#25 EdM – Co-Mediation zwischen fremden Mediatoren

Wer nichts riskiert, riskiert zu viel.

Co-Mediation durch Mediator*innen, die zunächst nur das Vertrauen einer Konfliktpartei innehaben, aber gemeinsam beauftragt werden würden.

Episoden der Mediation.

Der Podcast zu den praktischen Fragen zur Mediation und des Konfliktmanagements.

Herzlich Willkommen zu den Episoden der Mediation,

dem Podcast von INKOVEMA zu den praktischen Fragen der Mediation und des Konfliktmanagements.

Ich bin Sascha Weigel und erläutere in diesem Podcast Fallfragen aus meiner Mediations- und konfliktberaterischen Praxis. Ich stelle Konzeptionen und Modelle der Mediation vor und ordne unterschiedliche Perspektiven und Entscheidungsmöglichkeiten ein.

Kapitel

0:08 –Einführung in die Komediation
4:03 – Herausforderungen der Vertrauensbildung
6:21 – Co-Mediation in der Praxis
10:39 – Risiken und Chancen der Mediation
12:23 – Abschluss und Ausblick

Inhalt

In dieser Episode des Mediation-Podcasts analysiere ich die Herausforderungen und Chancen der Co-Mediation zwischen Personen, die sich nicht kennen. Ich teile zwei spezifische Fälle und erläutere, wie diese Konstellationen sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich bringen können. Co-Mediation, die sowohl in der Theorie als auch praktisch betrachtet wird, ist im deutschen Mediationsgesetz verankert und bietet die Möglichkeit, mehrere Mediatoren in einen Prozess einzubeziehen, um die Interessen aller Beteiligten besser zu berücksichtigen.

Ein zentraler Aspekt ist die Möglichkeit, unterschiedliche Fachkenntnisse zu kombinieren. Ich erörtere, wie psychologisches Wissen, rechtliche Expertisen oder spezifisches Fachwissen aus den Bereichen wie Architektur oder Pädagogik in die Mediation eingebracht werden können. Diese Vielfalt kann zu einer kreativeren Problemlösungsfindung beitragen und hilft, kulturelle Differenzen zu adressieren – besonders in internationalen Konflikten oder in Firmen, in denen Mitarbeiter aus unterschiedlichen Hintergründen kommen.

Ich thematisiere auch die Skepsis der Konfliktparteien gegenüber Mediatoren, die ihnen nicht vertraut sind, und warum diese Bedenken oft dazu führen, dass Mediationen nicht zustande kommen. Im Kontext von Konflikten zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung wird deutlich, dass das Vertrauen zu einem Mediator entscheidend für den Erfolg der Mediation ist. Ich stelle fest, dass ein neutraler Mediator oft nicht ausreicht, damit die Mediation auch stattfindet.

Ein weiteres Beispiel, das ich anführe, behandelt die Ingenieure und Mediatoren, die im Vorfeld entscheidende Kommunikationsprozesse einleiten sollten, um Missverständnisse zu vermeiden. In einem solchen Szenario, in dem die Mediatoren sich selbst erst kennenlernen müssen, erörtere ich, wie wichtig es ist, eine vertrauensvolle Arbeitsbeziehung aufzubauen, um die Interessen der Konfliktparteien bestmöglich vertreten zu können.

Ich ziehe einen Vergleich zwischen der Co-Mediation sich fremder Mediatoren, die nur das Vertrauen jeweils einer Konfliktseite innehaben mit der Konstellation der kollaborativen Praxis, wo Anwälte und Mediatoren unter Ausschluss von Prozessvertretung arbeiten. In beiden Fällen ist das Vertrauen zwischen den Mediatoren und den Parteien entscheidend, jedoch unterscheiden sich die Grundlagen, da die Mediatoren in der kollaborativen Praxis oft bereits eine Beziehung zu einer der Parteien haben.

Abschließend plädiere ich für eine offene Diskussion über die Risiken und Vorteile der Co-Mediation zwischen Mediatoren, die sich nicht kennen und jeweils lediglich das Vertrauen einer Seite im Konflikt genießen. Ich ermutige die Zuhörer, ihre Gedanken und Erfahrungen zu teilen und stelle fest, dass auch in schwierigen Situationen professionelle Methoden zur Verfügung stehen, um mögliche Konflikte adäquat zu navigieren. Ich hoffe, dass dieser Austausch anregt, neue Wege in der Konfliktbearbeitung zu erkunden und Mut zur Zusammenarbeit zu zeigen.

