INKOVEMA-Podcast „Gut durch die Zeit“

#238 GddZ

Konfliktfeld Kommune – Konfliktmanagerin Kommune

Kommunen als Wirkungsfeld gesellschaftlicher Konflikte, mit denen sie einen konstruktiven Umgang finden müssen.

Im Gespräch mit Prof. Beate Küpper und Dr. Sonja Fücker

 

Sonja Fücker ist Soziologin und Mediatorin. Sie leitet den Arbeitsbereich »Kommunale Konfliktbearbeitung« an der Konfliktakademie ConflictA der Universität Bielefeld. Als freiberufliche Mediatorin begleitet sie Verständigungsprozesse in Wissenschaftsorganisationen und kommunalen Einrichtungen. Ehrenamtlich begleitet sie bei dem Verein Täter-Opfer-Ausgleich Bremen e. V. Mediations- und Schlichtungsverfahren.

Prof. Dr. Beate Küpper Hochschule Niederrhein Fachbereich Sozialwesen SO.CON Social Concepts, Institut für Forschung und Entwicklung in der Sozialen Arbeit, Sozialpsychologin, externes Mitglied im Direktorium der Konfliktakademie ConflictA an der Universität Bielefeld, arbeitet zu Diversität, Rechtspopulismus, und Rechtsextremismus sowie lokalen Konflikten und ihrer Bearbeitung.

Kleine Reihe: Beiträge aus der Konfliktdynamik. Teil 6

Inhalt

Kapitel:

0:08 – Willkommen zum Podcast Gut durch die Zeit
1:12  – Konflikte in der Kommune
4:34 – Die Rolle der Sozialwissenschaftler
10:08 – Populismus und seine Auswirkungen
17:44 – Ansprüche an die Demokratie
24:37 – Erfahrungen aus der Konfliktbearbeitung
35:46 – Professionalisierung des Konfliktmanagements
44:52 – Bedrohungen für kommunale Akteure
47:55 – Fazit und Ausblick auf die Kommune

ausführliche Zusammenfassung

In dieser Episode beschäftigen wir uns intensiv mit dem Thema Konflikte in Kommunen und deren Dynamiken. Ich habe zwei hochqualifizierte Gäste eingeladen: Frau Professorin Beate Küpper und Frau Doktorin Sonja Fücker. Ziel der Diskussion ist es, die Kommunen als Konfliktfelder zu betrachten, sowohl als Schauplatz als auch als entscheidenden Akteur in der Konfliktbearbeitung.

Zunächst bringen wir die Perspektive der Wissenschaftlerinnen ein, die beide über umfangreiche Erfahrungen in der sozialpsychologischen Forschung und in der praktischen Konfliktbearbeitung verfügen. Beate Küpper erläutert, dass Konflikte in der Gesellschaft oft von lokalen Herausforderungen ausgehen, wie etwa baulichen Veränderungen oder sozialen Integrationsfragen. Durch die Erweiterung von lokalem zu globalem Level, wird die Wahrnehmung von Konflikten besonders stark beeinflusst. Sonja Fücker ergänzt, dass man häufig beobachten kann, dass lokale Konflikte, wie nachbarschaftliche Auseinandersetzungen, schnell in größer angelegte gesellschaftliche Debatten münden.

Es wird deutlich, dass die Wahrnehmung von Konflikten je nach Akteur variiert. Während die Bürger oft lokale Probleme als bedeutend empfinden, zeigen Umfragen unter Experten eine Schwerpunktverlagerung hinzu sozialen Ungleichheiten. Diese Diskrepanz wird als zentrale Herausforderung für die Konfliktbearbeitung in Kommunen identifiziert. Das Ergebnis ist nicht nur, dass Kommunen als Adressaten von Konflikten agieren, sondern sie auch selbst als potenzielle Verursacher oder als aktive Akteure in diesen Konfliktdynamiken fungieren.

Der Dialog schwenkt zu den konkreten Methoden der Konfliktbearbeitung innerhalb der kommunalen Strukturen. Es wird diskutiert, dass erfolgreiche Konfliktlösungen nicht nur von der Professionalisierung der Beteiligten abhängen, sondern auch von der Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen und reflexiv mit den eigenen Perspektiven umzugehen. Dies zeigt sich in der Notwendigkeit, verschiedene Sichtweisen auf Konflikte zu integrieren, um einen breit angelegten Dialog zu fördern.

Die Tatsache, dass viele Bürgerinnen und Bürger ein großes Mitbestimmungsinteresse haben, aber in der Praxis oft nicht aktiv werden, wird kritisch betrachtet. Der Spannungsbogen zwischen Anspruch und Wirklichkeit in der politischen Mitgestaltung wird deutlich, insbesondere vor dem Hintergrund des zunehmenden Populismus. Populistische Narrative prägen oft die Wahrnehmung von Konflikten und verzerren die Auseinandersetzung mit den eigentlichen Problemen.

Wir beleuchten auch die Bedeutung von Schutzkonzepten für diejenigen, die in Kommunen aktiv an Konfliktlösungen arbeiten. Diese Sichtweise stellt die Verantwortung nicht nur auf individuelle Akteure, sondern auch auf die institutionellen Strukturen, die die Rahmenbedingungen für konfliktbewusstes Handeln schaffen müssen.

Abschließend reflektieren wir über die Notwendigkeit der Professionalisierung in der Konfliktbearbeitung und die Möglichkeiten, die Kommunen haben, um in einer zunehmend komplexen sozialen Umwelt handlungsfähig zu bleiben. Verlinkungen zu den Arbeiten von Küpper und Fücker, die die theoretischen und praktischen Aspekte des kommunalen Konfliktmanagements vertiefen, runden das Gespräch ab. Die Zuhörerinnen und Zuhörer erhalten somit einen umfassenden Einblick in die vielschichtigen Herausforderungen und Dynamiken, mit denen Kommunen konfrontiert sind.

  • Fücker, S.: Kommune als Gestaltungsraum der Gesellschaft – Konflikte »vor Ort« klären, lösen und transformieren, in: KonfliktDynamik 2/2025, 81-83.
  • Manthei, Ch. / Schatzschneider, J. /Küpper, B.: Kommunales Konfliktmanagement – eine Antwort auf lokale Krisen?, KonfliktDynamik 2/2025, 115-123.

Vollständige Transkription

(KI-generiert)

 

