INKOVEMA-Podcast „Gut durch die Zeit“

#219 GddZ

Vertrauen.

Teil 3 – Der Preis des Vertrauens

Nachteile, Risiken, Schattenseiten

Im Gespräch mit Prof. Dr. Guido Möllering

Prof. Dr. Guido Möllering, promovierte 2003 an der Universität Cambridge und habilitierte 2011 an der Freien Universität Berlin, ist seit 2016 Direktor und Lehrstuhlinhaber am Reinhard-Mohn-Institut für Unternehmensführung (RMI) an der Universität Witten/Herdecke. Zu den inhaltlichen Schwerpunkten des RMI unter seiner Leitung zählen unter anderem: Kooperative Beziehungen, Netzwerk- und Allianzstrategien, Management von Offenheit und Transparenz, Vertrauen in und zwischen Organisationen, neue Führungs- und Arbeitsformen im digitalen Zeitalter sowie unternehmerische Verantwortung.

  • Trust: Reason, Routine, Reflexivity (2006)
  • Produktion in Netzwerken (mit Jörg Sydow, 3. Aufl., 2015).

Kleine Reihe: Vertrauen

  • #169 – Vertrauen. Teil 1 – Die Aufhebung der Ungewissheit (Link)

  • #172 – Vertrauen. Teil 2 – Das Vertrauen Anderer in uns ermöglichen (Link)

  • #219 – Vertrauen. Teil 3 – Der Preis des Vertrauens

Inhalt

Kapitel

0:03 Einführung in das Thema Vertrauen

1:57 Risiken und Schattenseiten des Vertrauens

8:01 Täuschung und Enttäuschung

9:58 Vertrauen und soziale Dynamiken

16:16 Vertrauen in Beziehungen

22:22 Vertrauen und Druck im Arbeitskontext

26:18 Gutmütigkeit und blinder Vertrauen

32:48 Vertrauen und Verlustaversion

36:51 Identität und Vertrauen

40:51 Vertrauen und Reputation

43:59 Reflexion über Vertrauen

47:34 Blinder Glaube und Skepsis

49:52 Zusammenfassung und Ausblick

Zusammenfassung

In dieser Episode des Podcasts „Gut durch die Zeit“ beleuchte ich gemeinsam mit Prof. Dr. Guido Möllering die Risiken und Schattenseiten des Vertrauens – das dritte und abschließende Thema in unserer Reihe, die mit den Episoden #169 und #172 begonnen hat.

Zuerst werfen wir einen Blick darauf, was wir in früheren Folgen zum Begriff des Vertrauens besprochen haben und was es für soziale Interaktionen bedeutet. Vertrauen ist eine komplexe Annahme, die sowohl positive als auch negative Implikationen mit sich bringt. Es erlaubt uns, Unsicherheiten zu reduzieren und soziale Beziehungen zu stärken, es kann jedoch auch zu Enttäuschungen führen.

Wir diskutieren, wie Vertrauen wie ein Beruhigungsmittel wirkt, das uns vor der unschönen Realität von Unsicherheit und Verwundbarkeit bewahrt. Diese Metapher illustriert, dass übermäßiges Vertrauen auch zur Abhängigkeit führen kann und den Blick für (potenziell) negative Aspekte einer Beziehungs- bzw. Lebensgestaltung vernebelt. Dabei ist es wichtig, die beiden Gesichter des Vertrauens zu betrachten: Das eine ist die nützliche Komponente des Vertrauens, die uns verbindet und Handlungsspielräume eröffnet. Das andere ist die potenzielle Gefahr der (Selbst-)Täuschung und unangemessenen Beruhigung – etwa durch Wegschauen, Verdrängen oder gar Manipulation und Missbrauch.

Ein zentrales Thema unserer Diskussion ist das Phänomen des blinden Vertrauens, das uns auch blind für Warnsignale macht. Hier beleuchten wir, wie Menschen in vertrauensvollen Beziehungen oft geneigt sind, kleine Anzeichen von Misstrauen zu ignorieren, was schließlich zu großen Konflikten führen kann. Wir sprechen ebenfalls über die Dynamik in Beziehungen, in denen Vertrauen führt, jedoch auch Druck auf die Beteiligten ausübt – zum Beispiel, wenn ein Mitarbeiter mit übermäßigen Erwartungen konfrontiert wird, weil ihm in der Vergangenheit viel Vertrauen entgegengebracht wurde.

Außerdem thematisieren wir die soziale Macht, die durch Vertrauen ausgeübt werden kann. Dabei zeigen wir auf, wie Erwartungen, die mit Vertrauen verbunden sind, als Druckinstrument missbraucht werden können. Dies kann zu einem Teufelskreis führen, in dem man sich nicht mehr traut, in einer Beziehung Zweifel zu äußern, aus Angst, das Vertrauen zu enttäuschen oder, schlimmer noch, die Beziehung zu gefährden.

Für uns war es also wichtig, den sozialen Preis von Vertrauen zu erkunden und darüber nachzudenken, wann Vertrauen positiv oder negativ genutzt wird. Wir reflektieren auch, was Vertrauen in sozialen und geschäftlichen Zusammenhängen bewirken kann und in welchen Fällen es uns zum Nachteil gereicht. Der Zuhörer wird dazu angeregt, ein Gespür für die komplexen Beziehungen zwischen Vertrauen, Macht und Verantwortung zu entwickeln.

Die ganze Episode ist ein spannender Austausch über die Nuancen des Vertrauens und die Balance, die in zwischenmenschlichen Beziehungen gewahrt werden muss. Soziale Interaktionen sind geprägt von einem ständigen Abwägen zwischen Vertrauen und Vorsicht, was auch in einem unternehmerischen Kontext von großer Bedeutung ist. Wir laden die Zuhörer ein, über ihre eigenen Erfahrungen nachzudenken und was Vertrauen für sie in ihren Beziehungen bedeutet.

Vollständige Transkription

 

