Ausbildung in Mediation nach den gesetzlichen Anforderungen des § 5 Mediationsgesetz. Ein Sammelsurium an Kuriositäten.
25 Grundlagen von Mediation (25)
Einführung
Über die Ausbildung zum zertifizierten Mediator wurde bereits viel gesagt und geschrieben. Leider aber wenig Gutes. Dabei stand hinter der am 21.08.2016 erlassenen Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung (ZMediatAusbV) ein sinnvolles Anliegen:
- die Stärkung des Berufsbild des Mediators
- und die Gewährleistung einer Ausbildung, die den Anforderungen des komplexen Konfliktlösungsverfahrens Mediation entspricht.
Gut gedacht – schlecht gemacht
…Dieser Schluss liegt nahe, wenn man den im Juli 2017 veröffentlichten „Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des Mediationsgesetzes auf die Entwicklung der Mediation in Deutschland und über die Situation der Aus- und Fortbildung der Mediatoren liest“:
„Die Zertifizierung von Mediatoren, wie sie derzeit ausgestaltet ist, hat für die Nutzer wenig Relevanz“
lautet eine zentrale Aussage des Berichts.
Trotzdem wollen wir uns in diesem Beitrag – in der gebotenen Kürze – mit den relevanten Ausbildungsregelungen und -kuriositäten beschäftigen. Schließlich gilt die ZMediatAusbV nach wie vor und weist den Weg für eine Vielzahl von Ausbildungskandidaten hin zum zertifizierten Mediator.
I. Mediationsausbildung
Mediator darf sich in Deutschland grundsätzlich jeder nennen. Die Anforderungen aus dem Mediationsgesetz sind kaum der Rede wert. Einschränkungen erfahren lediglich solche Berufsträger, deren Berufsorganisation diese Bezeichnung begrenzen. Z.B. Rechtsanwälte – sie sind (zwangsläufig) in Rechtsanwaltskammern eingebunden und unterliegen dort berufsständischen Regelungen. Und im Hinblick auf die Bezeichnung „Mediator“ oder „Mediatorin“ fordern die allermeisten Rechtsanwaltskammern eine anerkannte Ausbildung mit mindestens 90 Stunden Ausbildungsumfang.
Dagegen ist die Bezeichnung „zertifizierter Mediator“ durch § 5 Abs. 2 MediationsG gesetzlich geschützt:
„Als zertifizierter Mediator darf sich bezeichnen, wer eine Ausbildung zum Mediator abgeschlossen hat, die den Anforderungen der Rechtsverordnung nach § 6 entspricht.“
Die Anforderungen an die Ausbildung sind in der Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung (ZMediatAusbV) konkretisiert. Nach § 2 Abs. 2 ZMediatAusbV setzt sich die Ausbildung aus einem Ausbildungslehrgang und einer Einzelsupervision zusammen.
1. Ausbildungslehrgang
Ingesamt 120 Präsenz-Zeitstunden verlangt die Verordnung in § 2 Abs. 4 ZMediatAusbV, wobei die Phasen des Selbst- und Fremdstudiums nicht auf die Mindestkontingente anzurechnen sind. Die Ausbildung muss gem. § 2 Abs. 3 auch praktische Übungen und Rollenspiele (Einfühlübungen; Simulationen) enthalten und die Inhalte aufgreifen, die in der Anlage zur Verordnung in grober Struktur und nach Stunden aufgeschlüsselt vorgegeben werden.
Kuriosum Nr. 1:
Die Ausbilder müssen selbst nicht über die Qualifikation verfügen, zu der sie befähigen. Im Grunde ist es eher und einfacher möglich, Ausbilderin für Mediation zu sein als Mediatorin!
§ 5 ZMediatAusbV schreibt lediglich vor, dass die tätigen Lehrkräfte „über einen berufsqualifizierenden Abschluss einer Berufsausbildung oder eines Hochschulstudiums“ und „über die jeweils erforderlichen fachlichen Kenntnisse“ verfügen. Letztlich muss daher keiner der Ausbilder selbst (zertifizierter) Mediator sein. Sie müssen auch nicht eine einzige Mediation je selbst durchgeführt haben. Die Teilnehmenden können also theoretisch zu zertifizierten Mediatoren ausgebildet werden, ohne in ihrer Ausbildung auch nur mit einem „echten“ (d.h. zertifizierten) Mediator in Kontakt gekommen zu sein!
