INKOVEMA-Podcast „Episoden der Mediation“

#03 EdM – Von der Anfrage zum Dreieck

Was zu beachten ist, wenn nur eine Konfliktpartei für eine Mediation anfragt

Episoden der Mediation. Der Podcast zu den praktischen Fragen zur Mediation und des Konfliktmanagements.

Folge 3 – Von der Anfrage zum Dreieck. Was zu beachten ist, wenn nur eine Konfliktpartei für eine Mediation anfragt

Fallsituation: Folgende Situation. Sie erhalten als Konfliktberater*in eine E-mail oder einen Telefonanruf von einer Konfliktpartei, die eine Mediation wünscht oder sich zumindest vorstellen könnte. Die andere Konfliktpartei weiß von dieser Initiative und Idee zu einer Mediation nichts. Zumeist hat die kontaktierende Person bereits Vorkenntnisse, den Begriff ausführlich im Internet recherchiert, verschiedene Merkmale und Schwerpunktsetzungen innerhalb des Mediationsverfahrens erkannt und letztlich doch irgendwie die Idee entwickelt, das könnte das passende Verfahren sein. Das trifft auch zu, wenn die Person behauptet, nichts Genaues über Mediation zu wissen.

In der Regel handelt es sich also um eine Personenmediation, nicht um eine Organisationsmediation. Wesentlicher Unterschied ist dabei, dass im ersten Fall die Personen, mit denen sie als Mediator*in arbeiten werden, das Verfahren bezahlen, während im Falle einer Organisationsmediation die veranlassende Organisation den Auftrag erteilt. Im Folgenden konzentriere ich mich auf eine Personenmediation.

Soweit Sie bzw. Ihr Fragen zur Organisationsmediation und der Auftragsgestaltung habt, schreibt mir eine E-mail an info@inkovema.de. Dann werde ich hier darauf beim nächsten Mal eingehen.

**Problemaufriss: ** Sollte sich im Telefonat die Idee erhärten, dass Mediation oder zumindest ein gemeinsames Gespräch dazu, eventuell eine Konfliktmoderation sinnvoll erscheint, stellt sich die Frage – und sie wird in aller Regel auch von der Konfliktpartei gestellt -, wer nun die Mitteilung und Nachfrage und letztlich damit die Einladung zu ebendieser ins Auge gefassten Mediation vornimmt und wie dies zu erfolgen hat, persönlich, telefonisch oder per E-mail?

Zunächst zur Frage, wer die Mitteilung und Einladung vornimmt. In Frage kommen die kontaktierende Konfliktpartei oder die Mediationsperson selbst – also ggf. Du, liebe Zuhörerin und lieber Zuhörer.

Und gleich vorweg – beide Wege haben ihre Vorteile und ihre Nachteile. Und kein Weg ist beschreitbar, ohne einen gewissen Preis zu zahlen.

Schauen wir uns die Dinge genauer an.

Vor- und Nachteile

Kontaktierende Person unterbreitet die Idee selbst:

Selbstwirksamkeit der Konfliktpartei wird gestärkt (Autonomie) Zudem hält sich die Mediatorin im neutralen Bereich und bietet kaum Angriffsfläche für falsche, misstrauensgetränkte Zuschreibungen mangelnder Neutralität. Es irritiert in aller Regel, wenn die Mediatorin mitteilen muss, bereits mit der anderen Konfliktpartei geredet zu haben. Bei diesem Weg ist freilich in Kauf zu nehmen, dass die erneute Gefahr einer eskalierenden Kommunikation entsteht – schließlich befinden sich die Parteien in ihren typischen Streitmustern -, so dass die Idee abgewertet und zurückgewiesen wird, häufig, weil sie als einseitig erarbeitete und zu weitgehende Lösungsidee verstanden, die die andere Konfliktpartei noch prinzipiell ablehnen muss. Wir dennoch dieser Weg gewählt, könnte die Mediatorin mit Hilfe eines Flyers bzw. Ihrer Webseite (via LINK in einer E-mail, nicht mündlich oder schriftlich, das wäre viel zu umständlich) darauf aufmerksam machen, dass sich die andere Konfliktpartei zunächst mal ein eigenes Bild von der Mediationsperson machen kann. Idee dabei ist vor allem, dass die andere Konfliktpartei Entscheidungsräume erhält und sich nicht vor vollendeten Tatsachen wähnt, auch wenn das ein Irrtum wäre.

Mediator kontaktiert die andere Konfliktpartei und unterbreitet die Idee:

Vorteile sind in diesem Falle, dass – hoffentlich – die Ansprache professioneller und deeskalierend erfolgt, die Mediationsperson zugleich konkret auskunftsfähig ist, was denn in so einer Mediation wie genau geschehen soll. Der Mediator ist zum Verfahren kompetent aussagefähig. Zugleich besteht die Möglichkeit, dass der Mediator die Ungleichheit des ersten Gesprächs mit der ursprünglich kontaktierenden Konfliktpartei ausgleichen kann. Nachteil kann in dieser Variante darin liegen, dass sich die Konfliktpartei zu Beginn des Telefonats oder der E-mail überrumpelt fühlt, realisieren muss, dass dieser Konflikt Dritten erzählt wurde, möglicherweise können Scham-, Wut- und Unverständnismomente auftauchen – ebenso das Gefühl, zu spät zu sein, weil man nur als zweite Person seine Konfliktgeschichte erzählen kann. All das ist möglich – und geschieht auch. Kurzum: Die Kontaktaufnahme und Mediationsanfrage durch die Mediationsperson selbst zündet einen Turbo in der Konfliktdynamik und das gesamte Konflikt- bzw. Konfliktklärungsgeschehen (das ist in diesen Momenten ja noch völlig offen) macht einen Riesensprung nach Vorne. Ich will das nicht dramatisieren, aber für Ungeübte ist ein solches Telefonat herausfordernd. Es ist ein gut, wenn diese Situationen in Aus- und Fortbildungen geübt werden können. Noch ein Praxistipp: Wenn sich die Mediationsperson für diesen Weg entscheidet (die Vorteile sind ja gewichtig!), dann war es stets hilfreich, wenn die anfragende Konfliktpartei die Kontaktaufnahme durch die Mediationsperson kurz und knapp angekündigt hat, nicht mehr, keine Diskussionen dazu, ggf. aber mit Namens- und Webseitenmitteilung. Dann konnte sich die anderen Konfliktpartei mental darauf vorbereiten.

Beim nächsten Mal geht es hier um die Frage der Beteiligten in Organisationsmediationen. Wer sitzt am Mediationstisch und gehört die Organisation irgendwie mit dazu? Ich freu mich auf Sie. Vielen Dank.

Ich freu mich auf Sie.

Für den Moment bedanke ich mich, dass Sie reingehört haben.

Bleiben Sie uns gewogen und kommen Sie gut durch die Zeit.

Ihr Sascha Weigel.