[0:00]Das ist schon irre, weil wir genau ja jetzt immer überlegen müssen,
[0:03]
Einführung in das Thema Vertrauen
[0:02]von welcher Annahme gehen wir jetzt aus? Gehen wir davon aus, dass der wirklich gerade was Unvertrauenswürdiges macht, der andere? Herzlich willkommen zum Podcast Gut durch die Zeit. Der Podcast rund um Mediation, Konfliktcoaching und Organisationsberatung. Ein Podcast von INKOVEMA. Ich bin Sascha Weigel und begrüße dich zu einer neuen Folge. Und heute soll es um den dritten Teil in der kleinen Reihe um das Vertrauen gehen. Und deshalb begrüße ich hier im Podcaststudio wieder Prof. Dr. Guido Möllering.
[0:33]Ja, hallo. Ich freue mich, dass wir auch auf diese Seite von Vertrauen zu sprechen kommen. Ja, denn diese Seite kündigt das schon an. Heute wollen wir uns mit den Risiken, den Nachteilen oder auch den Schattenseiten von Vertrauen zuwenden. Wir haben ja in den ersten beiden Folgen Vertrauen uns angeschaut, was es überhaupt ist. Das war in der Episode 169.
[0:56]Vertrauen sozusagen als die Annahme des Eintritts von Ereignissen oder auch des Ausbleibens, obwohl man weiß oder wissen könnte, diese Annahme ist riskant und nicht wirklich begründbar.
[1:09]Wir vertrauen halt darauf und sie hatten das so schön formuliert. Wir hatten das auch ganz ausdrücklich oder ausführlich dann auch dargelegt, dieses Aufheben des Wissens, dass es in beide Richtungen gehen kann, dass wir das nicht mehr spüren und nicht unmittelbar im Bewusstsein haben, sondern wie in eine Schublade packen können. Wir können es wieder hervorholen, aber es ist eben dort erst mal auch gut aufgehoben, dass es weggepackt ist. Das war sozusagen der Clou des Herangehens. Und wir haben dann in 172 in der Episode kurz darauf dann auch uns angeschaut, was möglich oder auch notwendig ist, damit andere uns vertrauen. Wie wir also auch Vertrauen schaffen. Entwickeln können, ohne dass wir einen direkten Zugriff auf diese Aufhebensentscheidung
[1:57]
Risiken und Schattenseiten des Vertrauens
[1:54]unserer Mitmenschen haben. Genau. Und heute und jetzt wollen wir gucken, was ist denn auch riskant daran, wenn wir Vertrauen haben? Es ist an sich ja ein sehr schillernder Begriff und Vertrauen als Schmiermittel sozialer Interaktion, als absolute Notwendigkeit, damit so eine ausdifferenzierte Gesellschaft funktioniert, hat ja einen sehr guten Läumund. Würde ich jetzt mal vermuten, ich weiß nicht, Sie haben sich ja so wirklich auch in Ihrer Forschung drauf bezogen. Ist Vertrauen so ein schillernder Begriff wie Kommunikation generell?
[2:28]Also das ist natürlich ganz wichtig am Anfang zu sagen, dass wir jetzt heute nicht plötzlich Vertrauen dekonstruieren und plötzlich feststellen, dass es eigentlich was ganz, ganz Schlimmes ist, dass das eigentlich unerwünscht ist. Also natürlich, summa summarum, bleibt Vertrauen sehr attraktiv, ist sehr hilfreich in Beziehungen. und ob das wirtschaftliche Beziehungen sind oder andere, es hat also einen hohen Wert und sogar bis hin einen Wert an sich. Aber wenn wir uns das jetzt so ein bisschen vorstellen wie ein Medikament oder eine Droge, da gibt es halt die üblichen Beipackzettel mit den möglichen Risiken und Nebenwirkungen. Und ich meine, ich möchte diese Metapher nicht überstapazieren, aber wenn wir jetzt zum Beispiel sagen, Vertrauen ist wie so ein Beruhigungsmittel.
[3:10]Weil es eben uns erlaubt, also diese Unsicherheit und Verwundbarkeit, die wir eigentlich haben, die realistischerweise alle haben, irgendwie zu ertragen, dann ist das natürlich so, dass man von so einem Mittel auch abhängig werden kann. Dass man also immer dieses Bedürfnis hat, das zu behalten und immer wieder zu nehmen und an sich dann also wirklich in dem Sinne auch abhängig davon wird und deswegen zum Beispiel dann nicht mehr merkt, dass bestimmte Dinge sich schlecht entwickeln, weil man das immer wieder beruhigt halt mit dem Mittel. Das andere ist eben, dass man auch getäuscht werden kann. Also dass Leute einem sozusagen jetzt im übertragenen Sinne Dinge vermitteln, die wie ein Beruhigungsmittel wirken, aber das unlauter und unredlich tun. Und man selber hat aber den beruhigenden Effekt, aber man merkt gar nicht, dass man ausgenutzt wird oder dass die Leute einem dieses Beruhigungsmittel geben, aber selber dabei einen täuschen und einen letztendlich ausnutzen wollen. Auch diesen Effekt, dass man das gar nicht dann merkt, gerade weil man dieses Beruhigungsmittel nimmt, merkt man gar nicht mehr, dass man getäuscht wird und dass das Ganze in eine falsche Richtung läuft. Das ist eben dann so ähnlich wie bei Medikamenten kann das eben auch bei dem eigentlich sehr wünschenswerten und funktionalen und tollen Vertrauen passieren. Vom Ausgangspunkt bemühe ich nochmal den Niklas Luhmann, der das ja ganz deutlich die Funktion beschrieben hat. Es reduziert Komplexität.
[4:35]Wenn ich also vertraue, muss ich nicht einen Aufwand betreiben, den ich sonst betreiben würde.
[4:41]Ich würde viele Dinge selber machen, wenn ich nicht anderen vertraue und müsste mich eben dadurch, dass ich selber mache, immer wieder absichern und nachfragen, selber Informationen einholen, selber die Augen offen halten etc. Und diese Funktion finde ich mit der Analogie eines Medikaments ganz hilfreich. Man wird sozusagen ein bisschen sediert und das Leben wird ein Stück einfacher, weil man sich einfach, jetzt kann man fünfe Grades sein lassen, würde man so sagen.
[5:08]Und da wird dann schnell einleuchtend, ja stimmt, das hat auch Nachteile, dass man eben vertraut. Bestimmte Kompetenzen werden vielleicht weniger gebraucht, man betreibt weniger Aufwand. Also wie kann man das fassen, die Nachteile zu kategorisieren oder Ordnung reinzubringen, dass man sagt, wenn ich vertraue, dann kostet mich das was, das hat einen Preis. Also wenn wir Vertrauen als Begriff auch ernst nehmen und konsequent einsetzen, dann schwingt eben immer Unsicherheit und Verwundbarkeit mit. Und das bedeutet eben letztendlich, dass immer Vertrauen auch enttäuscht werden kann. Also das ist eine Grundaussage, dass der Begriff des Vertrauens schließt die Möglichkeit des Enttäuschtwerdens mit ein. Und damit habe ich jetzt schon mal den ersten negativen Effekt. Es kann halt auch schlecht ausgehen. Es könnte sein, dass ich enttäuscht werde. Ich habe nicht im Voraus die absolute Gewissheit, dass ich nicht enttäuscht werde. Und das ist noch ein relativ undramatisches Level von Nebenwirkungen, dass man sagt, ja, es könnte halt auch mal sein, dass es nicht funktioniert. Ja, genauso wie es auch sein könnte, dass man ein Medikament nimmt und das wirkt dann nicht. Wir müssen diese Analogie nicht überstrapazieren.
[6:21]Und das heißt, es könnte einfach erstmal nicht in sich funktionieren. Aber gerade dieses, das könnte, man weiß nicht so genau, das eröffnet halt auch das Tor für Täuschung.
[6:31]Also dass auch jemand, also auch ganz bewusst vom Trickbetrüger, Heiratsschwindler bis hin zu einfach nur jemandem, der einem etwas mehr verspricht, als er am Ende halten kann, obwohl er es eigentlich wollte und gut gemeint hat, eröffnet ja diese Erwartungshaltung, die im Vertrauen steckt, die dann nicht erfüllt werden kann. Und das reicht sowohl vom Kriminellen bis zum eigentlich Gutmeinenden, der dann aber nicht liefert, aus Gründen, die er vielleicht selber gar nicht unter Kontrolle hatte. All das kann eben dazu führen, dass man sich dann getäuscht fühlt. Und dabei noch eine schöne Geschichte, dass man sich dabei auch selbst getäuscht hat, weil man zum Vertrauen ja auch dazu beiträgt selber. Und dann denkt man, Mensch, da habe ich mich getäuscht. Also nicht mal der andere, darüber hatten wir, glaube ich, auch schon gesprochen. Also dieses Täuschen und damit auch Enttäuschen, was damit zu tun hat, dass da die Ungewissheit drin steckt. Aber als Schattenseite von Vertrauen ist eben halt auch zu nennen, dass es nicht so schwierig ist, Leute zu täuschen, da Vertrauen ja so attraktiv ist. Also gerade die Attraktivität von Vertrauen erhöht auch das Risiko, dass man getäuscht wird, wohlgemerkt von böswilligen Menschen. Das ist ja so wie bei den Heiratsschwindler. Die erfüllen ja gerade dieses Bedürfnis, dass jemand so geliebt und angebetet werden möchte, dass das alles nur eine Täuschung ist. Das kriegt man dann erst später mit. Im ersten Moment ist einem das ja sehr angenehm.
[7:52]Und das andere sind eben Fahrtabhängigkeiten. Nur um das noch kurz zu kategorisieren, wenn man dann erstmal da so drin ist, kann es zu Fahrtabhängigkeiten kommen. Darüber sollten wir dann nochmal separat reden.
[8:01]
Täuschung und Enttäuschung