[0:00]Naja, es kommt sowieso der nächste Konflikt. Deswegen macht das gar keinen Sinn, sozusagen punktuell hereinzufliegen oder rauszufliegen, sondern der eine Konflikt
[0:08]
Willkommen zum Podcast Gut durch die Zeit
[0:08]löst den anderen Konflikt ab. Das heißt, wir müssen also intern Strukturen stärken. Herzlich willkommen zum Podcast Gut durch die Zeit. Der Podcast rund um Mediation, Konfliktcoaching und Organisationsberatung. Ein Podcast von INKOVEMA. Ich bin Sascha Weigel und begrüße dich zu einer neuen Folge. Und heute wollen wir uns gesellschaftlichen Themen widmen. Ob schon als Konfliktthema natürlich immer Personen ganz individuell betroffen sind. Aber wenn man sich einmal klarmachen kann, in welchem Feld Konflikte gesellschaftlicher Art vor allen Dingen ausgetragen werden, dann kommt man nicht umhin, die Kommune in den Blick zu nehmen. Die eigene Kommune, die eigene Stadt, das eigene Dorf, die eigene Gemeinde.
[0:47]Und genau darum soll es heute gehen, die Kommune als Konfliktfeld sich anzuschauen, wer dort Konfliktakteure sind und ob die Kommune nicht nur das Feld, sondern auch Selbstakteur ist. Und was dort auch in den letzten Jahren, will ich fast sagen, auf die Beine gestellt wurde. Denn das ist nicht unerheblich. Und dafür habe ich mir zwei ganz kompetente, praxiserfahrene und auch wissenschaftlich
[1:12]
Konflikte in der Kommune
[1:10]begleitende Personen eingeladen. Herzlich willkommen hier im Podcast, Frau Professorin Beate Küpper und Frau Doktorin Sonja Fücker. Hallo. Hallo Sascha. Und bevor wir uns wie immer hier dem Thema konkret widmen, würde ich gerne von euch ein paar Worte hören, wer ihr seid und wie diesem Podcast. Arbeitsfeld gekommen seid, das so naheliegend, aber doch manchmal von vielen übersehen wird, dass das für Konfliktberater, Mediatoren oder eben auch Sozialwissenschaftler ein ganz naheliegendes Arbeitsfeld ist. Vielleicht, Beate, legst du mal los, weil du die letzten Jahre dort ganz nah an der Praxis dran warst. Ja, Beate Küpper ist mein Name. Ich bin von Haus aus Psychologin, Ich bin Sozialpsychologin und arbeite seit vielen Jahren eigentlich zu den Feldern von positiven Integration und Vielfalt, im Negativen aber auch zu gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.
[2:13]Zu Ressentiments und Vorurteilen bis hin zum Populismus, Rechtspopulismus und Rechtsextremismus, der zunehmend auch bedrohlich und gewaltförmig für viele erfahrbar wird. Jetzt habe ich seit fast 15 Jahren eine Professur für Gruppen- und Konfliktsituationen an der Hochschule Niederrhein, dem Standort Mönchengladbach. Und hier mache ich im Grunde genommen zweierlei. Auf der einen Seite bin ich beteiligt an der großen Mitte-Studie zu demokratiedistanten, menschenfeindlichen und rechtsextremen Einstellungen. Die wird von der Universität Bielefeld federführend durchgeführt. Ich bin Mitautorin und von der Friedrich-Ebert-Stiftung gefördert. Hier untersuchen wir die Einstellung in der breiten Bevölkerung. Und hier können wir zum Beispiel vor zwei Jahren feststellen, dass auf der einen Seite die Menschen, wenn sie auf Deutschland schauen, sagen über die Hälfte, sie sehen starke oder sogar sehr starke Konflikte. Wenn Sie aber gefragt werden, wie sieht das denn bei Ihnen vor Ort aus, tun das nur noch 15 Prozent. Das heißt, wir haben hier also eine ganz interessante, unterschiedliche Wahrnehmung. Und das ist etwas, was uns dann auch in unseren anderen Projekten, die im lokalen Feld in Kommunen angesiedelt sind. Die gucken wir uns dann genauer an. Aber das ist schon mal ein erster Widerspruch. Daran hast du die letzten Jahre gearbeitet. Ich will noch sozusagen zunächst noch ein bisschen die Einstiegsfrage halten, weil Sonja, du auch fragst, Du bist Sozialwissenschaftlerin. Wir kennen uns schon ein bisschen länger.
[3:40]Wir sind bei der Konfliktdynamik aufeinander gestoßen. Aber erzähl mal ein bisschen, was machst du abseits davon als Sozialwissenschaftlerin, wenn ich das richtig einordne? Ja, Sascha, genau. Ich bin Sozialwissenschaftlerin von Haus aus und ich bin, was deine Frage betrifft, wie ich so in dieses Feld von Kommune und kommunaler Konfliktbearbeitung gekommen bin. Also ich habe vor langer Zeit jetzt mittlerweile in meiner Diplomarbeit, habe ich mich mit nachbarschaftlichen Interaktionsprozessen beschäftigt. Also ich habe mir angeschaut, wie in einem, in diesem Fall interkulturellen Nachbarschaftsmilieu, Menschen so zusammenleben und wie sie sozusagen so das Spiel des Nebens und Gebens so in ihrem Alltag praktizieren. Und da bin ich, was jetzt nicht so überraschend ist, auf Konflikte gestoßen, die die Menschen da so miteinander austragen, wie man sich vorstellen kann. Das war so mein Anknüpfungspunkt.
[4:34]
Die Rolle der Sozialwissenschaftler
[4:34]Also richtig Feldforscherin, also du bist in die Nachbarschaft gegangen und hast zugehört, was die sagen. Genau, das war ein Stadtteilquartier in Mannheim. Genau, da habe ich sozusagen Feldforschung betrieben, war dort vor Ort bei Stadtteilfesten, wurde eingeladen zu Interviewgesprächen und habe mit dem dort ansässigen Quartiermanagement zusammengearbeitet.
[4:58]Und ja, habe da so eine Fallstudie draus gemacht. Und genau, für mich war dann sozusagen so der interessante Part, das, was ich eigentlich gar nicht herausfinden wollte, dass die Leute da halt ja viele Konflikte so miteinander austragen. Das hat mich dann, also dann weiter in meiner Forschung gebracht, dass ich mir angeschaut habe, naja, wie geht das denn, wie man dann Konflikte auch konstruktiv bestenfalls bearbeitet. Ich habe dann so den Blick ein bisschen weiter darauf gerichtet, habe mich mit Vergebung und Verzeihen beschäftigt, aber bin dann sozusagen in meiner jetzigen Wirkstätte der Unterbielefeld, die Konfliktakademie Konflikter, sozusagen wieder im kommunalen Raum gelandet. Und mit dahin geführt hat mich sozusagen durch mein Studium und die Praxisausbildung der Mediation und des Konfliktmanagements meine Tätigkeit bei einem Verein für außergerichtliche Streitbeilegungen. Klingt jetzt erstmal nicht nach Kommune, aber das findet natürlich vor Ort statt. In Teilen bearbeitet man da sozusagen Konfliktfälle, die nicht sozusagen vor dem Strafrichter landen. Genau, das war eine sehr einige Erfahrung dafür.
[6:10]Da habe ich so eine neue Idee bekommen, was dein Zugang zur Kommune ist. Denn das ist deutlich geworden in euren beiden Beiträgen, die ihr da an der Konfliktdynamik veröffentlicht hattet, Dass die Kommune also ein besonderes Feld ist, sowohl wo Konflikte aufkommen, wo Konflikte bearbeitet werden und wo die Kommune ist. Auch Konfliktakteur ist, manchmal als Ursache oder als agierender Akteur, aber auch natürlich als Bearbeiter. Beate, vielleicht aufgrund deiner Erfahrungen auch mit der Studie und als wissenschaftliche Begleitung, was bedeutet für uns Kommune, wenn wir auf gesellschaftliche Konflikte schauen wollen oder gesellschaftliche Konfliktlinien? Wo taucht da Kommune auf? Du hattest das gerade schon so ein bisschen angerissen. auf der Ebene der Kommune im lokalen Raum werden Konflikte virulent. Sie werden unmittelbar erfahrbar für viele Menschen. Also jetzt mal als Beispiel, wenn die Straßen verdreckt sind, wenn die Busse nicht fahren, wenn eine neue Flüchtlingsunterkunft gebaut wird oder ein Windkraftrad auf dem Land aufgestellt wird, dann sind das so Klassiker.
