#21 EdM – Konfliktmediationen mit Arbeitnehmervertretungen

Unterschiedliche Mediationskonstellationen im Kontext von Betriebsräten, Personalräten oder Mitarbeitervertretungen.

Episoden der Mediation.

Der Podcast zu den praktischen Fragen zur Mediation und des Konfliktmanagements.

Herzlich Willkommen zu den Episoden der Mediation,

dem Podcast von INKOVEMA zu den praktischen Fragen der Mediation und des Konfliktmanagements.

Ich bin Sascha Weigel und erläutere in diesem Podcast Fallfragen aus meiner Mediations- und konfliktberaterischen Praxis. Ich stelle Konzeptionen und Modelle der Mediation vor und ordne unterschiedliche Perspektiven und Entscheidungsmöglichkeiten ein.

Das ist Folge 21 – Konfliktmediationen mit Arbeitnehmervertretungen

Unterschiedliche Mediationskonstellationen im Kontext von Betriebsräten, Personalräten oder Mitarbeitervertretungen.

In der vergangenen Episode bin ich auf die Herausforderungen eingegangen, die die strukturellen Besonderheiten von AN-Vertretungen in Organisationen bei der mediativen Konfliktbearbeitung mit sich bringen.

Dabei habe ich den Ausgangspunkt, dass es sich um Organisationsmediation handelt, bei denen es letztlich nur eine  Auftraggeberin gibt, namentlich die Organisation.  Das würde für den Auftragsklärungsprozess dazu führen, dass eben dieser Klärungsprozess, was die Organisation, vertreten durch die GF/HR mit der Mediation,  erreichen will, den Mediationsgesprächen im engeren Sinne, den eigentlichen Vermittlungsgesprächen vorgeschaltet werden muss- anders als bei einer klassischen Mediation.

Jedoch würde diese Vorgehensweise, die für eine Organisationsmediation bedeutsam ist, die besonderen (kollektivbezogenen) Rechte und damit die Stellung des Betriebsrats missachten. Für die Mediation und Organisationsberatung ist es daher ganz praktikabel, soweit der Betriebsrat Konfliktpartei ist(!), die Vorgehensweise einer klassischen Mediation zu wählen, bei der zwei gleichberechtigte Partner eine Mediation wünschen (oder auch nicht, was aber im Auftragsklärungsprozess, also in der Kontraktphase – Episoden 13 und 14). Der Betriebsrat kann also unter praktischen Erwägungen für eine Prozessberatung i.S.d. Mediation und Organisationsberatung als eine eigenständige Organisation der Organisation angesehen werden. Zwar gibt es den Betriebsrat nicht ohne die Organisation, aber dennoch führen die Rechte des Betriebsrats, die das Betriebsverfassungsgesetz verleiht, dazu, dass es sich im Rahmen dieser Rechte um eine eigenständige Organisation handelt, die auch so von externen Beratungspersonen behandelt werden können.

Zusammenfassend: Bei Organisationsmediationen, bei denen die Arbeitnehmervertretungen Konfliktpartei sind, kann man im Wege einer Klassischen Mediation vorgehen, also eine Mediation zwischen zwei gleichberechtigten oder besser nicht gegenseitig weisungsbefugten Konfliktparteien ansetzen.

So bin ich aktuell in einem Industriebetrieb für die Standortleitung und den Standortbetriebsrat als Mediator tätig, die diese Mediation ausgehandelt haben, um den eskalierenden Schritt zur Einigungsstelle zu verhindern. In diesem Spannungsfeld ist auch die Motivation zur Mediation anzusiedeln, denn keineswegs alle Personen in diesen Gremien und Personenkreisen sind von diesem Weg überzeugt – und bringen das auch zum Ausdruck.

Ich möchte aber noch auf eine weitere Besonderheit aufmerksam machen, auf die mich in den vergangenen Wochen die Praxis gestoßen hat: Ein Mitarbeiter hat in einer großen Wissenschaftsinstitution eine Mediation mit Kollegen und besonderen Beauftragten verlangt, nachdem Beschwerden über sein Verhalten dazu geführt haben, dass er formelle Anweisungen von seinem Arbeitgeber erhalten hat, die die Ausführung seiner gewohnten Arbeitsweise beschränkten. Diesen Anweisungen hat er sich, anwaltlich beraten und vertreten, entgegengestellt und eine Mediation mit den Beschwerdeführer*innen angeregt.