[8:01]Und auch negative Effekte für andere. Das heißt also, in der Beziehung kann alles super sein und auch gut funktionieren. Aber durch die Beziehung selber, zum Beispiel durch ein Kartell, in dem sich alle ganz doll vertrauen, wird halt jemand geschädigt, der nicht Teil des Kartells ist. Und das ist nochmal eine andere negative Geschichte, dass Vertrauen also auch so quasi Zusammenhänge schaffen kann, die dann vertrauensvoll sind, aber für andere eben schädlich. Also nehmen wir sozusagen die klassische Zweierbeziehung. Und das ist ja jedem intuitiv oder aus der Lebenserfahrung klar, hat ein Risiko. Wenn ich vertraue, gehe ich ein Risiko ein. Es gibt immer diesen Kindheitswitz, die letzten Worte des Beifahrers.
[8:42]Oder der sagt, rechts ist frei und man achtet nicht drauf als Fahrer, sondern vertraut drauf, dass der halt Recht hat. Und wenn nicht, dann knallt es halt. Das ist ja sozusagen das, was jeder weiß, das ist die heiße Herdplatte. Vertrauen, vertraue ich, vertraue ich nicht. Was Sie noch ins Spiel bringen, ist sozusagen die soziale Dreierbeziehung. Zwei vertrauen sich sehr gut und verbünden sich gegen einen Dritten sozusagen. Und dieses, was Sie sagen, als Kartell. Es hat also einen sozialen Preis, wenn der Einschluss von Zweien, die sich einig sind, gegen einen Dritten oder zu Lasten eines Dritten geht. Also diese Dreierbeziehung ist vielleicht eher ein eigenes Thema oder ein nebensächliches Thema. Beziehungsweise man kann es auch auf die Formel bringen, Ob Vertrauen gut oder schlecht ist, mal so ganz platt, hängt eigentlich davon ab, wozu es genutzt wird. Was ermöglicht Vertrauen? Und wenn es halt Kriminellen ermöglicht, besser zusammenzuarbeiten, dann ist es gesellschaftlich unerwünscht. Wenn es Krankenhäusern in der Region ermöglicht, besser zusammenzuarbeiten, dann ist es vielleicht sehr wünschenswert und so weiter. Also da muss man schauen, Vertrauen ist erstmal als Mechanismus so gesehen neutral, ist dann wünschenswert für diejenigen, die damit arbeiten im ersten Schritt,
[9:58]
Vertrauen und soziale Dynamiken
[9:57]aber nicht unbedingt für andere. Und interessant ist eigentlich, wann wird eigentlich Vertrauen auch für die, die das eigentlich für sich selber positiv einsetzen wollen, zu einem unerwünschten Zustand, weil man zum Beispiel in einer Beziehung sich befindet, die sehr vertrauensvoll ist.
[10:12]Oder es sein sollte. Nicht mehr gut funktioniert, also die keine guten Ergebnisse mehr produziert, sagen wir es mal ganz einfach, aber man kommt trotzdem nicht raus, gerade weil man sich vertraut. Also das ist eben auch dieses, wo das dann mit der Droge so wieder so ähnlich ist. Gerade weil es so stark wirkt, das Vertrauen, kommt man auch nicht weg davon. Nehmen wir das konkret, weil ich habe ein konkreten Beispiel im Kopf von zwei Geschäftsführern. Beziehungsweise der eine war gar nicht der Geschäftsführer, aber das spielt auch gar keine Rolle.
[10:38]Nach langen Jahren, wo das gut lief und es lief wie geschmiert, war doch Misstrauen auch gewachsen, ob der eine nicht ein bisschen was sozusagen für sich tut, was problematisch ist. Dieser andere Kollege konnte das nicht einfach so ansprechen. Also das ist viel schwer zu sagen, hey… Ich misstraue dir, weil er auch nicht sicher war. Er hatte nicht genügend Informationen. Er wollte aber diese Informationen haben und brauchte dazu Zugang zu bestimmten Räumen, Unterlagen etc. Und wusste aber genau, wenn er das will, wenn er das beansprucht, dass er eine Grenze überschreitet.
[11:16]Und der Kollege sagte das dann auch so, der andere, was ist los? Vertraust du mir nicht mehr? Er konnte nicht so einfach sagen, ja. Er hat nicht vertraut, aber Vertrauen hatte einen sozialen Anspruch, hatte eine Wirkung, wo man nicht mehr so einfach die Wahrheit sagen konnte. Es hatte einen Preis, wenn man das sagt. Und das, fand ich, war eine schöne Schattenseite. Das ist mir aufgefallen, als ich da Ihre Notizen dazu gelesen hatte. Das war der Fall sofort wieder in den Kopf gekommen. Was passiert da? Also der Fall ist wirklich ideal, um auch verschiedene Aspekte zu zeigen. Also einmal, wie Sie schon sagten, da warte ich ja nicht wirklich sicher. Also das ist dann immer schon diese Abwägung, setzt man die Beziehung aufs Spiel, das ist nochmal ein anderer Aspekt, wenn man sich gar nicht sicher ist oder wartet man da ab? Also gerade typisch für Vertrauen ist, dass man, wenn so erste Signale kommen, dass nicht alles so ganz in Ordnung ist, dass man dann eher versucht, die Gründe zu finden, warum das kein Problem ist oder dass es doch noch okay ist. Also das ist typisch. Also man sagt ja immer, Vertrauen braucht lange, um aufgebaut zu werden und wird dann sehr schnell zerstört. Das ist aber auch in der Psychologie nicht nur so einseitig gesehen.
[12:26]Denn es gibt gerade diesen Effekt, dass Vertrauen, wenn es erstmal da ist, dass man sehr lange daran festhält und so ein Confirmation Bias halt hat, also dann eher nach den bestätigten Dingen sucht und nicht nach denen, die dagegen sprechen. Wenn dann so erste Signale reinkommen, ist man also erstmal, gerade wenn es nicht so klar ist, ist man erstmal geneigt zu sagen, er wird schon alles noch seine Richtigkeit haben. Dann ist es das Absurde eigentlich, dass gerade in einer vertrauensvollen Beziehung sollte man doch Kritik üben können. Sollte man doch auch was hinterfragen können. In der Annahme, dass der andere ja weiß, dass ich es gut meine. Dass ich ihm nichts Böses will, sondern hör mal, mir ist irgendwas aufgefallen. Und das müsste da gerade in einer vertrauensvollen Beziehung möglich sein. Wenn das nicht mehr möglich ist, dann ist eigentlich schon der Knacks schon da. Also in dem Moment, wo der gedacht hat, ich habe da einen Verdacht, aber ich traue mich nicht zu fragen, war sein Vertrauen eigentlich schon, sagen wir mal, beschädigt. Und dann kommt es eben zu dieser Abwägung, ist mir jetzt diese Beziehung.
[13:24]An sich wichtiger als vielleicht der kleine Schaden, den ich gerade erleide. Auch da müssen wir dranbleiben, weil es könnte eben sein, dass man, wenn man die Beziehung aufs Spiel setzt, man sehr viel mehr verliert, auch gefühlt emotional, nicht nur materiell, als wenn man in der Beziehung bleibt. Und solange dies auch nicht eindeutig auf die eine oder andere Seite fällt, bleibt man dann halt in der Beziehung drin. Das ist typische Fahrtabhängigkeit. Interessant finde ich ja aus der Perspektive desjenigen, der jetzt Zweifel hegt oder sich zumindest absichern will, dass diese Zweifel unnötig sind, dass der die Überlegung hat, sind meine Zweifel es mir wert, dass ich die Beziehung aufs Spiel setze. Das ist ja eine sehr an sich irrationale Überlegung. Er will ja seine Zweifel, die er daran hat, eigentlich noch am Anfang zumindest zur Seite schieben. Aber die andere Person darf jetzt beanspruchen, dass das ein Nachteil für ihn wäre, wenn ihm nicht mehr vertraut wird.
[14:22]Also wenn er sagt, wieso willst du das jetzt machen? Hast du noch nie gemacht? Vertraust du mir nicht mehr? Er führt ja etwas ins Feld, wo er Druck ausüben kann, wo er sozusagen auch Macht ausüben kann. Demjenigen, dem vertraut wurde, hat dann eine soziale Macht über den anderen zu sagen, das ist jetzt nicht okay, wenn du mir einen Mist traust. Ich habe dir keinen Anlass dazu gegeben. Das ist schon irre, weil wir genau ja jetzt immer überlegen müssen, von welcher Annahme gehen wir jetzt aus? gehen wir davon aus, dass er wirklich gerade was Unvertrauenswürdiges macht, der andere, aber versucht damit durchzukommen und das sogar noch verstärkt, indem er dann.
[14:58]Auch das ist typisch Heiratsschwindler, sagt, wie kannst du nur annehmen, das und so und damit seine ganze Täuschung quasi noch verstärkt. Oder nehmen wir jetzt an, dass dieser Verdacht nicht angebracht ist und der andere wirklich dann gekränkt ist, weil er wirklich nichts gemacht hat. Das ist alles sozusagen nicht valide.
[15:14]Und dann wirklich auch gekränkt ist und sagt, also wirklich, du hast jetzt gedacht, ich hätte das gemacht. Gerade diese Gefahr, dass der andere dann gekränkt ist, unnötig, quasi letztendlich unnötig gekränkt ist, das kriegt man ja auch nicht wieder aus der Welt. Und deswegen fällt es so schwer und gerät man dann eher in diese Spirale, dass man in der Beziehung bleibt, bis es dann ganz eindeutig ist und vielleicht auch von außen kommt und ganz klar aufgedeckt wird. Also die Person hat irgendwie Geld veruntreut oder sowas oder ist erwischt worden bei irgendwas und dann kann man es halt nicht mehr leugnen, weil es dann eindeutig ist. Aber solange man eben noch immer noch diesen Zweifel hat und natürlich ist das hier wieder nochmal zu unterscheiden zwischen Vertrauensnehmern, also denen vertraut wird, die bewusst täuschen und wir denken ja in unsere letzte Folge.