[7:17]An denen sich Konflikte entzünden. Das kann auch eine verkehrsberuhigte Zone sein, Und solche so neue Pöhler, die aufgestellt werden. Umgehungsstraßen werden gefordert. Umgehungsstraßen, das sind immer so Klassiker des Konflikts. Beispielsweise auch, das sind Kommunen, die einen größten Umkreis, einen ländlichen Umkreis haben, wo dann am Wochenende die jungen Leute hineinkommen und feiern. Dann freuen sich die Gastronomen in der Kommune, aber die Anwohner nicht unbedingt. Also das sind so klassische Konfliktfelder. Jetzt haben wir zwei Bewegungen. Wir haben auf der einen Seite Konflikte, die tatsächlich aus den Kommunen herauskommen. Das war ja zum Beispiel, die feiern hier bei uns vor Ort und das stört mich. Oder hier ist eine verkehrsberuhigte Zone und die will ich da nicht haben oder ich wünsche mir eine. Das ist tatsächlich etwas, was so aus ein typisches lokales Konflikt fällt. Wir haben ja aber eine Bewegung und das nennen wir Bottom-up. Also von diesen On-the-Ground-Konflikten, die tatsächlich erlebbar werden, wird das dann hochskaliert, sagt inzwischen die Forschung, und verbunden mit großen Themen, also dann zum Beispiel mit so einer Aussage, da siehst du mal wieder, wie der Staat über unsere Köpfe hinweg. Also das heißt, da geht es gar nicht mehr nur um das, was jetzt hier gerade im lokalen Klein-Klein passiert und was ich vielleicht auch bearbeiten ließe, sondern es wird sofort hochgeskaliert auf eine höhere Ebene. Und wir haben die andere Bewegung, wir haben globale Konflikte.
[8:38]Also Globalisierung, damit verbunden Migration, Klimawandel, damit verbunden Energiewende und so weiter, die also überall auf der Welt zu spüren sind.
[8:46]Und die sich dann in der Kommune, im lokalen Raum bemerkbar machen, das war das Beispiel des Windkraftrats beispielsweise oder der Geflüchtetenunterkunft. Würdet ihr sagen, dieses Hochskalieren, dieses Einordnen dessen, was ich sehen kann, in etwas, wovon ich gehört habe oder so, dass das ein neues Phänomen ist oder eine neue Qualität ist? Also jetzt zum Beispiel, ich kann ja das hier aus Leipzig, da haben sich die Jugendlichen zeitweise dann über Facebook verabredet, mitten im Wald Party zu feiern und haben dann dort halt Musikanlage und alles mitgebracht und naja, so weit ist der nächste Nachbar auch nicht. Und dann ist natürlich diese Einordnung, die jungen Leute wollen nur feiern, aber nicht mehr arbeiten und denken nur in die eine Richtung, nicht in die andere Richtung. Dieser Versuch des Einordnens in große Tendenzen scheint mir ja tradiert und alt oder bekannt. Würdet ihr sagen, das ist eine neue Form des Hochskalierens? Aus meiner Sicht ganz klar. Wir haben seit etlichen Jahren jetzt einen laut und virulent werdenden Populismus. Das ist auch keine neue Erscheinung. Populismus, die haben schon die alten Griechen gesagt, gibt es bei uns. Also ist nicht ganz neu. Er wird stärker, er wird verbreiteter, er findet viel mehr Anhänger. Das können wir in unseren Bevölkerungsumfragen sehen. Und das ist eben diese
[10:08]
Populismus und seine Auswirkungen
[10:02]Erzählung, die korrupten Eliten da oben betrügen den hart arbeitenden, ehrlichen Mann. Das ist sozusagen die Kernerzählung des Populismus.
[10:12]Und diese Lesart, diese Logik, diese populistische Logik hat sich sehr stark verbreitet, sodass eben auch Konflikte, die, ich sag mal, ganz, ganz, jetzt auf euren Wald bezogen und auf eure Jugendlichen vor Ort, die feierten, man sagen kann, naja gut, dann muss man mal gucken, finden wir da eine Lösung, viel schwerer sind zu bearbeiten, weil sie eben in diese Logik hineingeordnet werden. Und sie gibt die zweite Logik, die da heißt, wir gegen die. Das die ist so flexibel gefüllbar durch den Populismus. Die anderen, die Fremden, die irgendwie normabweichend wahrgenommenen. Und das können dann die jungen Leute von heute sein sozusagen, die als normabweichend wahrgenommen werden. Das können die neu Zugezogenen sein und so weiter. Und das heißt, das ist diese populistische Logik, die so in unserem Alltag Eingang gefunden hat, dass auch Konflikte on the ground vor dieser Folie, vor dieser Interpretationsfolie gelesen werden und es dann aus meiner Sicht schwieriger wird, sie zu bearbeiten, weil es dann ins, ich sag mal, Diffuse geht. Das ist nicht mehr, dann hat man eben nicht die Möglichkeit zu sagen, pass auf, dann lass uns doch die Musik ein bisschen leiser drehen. Okay, genau, zur Bearbeitung kommen wir gleich. Ich würde noch, Sonja, die Kommune als Ort der Gemeinschaft, der Ort sozusagen, wo sich unmittelbar mit der…
[11:26]Personen mit den Nachbarn außerhalb der Familie, aber dennoch direkt ansprechbar, wo sich das realisiert. Wie guckst du da drauf? Ist das etwas, was sich arg verschoben hat in den letzten Jahren, wo du sagst, da sind neue Dynamiken, neue Logiken aufgetaucht, die die Kommune noch nicht vorher so erlebt hat? Ja, das ist ja immer so ein bisschen die Gretchenfrage. Also ob das jetzt was ganz Neues sind oder ob diese Konflikte auch was Neues sind. Würde da ja also erstmal die Perspektive drauflegen. Also das vielbeschworene Phänomen darin ist ja sozusagen, wir haben Polarisierung in der Gesellschaft. Also es gibt ein Auseinanderdriffen, eine Spaltung. Immer weniger Kommunikation, immer weniger Lösungsbereitschaft, so sehr kulturkritisch.
[12:15]Ja, also weniger Kommunikation weiß ich gar nicht. Es gibt ja ganz viel Kommunikation darüber. Wir reden ganz viel darüber, dass die Gesellschaft gespeichert ist und wir alle polarisiert sind. Ob das so ist, finde ich, ist ja nochmal eine ganz andere Frage oder wäre das wie wahr. Aber sozusagen, man kann das ja als evidente oder alltagsevidente Stimmungslage in der Gesellschaft erstmal fassen als sozusagen Zustand. Und dann wäre die Frage, okay, was macht das in Kommunen oder im kommunalen Raum? Also was wir zum Beispiel wissen aus Befragung, dass sozusagen die Konflikte als viel mehr und viel stärker wahrgenommen werden sozusagen. Und dass es auch die Wahrnehmung gibt, dass diese Konflikte nicht mehr oder nicht mehr so gut bearbeitbar erscheinen. Also eher so eine Art pessimistische Sicht da drauf. Es gibt mehr Konflikte und wir werden dem Ganzen mit unseren Werkzeugen, die wir haben, nicht mehr Herr oder Frau. Würdest du sagen, es ist so? Wie guckst du drauf? Ist das so, dass wir mehr Konflikte haben, die wir weniger bearbeiten können und sie deshalb immer schlimmer werden? Also ich würde jetzt sozusagen mit der Brille aus meiner Hausdisziplin gesprochen, würde ich sagen.
[13:31]Naja, also Konflikte haben wir ja immer in Gesellschaften und auch solche, sage ich mal, sehr stark intensiv wahrgenommenen Konfliktlagen gab es immer, würde ich sagen. Also man denke sozusagen an die Zeit des Kalten Krieges und sowas alles. 90er Jahre, die 90er Jahre im Osten hier. Ja, das waren also ganz große Konfliktlagen. Erstmal sortiert würde ich sagen, ich bin nicht sicher, ob das völlig neue Phänomene, Konfliktphänomene sind. Aber wichtig ist ja, was in der Gesellschaft wahrgenommen wird. Und da denke ich, das ist vielleicht was Neuartiges zu sagen. Naja, wir reden ja immer häufig so von den letzten 20, 30 Jahren der sogenannten Konsensdemokratie oder Konsensgesellschaft.
[14:20]Das heißt, ich glaube, es ist schon so ein Gefühl von, wir sind es nicht mehr so gewohnt, starke Kompromisse aushandeln zu müssen, weil es sehr disparate Haltungen, Überzeugungen gerade gibt, weil die Probleme gerade da sind. Das ist für mich so ein Anteil darin. Wenn ich da vielleicht nochmal ergänzen darf, ich würde schon sagen, wir haben mehr Konflikte aus dem Grund heraus, dass wir uns demokratisiert haben. Wir haben uns im Westen seit 1949 mit Gründung der Bundesrepublik Deutschland im Westen und dem Grundgesetz ja eine Demokratie gegeben, die dafür da ist, Konflikte auf einer halbwegs zivilisierter Art und Weise irgendwie auszuhandeln. Dafür gibt es die Demokratie. Die sagt, wir haben hier 80 Millionen Menschen, die haben sehr unterschiedliche Interessen, Bedarfe, Sichtweisen und irgendwie müssen wir versuchen, dass wir das, wie gesagt, halbwegs zivilisiert miteinander hinkommen. Dafür haben wir uns demokratische Prozesse, Regeln, Strukturen und so weiter gegeben. Und dann haben wir uns peu à peu demokratisiert, also ab 1990 dann auch mit den östlichen Bundesländern peu à peu demokratisiert. Und damit ist auch der Anspruch der Bürgerinnen und Bürger gewachsen.