Vollständiges Transkript

[0:01] Herzlich willkommen zu den Episoden der Mediation, dem Podcast von Inko Firma
[0:08] Einführung in die Co-Mediation
[0:05]zu den praktischen Fragen der Mediation und des Konfliktmanagements. Ich bin Sascha Weige und erläutere in diesem Podcast Fallfragen aus meiner Mediations- und konfliktberaterischen Praxis. Das ist Folge 25, Co-Mediation zwischen Fremden, Mut zum Risiko, es lohnt sich. Der heutigen Episode liegen zwei Fälle zugrunde und mehrere Anbahnungen, die dann doch nicht zustande gekommen sind, aber das wird sich auch gleich beim Thema dann von selbst erklären, weshalb, zumindest wo ein Punkt lag, der das Ganze zum Scheitern brachte. Und zwar eine Mediation, bei der ich mit einer Co-Mediatorin und einem Co-Mediator jeweils bei den zwei Fällen gearbeitet habe, die ich vorher nicht kannte und die ich erst durch die Mediation kennengelernt habe und mit ihr dann und mit ihm jeweils zusammengearbeitet habe.
[1:11]Und folgende Besonderheit hat das, denn Co-Mediation ist von Gesetzes wegen erlaubt. § 1 Absatz 1 des Mediationsgesetzes spricht von Mediator*innen, also im Plural, und damit eben auch von der Möglichkeit, dass Co-Mediation erlaubt ist. Nicht selten wird Co-Mediation benutzt, damit Mediatoren in Praxis kommen und ein erfahrener Mediator und ein Hospitant die Mediation gemeinsam durchführen und dadurch Praxiserfahrung bekommen. Oder dass man mit Co-Mediation die Unterschiede zwischen Rechtsanwaltsmediatoren und Mediatoren versucht auszugleichen oder auch zu umgehen, die zustande kommen durch die Restriktionen des Rechtsdienstleistungsgesetzes. Darauf will ich jetzt aber nicht näher eingehen, sondern das vielleicht nochmal einer anderen Episode vorbehalten.
[2:14]Maßgebend ist aber, dass die Möglichkeit von Co-Mediation nicht zugunsten von Mediatoren geschaffen wurde, sondern zugunsten von Konfliktparteien und den Parteien, die in der Mediation agieren. Und wenn man sich diese Möglichkeiten, die Praxis anschaut, dann wird man feststellen, dass Co-Mediation auch dort nicht unbedingt etwas Besonderes ist, sondern sehr hilfreich. Man denke zum Beispiel an die Möglichkeit unterschiedlicher Fachkenntnisse, psychologische Kenntnisse, rechtliche Kenntnisse oder auch Sachverstand mit in die Mediatorenseite zu bekommen. Stichwort Architekten, Theologie, Pädagogik. Also da lässt sich sozusagen auf Seiten der Grundberufe nochmal eine größere Komplexität herstellen. Und wir haben natürlich auch die Möglichkeit, dass die, kulturellen Unterschiede abgebildet werden können im Mediatoren- bzw. im Beratersystem. Wir denken da zum Beispiel an internationale Scheidungs- und Trennungsmediation.
[3:25]Der Berliner Verein MIKK hat sich darauf spezialisiert, eben auch Mediatoren vorzuhalten, die unterschiedliche Sprachen beherrschen und damit auch die Vielfalt von internationalen Paaren abbilden können, deren Kultur- oder auch Professionskreise. Wir können aber auch an internationale Wirtschaftsstreitigkeiten denken, wo es sich lohnt, Vertreter unterschiedlicher Rechtskulturen, Stichwort Common Law und kontinentaleuropäische Rechtstraditionen, die doch sehr unterschiedlich sind, dass diese innerhalb der Mediatorenschaft
[4:03]
Herausforderungen der Vertrauensbildung
[3:59]abgebildet werden können und für die Qualität auch sollten. Ich will hier aber auf eine Konstellation hinweisen, die mir meines Erachtens noch unterschätzen wird und praktisch notwendige Mediationen dann auch zustande kommen lassen würde.