Der Fall weist in der Tat noch viele Aspekte auf, die ganz unterschiedlich gedeutet werden und für die Mediation selbst nicht ganz unproblematisch sind. Hier kommt es mir auf folgenden Punkt an: Die formelle Anweisung steht den anvisierten Mediationsgesprächen zwischen den unmittelbaren Kolleg*innen zunächst im Wege, denn diese Gespräche können diese Anweisungen nicht aus der Welt schaffen, deren Autorität aber durchaus untergraben.

Deshalb bin ich hier dem Weg gefolgt, zunächst zwischen den Vertreter*innen des Arbeitgebers und der angewiesenen Person Vermittlungsgespräche anzuberaumen, bei denen diese Konfliktparteien die Möglichkeit haben, sich gegenseitig ins Bild zu setzen, Ihre Ansprüche aneinander und auch Interessen darzulegen, vor allem aber auch die Leitplanken zu verdeutlichen, die möglicherweise, wenn auch unwissentlich übertreten wurden.

Und erst im Anschluss ist es dann möglich, soweit dann auch noch nötig, zwischen den Kolleg*innen und besonders Beauftragten, ggf. auch den Organisationsklient*innen, also den Kund*innen der Organisation unmittelbare Vermittlungsgespräche zu führen. Spezifischer kann ich hier nicht darauf eingehen, weil es mir um die Strukturvermittlung in diesem Lehrpodcast geht, nicht um Gossip. Ich hoffe aber, ich konnte die Strukturen deutlich vermitteln und die Fragen, die sich für die Mediator*innen hier stellen, verdeutlichen und beantworten.

Eine dritte und letzte Konstellation mit einer Arbeitnehmervertretung will ich noch einbringen in diese Episode: Ein traditionsreiches Familienunternehmen, aufgestellt als weltweit agierender Konzern, hat einen Produktionsstandort, der auch in der Zentrale mit Sorge betrachtet wird. Die Konflikte am Standort, in deren Gemengelage keineswegs nur die Standortleitung und der Standortbetriebsrat involviert sind, sondern auch große Teile der Belegschaft, führen dazu, dass vor Ort eine Mediation zwischen Unternehmensvertreter*innen und dem Betriebsratsgremium erwünscht sind und auf Wunsch aller auch anberaumt werden. Ein recht aufwendiger Such- und Entscheidungsprozess führte dann dazu, dass ich und mein Team als Mediator*innen tätig werden dürfen und wollen.

Auch wenn hier die kollektivbezogenen Rechte des Betriebsrats durchaus in Rede standen, also zumindest konfliktär in die Konfliktkommunikation geführt wurden, haben ich und mein Team die Situation nicht konzeptionell so strukturiert, dass wir von einer klassischen Mediation zwischen zwei gleichberechtigten bzw. – wie weiter oben benannt – gegenseitig nicht weisungsberechtigten Konfliktparteien (Arbeitgeber und Betriebsrat) ausgegangen sind, sondern empfahlen, die Standortleitung einerseits und den Betriebsrat andererseits als Konfliktparteien zu behandeln – und die Konzernleitung, also die Führungsfiguren in der Zentrale als auftraggebende Personen(gruppe) zu konzipieren, die ebenjenen Standort-Konfliktparteien eine Mediation gewährt, mit dem Wunsch und Auftrag, die Konflikte zu klären und gemeinsame Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen; d.h. die Bedingungen dafür auszuhandeln.

Das war’s für dieses Mal, vielen Dank fürs Zuhören, und vielleicht konntest Du die ein oder andere Idee für einen Deiner Fälle entwickeln, weiterspinnen und Entscheidungen treffen. Dafür wünsche ich gutes Gelingen!

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Für den Moment verabschiede ich mich bei dir mit den besten Wünschen. Bis zum nächsten Mal!

Komm gut durch die Zeit!

Dr. Sascha Weigel