[15:32]Erstens gehört zu werden, teilhaben zu können, mitreden zu können. Auch die Politik reagiert zwischen nicht mehr als, oh, der Untertan, sondern Demokratie als Lieferservice und Politik als Lieferservice. Oh, die Wähler wünschen. Also wir haben es im Prinzip umgekehrt. Und damit hat die Bürgerin der Bürger ein gestiegenes Selbstbewusstsein bekommen als demokratische Bürgerin, Bürger und damit auch ein gestiegenes Selbstbewusstsein zu sagen, wie man sich vorstellt, wie das so läuft. Und wir kennen gerne diese Sprüche, wenn das nicht so läuft, wie ich mir das vorstelle, dann sage ich, das ist nicht demokratisch. Da sage ich bei so Vorträgen, naja, da haben wir ja 80 verschiedene Vorstellungen, wie sich das so läuft. Und deswegen würde ich nochmal sagen, haben wir tatsächlich mehr Konflikte, weil ganz viele Dinge, die vorher hingenommen wurden, wo es auch Unzufriedenheiten gab, die aber als quasi gottgegeben hingenommen wurden, oh, da kann man sowieso nichts machen, inzwischen als, naja, wieso kann man denn da nichts machen? Ich habe doch den Anspruch darauf, dass das gelöst wird. Da gibt es schon, denke ich, einen Zusammenhang aus der einer Seite der positiven Demokratisierung einerseits und andererseits tatsächlich dann auch Konflikte, die zumindest mehr aufbrechen. Das ist doch mal ein interessanter Punkt zu sagen, Politik da als Lieferservice.
[16:40]Also wenn das sozusagen das Bild ist, ja, da kann ich die Aufregung oder Empörung, die oftmals beschrieben wird in der Fachzeitschrift, Tageszeitung, dann nachvollziehen, dass die Dinge nicht funktionieren. Aber da geht sozusagen ja ein bisschen der Punkt unter, selbst aktiv zu werden, weil man ja eben Teil der Gemeinschaft ist und nicht immer nur auf die Politiker oder diejenigen, die was machen könnten, schieben kann. Ist das etwas, was in den Kommunen jetzt als Konflikt auftaucht, dass die einen Ansprüche erheben müssen?
[17:15]Und nicht selber in Aktion treten. Also Phänomene, dass die großen Parteien zurückgehen etc. Wird problematisch gesehen, dass grundlegende Strukturfragen oder Strukturen in Frage gestellt wurden, die zur Demokratie gehören. Auf der anderen Seite aber eben auch Bewegungen entstehen, wo Menschen sich einbringen wollen, wo sie aktiv werden wollen, wo sie Dinge umstürzen wollen und eben aber auch demokratische Strukturen.
[17:44]
Ansprüche an die Demokratie
[17:41]Ich glaube, das ist auch so ein Spannungsfeld, Beate, was du gerade genannt hast. Einerseits Bürgerinnen und Bürger, die mehr Anspruch an Demokratie und an Mitmachen, Mitwirkung haben und vielleicht eine Politik, die dem Ganzen auch etwas hinterherhinkt, also die, sage ich mal, ideell möchte, dass es mehr sozusagen demokratische Teilhabe gibt, aber in der Umsetzung manchmal auch überfordert ist an der einen oder anderen Stelle. Also das sehen wir zum Beispiel jetzt in Kommunen, schon benannten Beispiel der Energiewende.
[18:15]Also da ist ein großes Bestreben von Kommunen zu sagen, ja, wir möchten alle mitnehmen, wir möchten nicht nur informieren, sondern wir möchten, dass die Leute, die hier leben, auch eine Entscheidung mittragen können und eine Akzeptanz dafür zu erlangen. So, da wird ganz viel Engagement und ganz viel investiert von Seiten von Kommunen. Und diese Prozesse sind unglaublich schwer umzusetzen und das sorgt für auch sehr viel Unzufriedenheiten, weil das auch wenig aufeinander abgestimmt zu sein scheint. Also sozusagen die juristische Verfahrensrichtlinie passt wenig zu den Ansprüchen an wirklicher, sage ich jetzt mal in Anführungsstrichen, Beteiligung.
[19:00]Und daran arbeitet man sich häufig ab. Sascha, weil du das auch angesprochen hast, also nur das Spannungsfeld, ja einerseits wollen Menschen mehr mitmachen in der Demokratie und andererseits, wie steht es um die Verantwortung? Auch in Befragungen haben wir gefragt, wer ist denn verantwortlich für Konflikte und ihre Bearbeitung? Und sozusagen ein Großteil, also über 80 Prozent, haben gesagt, ja, die Regierung und die Politik.
[19:25]Immerhin 60 Prozent sagen, dass sie selbst verantwortlich sind. Wenn man jetzt darauf schaut, was wir so aus Kommunen mitschneiden, dann sind das schon auch teilweise, ja, so ein bisschen verzweifelte Stimmungen zu sagen, An uns als sozusagen Kommune werden ganz hohe Ansprüche daran gestellt, wie hier Gemeinwesen gestaltet werden soll. Also sowas wie Altpapier wird vor irgendwelchen öffentlichen Plätzen einfach abgeladen, weil man denkt, das wird schon jemand wegmachen. Oder Hundekot, der in der Stadt verteilt wird. Das heißt, die Verantwortung als Bürgerin, als Bürger wird da auch in Teilen so delegiert an, das macht schon wer, die Kommune.
[20:11]Ja, vielleicht nochmal als Ergänzung. Ich würde dir zustimmen, du hast das Beispiel der Energiewende-Maßnahmen genannt, wo also jetzt quasi verpflichtend auch Bürgerbeteiligung mit dabei ist bei, zum Beispiel wenn, wir waren gerade bei den Windkraftanlagen, also jetzt da gibt es aber eben auch andere Beispiele.
[20:28]Das Problem ist der Zeitpunkt, wann werden Bürgerinnen und Bürger mit reingeholt. Das ist das eine. Oft ist dann der Apfel schon geschält. Und wir wissen das aus einer eigenen Studie, die wir unter Förderung der Stiftung Mercator mal gemacht haben, eine demokratische Konfliktkultur für die Energiewende unter Federführung des Potsdam-Instituts für Klimafolgeforschung. Da war total interessant. Wir haben uns auf die, sag mal, die Unbeteiligten konzentriert. Diejenigen, die gar nicht so sehr im Konflikt involviert waren, die also jetzt beispielsweise noch nicht in einer Bürgerinitiative waren, die, keine Ahnung, gegen das Windkraftrad waren, sondern die das erst mal so gar nicht richtig mitgekriegt haben, die mit ihren eigenen Sachen beschäftigt waren. Und erst als die Entscheidung getroffen war und das dann in der Zeitung stand, hier wird eine neue Anlage hingesetzt, dann haben die sich aufgerechnet. Da haben sie gesagt, wir sind ja gar nicht gefragt worden. Da gab es große Verzweiflung der begleitenden Partizipationsagentur, die sagte, doch, wir fragen seit drei Jahren, aber ihr seid nicht gekommen. Das heißt, wir haben also eine Zeitverzögerung, wir haben verschiedene Aufmerksamkeit und Interesse, wann man eigentlich sozusagen sich beteiligen kann. Und ein Beispiel dafür ist, dass wir ja eigentlich viele… Ich sage mal, Organisationen, Strukturen haben, wo man sich im Vorfeld von Konflikten an der Gestaltung der Kommune und des Gemeinwesens beteiligen kann.
[21:42]Vereine sind ein Beispiel, Parteien sind ein anderes Beispiel.