[4:18]Nehmen wir den Beispielsfall Streit zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung. Beide Seiten sind gut geschult, haben ihre Berater in der Regel in der Hinterhand, von denen mittlerweile auch viele Mediatoren sind. Aber schlägt die Geschäftsführung eine Mediation vor und bringt ihren Mediator mit ins Spiel, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass der Betriebsrat sagt, ist nicht unser Mediator. Und der Betriebsrat ähnlich, der Mediatorin kennt, vielleicht Ausbildungen gemacht hat und Schulungen und dadurch mit Personen bekannt ist, schlägt diese vor, wird sie von der Geschäftsführung auch nicht so einfach angenommen werden. Diese Person oder die Geschäftsleitung, das erlebe ich auch häufig, geht in eine Art Vertrauensvorschuss und gewährt dem Mediator, der jetzt von der Betriebsratsseite vorgeschlagen wurde, die Mediation. Häufiger erlebe ich aber in diesen Konstellationen, dass die Mediation nicht zustande kommt. Denn auf einen neutralen Mediator wird sich dann nicht verständigt.
[5:25]Das erlebe ich recht häufig und es ist auch ein Referenzfall oder eine Referenzsituation, die mich zu dem Gedanken führt, den ich schon oft ausgeführt habe, dass Mediation eine ziemliche Zumutung ist. Das heißt, sie ist sehr voraussetzungsreich und von vielen Faktoren auf beiden Seiten abhängig. Vertrauen ist das eine, Erfahrung mit der anderen Person kommt noch hinzu. Und auch der Aufwand, der dann betrieben werden müsste, um diese Hürden zu nehmen, lohnt der sich zur Aussicht, den die Mediation bringt, nämlich keine garantierte Lösung. Und dann stehen eben Verfahren auch bereit, die zielführend sind. Einigungsverfahren, Einigungsstelle im Rahmen des Betriebsverfassungsrechts ist so eine Möglichkeit, die dann auch zu einem Ergebnis führt, das durchsetzbar ist.
[6:21]
Co-Mediation in der Praxis
[6:21]Und an dieser Stelle kommt das Thema Co-Mediation zwischen Fremden vor. Ich meine nämlich nicht, dass die Konfliktparteien sich nicht kennen, weil sie Rollenträger in großen Organisationen sind, sondern ich meine die Fremdheit zwischen den Mediatoren. Ich hatte vor einiger Zeit, das ist schon länger her, diesen Fall, dass eine ähnliche Konstellation in einem Betrieb, eine Person, die sich gemobbt fühlte und unter Druck gesetzt sah, bei einer Beratungsstelle dann den Hinweis auf eine Mediatorin, die zur Verfügung stünde und sich mit dem Thema auskennt.
[7:03]Helfen würde, soweit das im Betrieb gewünscht ist. Und dieser Betrieb dann aber auch einen Mediator seinerseits, dem Vertrauen entgegengebracht wurde, das war ich, ins Spiel gebracht hat. Und die Frage stand dann im Raum von der Firma, würden Sie beide diese Mediation durchführen?
[7:22]Wir haben damals entschieden, wir werden uns kennenlernen, wir werden uns verständigen, wir werden uns auch ein Stück weit austesten, wie wir das Thema angehen und dieses Verfahren und haben diesen Kennenlernprozess vorgeschaltet, um dann gemeinsam die Mediation durchzuführen. Denn das war uns beiden von Beginn an klar. Es ist besser, wenn hier das beginnt, als wenn das jetzt hier abgebrochen wird und die Organisation von sich aus eine Entscheidung trifft. Die Mediation stellt ja einen Raum zur Verfügung, innerhalb dessen die konkreten Konfliktbeteiligten Entscheidungsvorschläge machen können, wie mit der Situation am besten seitens der Unternehmung umgegangen werden kann. Und so haben wir damals die Co-Mediation durchgeführt und uns im Wege dieser Mediation kennengelernt. Und eine ähnliche Situation hatte ich vor kurzem wieder, dass dieses Mal ein Konflikt zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung, zwei Mediatoren jeweils vorgeschlagen wurde und es nicht zu einer Mediation kam, jeweils weil Misstrauen vorherrschte, aber sich vorgestellt werden konnte, in die Mediation zu gehen, wenn in Anführungsstrichen der eigene Mediator dabei ist.
