunterschrauben, weil es einfach nicht anders geht. Ja, das erlebe ich auch. Und dass das häufig eine Reaktion ist, weil auch die Kollegen sich loskoppeln vom Betriebsrat, sagen, der kann mir da nicht helfen, der ist da kein tauglicher Ansprechpartner, wenn es um diese Themen geht. Ich mache das einfach so mit, als bin ich eben ein Mitarbeiter wie die anderen auch und ich kann mich jetzt nicht auf deutsche Gesetze ernsthaft berufen, weil dann würde das Zusammenarbeiten nicht funktionieren. Ich fand das ja schön, dass du das Bild mit dem Gesetz unterm Arm und im Kopf nochmal so pointiert hast. Ich kann mir gut vorstellen.
[38:50]Da habe ich jetzt nicht so viel Fallerfahrung, dass ich sagen könnte, das ist üblich, aber einzelne Fälle, wo ich schon rausgehört habe, auch in der Arbeit mit Managern, das ist eigentlich argumentativ eine komfortable Situation, sich auf Gesetze zu berufen, des deutschen Gesetzgebers. Da muss man das nicht sozusagen an die eigene Qualität der Arbeit oder Fähigkeit oder so der deutschen Mitarbeiter etc. Knüpfen, sondern sorry, das ist halt hier Gesetz so. Und dann heißt es noch lange nicht, dass die Vorgesetzten sagen in den anderen Staaten, na gut, dann halten wir uns, sondern die sagen, haltet euch dran und macht euren Job. Also ich gehe nicht mit den Ansprüchen zurück, aber ihr müsst das eben gesetzmäßig durchführen, völlig klar. Und dann ist das Dilemma da. Aber worauf ich hinaus will, ist, die bringen das an, die adressieren das, dass sie hier gesetzlichen Anforderungen unterliegen und würden und werben auch dafür, dass das natürlich der Standard ist.
[39:52]Kommen zurück, aber natürlich mit der Maßgabe die Zahlen so zu erfüllen, wie es eben verlangt wird und kriegen dann den Vorwurf von den Betriebsräten, ihr setzt euch nicht genügend ein. Ihr macht das denen dort nicht genügend deutlich, sonst würden die ja anders reagieren. Da erlebe ich das Dilemma, dass die wirklich zwischen Baum und Burke, also wirklich in die Ecke getränkt sind und sagen, ja, was soll ich denn noch tun? Und es ist auch ein kaum auflösbares Dilemma, weil man nicht einfach sagen kann, na Betriebsrat, dann fahr du doch nach. New York, Pretoria.
[40:29]China, wo auch immer hin und macht denen das mal klar. Ja, ich glaube schon, dass es ein persönliches Dilemma gibt an der Stelle. Ich glaube aber auch, dass es ein Einfallstor ist und das meine ich gar nicht negativ, sondern für sehr qualifizierte arbeitsrechtliche und spezifisch betriebsverfassungsrechtliche Beratung des Arbeitgebers. Denn gerade da im internationalen Kontext ist ein großes Auftragsaufkommen da, das eben geprüft wird, was muss hier in Deutschland an Standards eingehalten werden oder in Europa an Standards, wir haben ja nochmal einen ganzen Haufen an europäischen Standards und das dann eben auch gezielt Beratungs dahingehend erfolgt, bestimmte Linien, also rote Linien zu ziehen, aber auch weichere Linien zu ziehen und da erhalten schon die Manager nach meiner Erfahrung dann auch qualifizierte Unterstützung durch Externe. Das ist ein effektives Beratungsgeschäft, was Sie aber von dem persönlichen Dilemma, der Anwalt, der Berät sitzt nämlich dann nicht im Jouofix mit dem Betriebsrat, nicht befreit. Also das ist schon dann in der Konstellation der Durchführung und der Diskussion vor Ort nach wie vor ein schwieriger Posten und eine schwierige Aufgabe.
[41:51]
Fazit und Ausblick auf die Zukunft
[41:43]Das räume ich sofort ein. Antje, damit sind wir am Ende und mit der Serie auch fertig.
[41:51]Es ist für mich nochmal deutlich geworden heute, man kann zwar diese Konfliktlinie Geschäftsleitung, Betriebsrat sehr klar im Gesetz erkennen, die sozusagen sagt, naja, das ist doch ziemlich deutlich, da sind halt unterschiedliche Interessen und die müssen halt verhandelt werden. Dafür gibt es das Gremium und Vertreterregeln. So, Punkt. Es gibt sogar dann auch die Einigungsstelle als Verfahren.
[42:17]Aber die Fälle, die wir uns angeschaut haben, haben mir deutlich gemacht, es gibt wesentlich mehr Interessenlagen, die auch nicht so einfach an den Tisch zu bekommen sind. Und selbst wenn sie am Tisch wären, würden sie deshalb noch lange nicht einfach mediiert und ausgehandelt werden können. Sondern das ist ein sehr komplexes Zusammenspiel, das mit einer klassischen Mediation relativ wenig zu tun hat. Es gibt viele Akteure und die Welt ist sehr bunt an der Stelle. Genau, sehr klar ausgeprägt.
[42:50]Gut, ja, jetzt haben wir die Reihe abgeschlossen. Wir haben den Betriebsrat als Konfliktakteur und als Konfliktfeld von vielen Seiten betrachtet. Würdest du sagen, wir haben wesentliche Punkte oder neue oder andere Perspektiven gar nicht aufgegriffen bisher? Ich denke, wir haben es ganz gut umrissen, wohl wissend, dass aufgrund der Vielzahl der Akteure auch eine Mehrzahl von Konfliktlinien da sind, die wir hier im Einzelnen nicht aufdröseln und auch mit Blick auf ihr Potenzial, was Mediation anbelangt, nicht betrachten können. Aber ich denke, im Großen und Ganzen haben wir das bearbeitet.
[43:36]Ja, dieser Punkt, den wir heute nannten, nochmal so, dass ein Betriebsrat praktisch mehr ein Politiker ist, denn als ein Arbeitnehmer, das wäre nochmal eine eigene Perspektive wert, wie viele unterschiedliche Perspektiven und Interessenlagen er in diesem Wahlamt zu beachten hat. Und gar nicht mal nur, damit andere erkennen, ach Mensch.
[43:56]Du hast es aber auch schwer, sondern auch Betriebsräte wirklich auch deutlich zu machen, das ist erkannt von außen, dass das ein Minenfeld ist, bei dem man häufig gute Miene zum problematischen Spiel machen muss. Es ist eine Herausforderung, auf jeden Fall. Ich bedanke mich, Anja, dass du diese drei Episoden mit mir hier durchgesprochen hast und deine Erfahrungen mit Betriebsräten und mit Konfliktlagen, bei denen Betriebsräte involviert sind, geteilt hast. Sehr gerne. Ebenso. Ich wünsche dir eine gute Zeit und möglicherweise bis bald, denn das Thema wird weiterhin hier im Blick behalten werden. Ich würde mich freuen. Vielen lieben Dank. Schön, dass du mit dabei warst. Wenn dir es gefallen hat, hinterlass doch ein Like und einen Kommentar, sodass auch andere diesen Podcast hier zu den Themen Konfliktmanagement und Coaching, Mediation auch finden können. Mich würde es freuen, uns würde es helfen. Ich bedanke mich bei dir und verbleibe mit besten Wünschen. Euer Sascha von INKOVEMA, dem Institut für Konflikt- und Verhandlungsmanagement, und Partner für professionelle Mediations- und Coaching-Ausbildung.