[15:59]Die auch viel dafür tun, dass die andere Seite ihnen vertraut, weil sie Interesse hat, aber letztendlich das Ausnull dieses Vertrauen und bewusst täuscht, das zu unterscheiden von denjenigen, die eben nicht täuschen, sondern die selber ganz guten Willens in der Beziehung sind und vielleicht auch
[16:16]
Vertrauen in Beziehungen
[16:16]mal einen Fehler machen. Aber das ist nämlich auch eigentlich einer der guten Effekte von Vertrauen, dass jede kleine Störung sofort zu einem riesen Drama führt, dass man auch mal was erträgt, weil man insgesamt davon ausgeht, dass der andere vertrauenswürdig ist und auch Interesse an der Beziehung hat. Und das macht das halt so schwer, auch dann diese Schattenseiten von Vertrauen, diese negativen Effekte rechtzeitig im Voraus schon zu erkennen und eben abzustellen. Und das ist nicht, aber im Vertrauen selber, das Interessante ist.
[16:44]Dass in der Funktion des Vertrauens das schon drinsteckt, dass man das erst spät mitbekommt, dass da was falsch läuft. Ja, also das heißt schon bis hierher, also nur wenn man diese Situation anschaut, es ist unhintergehbar, den Preis von Vertrauen zu zahlen. Und es ist nicht nur ein Gewinn zu sagen, ich gehe das Risiko ein, ich hebe mein Misstrauen auf, meine Annahme, es ist radikal offen, sondern ich bin jetzt der Meinung, das geht eigentlich nur in eine Richtung. Wir werden zusammen arbeiten, wir werden zusammen leben, wir werden sonst was zusammen machen, aber das wird gut gehen. Dieses Aufheben, dass es prinzipiell in beide Richtungen gehen kann oder in alle Richtungen. Mir fällt gerade nämlich dazu auf, dass es da auch gerade eine interessante Entwicklung in Literatur zu vertrauen gibt. Also in der Forschung mit der Trust Preservation, also der Erhaltung von Vertrauen. Und der Forschungsansatz dort ist, dass in manchen Beziehungen, jetzt vor allem in Wirtschaftsbeziehungen, man manchmal ja auch schlechte Zeiten kommen sieht. Und man weiß also, es wird nächstes Jahr schwierig oder nächste Woche. Und dass das auch eine ganz wichtige Phase in der Vertrauensbeziehung ist, dann das anzusprechen und zu sagen, also mein Lieber, meine Liebe.
[17:51]Da kommt jetzt was und ich möchte aber, dass unsere Beziehung darunter nicht leidet. Am besten ist es natürlich, wenn man das selber nicht verschuldet hat, sondern es kommt von außen. Oder man sagt, ich habe da jetzt was, ich muss da nächste Woche leider irgendwie wegfahren, obwohl du eigentlich wolltest, dass ich da bin. Und ich spreche das aber jetzt mal an, weil ich weiß, das ist nicht toll, aber ich spreche es von mir aus an und lass uns doch mal darüber reden, was das für dich bedeutet und wie wir da durchkommen, damit, wenn ich wieder zurückkomme, alles wieder supi ist. Und diese Variante von Vertrauenswiederherstellung, quasi vorgreifende Vertrauenswiederherstellung, finde ich auch sehr spannend unter diesem Gesichtspunkt, dass man eben auch vermeiden kann, in so eine Situation zu kommen, wo nichts mehr angesprochen werden kann, weil es irgendwie schon passiert ist oder man schon über diesen Punkt hinweg ist und sehr misstrauisch geworden ist. Dann lieber früh anzusprechen, so, da kommt jetzt was, das wird nicht so schön sein, aber lass uns gucken, dass wir gut zusammen durchkommen. Ja, das erinnert mich an eine Familienmediation, wo die Eltern den erwachsenen Kindern so gesagt haben, dass da jetzt was kommen wird, was sie gar nicht unmittelbar betrifft, aber was doch irgendwie die Beziehung belastet. Und da gab es dann die Reaktion, dass das eine Kind erwachsen, junger Mann, der sagte dann, aber das ist doch selbstverständlich. Ich weiß gar nicht, warum du das so ansprichst. Das ist für mich völlig natürlich. Und das fand ich eine interessante Reaktion, weil dadurch paradoxerweise nicht nur gesagt wurde, ja.
[19:12]Kannst dich darauf verlassen, geht klar, das halten wir aus, sondern es wurde auch nochmal angeregt, wie guckt der denn auf unsere Beziehung, wenn er das extra sagen muss? Und es waren wieder leise Zweifel dann zu hören, die ich interessant fand, weil sie genau das Gegenteil bewirken sollten, was die Ansprache des Vaters in dem Fall oder eben der Eltern war, zu sagen, da kommt was auf uns zu, das wird uns belasten. In diesen engen Beziehungen. Ich muss nochmal zurückspulen. Ja, bitte. Für diese einen Schattenseite, sonst verliere ich diesen Fall wieder aus dem Kopf.
[19:42]Also wir waren so weit, dass es also einen Preis hat, in Zweier- aber auch in Dreierbeziehungen Vertrauen zu schenken, weil man kann es nicht einfach so wieder in Zweifel ziehen oder zurückziehen. Man kann nicht einfach sagen, es ist mein Aufhebensprozess gewesen, ich habe dir vertraut und jetzt habe ich aber leise Zweifel. Das hat was mit dir zu tun und daher ist es nicht so einfach ansprechbar. Eine zweite.
[20:06]Eine Schattenseite oder interessante Konsequenz ist mir in einer anderen Unternehmung deutlich geworden. Und zwar in einem Coaching, dass der Kollege gesagt hat, immer muss ich die schwierigsten Aufgaben machen. Ich habe immer die Herausforderung, niemand anders im Team kriegt diese Aufgaben. Und mir fällt es schwer, Nein zu sagen. Von außen war es deutlich zu sehen, der Chef hat ihm vertraut. Und das ist ja die beste Form, also was heißt die beste, die effektivste Form im Unternehmen, sich zu überlasten, ist, gute Arbeit zu leisten. Weil der Chef oder die Chefs so vertrauensvoll dann sagen, ja, du bist mein bester Mann, du machst das. Eine ganz wichtige Aufgabe. Und man will es nicht enttäuschen. Und es gab diesen Zugzwang drin. Und es war nicht nur in der Persönlichkeit sozusagen nur begründet, sondern auch im sozialen Zusammenspiel. Er wollte das Vertrauen, das dadurch auch mit zum Ausdruck kam, nicht enttäuschen und sagt, ja, mache ich Chef. Ja, gerne auch bis morgen. Das war eine Schattenseite, die mir sofort deutlich war. Er konnte dem Chef auch nichts Böses unterstellen, sondern es war die Konsequenz des Vertrauens. Diese Kategorie quasi des Vertrauens, des ungewollten oder unerwünschten Vertrauens oder des überfordernden Vertrauens. Also im Prinzip dann immer findet man sich in einer Vertrauensbeziehung.
[21:19]Die einen, wie Sie gerade auch in dem Beispiel schon sagten, überfordern oder die man eigentlich gar nicht will. Denn da gehören immer zwei dazu. Wenn jemand sagt, ich vertraue dir.
[21:30]Dann kann man das als Kompliment nehmen, aber eben auch als eine Erwartungshaltung, die man gar nicht unbedingt zu erfüllen bereit ist. Meine Studierenden kennen das. Ich nehme dann immer dieses Beispiel von der Mafia, wo dann der Boss sagt, so Luigi, ich vertraue dir. Und dann sagt Luigi, um Gottes Willen, jetzt bin ich schon so gut wie tot. Weil diese Art von Vertrauen ist halt wirklich vergiftet oder zumindest beinhaltet ja Konsequenzen, die halt eben so stark sind, dass man gezwungen ist, das Vertrauen anzunehmen oder beziehungsweise die Erwartungen zu erfüllen. Und das würden wir wohl kaum als eine wirklich gute Vertrauensbeziehung bezeichnen, weil der Luigi sagt dann ja nicht, ja Boss, ich vertraue dir auch oder so, sondern dem ist vollkommen klar, dass das eine asymmetrische Beziehung ist und da die eine Seite mit Vertrauen
[22:22]
Vertrauen und Druck im Arbeitskontext
[22:21]die andere noch zusätzlich unter Druck setzt. Und das ist wirklich so eine toxische Form von Vertrauen schon. Die muss aber gar nicht immer unbedingt so mafiös und in der Form radikal zustande kommen, sondern das kann auch wirklich einfach… Über die Zeit schleichend sein, dass Erwartungen sich auch immer weiter steigern bis zu einem Maß, wo man eigentlich dann sagt, also noch mehr geht eigentlich bei mir nicht. Und das wäre eben bei so einem Mitarbeiter, der sagt, ich mache doch hier schon immer 150 Prozent und jetzt 160 geht nun mal wirklich nicht. Also da kommt man an einen Punkt, an dem dann aber auch in Frage gestellt wird, ob das ein gegenseitiges Vertrauen ist.
[22:59]Also ob man auch wirklich dann der Person, die einem noch immer noch weitere Aufgaben gibt, auch vertraut. Und es ist sicherlich nicht eine klassische gegenseitige Vertrauensbeziehung, in der man dann eben auch sagen darf, das wird mir jetzt aber zu viel. Das war wirklich ein Blinterfleck gewesen. Ich habe ja auch den Vorgesetzten da kennengelernt im Auftragsklärungsgespräch. Der hat das einfach nicht bei demjenigen gelernt, dass der seine Grenzen hat, sondern der hat gelernt, der macht das immer zur vollsten Zufriedenheit. In dem Fall war es ein Stück weit naiv, dass man den Blindenfleck auch hatte. Nicht nur, es könnte anders kommen, sondern das hat auch Konsequenzen, wenn ich das Vertrauen in der Form auch immer wieder beanspruche. Auch mit guter Absicht war das geschehen. Nur halt, dass es eine permanente Beweissituation war, die der Mitarbeiter erfüllen dachte zu müssen, obwohl völlig allen klar war, das ist der beste Mann und das ist sozusagen die rechte Hand. Aber da war sozusagen deutlich, dass das Vertrauen auch Druck ausübt, bei allem positiven Anschein, den das hat. Und das fand ich einen interessanten Gedanken, dass der auch bei Vertrauen aufkommt. Er kommt ja auch in der Mediation auf. Mediation als rationales Verfahren, man kann doch über alles reden und findet Lösungen. Das baut eben auch einen Druck auf.
