INKOVEMA-Podcast „Gut durch die Zeit“

#211 GddZ

Konflikte zwischen Betriebsratsgremien

Konfliktakteur Betriebsrat. Teil 2

Im Gespräch mit RAin Antje Burmester

Antje Burmester, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Mediatorin (Viadrina Frankfurt); Expertin für kollektiv-arbeitsrechtliche Konflikte.

Kleine Reihe: Betriebsrat als Konfliktakteur

  • Konflikte innerhalb von Betriebsratsgremien (LINK)

  • Konflikte zwischen Betriebsratsgremien

  • Konflikte mit Betriebsratsgremien

Gut durch die Zeit.

Der Podcast rund um Mediation, Konflikt-Coaching und Organisationsberatung.

Inhalt

Kapitel:

0:06 – Einführung in Betriebsratskonflikte
1:13 – Struktur der Betriebsratsgremien
3:38 –Unterschiede der Gremien verstehen
7:32 – Konflikte zwischen Betriebsräten
10:42 – Der Konzernbetriebsrat im Fokus
13:38 – Probleme der internen Kommunikation
16:47 – Technologische Herausforderungen im Betriebsrat
22:51 – Rechtsstreitigkeiten zwischen Gremien
28:49 – Mediationsansätze in Betriebsratskonflikten
33:34 – Abschluss und Ausblick auf weitere Themen

Inhaltliche Zusammenfassung

In dieser heutigen Folge des Podcasts „Gut durch die Zeit“ setze ich gemeinsam mit meiner Kollegin Rechtsanwältin Antje Burmester die kleine Reihe über den Betriebsrat als Konfliktakteur fort. Diese Episode ist der zweite Teil unserer Reihe, in der wir die vielschichtigen Konfliktpotenziale zwischen den Betriebsratsgremien beleuchten. Im ersten Teil hatten wir bereits die grundlegenden Konfliktlinien thematisiert, die in der Zusammenarbeit von Gremien auftreten. Heute wird der Fokus auf die Spannungen zwischen den verschiedenen Betriebsratsgremien innerhalb einer Organisation gelegt.

Wir starten mit einer fundierten Klärung der verschiedenen Gremienstrukturen innerhalb eines Betriebs. Antje erklärt die Unterschiede zwischen dem örtlichen Betriebsrat, dem Gesamtbetriebsrat und dem Konzernbetriebsrat, und wir diskutieren die rechtlichen Rahmenbedingungen, die die Bildung dieser Gremien regeln. Während wir die unterschiedlichen Funktionen und Zuständigkeiten abstecken, wird schnell deutlich, dass diese Struktur Konflikte hervorrufen kann. Besonders wenn es um Mitbestimmungsrechte geht, kommt es immer wieder zu Kompetenzkonflikten zwischen den Gremien, die zu Spannungen führen können.

Antje teilt ihre Erfahrungen aus der Praxis, in denen Konflikte innerhalb der Betriebsratsgremien häufig auch als Haltungskonflikte betrachtet werden können. Wir besprechen, wie die unterschiedlichen Interessen der Gremien und die damit verbundenen emotionalen Faktoren eine bedeutende Rolle spielen. Insbesondere die Einführung neuer Technologien und die damit verbundenen Herausforderungen zeigen auf, wie wichtig ein gutes Verständnis der technologischen und rechtlichen Aspekte ist, um den Dialog zwischen den Gremien zu fördern.

Zusätzlich reflektieren wir die kommunikative Herausforderung, die sich aus den verschiedenen Sichtweisen und Kompetenzen ergibt. Ich bringe meine eigene Erfahrung als Moderator und Berater ein und verdeutliche, wie wichtig es ist, dass alle Parteien die Perspektive der anderen verstehen, um letztendlich zu einer Lösung zu kommen. Dies erfordert eine hohe Sensibilität für die Bedürfnisse und Bedenken aller Beteiligten, und oft ist es hilfreich, informelle Gespräche außerhalb des formalen Rahmens zu führen, um konstruktive Dialoge zu ermöglichen.

Ein zentrales Thema dieser Episode ist die Frage, inwieweit Mediation in Konflikten zwischen Betriebsratsgremien effektiv eingesetzt werden kann. Hier sind wir uns einig, dass es oft an der Bereitschaft fehlt, externe Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Stattdessen finden die Auseinandersetzungen meist intern und informell statt, was die Dynamik der Konfliktbearbeitung wesentlich beeinflusst. Antje hebt hervor, dass die Konflikthandhabung durch interne Vertrautheit geprägt ist, was externe Mediatoren oft ausschließt.

Abschließend ziehen wir Bilanz über die Erkenntnisse der Episode und kündigen an, dass wir im nächsten Teil die Konflikte zwischen Betriebsratsgremien und Arbeitgebervertretern behandeln werden. Es wird spannend sein zu sehen, wie sich die Dynamik zwischen diesen beiden Rollen weiterentwickelt und welche Konfliktlösungsstrategien sich daraus ergeben.

