INKOVEMA-Podcast „Gut durch die Zeit“

#47 – Deal Mediation oder die Vertragsmediation ohne Konflikt

Mediation ohne Konflikt – Wer braucht so etwas und wieso hat der deutsche Gesetzgeber das nicht (auch so) gesehen?

Im Gespräch mit Jörg Schneider-Brodtmann

Gut durch die Zeit. Der Podcast rund um Mediation, Konflikt-Coaching und Organisationsberatung.

Jörg Schneider-Brodtmann, Rechtsanwalt bei Menold Bezler in Stuttgart und Zertifizierter Mediator. Die WirtschaftsWoche 34/2019 bezeichnete den Verhandlungsexperten als einen der renommiertesten Anwälte für IT-Recht (Mitautor des IT-Recht Kommentars im Verlag Dr. Otto Schmidt KG), der sich seit Jahren für die Vorzüge der Mediation auch in konfliktanfälligen, weil komplexen Vertragsbeziehungen stark macht – und eine mediative (Vertrags-)Prozessbegleitung anrät, auch wenn es noch nicht zu einer (eskalierten) Konfliktsituation gekommen ist. Inwieweit dieses vermittelnde, allparteiliche Vorgehen diesseits eines Konflikts „Mediationsarbeit“ ist und welche Auswirkungen es hat, dass das deutsche Mediationsgesetz einen Konflikt konstitutiv „verlangt“, erläutert Jörg Schneider-Brodtmann in dieser Episode mit Sascha Weigel.

Inhalte:

  • „Deal Mediation“ – Mediation ohne Konflikt? Bei der Vertragsmediation unterstützt ein neutraler Dritter die Parteien im Verhandlungsprozess – bis hin zum anvisierten Vertragsschlusses. Das Verfahren ist maßgeblich dadurch gekennzeichnet, dass zum Zeitpunkt des Prozessbeginns kein (manifester oder eskalierter) Konflikt vorliegt, sondern allenfalls ein – allseits anerkannter – Interessengegensatz, der jedoch durch potenzielle Interessensgleichläufe auf gemeinsam zu erschaffende Gewinne nicht im Vordergrund steht, sondern beachtet werden will. Konfliktpotenziale, die aufkommen, wenn gemeinsam etwas Neues geschaffen werden will, werden mithin ernst genommen – und die vertraglichen Absprachen von Beginn an mit Hilfe eines neutralen, allparteilich agierenden Dritten unterstützt.

  • Nutzen der Deal Mediation: Im Grunde ist jede Streitbeilegung durch Mediation auf die Herbeiführung einer Einigung, also einen Vertrag ausgerichtet. Die Anwendung der Mediationsprinzipien auf Vertragsverhandlungen, denen kein (manifester) Konflikt zugrunde liegt, ist daher aus methodischer Sicht konsequent.   Als Vorteile der Deal Mediation werden u.a. hervorgehoben, dass sich die Parteien bei Hinzuziehung eines Mediators mehr auf die Verhandlungsinhalte als den Prozess konzentrieren können, wertschöpfende Aspekte gegenüber der bloßen Wertverteilung stärker betont werden, Unterschiede im Verhandlungsstil und der Verhandlungsmacht der Parteien ausgeglichen, sprachliche und kulturelle Hürden überwunden und aus dem „Verhandlungsdilemma“  resultierende Verhandlungsblockaden leichter aufgelöst werden können.  Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Vorteil liegt darin, dass der einmal ausgewählte Vertragsmediator im Falle eines erfolgreichen Vertragsschlusses den Vertrag über dessen gesamte Laufzeit hinweg begleiten und beim Auftreten von Störungen und Eskalationen jederzeit zur Konfliktbeilegung eingesetzt werden kann. Der Vertragsmediator agiert in diesem Sinne als „Counsel to the Deal“.
  • Historie und Konzeption: Das Konzept der Deal Mediation wurde zunächst in den USA als neues Tätigkeitsfeld für Rechtsanwälte vorrangig in komplexen grenzüberschreitenden Transaktionen entwickelt und im Anschluss daran in Europa rezipiert. In Deutschland wurde diese Entwicklung bereits im Vorfeld des Mediationsgesetzes aufgegriffen und befürwortet, gleichwohl aber nicht im Mediationsgesetz rechtlich verankert.

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