[24:19]Hey, du, der hier diesen Podcast hört, wenn er dir gefällt, dann drück doch Fünf Sterne und hinterlass ein Feedback, damit auch andere, die den Podcast bisher noch nicht anhören oder gefunden haben, das tun können. Und jetzt geht es weiter mit der Episode im Podcast, kurz durch die Zeit.
[24:39]Aber es ist eben auch die Identität des Mitarbeitenden, der da überfordert war, also eben auch zu sagen, ich sage nicht nein. Also das ist auch ein bisschen, hat auch was mit dem Selbstbild zu tun. Und da sind wir auch wieder dann bei dem Punkt, dass Vertrauen ein Wert an sich auch ist beziehungsweise in dem Fall die eigene Vertrauenswürdigkeit. Also ich lasse dann den Chef auch nicht hängen. Also auch eine Form annimmt, die einem am Ende selbst schadet. Also diese Erwartung unbedingt erfüllen zu wollen, weil man ein eigenes Selbstbild hat, ich bin derjenige, der nicht Nein sagt oder ich bin die Person, die keinen Schlaf braucht oder so.
[25:15]Manchmal steigert man sich ja auch in so ein Bild von sich selbst hinein. Ich fand das gerade wichtig, dass Sie gesagt haben, das war von dem Chef gar nicht böse gemeint, dass er irgendwie gesagt hat, ich setze ihn jetzt so unter Druck, mal gucken, wie viel der aushält, sondern einfach irgendwie aus dem eigenen Interesse heraus immer dachte, ich gebe das der Person, die ich am verlässlichsten finde. Und dann diesen Druck gar nicht so bewusst aufgebaut hat. Aber natürlich sagt das auch was über die anderen Kollegen aus oder insgesamt darüber, wie reflektiert dort gearbeitet wurde und man auch gemerkt hat, dass zum Beispiel Kapazitäten fehlen und das dann auch einfach ansprechen konnte. Also ich vermute, das war in dem Fall, weil das ein Coaching war, habe ich die Gesamtumstände nicht in der Tiefe erfahren können. Da ging es wirklich einfach darum, eine klare Ansage zu geben und damit ein Stück weit das, was Sie angesprochen haben, gegenseitiges Vertrauensverhältnis und die Zumutung, dem Chef wirklich auch zu ermöglichen, du, ich habe meine Grenzen. Der blinde Fleck sozusagen, auf den will ich hinaus, der eben auch einer Gutmütigkeit
[26:18]
Gutmütigkeit und blinder Vertrauen
[26:14]entstehen kann von Vertrauen, dass das eben auch seine Grenzen hat. Und das fand ich sozusagen eine schöne Kategorisierung, sodass einmal das.
[26:23]Gutmütige, also dass ein blinder Fleck entsteht aus Naivität oder Gutmütigkeit im Kontext von Vertrauen, das sozusagen stabil gewachsen ist und wo man sofort auch zurückstrecken würde, da ist nichts Bösartiges drin, wenn man erkennt, was man damit auch anrichtet. Und auf der anderen Seite diese Möglichkeit, Vertrauen funktional missbräuchlich einzusetzen, wie das der Mafiosi macht in ihrem Beispiel. Ich kann jemanden mit Vertrauen steuern. Also ich habe eine Macht über ihn, wenn ich sozialen Kontext sagen kann, hey, wir sind doch in einer vertrauensvollen Beziehung oder nicht? Auch grundsätzlich gibt es sozusagen so eine Faustregel, wenn Vertrauen aktiv angesprochen wird als Begriff, dann ist irgendwas meistens ein bisschen komisch. Also zum Beispiel, wenn man von der Vertrauensarbeitszeit spricht, dass dann das so dazusetzt das Wort, da muss man eigentlich direkt schon ein bisschen skeptisch werden. Warum nennen die das ausdrücklich so?
[27:23]Anscheinend ist das eben so nicht selbstverständlich oder da steckt irgendwie eine Erwartung drin, dass man damit dann verantwortungsvoll umgeht und so. Also allein schon das Vertrauensarbeits zu nennen, beinhaltet schon so einen gewissen Druck, dass da eine Erwartung zu erfüllen ist. Sie sind ja sehr gerne im Stoff. Also bei mir ist das vielleicht ein Vorurteil im Kopf, aber es stimmt es so bei Vertrauensarbeitszeit, dass die Leute mehr arbeiten. Aus dieser Furcht heraus, ich darf ja nicht auch nur eine Minute zu wenig arbeiten, dann mache ich lieber drei Minuten mehr.
[27:53]Ja, eben diesen Eindruck zu entfallen, dass das ausgenutzt wird und dann dem entgegenzuwirkt. Genau das ist dann der Effekt, der dann eintritt. Und auch da könnte man sagen, ja, die Absichten waren die besten, aber indem man es so als Vertrauensarbeitszeit gelabelt hat, hat man eigentlich Druck aufgebaut und vielleicht noch ein bisschen Druck weggenommen, aber auch trotzdem auch einen Druck aufrechterhalten, dass da Erwartungen zu erfüllen sind. Das heißt eben nicht, mach was du willst, sondern vielleicht so, mach es wie du willst und wann du willst, aber da muss auf jeden Fall am Ende auch die Leistung da sein, sonst vertrauen wir dir vielleicht nicht mehr. Genauso ist es, wenn man Vertrauen so ausdrücklich auf eine Fahne schreibt und sagt, das ist einer unserer drei oder vier wichtigsten Unternehmenswerte, ist das Vertrauen.
[28:36]Auch das kann irgendwie auslösen, dass man dann unter dieser Fahne halt bestimmte Dinge eben nicht mehr tun soll oder zumindest nicht mehr offen ansprechen soll, die aber dann im Alltag in der Praxis irgendwie wichtig wären. Also eben zum Beispiel Sachen zu hinterfragen oder ja, eigentlich überhaupt auch eine Klarheit zu haben, was man mit diesem Vertrauen eigentlich meint. Das wird dann oft gar nicht genauer gesagt und das ist gefährlich, weil dann erstehen alle möglichen Erwartungen und man verhält sich vielleicht, wie zum Beispiel eine Mitarbeiter, in einer bestimmten Art und Weise, wenn man denkt, das wird erwartet, aber so deutlich ist das gar nicht. Ja, ich finde das Beispiel mit der Vertrauensarbeitszeit sehr gut, weil es deutlich macht, dass eben eine Botschaft drin steckt, die ungleiche Pflichten hat. Es gibt halt Arbeitszeitbetrug, klar, und jetzt wird vertraut, dass du deine Pflichten erfüllst. Man kann also gerne länger arbeiten.
[29:33]Aufgetränkte Bereicherung hat nicht den strafrechtlichen Anspruch, wenn der Arbeitnehmer mehr arbeitet. Aber sobald er zu wenig arbeitet, wird sofort gesagt, Vertrauen ist nicht gerechtfertigt. Das ist nicht in Ordnung. Und das führt dazu dann, dass man doch tatsächlich Druck ausübt von Arbeitgeberseite damit zwischen den Zeilen. Und man kann immer sagen, das ist nicht gewollt. Also es kann sozusagen als nicht gewollt, eine vorrangige Botschaft dieser Vertrauensarbeitszeit gewertet werden, weil man auch viele Vorteile dafür gewährt, dass der Mitarbeiter eigenverantwortlich, selbstständig seine Zeit abarbeitet, die er auch im Arbeitsvertrag zu geben bereit war. Das ist halt auch die Frage, wo dann die Gegenseitigkeit wiederum herkommt. Du kannst ja auch einfach nur flexible Arbeitszeiten nennen und dann muss man das Wort Vertrauen da gar nicht unbedingt verwenden. Da würde ich als Arbeitgeber sagen, okay, kann ich weniger planen. Aber vielleicht ist es ja auch so, dass man sagt, wenn jemand da so unter Vertrauensarbeitszeit arbeitet, dann sind es vielleicht auch Positionen, in denen man auch eine Verantwortung übertragen bekommt, die auch über das normale Maß hinausgeht. Also dass man eigentlich sagt, also man erkennt auch an, dass die andere Person eine gewisse Eigenständigkeit und Verantwortungsbereitschaft auch hat. Und das ist auch ein Vertrauensbeweis. Also dann nicht unbedingt in der Arbeitszeitgestaltung, sondern eher in dem so, ja, wir überlassen dir jetzt irgendwie eine Leitungsfunktion oder wirklich eine Zuständigkeit für ein wichtiges Projekt.
[30:58]Und wie du das dann arbeitszeitlich bewältigst, ja, da vertrauen wir dir auch in der Hinsicht, dass du etwas an, ja, auch an Befugnissen oder wie soll man es nennen, Kompetenzen oder so zusätzlich bekommst, die du in einem anderen Verhältnis nicht hättest. Also da würde ich das auch immer hinterfragen, wenn man einfach nur sagt, Vertrauensarbeitszeit heißt, man schreibt keine Stunden auf oder so, dann ist das noch nicht wirklich ein Ausdruck von Vertrauen. Also richtig echt wird es erst, wenn man sagt, da wird auch eine Aufgabe übertragen, die eine hohe Eigenständigkeit erfordert. Und das ist auch eine Anerkennung, jemandem diese Aufgabe zu geben, verbunden dann aber mit dem Druck, dass man das auch leistet und erfüllt. Aber auch da, ich hoffe, der Punkt ist jetzt richtig rübergekommen, dass auch derjenige, der dann quasi diese Aufgabe bekommt, hoffentlich das auch möchte und auch sagt, das ist eigentlich für mich ein berufliches Ziel oder auch ein persönliches Ziel, dass ich so eine Verantwortung übernehmen darf. Dann wird es eher etwas auf Gegenseitigkeit und nicht einfach nur eine Art von distanzierter Kontrolle, die aber jederzeit wieder durchgreifen kann. Da wird mir auch nochmal das soziale Element deutlich. Also es hat ja etwas Unternehmerisches, wenn ich so eine Arbeitszeit flexibilisiere. Derjenige muss jetzt eigenverantwortlich damit agieren, er kann damit unternehmerisch agieren. Aber der Unterschied ist sozusagen als Unternehmer, wenn ich Fehler mache.