[8:48]Maßgebend ist für diese Konstellation nicht nur die Bereitschaft der Beteiligten, sondern auch die Bereitschaft der Mediatoren, die dann ein ausführliches, professionelles Kennenlernverfahren zu Beginn einleiten müssen, um dann gemeinsam den Parteien zu sagen, ja, wir können uns vorstellen, diese Mediation professionell für sie durchzuführen. Die Konstellation erinnert ein wenig an das Verfahren der kollaborativen Praxis, des Collaborative Law Verfahrens, wo auch zwei Mediatoren, und zwar hier als Rechtsanwaltsbeistände, unter Ausschluss der Prozessvertretungsbefugnis und damit ein Anreiz, die Verhandlung durchzuführen und im Wege kooperativen Verhandelns auch dann das Verfahren durchführen. Dann könnte man auch schon sagen, das ist auch so eine Konfliktbearbeitung mit zwei Mediatoren, die aber dort formal rechtlich als Anwälte und Beistände agieren.
[10:00]Insoweit ist das ähnlich, aber der Unterschied ist hier, dass die beiden Mediatoren Vertrauen jeweils zu einer Parteiseite haben und sich selbst auch nicht kennen. Das ist bei der kollaborativen Praxis in aller Regel der Fall, dass die jeweiligen Mediatoren dort oder kollaborativen Praktiker, dass die sich kennen. Hier kennen sich die meisten nicht, sondern das wird aus der Situation herausgeboren, dass die Parteien sagen, ich kann mir eine Mediation vorstellen,
[10:39]
Risiken und Chancen der Mediation
[10:36]aber nur mit hier dem Mediator meines Vertrauens. Und die Mediatoren müssten dann den Vertrauenssprung wagen, dass sie sich ausreichend professionell verhalten können, trotz oder auch wegen dieses Vertrauensvorschusses. Die Mediation professionell zu führen.
[10:58]Ich habe jetzt bisher noch keinen sachlichen oder rechtlichen Grund gefunden, der das ausschließt. Wenn Sie, liebe Zuhörer und Zuhörer, da Ideen und Bedenken haben, bitte lassen Sie es uns und mich wissen.
Die Bedenken, dass das risikoreich ist und dass man vielleicht seine blinden Flecke nicht ausreichend kennt und das Vertrauen zu der einen Seite doch irgendwie die Mediation unprofessionell werden lassen könnte, die reichen mir nicht aus, um dieses Verfahren nicht durchzuführen. Zum einen stehen da gute Methoden für professionelle Mediatoren zur Verfügung, Supervision. Und die Betroffenen sind gleichzeitig die Kontrolleure. Also wir haben es mit den Konfliktparteien und auch den Mediatorenkollegen zu tun, die dort korrigierend, soz. als Korrektiv eingreifen können. Sollte es tatsächlich zu Einseitigkeiten und Verletzungen der Allparteilichkeit kommen.
[12:01]Die Vorteile, diesen Konflikt im Wege der Mediation zu lösen und zufriedenstellend für die Konfliktparteien in ihrer Eigenverantwortlichkeit Entscheidungen zu treffen, halte ich für vorzugswürdig. Und deshalb stelle ich diese Konstellation in dieser Episode hier vor und damit auch zur Diskussion.
[12:23]
Abschluss und Ausblick
[12:24]Das war’s für dieses Mal. Vielen Dank fürs Zuhören und vielleicht konntest du dir eine oder andere Idee für einen deiner Fälle entwickeln, weiterspinnen oder auch Entscheidungen treffen. Und dafür wünsche ich dir gutes Gelingen. Wenn du diesen Podcast unterstützen möchtest, dann hinterlass doch bitte ein Feedback auf Apple Podcast und auf Google Business. Für den Moment verabschiede ich mich bei dir mit den besten Wünschen. Bis zum nächsten Mal. Kommt gut durch die Zeit. Euer Sascha Weigel.
[12:54] Music