2. Einzelsupervision
Zusätzlich zur Teilnahme am Ausbildungslehrgang müssen die Teilnehmenden während des Lehrgangs oder binnen eines Jahres nach dessen Abschluss einen eigenen Fall (co-) mediieren und diesen anschließend gemeinsam mit einem Supervisor reflektieren, § 2 Abs. 5 ZMediatAusbV.
Kuriosum 2:
Wortlautgetreu kann jeder die Supervision durchführen. Es gibt keine Voraussetzungen an den Supervisor. Sogar die anderen Ausbildungskandidaten selbst könnten die Supervision durchführen. Weder das MediationsG noch die ZMediatAusbV stellt irgendwelche Anforderungen an die Qualifikation der Person des Supervisors.
3. (Selbst-)Zertifikation
Schließlich stellt die Ausbildungseinrichtung dann gem. § 2 Abs. 6 ZMediatAusbV eine Bescheinigung über den erfolgreichen Abschluss der Ausbildung aus, wobei die Einzelsupervison Teil der Bescheinigung ist und keiner Extra-Bescheinigung bedarf.
Kuriosum 3:
Zertifikation ohne Zertifizierungsstelle und Zertifizierungsakt – Ein besonderer Rechts- oder Verleihungsakt durch eine unabhängige öffentliche oder private Institution, wie das sonst üblich ist bei Zertifikationen, ist nicht erforderlich. Vielmehr zertifiziert sich jeder Zertifizierungsträger in eigener Verantwortung selbst. Die o.g. Bescheinigung hat keine konstitutive Wirkung und ist lediglich Indiz für das Vorliegen der Voraussetzungen. Mit der sog. Selbstzertifizierung hat das Mediationsgesetz eine neue, auf staatsferne Selbstregulation bauende Zertifizierungskonzeption eingeführt. Allerdings hat sich, anders als vom Gesetzgeber vorgesehen, keine privatrechtlich organisierte Stelle (Verband, Mediationsverein) entwickelt, die ihrerseits Ausbildungsstätten zertifiziert, welche wiederum Ausbildungsbescheinigungen an die Teilnehmenden verteilt.
II. Fortbildung
§ 5 Abs. 3 MediationsG verpflichtet den zertifizierten Mediator außerdem sich gemäß den Bestimmungen der ZMediatAusbV regelmäßig fortzubilden.
Innerhalb von 4 Jahren ab Ausstellung der Ausbildungsbescheinigung muss sich der zertifizierte Mediator in mindestens 40 Zeitstunden fortbilden.
§ 5 Abs. 2 MediationsG nennt zwar bestimmte Ziele der Fortbildungsveranstaltungen, inhaltlich ist der Mediator in der Wahl der Fortbildung, etwa was Mediationsfelder oder -formen angeht, völlig frei.
Zusätzlich müssen Mediatoren in den ersten zwei Jahren vier Einzelsupervisionen über je eine (Co-)Mediation durchführen, § 4 Abs. 1 ZMediatAusbV.
Supervision für Mediator*innen – Regelmäßig hier bei INKOVEMA
Anders als ursprünglich gefordert (4 Verfahren alle 2 Jahre, inkl. Dokumentationspflicht), bedarf es über die ersten zwei Jahre hinaus aber keiner fortlaufenden Mediationspraxis.
Kuriosum 4:
Einmal zertifiziert, immer zertifiziert? Es fehlt bisher jede Regelung hinsichtlich einer Rezertifizierung oder der Entziehung der Bezeichnungsbefugnis bei Verstößen (etwa gegen die Fortbildungs- und Supervisionsbestimmungen). Sie sind im Gesetz schlicht nicht vorgesehen. Eine Kontrolle findet allenfalls über das Wettbewerbsrecht statt. Das mag im Grundsatz dem Konzept des Aktivierenden Staates entsprechen, ist hier aber unzulänglich umgesetzt.
III. Fazit
Die Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung konnte leider kaum zur Stärkung des Berufsbilds Mediator beitragen und für mehr Markttransparenz sorgen. Letztlich perpetuiert die Verordnung jene grundlegenden Mängel, die schon im Mediationsgesetz angelegt waren. Weder ist das Spannungsfeld zwischen Selbst- und Fremdregulierung zwischen staatlicher Aufsicht und Marktorganisation austariert worden, noch gelang es, die einzelnen Elemente stimmig miteinander zu verweben. Vielmehr lässt sich von einem Webfehler sprechen, der sich vom Gesetz weiter durch die Verordnung zieht.