[21:47]Gewerkschaften und so weiter. Wir haben also sehr viele Strukturen eigentlich, die machen, dass man aktiv dabei sein kann und vieles sozusagen auch mitbestimmen kann. Wir wissen aber, und das sagen uns die Sozialwissenschaften, dass wir seit vielen Jahren einen Schwund, einen Mitgliederschwund haben, dass die Leute eben, also das sind sowohl Kirchen, Gewerkschaften, Parteien und so weiter. Potenzielle Nöte. Genau, also das heißt, das, was wir jetzt eigentlich da schon bereits haben, auch an etablierten Strukturen und das ist für die ostdeutschen Bundesländer nochmal eine große Herausforderung, die haben weniger diese etablierten Strukturen, weil natürlich alles damals über die Partei sozusagen und über die Arbeit damit lief und als das weggebrochen war, waren auch genau diese Strukturen häufig nicht mehr da. Das heißt, da musste man von Null auf zum Teil anfangen, wieder solche Strukturen aufzubauen. Von daher ist das da mit dieser zivilgesellschaftlichen Organisiertheit nochmal eine größere Herausforderung. Aber auch das gibt es inzwischen vielfach. Trotzdem sehen wir, es ist eher ein Schwund als ein verantwortliches Mitmachen. Und ich selber bin da als Sozialpsychologin auch mal so ein bisschen negativ, denn ich denke, ja, es meckert sich auch leichter, als dass man sich einbringt. Oder was so ist. Das stimmt.
[22:58]Wenn es ums Meckern geht, ist das tatsächlich leichter. Es hat nicht die Konsequenz. Das ist tatsächlich so. Die positive Nachricht, die Lehre aus Stuttgart 21, in den Nullerjahren war ja, die Leute kommen erst, wenn die Bäume gefällt werden sollen. Nicht, wenn es in der Zeitung steht, dass das oberste Gericht jetzt nach zehn Jahren durchentschieden hat. Das ist ja schon dann, wenn man das nehmen würde, ein Fortschritt, dass sie eher kommen. Ich will auf dem Punkt, weil ich das vorhin so kombiniert hatte, dass die Kommune jetzt nicht nur Konflikte hochskaliert, die sie selber erlebt und dort Veränderungen wahrnimmt von dem, was sie selber produziert. Bei uns zum Beispiel aktuell war das in den letzten Jahren gang und gäbe, dass man Zeug, was man noch nicht als Abfall deklarieren wollte, sondern dachte, das könnten andere noch gut gebrauchen, vor die Tür gestellt hat. Und das ist jetzt seit wenigen Wochen bei uns auch unter Strafe gestellt, weil das einfach zu viel Müll macht auf der Straße. Man kann sein gutes Gewissen, das kann ja noch jemand anderes benutzen, schlichtweg auch einfach irren und überdecken, dass man einfach auch müllos werden will. Also das ist aber so eine Konfliktlage in der Kommune, die aus der Kommune kommt. Ich will jetzt auf die Punkte, die sozusagen hineinschwappen, also die Energiewende, die große Projekte und Veränderungen mit sich bringt. Migration, die so ein Thema war, wo Kommunen das dann ausbaden sollten.
[24:21]Letztlich was an Problemen aufgekommen ist. Da ist ja viel geschehen an präventivem oder auch reaktivem Konfliktmanagement, was ihr beide.
[24:37]
Erfahrungen aus der Konfliktbearbeitung
[24:32]Begleitet habt als Beobachter, teilweise auch als Konfliktmanagerin, direkt selbst. Was für Erfahrungen sind da wichtig, die jetzt sozusagen in der ersten Phase, sagen wir mal, von den ersten zehn Jahren gemacht wurden?
[24:47]Hey du, der den Podcast gerade hört, wir bringen jede Woche eine neue Folge in diesem Podcast. Auch dir zum Anhören und brauchen deine Unterstützung. Nimm dein Smartphone, hinterlass eine Sternebewertung und einen Kommentar, wie dir der Podcast gefällt und mach andere dadurch aufmerksam auf diesen Podcast hier. Vielen Dank und jetzt geht es weiter mit dem Podcast.
[25:13]Also wir haben ja, ich sag mal, bei der Konfliktbearbeitung, unter der Forderung von der Bearbeitung eines Konflikts, die, ich sag mal, unterschwellige These, da ist tatsächlich ein Problem. Also du hattest jetzt den Müll auf der Straße genannt. Das ist gerne in den Kommunen ein großes Problem. Da ist tatsächlich ein Problem. Und dann regen sich die Menschen auf. Dann sind sie offener für Populismus. Und dann radikalisieren sie sich im schlimmsten Fall. Das ist die Storyline. Das ist die übliche These, auch jetzt mit Blick, wir haben bald Kommunalwahlen NRW mit Blick auf die Erfolge der Rechtsaußenpartei AfD. Das gilt immer so als nach dem Motto, da müssen wir die Probleme lösen und dann werden die Menschen wieder demokratischer. Ich selber würde da ein großes Fragezeichen dran machen, denn wir haben einen starken Populismus, der sucht sich so schon seinen nächsten Konflikt und es findet sich natürlich immer ein Konflikt. Und das ist für die Bearbeitung von Konflikten eine ganz große Herausforderung, das ein bisschen auseinanderzuhalten. Die Konfliktakademie an der Universität Bielefeld hat eine große Bevölkerungsbefragung gemacht und hat gefragt, welche wichtigen Konfliktfelder sind denn aus Sicht der Bevölkerung im Moment da? Da war ganz zuvorderst.
[26:20]War innere Sicherheit, Migration und Asyl und Meinungsfreiheit. Das haben da über 75 Prozent haben dazu gestimmt. Interessant war, wenn wir, Sonja, ihr habt auch kommunale Verwaltung gefragt. Da war auch für 40 Prozent Immigration ein wichtiger Punkt und Sicherheit und Ordnung. Aber auch der Verkehr wurde von vielen genannt. Den haben die Bürgerinnen gar nicht so benannt. Und wir haben auch noch, das habt ihr gemacht, Experten der Konfliktbearbeitung gefragt. Und die sagten zuvorderst, es geht gar nicht so sehr um Migration, sondern es geht um soziale Ungleichheit. Im Westen haben wir viele Müllberge und dann wird das zugeschoben auf die Zuwanderer aus Südosteuropa, auf die Römer und da wird immer gesagt, ja, das liegt alles an den Fremden. Die Experten aus der Konfliktbearbeitung sagen, hier geht es vor allen Dingen um Armut und vielleicht geht es auch um fehlende Müllcontainer. Und da könnte man ja mal als erstes was dran ändern.
[27:11]Das war jetzt so ein ganz einfaches, konkretes Beispiel für, wer benennt eigentlich was als Konflikt? Wer wird überhaupt gefragt, was als Konflikt benannt wird? Und da gebe ich nochmal an dich, Sonja, das ist ja dein Punkt auch gewesen, dass die Kommunen im Grunde genommen hier in so einer doppelten schwierigen Aufgabe sind. Also einerseits ist das ihr Job, Konflikte anzugehen. Einerseits sind sie auch Mitakteur, wenn sie beispielsweise die Müllcontainer nicht hinstellen, sondern nur ein Zettelchen dran machen, bitte entsorgen Sie Ihren Müll ordentlich. Das ist natürlich ein Witz, wenn da Leute gar nicht mehr da sind, die diesen Zettel auch vielleicht gar nicht lesen können. Also das heißt, diese doppelte Funktion von kommunaler Verwaltung auch eine große Herausforderung für die Konfliktbearbeitung ist.
[27:53]Ja, das würde ich auch auf jeden Fall sagen. Also sie ist ja nicht sozusagen nur die Adressatin von solchen Konflikten, sondern sie ist ja dann gefragt, wenn es um Wege der Bearbeitung geht.
[28:05]Ist sie einerseits Auftraggeberin in ganz vielen Fällen, aber sie ist auch Konfliktpartei. Und das ist, um jetzt vielleicht nochmal sozusagen so mit der Brille der Konfliktbearbeitung auch darauf zu schauen, ja eine große Herausforderung. Also wie gehe ich jetzt als konfliktbearbeitende Person, also Mediatorin oder Konfliktmanagerin, wie gehe ich sozusagen mit so einer Konstellation von Konfliktparteien auch um? Also wie bringe ich dann im Falle von kommunalen Konflikten alle relevanten Konfliktparteien an einen Tisch? Also das kann zivilgesellschaftliche Akteure, VertreterInnen aus Wirtschaft, Kirche etc. Also alles, was in einem lokalen Raum halt an Gruppen oder Akteuren da ist. Dazu natürlich auch Mitarbeitende aus Verwaltung und aus Lokalpolitik, EntscheidungsträgerInnen. Vielleicht nochmal den Punkt, weil das fand ich interessant, was Beate da gesagt hat. Also wie geht ihr methodisch damit um, wenn ihr den Eindruck habt, das wird jetzt der falsche Konflikt benannt? Oder die Bürger sagen, das ist jetzt hier der Verkehr oder der Müllberg und tatsächlich zumindest so die Interpretation von außen geht es um Armut. Wie wird das methodisch angegangen, dass vielleicht dort die Bürgerinnen und Bürger in der Fragebung deutlich das so sagen und ihr jetzt als, ich sage mal so, als wissenschaftliche Elite.