[32:19]Habe ich niemanden in der Hierarchie über mir, der da auf mich zeigt. Ich habe es vielleicht in der Bilanz oder so, ich habe natürlich die Konsequenzen zu tragen, aber das sind andere Konsequenzen, denn als Arbeitnehmer, weil ich eben nicht den Entzug des Vertrauens als soziale Konsequenz befürchten muss, wenn ich als Unternehmer einen Fehler mache, aber als Arbeitnehmer, dann zeige ich meinen Vertragspartner, darf mir ganz offiziell sagen, dir ist nicht zu vertrauen.
[32:48]
Vertrauen und Verlustaversion
[32:49]Du hast Gegenfehler. Und dieser Entzug von Vertrauen, die Auflösung der Bindung, die man mit Vertrauen eingeht, finde ich, ist ein starkes soziales Element, das man verhindern will. Und damit ist man ein Stück weit ausgeliefert, wenn man vertraut oder wenn man sich als vertrauenswürdig erwiesen hat.
[33:08]Ja, also ich glaube aber, dass man das auch in Situationen eines Unternehmers auch so ähnlich rekonstruieren kann, dass es nur dann eben andere soziale Beziehungen sind oder andere Beziehungen, in denen das Vertrauen entzogen werden kann. Also vielleicht zu den Investoren oder Geschäftspartnern oder der Schwiegermutter. Ja, ich sage immer, jeder hat jemanden über sich und sei es die Schwiegermutter. Genau, ich habe jetzt nur das Verhältnis Arbeitgeber. Also da kann man schon auch, dadurch, dass man Erwartungen enttäuscht, auch den entsprechenden Druck spüren. Und ich würde es auch nicht vernachlässigen, dass auch wenn man seine Untergebenen enttäuscht, also da ist ja auch ein Vertrauen, was entzogen werden kann. Und das kann selbst schon in einem relativ kleinen Unternehmen, einem Start-up oder so, wo der Gründer, die Gründerin mit großen Zielen unterwegs ist und dann plötzlich verkünden muss, das hat alles erstmal nicht geklappt, dass auch da dann von unten quasi Vertrauen entzogen werden kann. Und das auch, was mit dem Selbstbild der Gründer zu tun hat und auch dann das Zusammenarbeiten wirklich schwieriger machen kann, dass man durch diese schwierige Phase durchkommt. Also da sind wir wieder bei diesem Preservation und Repair, weil auch da sagt der Gründer oder die Gründerin vielleicht nicht, ja, ich habe euch alle getäuscht, wir haben gar keine Investoren. Ich habe euch das nur erzählt, damit ihr hier weiterarbeitet und jetzt muss ich es euch leider sagen, das war gelogen, aber jetzt versuche ich wirklich welche zu finden. Das wäre ein richtiger Betrug.
[34:34]Einfach nur zu sagen, wir haben alles dafür getan, aber die Investoren haben jetzt nicht angebissen. Wir müssen es jetzt nochmal versuchen. Also auch da kann Vertrauen enttäuscht werden, in die Brüche gehen oder eben durch den Umgang damit, Trust Preservation.
[34:49]Quasi selber aktiv ansprechen, die eigenen Absichten bekräftigen, dass man da so nicht betrügerisch oder täuschend unterwegs war, sondern eben in einer von Unsicherheit geprägten Welt versucht, gemeinsam den besten Weg zu gehen. Also da sind wir genau dabei, dass also das nicht nur von der Machtposition abhängt, ob man da sich was leisten kann oder nicht. Wäre es zu weit gesprungen, weil der Gedanke kam mir gerade, als ich Ihnen zuhörte, dass eine Schattenseite, die ist, ich glaube in der Ökonomie oder Psychologie als Verlustaversion, dass Verluste schwerer wiegen als Gewinne, dass sozusagen eine Schattenseite ist, wenn ich in eine vertrauensvolle Beziehung gehe und dem anderen deutlich mache, ich vertraue dir und ich hebe sozusagen meine prinzipielle Ungewissheit über unseren Fortgang auf. Dass ich da zwar, ich schenke Vertrauen, ich gebe was hin, wenn ich das aber entziehe, dass ich einen größeren Verlust oder einen größer gefühlten Schaden anrichte, als ich durch das Vertrauen an sich vorher gewinne. Also die Verlust-Aversion wiegt schwerer psychologisch und sozial als der Gewinn. Muss man das mit einrechnen? Also das würde ich auf jeden Fall mit.
[36:06]Hinzuziehen, weil es ja eher typisch ist, dass wenn man in einer schwierigen Beziehung ist, die sich auflöst oder die man vielleicht sogar selber bewusst beenden möchte, man ja, in der Regel, sage ich mal ganz vorsichtig, ja noch nicht weiß, wie es danach weitergeht. Also zwei Sachen sind ganz wichtig. Das eine ist zum Beispiel, also nehmen wir mal diese beiden Geschäftspartner, die haben zusammen ein Unternehmen gegründet, es läuft nicht mehr, sie vertrauen sich nicht mehr, jetzt könnten sie sagen, wir beenden unsere Beziehung, unsere Geschäftsbeziehung und lösen das Unternehmen auf oder so. Dann wissen sie aber noch nicht, wie es weitergeht. Oder selbst wenn einer oder beide schon den nächsten Geschäftspartner oder die nächste Geschäftspartnerin im Blick haben und sagen, okay, dies hier wird beendet und dann mache ich dort weiter, wissen sie noch nicht mit Sicherheit,
[36:51]
Identität und Vertrauen
[36:49]ob das Nächste besser funktioniert. Das ist immer das grüne Gras auf der anderen Seite. Das ist ja tatsächlich auch grüner. Oder das Verlustgefühl ist halt geringer, wenn man schon das grüne Gras auf der anderen Seite sieht.
[37:01]Dann ist man auch bereit, was aufzugeben dafür. Aber irgendwo weiß man ja doch noch nicht, ob es wirklich so grün ist, wie es von Weitem aussieht. Und deswegen ist es ganz entscheidend, ob man da tatsächlich sagt, ich habe jetzt gewisse Wechselkosten, aber am Ende des Tages ist es für mich besser, wenn ich hier aussteige und dort einsteige. Dazu kommt eben beim Vertrauen noch, dass an so einer Geschäftsbeziehung vielleicht auch wirklich die eigene Identität dranhängt und Selbstbild. Und man hat also dieses Unternehmen ja auch gegründet, also mit so einem persönlichen Antrieb und so einer Mission, dass das scheitert, also um auch mehr als nur jetzt so diese kleine Beziehung. Man ist halt danach eben nicht nur einfach nur von einer Beziehung in die andere gewechselt, sondern man bleibt dann auch die Person, die in der anderen Beziehung gescheitert ist oder deren andere Beziehung gescheitert ist. Man ist dann halt der geschiedene Mann und nicht mehr einfach nur ein Single.
[37:50]Und so hat das auch sehr viel mit dem Selbstbild dann zu tun. Und auch das trägt dazu bei, dass wenn man eigentlich an dieser Beziehung an sich hing und auch die Beziehung an sich in guten Zeiten die Dinge möglich gemacht hat, dann ist das eben nicht nur ein einfachen, schnöder ökonomischer Wechsel von einer Transaktion in eine andere, sondern dann hängt da eben sehr viel mehr dran, nämlich der Wert des Vertrauens selbst und die Entitätsstiftung, die dann in der Beziehung entsteht. Ja, das kann ich an eigenen Erfahrungen, unternehmerischen Erfahrungen deutlich machen. Bei einer GbR, die ich mit einem Kollegen gegründet hatte, haben wir bei der Trennung ganz deutlich uns klar machen können, und das war auch vertrauensvoll, wir haben in diese Unternehmung, die wir haben, kein Vertrauen. Das klappt so nicht, wie wir uns das gedacht haben. Aber als Personen, die wir dann auch wiederum uns ansprechen konnten, war Vertrauen immer da und auch ungebrochen. Nur halt die Unternehmung, die Geschäftsidee, das Produkt sozusagen.
[38:51]Da haben wir das Vertrauen verloren, dass das funktionieren würde und konnten uns trennen und immer weiter zusammenarbeiten auch in anderen Konstellationen.
[39:00]Bei einer anderen GbR war das nicht. Da war das Vertrauen in die Person zerstört, beidseitig. Also der Verlust trug sozusagen noch ganz andere Früchte. Man konnte nicht einfach sagen, na gut, da sind wir halt wieder zwei Einzelkollegen und können zeitweise kooperieren oder auch nicht. Das ging dann einfach nicht mehr und geht auch nicht. Im ersten Fall würde ich auch dann sogar gar nicht von Vertrauen sprechen, sondern eher von Zutrauen oder sogar stärker sogar einfach von Zuversicht. Wir haben also die Zuversicht verloren, dass das funktioniert und deswegen hören wir auf. Jetzt ist aber trotzdem die Gefahr hoch, dass man danach sucht, wo haben wir denn Fehler gemacht? An welcher Stelle haben wir das nicht früher schon gemerkt oder hat vielleicht doch einer von uns nicht alles dafür getan, dass es funktioniert und deshalb sind die Aussichten jetzt so schlecht? Und da sind wir wieder erstmal bei der Unsicherheit, bei der Ungewissheit. Also wenn man dann anfängt zu suchen, woran lag es, dann wird es schwierig. Und dann ist es tatsächlich eine bemerkenswerte Leistung in der Beziehung, das zu schafft, das doch nicht persönlich nimmt, sondern einfach sagt, das konnte jetzt einfach nicht funktionieren und technische Gründe findet oder konjunkturelle Gründe findet.