[29:28]Ich nehme jetzt mal bewusst diesen Begriff Elite, das uminterpretiert, weil ihr das aus euren Studien heraus erkennt, das geht dort um Armut. Also da scheint mir sozusagen selbst in der wissenschaftlichen Begleitung und Betrachtung diese Problematik drin zu liegen. Also die Gefahr des, da werden wir jetzt uminterpretiert oder nicht ernst genommen. Das ist so eine methodische Schwierigkeit, oder?
[29:53]Naja, ich würde erstmal sagen, die Aufgabe von Forschung in dem Fall oder wissenschaftlichen Begleitung, die wir machen, ist ja erstmal zunächst so einen Reflexionsraum dafür zu schaffen, um zu sagen, so die einen sagen, das ist der Konflikt und die anderen sagen, das ist der Konflikt. Was heißt das denn?
[30:11]Also damit ist ja sozusagen keine Evidenz sichergestellt, dass das jeweils eine oder andere der Konflikt ist, sondern eher den Raum dafür zu schaffen, wie blickt ihr denn da drauf? Und das ist ja sowohl für KommunalvertreterInnen in dem Fall, als auch für, sag ich mal, die ExpertInnen aus Mediation und Konfliktmanagement interessant, sich selber sozusagen in der Innenschau zurückzunehmen und zu schauen, aha, okay, ist das denn wirklich alles soziale Ungleichheit, wenn sozusagen Menschen, die in Kommunalverwaltungen arbeiten, sagen, also ich bin hier total überfordert, damit hier das Zuwanderungsaufkommen in meiner Kommune zu machen. Managen und die Menschen gut und wohlig zu integrieren, das ist ja die Frage dann. Und vielleicht nochmal ergänzend, das kann auch nochmal helfen und das wird Oft auch von den Kommunen ist unsere Erfahrung als ganz hilfreich gesehen, zu sagen, ach so, da haben wir verschiedene Sichtweisen auf den Konflikt und auch nochmal den Blick dafür zu öffnen, nochmal unterschiedliche Perspektiven einzuholen. Denn die Erfahrung von Kommunen ist oft, es regen sich ein paar Bürgerinnen und Bürger auf, die schreiben dann da ganz viele Beschwerden an die Kommune, die sitzen vielleicht auch in einigen Gremien und die haben eine laute Stimme, sie werden vielleicht noch unterstützt durch ein lokales Medium, die die Lesart auf einen Konflikt dominieren.
[31:32]Und wenn man dann aber mal die Bürgerinnen fragt, dann sind die vielleicht gar nicht so unzufrieden oder sie sehen eben was anderes als einen Konflikt. Und in dem Fall der Müllberge im Ruhrgebiet, die Roma selber werden beispielsweise gar nicht gefragt in der Regel. Die werden auch nicht eingebunden in die Konfliktbearbeitung. Das heißt, den Blick zu öffnen, kann auch sehr erleichternd für die Verwaltung sein, zu sagen, seid mal vorsichtig, fragt mal ein paar mehr Perspektiven ab. Um was geht es hier eigentlich? Um was geht es den unterschiedlichen Konfliktparteien auch? Und den Blick zu öffnen und zu sagen, seid ihr sicher, dass ihr auch alle gefragt habt? Oder fragt ihr immer nur diejenigen, die laut sind, die sich das Wort nehmen, bei Bürgerversammlungen oder so. Dann kennen wir das, einige Stimmen, die gehört werden. Und wir haben viele, die leise sind, die nicht so gehört werden, die, ich sag mal, in der Nachbarschaft beispielsweise wohnen und sagen, ach, das kriegen wir irgendwie anders hin oder eigentlich haben wir ganz andere Sorgen. Für die kommunale Verwaltung ist die Erfahrung bisweilen ganz erleichternd, auch nochmal zu sagen, Leute, guckt die unterschiedlichen Perspektiven an. Da würde mich deine Meinung zu interessieren, Sonja, schon ein erster Schritt für eine Konfliktbearbeitung. Das würde ich auch sagen. Das wissen wir ja zum Beispiel auch aus unseren wissenschaftlichen Begleitungen. Also wir begleiten an der Konflikte unterschiedliche Ansätze und Verfahren in der kommunalen Konfliktbearbeitung.
[32:45]Also das kann Konfliktberatung sein, das kann Konfliktmanagement sein, wie das sozusagen Beate ja längere Jahre untersucht hat, aber auch andere Ansätze. Und schauen uns an, wie wird das denn gemacht? Wie laufen diese Prozesse? Und ein wichtiger Punkt ist natürlich zu schauen, Wer sitzt denn da mit am Tisch? Das kann man sozusagen in der Tendenz schon sagen. Das ist für Konfliktbearbeiterinnen und Konfliktbearbeiter eine Riesenherausforderung. Auch sozusagen das Bewusstsein dafür zu schärfen an der einen oder anderen Stelle, dass genau das wichtig ist, wenn man Konflikte im lokalen Raum konstruktiv nachhaltig regeln oder bearbeiten möchte. Was sind denn die gesicherten Erfahrungen, wenn eine Kommune sich, also die Mitarbeiter intern oder auch dann dauerhaft extern hinzuholt, eine Professionalisierung des Konfliktmanagements stattfindet? Also sowohl solche Studien sich anschaut und sagt, ach, da können wir also nicht jetzt aufs erstbeste Pferd springen, sondern wir sollten da lieber nochmal eine Schleife drehen, nochmal nachfragen, nochmal gucken, haben wir die richtigen Leute. Wir nehmen neue Verfahren auf und bieten Dialogformate an.
[34:04]Welche Erfahrung gibt es? Ich sage mal so, wirkt das? Wirkt das für die Beteiligten sowohl in der Kommune als als Mitarbeiter, als aber auch für die Bürger? Merken die, dass das hilfreich ist? Also es gibt ja im Grunde genommen, du hast es gerade schon so ein bisschen angerissen, diese zwei unterschiedlichen Zugänge, einmal aus der Kommune heraus selber eine professionalisiertere Konfliktbearbeitung zu ermöglichen und einmal, das liegt dann vielleicht an dem Konflikt selber, das liegt vielleicht auch daran, wie sehr die Kommune selber als Akteur involviert ist oder wie eskaliert auch ein Konflikt ist, dass Kommunen sagen, das schaffen wir alleine nicht mehr, dann wird von außen auch Konfliktbearbeitung.
[34:41]Die nochmal hilft mit einem distanzierteren Blick, also die eine Weile reingeht in die Kommune und wieder rausgeht. Also wir wissen, glaube ich, und das ist bei beiden Verfahren, glaube ich, schon ist klar, es dauert.
[34:53]Also zu denken, das ist oft der Wunsch von der Kommune, ah, hier haben wir einen hocheskalierten Konflikt, jetzt kommt doch mal und macht den Konflikt weg. Das ist, glaube ich, klar, egal welches Verfahren man macht. Das funktioniert so nicht. Es braucht immer Zeit. Es braucht die Übernahme von und den Willen, eine gewisse Verantwortung und Selbstreflexion mitzubringen. Denn letztendlich sind alle Akteure immer involviert. Und selbst wenn sie nicht involviert sein wollen, sind die durch Wegsehen oder Nicht-Mitmachen involviert. Sie fehlen dann auch bei der Konfliktbearbeitung. Das sind die vielen bei hoch eskalierten Konflikten, die sagen, ach, da will ich gar nichts mitzutun, ich wechsle die Straßenseite, sage ich jetzt mal salopp. Auch die fehlen dann bei der Konfliktbearbeitung mit ihrer Position. Das heißt, wir sind, ob wir wollen oder nicht, Teil dieses Konflikts. Das bedeutet also, man braucht immer ein Maß an Selbstreflexion, auch ein Wille, über die eigenen Perspektiven einmal nachzudenken,
[35:46]
Professionalisierung des Konfliktmanagements
[35:42]auch die Perspektiven von anderen sich zumindest anzuhören. Also das sind so zwei wichtige Dinge.
[35:46]Wir haben in dem Projekt, was wir drei Jahre lang auch unter Förderung der Stiftung Mercata und das Land NRW gemacht haben, KUKU kommunale Integration fördern. Das waren also Konflikte, die an Integration und Migration aufgehängt waren. Ob sie immer was damit zu tun haben, ist eine andere Frage, aber die sozusagen damit in Verbindung gebracht wurden. Und da haben wir gesagt, naja, das basiert auf dem Vorgehen, das hat der Konfliktmediator Kurt Faller mal aus dem Unternehmensbereich mit hineingebracht in die kommunales Konfliktmanagement, hat gesagt, naja, es kommt sowieso der nächste Konflikt. Deswegen macht das gar keinen Sinn, sozusagen punktuell hereinzufliegen oder rauszufliegen, sondern der eine Konflikt löst den anderen Konflikt ab. Das heißt, wir müssen also die internen Strukturen stärken. Und wir haben ja in Kommunen in der Regel schon Menschen sitzen, die mal mehr, mal weniger professionalisiert und ob sie es wollen oder nicht.
[36:33]Konflikte bearbeiten. Das sind Quartiersmanagerinnen, das sind aber auch Referatsleitungen von Ämtern, das sind Personen aus Wohlfahrtsunternehmen, das sind vielleicht auch Schüler, das sind vielleicht auch Lehrerinnen und Lehrer. Also wir haben ganz viele Personen, vielleicht auch die Person, die einem Kiosk an der Bude, an der Straßenecke ganz viel auffängt und mit Leuten redet. Also wir haben ganz viele Menschen in Kommunen, die im Grunde genommen die Rolle der Konfliktbearbeitung schon machen, die das aber nicht immer professionalisiert haben und in dem Projekt haben wir also durch eine Qualifikation versucht, die Menschen nochmal zu qualifizieren und dabei kam raus, ja, es bringt was, man braucht Zeit und es braucht vor allen Dingen Vertrauen. Es braucht das Vertrauen der Stadtspitze und den klaren Willen der Stadtspitze, dass da auch tatsächlich etwas passiert. Das sind schon mal zwei ganz wesentliche Punkte. Und dann war ein wirklich positives Ergebnis nach einer gewissen Weile, wo es dann geschafft worden ist, so ein Konfliktmanagementsystem aus der Kommune heraus aufzubauen. Also zu überlegen, wen müssen wir eigentlich noch an den Tisch holen? Mit wem sollte es sinnvoll, einen kurzen Draht zu haben? Wo braut sich was zusammen? Okay, man ruft sich mal an. Bevor es eskaliert, kann man da vielleicht schon mal im Kleinen was machen? Bevor das Ordnungsamt kommt, erstmal die Sozialarbeiterin vor Ort fragen, Leute, was ist denn da los? Die haben häufiger einen direkteren Kontakt zu den Leuten. Da kann man ganz viel im Vorfeld schon mal einfangen, bevor Sachen hocheskalieren. Also so ein System aufzubauen und es funktioniert dann tatsächlich, und das war das, was ich fand am positivsten eigentlich war, es entstresst.
[38:03]Es entstresst, weil man weiß, man hat ein bisschen ein systematisiertes Vorgehen. Wen entstresst das?
[38:10]Es entstresst die Person zum Beispiel im Beschwerdemanagement, es entstresst aber auch eine Kommune in ihren Konflikten. Weil klar ist, wir haben jetzt Erfahrung, wie wir sowas halbwegs konstruktiv über die Bühne kriegen. Wir müssen nicht erst weggucken und dann warten, bis es eskaliert, sondern wir gehen ein bisschen mutiger und selbstbewusster an den Konflikt dran und sagen, okay, hier brodelt sich was zusammen, lasst uns mal zusammensetzen und gucken, wie kriegen wir das besser gelöst. Und allein diese Erfahrung, dass das funktioniert, entstresst und schafft eine gewisse Sicherheit. Und es geht im besten Fall zu sowas über, Sonja, was in der Konfliktbearbeitung, ich habe das gelernt, ich komme ja nicht aus dem Feld, Transformation von Konflikten heißt, richtig? Das ist, also man sagt ja so schön die Kür der Konfliktbearbeitung, wenn man es dadurch schafft Und das spricht den Punkt an, den du, Sascha, eingebracht hast, also darüber spricht, was verändert denn den Konfliktbearbeitungsprozess in einer Stadtgesellschaft oder sozusagen in der Kommune oder auch in der Verwaltung. Ja, die Transformation wäre dann sozusagen das I-Tüpfelchen auf dem Ganzen. Aber das wäre dann auch nochmal, glaube ich, separat zu betrachten. Du hast ja beide Rollen auch, diese mediatorische Rolle, dass du mit Menschen im Gespräch arbeitest, also in der Mediation, als aber auch den distanzierteren Blick, wenn auch zugewandt, aber doch aus der Entfernung auf eine ganze Kommune, dass das, was wir in einzelklassischen.
[39:35]Mediationssettingen feststellen, dass Menschen sagen, ja, ich habe den Eindruck, ich weiche nicht mehr so vielen Konflikten aus. Also die Hoffnung, dass ich jetzt hier mit einer Mediation meinen Konflikt beende und nur noch der Sonne entgegengehe, das habe ich gelassen, ich gehe jetzt gelassener auf Konflikte zu, dass das auch eine Organisation wie eine Kommune kann, wo ja.
[39:57]Konflikt, Eskalation in dem politischen Raum ja auch Zielstellung von Strukturen ist. Also in dem Parlament, die sollen ja miteinander streiten. Das wäre ja fatal, wenn die alle immer einer Meinung sind. Das meine ich gar nicht gönnerhaft, sondern das ist ja wirklich darauf angelegt. Kann so eine Organisation, also es ist ja eine ganz andere Organisation als eine Wirtschaftseinheit. Die sollen alle in eine Richtung gehen, auch wenn die natürlich intern unterschiedlich Zielrichtungen verfolgen, diese Abteilungen. In einer Kommune ist der Sinn des demokratischen Prozesses. Können die gelassener an Konflikte rangehen oder an Probleme, die aufkommen? Ja, ich glaube, da sprichst du einen total wesentlichen Punkt an zu der Frage, naja, sind Konflikte nicht gewünscht, sozusagen in einem demokratischen System? Ich würde ja sagen, naja, sowas wie Polarisierung gehört ja auch dazu. Ich glaube, der wesentliche Unterschied, den man aber hier zu treffen hat, ist, dass Kommune, also sprich die Verwaltungseinheit, noch mal was anderes ist natürlich als Lokalpolitik.
[41:02]Also Politik und Verwaltung sind hier sozusagen zwei miteinander interagierende Konfliktparteien. Das ist das Zwitterwesen der Kommune, wie man so sagt. Und das wissen wir auch so aus unseren Begleitforschungen, dass KommunalvertreterInnen, also Fach- und Führungskräfte in kommunalen Behörden häufig sehr stark konfrontiert sind mit Konflikten, die sie auf lokalpolitischer Ebene auszutragen haben. Also sprich, Vorgaben, die aus der Lokalpolitik kommen, müssen ja sozusagen auf Verwaltungsebene umgesetzt werden und das wiederum auf Ebene von Wohnbevölkerung vermittelt und weiter umgesetzt werden. Und das sind Konflikte an sich. Und ganz interessant ist dabei, in unseren Befragungen haben wir die KommunalvertreterInnen zum Beispiel gefragt, wie werden denn bei Ihnen in der Behörde Konflikte bearbeitet?
[41:56]Und ein sehr hoher Anteil, also über 60 Prozent, haben da geantwortet, ja, durch persönliches Engagement der Mitarbeitenden, also Fach- und Führungskräfte. Und das nochmal unterschiedlich in den Statusgruppen. Das ist natürlich erstmal ein Befund, wenn man sagt, naja, das sind dann Menschen, die in Kommunalbehörden tätig sind, die mal mehr oder weniger auch expertisiert sind. Manche haben Mediationsfortbildungen, Weiterbildungen, manche nicht. Aber es ist ganz viel das individuelle Engagement, was da eingebracht wird und nicht unbedingt die interne Struktur, wie Beate das auch gerade gesagt hat, die vorhanden ist. Und bestenfalls holt man sich sozusagen Unterstützung von außen. Wenn die Person weggeht, Rente, Pension, dann ist das Thema auch in der Form beendet. Beate, du hast ja noch einen Punkt. Also erstens ist das die Kunst, das wissen wir auch aus anderen Sphären, Unternehmen, Organisationen, eine Struktur schaffen, wo das wegkommt von diesen engagierten Einzelpersonen, die kompetent sind, die sich qualifiziert haben und so weiter.