[40:10]Warum man sagt, also eigentlich ist das eine tolle Idee, wir haben alles dafür getan, aber es kann halt nicht funktionieren, das müssen wir einsehen. Wir haben in unserer unnachahmlich unternehmerischen Einzigartigkeit natürlich den Hauptgrund gefunden. Wir waren einfach zu früh mit unserer Idee. Ja, ist natürlich klar, das ist das Beste. Das war glaubhaft für uns beide.
[40:31]Ich will jetzt keine Kraftausdrücke benutzen, aber so Partys, bei denen man das sogar feiert, dass man gescheitert ist, aber trotzdem ganz, ganz viel gelernt hat und deswegen, dass auch alles gar kein wirkliches Scheitern war. Und so wird dann halt dafür gesorgt wahrscheinlich, dass über ein einzelnes
[40:51]
Vertrauen und Reputation
[40:47]Projekt hinaus, über eine einzelne Zusammenarbeit hinaus man weitermachen kann. Und ich glaube, auch das ist sehr wichtig. Könnte ich noch unternehmerische Fuck-up nennen. Genau.
[40:57]Aber dann war mir sozusagen deutlich, dass auch noch mal im Vergleich zu der anderen Unternehmung das Bild, was sie sagt, es hat einen größeren Preis. Man ist danach nicht einfach nur wieder der, der man vorher war. Der Misstrauende, der einstmals vertraut hat, ist eine andere Person als diejenige, die noch gar nicht vertraut hat. Und das finde ich einen interessanten Aspekt. Das hat schon auch Schattenwirkungen, die man am Anfang sich nicht klar macht. Das ist, glaube ich, ein wichtiger Punkt. Und natürlich hat man auch noch, ach, es geht noch viel weiter, wir haben natürlich auch insgesamt Reputationseffekte. Also da sind wir dann doch wieder bei den Dritten, die auf die Beziehung schauen und wo dann auch was an einem hängenbleiben kann. Sozusagen der hat sich nicht korrekt verhalten, der hat den anderen getäuscht. Das kann ein größerer Reputationsschaden sein, den man…
[41:48]Auch verhindern will, indem man eben das selber anders darstellt oder indem man ja dann gegenseitige Vorwürfe plötzlich macht, so es dann beiden nicht besonders hilft. Wir haben das Thema Naivität angesprochen, aber auch die Frage von Risikobereitschaft oder ich würde ja sagen, wie arglos man halt ist in Vertrauensbeziehungen. Das ist halt der Unterschied, ob ich als Mensch wahrgenommen werde, der durchaus also vertrauensbereit ist, der also dieses Aufheben von Ungewissheit und Verwundbarkeit hinbekommt und das auch in Kauf nimmt, dass das schiefgehen kann. Oder eine Person, die einfach als arglos und naiv gesehen wird, die in alle möglichen Dinge reinstolpert und Versprechen macht, die gar nicht haltbar sind und die dann eben auch nicht als vertrauenswürdiger oder wünschenswerter Partner gesehen wird, einfach weil man zu leichtfertig vertraut. Und das ist so ein bisschen eine Absurdität. Da gab es auch in jüngster Zeit in einer Zeitschrift, die nennt sich Acta Sociologica, also ist eine englischsprachige Zeitschrift, die in Italien rausgegeben wird, wie man unzweifelhaft erkennen kann. Aber in einer ganz tollen soziologischen Zeitschrift hatten wir auch eine kleine Kontroverse darüber, inwieweit eben Vertrauen eben nicht arglos sein darf und man auch als jemand, der Vertrauen schenkt, immer so eine Art kleine Rechenschaftspflicht mit sich trägt, warum man das getan hat. Ich finde, dass dieser Gedanke eigentlich sich dann von dem Kern des Vertrauens entfernt, aber in der Praxis trotzdem als Praxis des Vertrauens dazugehört.
[43:17]Dass man also eine gewisse Rechtfertigung bringen muss, warum vertraue ich. Und da ist dann eben klar, dass diese Gründe nie perfekt sind und auch nie ein Risiko Null besteht. Aber wenn man so gar nicht mehr vertraut, angeben kann, warum man eigentlich denkt, dass diese Vertrauensbeziehung funktioniert, dann hat man eben dieses arglose, blinde Vertrauen, total blinde Vertrauen und das ist auch mit dem, was ich so immer Leap of Faith und so nenne, nicht gemeint, dass man da einfach blind irgendwo reinspringt. Sondern auch hier ist vielleicht sogar dann die Botschaft am Ende, dass diese Schattenseiten, diese Risiken und Nebenwirkungen.
[43:59]
Reflexion über Vertrauen
[44:00]Dazugehören und dass man auch da genau wie bei die Medikamenten am Ende also auch gute Gründe hat, sich den Beipackzettel anzuschauen und auch ein Gespür für diese Schattenseiten mitzutragen, ohne dass man damit jetzt komplett ablehnt, dieses Medikament zu nehmen. Also quasi gesagt, ich verzichte auf Vertrauen, weil da was schiefgehen könnte. Das wäre natürlich genauso absurd, wie wenn man klare Medikationen hat und dann sagt, ich mache das nicht, weil er könnte eventuell in einem von 100.000 Fällen mal Bauchschmerzen sein. Das ist so ähnlich zu betrachten. Wenn sozusagen eine Person ihr Vertrauen erklären kann und darlegen kann, schafft das Vertrauen bei der anderen Person, der vertraut wird. Also wenn A sagt, B, ich vertraue dir aus den und den Gründen, ich habe das gelernt, das ist ein Prozess gewesen und ich vertraue dir da, dann schafft das für B auch Vertrauen in A, dass dort jemand ist, dem man vertrauen kann. Und wenn jemand einfach nur sagt, naja, aber das ist doch ganz selbstverständlich, dass ich dir vertraue, das ist doch sozusagen Gott gegeben, dann schafft es eher so, mit wem habe ich es da zu tun? Wenn das eine ganz naive Ansprache ist, wird es sich allenfalls sozusagen psychologisch eine potenzielle Opferrolle retter.
[45:21]Da muss ich mich um den kümmern. Wenn jemand so naiv vertraut, muss ich mich um den kümmern. Das ist praktisch wie ein kleines Kind, das einfach ein Urvertrauen in eine Beziehung legt zu einer fremden Person, wo man sozusagen eher psychologisch ist mit Opfern und Retterrollen zu tun hätte. Und wer keine Retterrolle einnehmen will, der ist eher abgestoßen und sagt, Moment mal, das kann ich nicht nachvollziehen. Wobei ich wäre da etwas vorsichtiger und würde jetzt vor allen Dingen nicht suggerieren wollen, dass man so eine Art Checkliste mit sich führen sollte, die man auch bei Bedarf vorlegen kann und sagen, ja, ich habe ja, die und die Punkte erfüllst du ja, also bist du für mich vertrauenswürdig. Das würde ich immer noch quasi als Vorarbeit bezeichnen. Das eigentliche Vertrauen ist dann das, was darüber hinausgeht. Also was ich wichtiger finde, ist, dass man in der Vertrauensbeziehung nach wie vor ausstrahlt, dass es einem nicht egal ist, ob das Vertrauen honoriert wird und dass es einem nicht egal ist, ob das klappt. Und gefährlich wäre es, wenn eine Person quasi nicht mehr enttäuschbar ist, weil sie, egal was passiert, immer wieder sagt, das wird schon richtig gewesen sein. Und die Person will mir ja nichts Böses, also habe ich jetzt mal Pech gehabt.
[46:28]Dieses nicht mehr enttäuschbar zu sein in einer Beziehung, das ist naiv und gefährlich und da können wir aber schon wieder ganz klar jetzt auch mal wieder den ganz großen Sprung in die aktuelle Politik machen und in die quasi amerikanischen Verhältnisse, wo egal was Verrücktes, der Herr Trump auch macht, seine Anhänger immer wieder sagen, nee, nee, das ist schon richtig. Also wir sind quasi in der Hinsicht nicht mehr enttäuschbar. Und das ist auch nochmal eine eigene Folge wert, warum das so entstehen kann. Aber das ist genau diese Situation eines quasi blinden Vertrauens, unhinterfragten Vertrauens, wo man, egal was passiert, einfach sagt, ich mach weiter. Nur Absicht und Wirkung nicht mehr gekoppelt ist, sondern die Überzeugung, der meint es gut, dann wird jede Wirkung davon entkoppelt und sagt, das ist halt Pech oder das ist halt so oder liegt an anderen Dingen. Es liegt jedenfalls nicht an der Absicht desjenigen.
[47:25]Und deshalb kann ich mich da drauf verlassen. Die Absicht ist stabil,
[47:34]
Blinder Glaube und Skepsis
[47:30]obwohl ich keinen unmittelbaren Zugang zur Absicht der anderen Person habe. Das ist sehr wichtig, dass ich ja nicht wirklich weiß, also dass ich nur denke, zu wissen, was die Person will. Und dass ich dann auch eben nicht mehr merke, dass ich getäuscht werde, weil ich halt eben die Wirkungen komplett ausblende. In dem Sinne, dass ich eben nicht mehr schaue, ob das Vertrauen gerechtfertigt ist. Am Ende sind auch positive Erfahrungen oder sagen zu können, dass man bisher eine sehr zufriedenstellende oder sogar hervorragende Beziehung miteinander hat, ist eigentlich immer der beste Grund, weiter zu vertrauen. Und da sind wir wieder in dieser selbstverstärkenden Geschichte drin. Also, dass es bisher gut gelaufen ist, ist der beste Grund, weiterzumachen. Und trotzdem schaut Vertrauen ja eigentlich in die Zukunft und dass man annimmt, dass in Zukunft man nicht verletzt wird. Ja, auch das ist ein Grund dafür, warum Vertrauen Schattenseiten haben kann, weil es so eine Art selbstverstärkende Geschichte eigentlich von Definition her schon ist und dann aber eben damit drinsteckt, dass es aber die Zukunft halt anders sein kann und Umstände auch dazu führen können, dass die Erwartungen nicht mehr gerechtfertigt sind. Also man will selber nicht mehr zurück in den Zustand der Ungewissheit, wenn man einmal Vertrauen gefunden hat. Mir scheint da wirklich, dass wir eine eigene Folge dazu machen.