[43:04]Gleichzeitig wird diesen Personen natürlich auch dann viel Verantwortung zugewiesen. Und es wird auch sozusagen das Unangenehme auf die abgeschoben. Also dann wird sozusagen sowas von der, es wird bei der externen Konfliktmediatorin erwartet, die kommt mal reingeflogen und macht den Konflikt weg wie so eine Zauberfee. Und dann müssen wir uns auch gar nicht verändern, aber der Konflikt ist weg. So ähnlich wird das dann von dieser Person erwartet. Ich glaube, ein ganz wichtiger Punkt, den wir zum Schluss nochmal ansprechen sollten. Ich hatte am Anfang das Thema Populismus, Rechtsextremismus kurz angerissen. Wir wissen aus Befragungen nicht unseren eigenen, sondern anderen, dass Bedrohungen eklatant zunehmen. Das gilt sowohl für die politische Amts- und MandatsträgerInnen, BürgermeisterInnen, das gilt aber auch für Verwaltungsbeamte beispielsweise und es gilt für Menschen, die sich zivilgesellschaftlich engagieren, das Ausmaß an Bedrohung. Ist total gestiegen und deswegen braucht es Schutzkonzepte. Und auch da gilt, gerade diese Personen, die irgendwie erkennbar sind.
[43:59]Die im Positiven vielleicht erkennbar sind, weil sie Konflikte geübt sind, zu bearbeiten, aber gleichzeitig dann auch sehr vereinzelt dastehen, die brauchen einen Schutz. Auch da gilt es weg von, das ist die Verantwortung des Einzelnen, wenn er dann Shitstorm kriegt, Hate Mails oder so etwas oder vielleicht Schlimmeres, sondern es ist auch, das ist eine Aufgabe für die Struktur. Das wissen wir aus jeder Schule, von jedem Mobbing, weg vom Opfer hin in die Verantwortung der Institutionen. Und Rückendeckung, wissen wir, ist das A und O. Also das ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Punkt, den wir uns bei diesem Konflikt immer wieder vor Augen führen müssen. Konflikte, da ist halt eine Menge Emotion drin und da ist auch eine Menge Wut und Aggression, wenn es eskaliert dabei und entsprechend leicht sind dann auch Bedrohungen bis hin zu Angriffen und von daher muss aus meiner Sicht dieses Thema unbedingt mitbedacht werden und dafür braucht es eben dann auch Schutzkonzepte,
[44:52]
Bedrohungen für kommunale Akteure
[44:50]so wie wir sie bei jedem, ich sag mal Brandfall haben. Da gilt präventiv eine Krise und dafür haben wir eben, die Idee ist diese Idee des kommunalen Konfliktmanagements und ich würde es eben gerne mit einem Bedrohungsmanagement verknüpfen. Prävention heißt, wir machen etwas, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist und warten nicht, dass es hoffentlich der Kelche an uns vorübergehen möge. Er geht nicht an uns vorübergehen. Und das ist eine wichtige Kenntnis nochmal aus der Befragung, die ihr gemacht habt, Sonja, in der Konfliktakademie. Die Leitungskräfte in der kommunalen Verwaltung, wenn man die fragt, welcher Konflikt ist denn besonders wichtig, da sagen die Verkehr.
[45:23]Das sagt die Sachbearbeitungsebene, das sagt das deutlich weniger. Dafür sagt die Sachbearbeitungsebene viel häufiger Hasskriminalität und Bedrohung, weil die kriegen das nämlich ab. Die Leitungskraft oben merkt das oft nicht, weil sie eben oft nicht so nah dran ist am Feld und so leicht auch, ich sag mal, keinen Kontakt hat, keine Information und auch nicht so nah an der Bevölkerung dran ist. Also von daher ist das, glaube ich, ein Punkt, der unbedingt mitbedacht werden muss, weil Bedrohung ist etwas, es macht Scham. Man will gerade auch als, ich sag mal, Vertretung einer Kommune nicht als schwach dastehen und das ist so wichtig, dass das mitbearbeitet wird. Der Punkt sozusagen Engagement in der Kommune ist nicht nur eine Frage der Professionalisierung, sondern auch das Schutzgeb für diese Personen, weil die momentan unter Beschutz sind. Das ist sozusagen da mitzudenken und das ist eine Erfahrung aus eurer Arbeit in Kommunen. Das kennt man zum Beispiel so aus den Wirtschaftsorganisationen, wenn es da um Konfliktmanagement geht. Nicht in der Form. Das ist ein interessanter Punkt. Also der war mir so vorher auch nicht klar, obwohl ich natürlich aus anderen Zusammenhängen weiß, klar, Kommunalträger haben genauso Schwierigkeiten, ihre Stellen zu besetzen. Kommunalpolitik, Engagement. Und das hat sicherlich damit zu tun, dass es einfach mittlerweile nicht nur undankbar, sondern auch mitunter gefährlicher Job ist. Nicht umsonst haben wir inzwischen in den Sozialämtern Notfallknopf. Vielen Dank.
[46:45]Beate Küpper, Sonja Fücker, für dieses informative Gespräch zum Thema Kommune als Konfliktfelder, als Konfliktakteurin und auch als Konfliktbearbeiterin. Das Ganze habt ihr auch in unterschiedlichen Aufsätzen formuliert, in der Konfliktdynamik, in der zweiten Ausgabe von diesem Jahr. Wir werden in den Shownotes zu diesem Podcast auch eure Artikel mit verlinken und die dann auch mit freundlicher Genehmigung vom Nomos Verlag auch mit einsehbar sind. Und die werden sozusagen dann öffentlich sein für einen Zeitraum, sodass die jeder, der sich dem Thema weiter widmen will, die auch lehnen kann. Und sie sind wirklich lohnenswert. Also sowohl der ganz einführende Artikel zur Kommune von dir, Sonja, als auch der Artikel von jeder Beate, den du mit zwei Kolleginnen geschrieben hast. Kommunales Konfliktmanagement, eine Antwort auf lokale Krisen. Vielen Dank. Gute Zeit für euch. Vielen Dank. Euch beiden. Ebenso, vielen Dank. Frau Professorin Dr. Beate Küpper und Frau Doktorin Sonja Zücker. Einmal von der Hochschule Niederrhein
[47:55]
Fazit und Ausblick auf die Kommune
[47:52]und von der Hochschule Bielefeld. Zwei Forscherinnen, die aus der Praxis kommen und an der Praxis orientiert sich die Sache mit wissenschaftlichem Blick anschauen.
[48:06]Wir haben über die Kommune gesprochen, über das kommunale Konfliktmanagement und die Herausforderung, denen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Kommune, die Funktionsträger, Amtsträger und wie sie alle auch benannt werden, gegenüberstehen.
[48:21]Und es sind nicht nur die Konflikte, und das fand ich eine wichtige Differenzierung, die aus der Kommune herauskommen, also aus dem Lebensalltag der Personen entstehen, weil sie zusammenleben in der Kommune, sondern auch, weil Veränderungen aus der großen Politik, sogar aus dem Weltgeschehen heraus, Konsequenzen haben, die in der Kommune dann entstehen. Mehr oder weniger plötzlich spürbar werden. Wir haben ein paar Beispiele angerissen, wie zum Beispiel Energiewende eingreift in das Leben der Kommunalpolitik, der kommunalen Vertreter, die auch großen Themen der Migration oder auch des politischen und populistischen Geschehens. Das sind also Konfliktlinien, die sich auftun und mit denen Kommunalvertreter, kommunale Amtsträger umgehen müssen. Und wir haben uns erste Erfahrungen angeschaut, die mit Professionalisierungen von Kommunen einhergehen. Professionalisierung im Umgang mit Konflikten und Dialogformaten, mediativen Bearbeitungen. Ein erster Einblick. Ein zweiter Blick kann ich nur euch ans Herz legen bieten. Die beiden Aufsätze, die sowohl Sonja Fücker als auch Beate Küpper veröffentlicht haben, erst kürzlich in der Konfliktdynamik. Das ist die zweite Ausgabe dieses Jahres 2025.
[49:46]Beide werden verlinkt werden in den Shownotes und auf der Website und auch für einen gewissen Zeitraum jetzt direkt lesbar sein und werden sozusagen hinter der Bezahlschranke kurz hervorgeholt beziehungsweise diese wird geöffnet, um im Bild zu bleiben. Vielen Dank, dass du und ihr hier wieder mit dabei wart. Diesen Podcast unterstützt durch Zuhören und gerne auch durch Weiterempfehlen und Abonnieren, wenn du das noch nicht getan hast. Wenn dir das gefällt und du auch möchtest, dass andere diesen Podcast leichter finden, weil sie ihn noch nicht gefunden haben, dann geht das ganz einfach, indem du eine Sternebewertung abgibst und einen Kommentar schreibst, zum Beispiel auf Apple Podcast oder auch auf den anderen Plattformen. Das funktioniert im Digitalen, sodass dann auch andere den hören. Ich verabschiede mich mit besten Grüßen. Komm gut durch die Zeit. Sascha Weigel, dein Host von INKOVEMA, dem Institut für Konflikt- und Verhandlungsmanagement in Leipzig und Partner für professionelle Mediations- und Coaching-Ausbildungen.