[48:51]Aber das möchte ich sozusagen verschieben und erstmal hier den Abschluss finden, weil das war jetzt schon eine ganze Menge, wo wir den Preis und die Kosten und das Risiko von Vertrauen benannt haben und wo wir vielleicht den einen oder anderen nochmal angeregt haben, darüber nachzudenken, ob das so eine gute Sache ist mit dem Vertrauen und ob das so einfach gerechtfertigt ist. Das will schon gut überlegt sein. Es hilft auch keine Checkliste, man kann jetzt auch nicht einfach daherkommen, weil, und da schließe ich den Kreis unserer kleinen Reihe, das Aufheben als innere Entscheidung, das kann der andere nicht verursachen, auch wenn er auf der Checkliste gut wegkommt. Es ist eine Entscheidung, die Konsequenzen hat und über die darf man sich auch im Nachgang dann Klarheit verschaffen.
[49:40]Selbstverständlich. Herr Wollering, eine Tour de Force, eine Achterbahnfahrt der Möglichkeiten haben wir wieder hinter uns gebracht in der letzten Stunde zum Thema Vertrauen und vor allen Dingen zu den Risiken und Schattenseiten.
[49:52]
Zusammenfassung und Ausblick
[49:53]Wie häufig frage ich am Ende immer, wenn wir so durchgerast und durchgesteuert sind, ob wir was übersehen haben und gar nicht angesprochen haben bei dem Thema. Ich habe den Eindruck, dass wir die zwei großen Schattenseiten auf jeden Fall in den Blick genommen haben. Einmal, dass man einen blinden Fleck unterliegt, weil wir eben da etwas ausblenden, was prinzipiell möglich ist und das hat Vorteile und deshalb tun wir das auch. Und zum anderen aber auch, es hat soziale Konsequenzen. Wir können unter Druck gesetzt werden oder wir können Druck ausüben, ohne dass uns das klar ist, weil wir behaupten, und das geht auch in zwei Richtungen, ich vertraue dir und dann überfordere ich jemanden oder ich zwinge ihn zu etwas zu tun, was er gar nicht will. Das finde ich wichtig, nochmal zusammengefasst zu haben. Aber zu Ihnen, vielleicht haben wir was übersehen. Übersehen nicht, aber vielleicht noch nicht so deutlich herausgestellt, haben wir eben diese Vorstellung, dass man Vertrauen instrumentalisieren kann.
[50:52]Gutwillig, aber auch böswillig. Das erfordert allerdings nochmal wieder eine andere Reflexionsebene, in der ich halt auf mein Vertrauen und auf meine Vertrauensbeziehung schaue. das schwang jetzt so mit, dass das möglich ist. Aber das ist auch sehr voraussetzungsvoll, weil das führt natürlich zu einem weiteren Regress, dass man immer wieder sagt, ja okay, dann bin ich auf einer höheren Reflexionsebene, welche Ebene ist denn noch wieder da dann drüber und so weiter. Aber dass man überhaupt auf Vertrauen draufschaut, auf seine eigene Beziehung draufschaut, so wie ein Außenstehender und dann sagt, ja, ich nutze jetzt das Vertrauen in der einen oder anderen Weise abzuschauen.
[51:29]Nutzt es vielleicht auch aus. Das ist schon mal auch wieder sehr voraussetzungsvoll, psychologisch, philosophisch, soziologisch und verschiebt dann auch nochmal die Probleme auf eine andere Ebene, wo dann aber immer noch wieder eine Ebene dahinter liegt. Also da sollte man auch noch einfach mal ausdrücklich sagen, dass wir davon ausgegangen sind, dass man überhaupt so auch reflektieren kann, was passiert eigentlich in dieser Beziehung und dass diese Reflexionsmöglichkeit sowohl im Guten als auch im Schlechten dann genutzt werden kann. Herr Möllering, vielen Dank. Das war aufregend, anregend und informativ erfasst nicht das Richtige, sondern ein Bombardement an Wahrscheinlichkeiten haben wir heute besprochen. Vielen Dank. Ich kann auch nur danken und ich kann nur sagen, dass ich auch in der Vertrauensforschung auch aktuell immer noch wieder Aspekte nach oben kommen, die vielleicht vor vielen Jahren schon mal irgendwo in der Literatur diskutiert wurden, aber wo man jetzt nochmal merkt, also da steckt noch sehr viel mehr drin.
[52:27]Und von daher ist es auch für mich ein Thema, das immer wieder interessant ist und wo ich auch selber immer noch wieder durch solche Gespräche wie zwischen uns auch viel lerne. Herr Möllring, und ich habe das im Ohr. Wir haben noch eine Zusatzfolge schon mal ins Auge gefasst. Aber da lassen wir noch ein bisschen Zeit ins Land gehen, weil das tatsächlich eine spannende Frage ist. Wohin Vertrauen, also als schöne, angenehme, wohlige Situation, jemandem zu vertrauen, wie weit das tragen kann und wie viel Mühe man sich auch geben kann, das andere nicht zu sehen und auch gute Gründe dafür hat. Und das beobachten wir einfach noch eine Weile und dann kommen wir darauf zu sprechen, weil wir nicht dann nur über große Politik reden müssen und brauchen, sondern auch über das ganz eigene Erleben, das eigene soziale Umfeld in der Firma, aber auch in der Familie damit ins Auge fassen können. Und da gönnen wir uns einfach noch ein bisschen Zeit, bevor wir da radikal die Möglichkeiten anschauen. Vielen Dank, das klingt sehr spannend. Bis dahin, eine gute Zeit für Sie und bis zum nächsten Mal.
[53:35]Bis zum nächsten Mal. Das war mein Gespräch mit Guido Möllering. Mein abschließendes drittes Gespräch zum Thema Vertrauen, das wir hiermit abgerundet und auch abgeschlossen haben. Wir haben über die Risiken und Nachteile von Vertrauen gesprochen, aber auch über die Schattenseiten, also Dinge, die wir nicht unbedingt im Blick haben zunächst. Wir haben Fälle in den Blick genommen, bei denen die Konsequenzen, dass Personen sich einander vertrauen oder eine Person der anderen vertraut.
[54:08]Wirkungen zeitig, die problematisch waren. Der Mitarbeiter, der mit Aufgaben überschüttet wird, weil sein Chef ihm wirklich vertraut, dass er die Dinge gut macht und den anderen halt nicht so sehr vertraut, dann hat das doch auch überlastende Auswirkungen, die geklärt werden müssen. Und diese Klärungsarbeit auch unter der Befürchtung steht, wie guckt er mich dann an? Vertraut er mir dann immer noch, wenn ich hier jetzt mal seine Erwartungen, die mitschwingen, nicht erfülle? Und dieses Mitschwingen von Erwartungen im Vertrauen sind ein wichtiger Punkt, denn das kann auch missbraucht werden. Das heißt, Vertrauen und seine Konsequenz können instrumentalisiert werden und soziale Macht, also Einwirkungsmöglichkeiten auf das Verhalten von anderen, kann sozusagen auch bewusst mit dem Thema Vertrauen gesteuert werden. Dass bestimmte Dinge als irritierend empfunden werden und das auch geäußert wird. Wir hatten das Beispiel, dass derjenige, der dort Einblick gewähren soll, das abwehren kann nach dem Motto, also wieso willst du das wissen, vertraust du mir etwa nicht und kann sozusagen eine gewisse Empörung da sein oder das Mafia-Beispiel, das Herr Möllering gebracht hat, wo Luigi nicht einfach sagen kann, nein, weil die Erwartungshaltung des Mafia-Bosses natürlich Wirkung hat.
[55:31]Und Wirkung haben soll. Vielen Dank, dass du und ihr hier mit dabei wart beim Podcast zum Thema Vertrauen. Und wenn dir es gefallen hat und du den ein oder anderen Gedanken auch hattest, der dich angeregt hat, eines deiner Arbeitsprobleme zu lösen oder nochmal neu anzugehen, dann lass es uns wissen. Hinterlass eine Bewertung, ein Feedback auch, was dir geholfen hat und eine Sternebewertung für den Podcast. Das hilft uns tatsächlich auch, den Podcast Leuten bekannt zu machen, dass die ihn finden können, diesen Podcast, die das noch nicht kennen. Und das ist wiederum für uns eine große Hilfe. Deshalb die Bitte, schnapp dir dein Smartphone oder das Laptop oder iPad, wo du gerade dran arbeitest und diesen Podcast hörst, damit du dort in deinem Podcast-Catcher die Rückmeldung geben kannst. Vielen Dank dafür. Bis zum nächsten Mal. Hier kommt gut durch die Zeit. Ich bin Sascha Weigel, dein Host von INKOVEMA, dem Institut für Konflikt- und Verhandlungsmanagement in Leipzig und Partner für professionelle Mediations- und Coaching-Ausbildungen. Und wenn du mal hier im Podcast eine Person oder ein Thema hören möchtest, das du bisher vermisst hast, dann lass es uns wissen, schreib mir und uns hier bei INKOVEMA, dass wir das aufgreifen sollen. Machen wir gern, wenn es zum Konzept passt und ich freue mich auch über Ideen. Bis dahin, euer Sascha. Ciao.