Vollständige Transkription

[0:00]Ich bekomme einen solchen Konflikt, der ja nicht nur ein Kompetenzkonflikt,
[0:06]
Einführung in Betriebsratskonflikte
[0:05]sondern der ein Haltungskonflikt ist. Bekomme ich nur in den Griff, wenn ich tatsächlich versuche, mich gut zu erklären. Herzlich willkommen zum Podcast Gut durch die Zeit. Der Podcast rund um Mediation, Konfliktcoaching und Organisationsberatung. Ein Podcast von INKOVEMA. Ich bin Sascha Weigel und begrüße dich zu einer neuen Folge. Und heute werden wir den zweiten Teil unserer kleinen Reihe fortsetzen, der Betriebsrat als Konfliktakteur. Wir haben dazu schon die erste Folge aufgenommen und wir heißt meine Kollegin Rechtsanwältin Antje Burmeister, die wieder hier im Podcaststudio ist.
[1:13]
Struktur der Betriebsratsgremien
[1:14]Antje, wir hatten im ersten Teil ja hier zum Thema Konflikte innerhalb von Gremien gesprochen und die vielfältigen Konfliktlinien aufgezeigt, die in Gremien bestehen und die auch durchaus jetzt, Stichwort Generationenkonflikte, Digitalisierung, immer weiter auch drücken. Heute wollen wir uns im zweiten Teil den Konfliktpotenzialen zwischen Betriebsratsgremien anschauen. Und was das genau bedeutet und so ein bisschen die Landkarte von Betriebsratsgremien sich vorher zu Gemüte führen, ist notwendig, um das auch irgendwie einordnen zu können. Also es wird am Anfang ein wenig strukturell werden wahrscheinlich. Bevor wir da einsteigen, Antje, wie geht es dir? Was machst du derzeit?
[2:00]Dankeschön, es geht mir gut. Ich bin kräftig am Streiten in tatsächlich auch Betriebsratskonflikten, allerdings nicht internen Konflikten, sondern so wie häufig in Konflikten mit Arbeitgebern. Es sollen Betriebsteile ausgegliedert werden und das ist häufig Anlass zu Konflikt, weil man natürlich als Betriebsrat das Bedürfnis hat, die Menschen, die dort mit auf die Reise gehen sollen, auch bestmöglich auf die Reise zu schicken. Und das sieht der Arbeitgeber häufig anders und sagt, wieso, wir klären doch nur aus, da passiert doch nichts weiter. Und das ist das, was mich heute im weiteren Verlauf des Tages auch stark beschäftigen wird. Und diese Konfliktlinien, die schauen wir uns im dritten Teil an.
[2:43]Denn das sind die allgemein immer sofort assoziiert werden, wenn es um Betriebsräte und Konflikte geht, die mit dem Arbeitgeber, Und dafür sind sie ja geschaffen worden, um diese Konflikte der Arbeitnehmerschaft mit der Arbeitgeberschaft zu bündeln, zu strukturieren, zu organisieren. Dafür ist das Betriebsverfassungsrecht gebaut worden mit dem Betriebsrat als Organ. Aber da es in einem Betrieb auch mehrere Gremien geben kann, gibt es natürlich auch dort Konflikte. Und das wollen wir uns heute genauer anschauen. Vielleicht steigen wir bei dem Thema ein. Es gibt mehrere Gremien innerhalb eines Betriebes oder einer Firma. Was muss man wissen, ganz grundlegend, und das ist juristisches Wissen? Antje, was ist notwendig? Also ich denke, es begegnen einem ja schon unterschiedliche Begriffe,
[3:38]
Unterschiede der Gremien verstehen
[3:34]wenn man über Betriebsrat in einer Firmenstruktur spricht. Da wird mal von Betriebsrat gesprochen und mal von Gesamtbetriebsrat und dann vielleicht auch mal von Konzernbetriebsrat. Man muss verstehen, dass das ganz unterschiedliche Gremien sind und die Bezeichnungen richtig deuten. Also der Betriebsrat ist tatsächlich der örtliche Betriebsrat, der in dem örtlichen Betrieb von den Arbeitnehmenden dieses Betriebes gewählt wird. Der Gesamtbetriebsrat ist das Organ der Betriebsräte, die die Betriebsräte selber bilden, auf Unternehmensebene.
[4:11]Dieses, wenn ein Betrieb also mehrere Schwesterbetriebe hat, ein Unternehmen also mehrere Standorte, ist die Bildung eines solchen Gesamtbetriebsrats auf Unternehmensebene sogar zwingend. Also die Betriebsräte würden ihre Pflichten verletzen nach Betriebsverfassungsgesetz, wenn sie das Gremium Gesamtbetriebsrat nicht bilden. Ich habe da ein bisschen nach sozusagen, um das Verständnis bei den Zuhörern da aufzugreifen. Wenn du von Standorten redest, dann meinst du auch einen geografischen Standort? Also wie man sich vorstellt, da gibt es halt ein Haus oder eine Betriebsstätte, da gehen Leute hin und dann wird dort ein Standortbetriebsrat gewählt. Oder können das auch unterschiedliche Häuser, unterschiedliche Einrichtungen innerhalb einer Stadt zum Beispiel sein?
[4:58]Das kann auch sein, das wäre aber die Ausnahme. Also das Betriebsverfassungsgesetz regelt relativ klar, was ein Betrieb ist, als, das ist jetzt sehr juristendeutsch, eigenständige betriebsorganisatorische Einheit. Und sagt, wenn es noch kleine Versprengler gibt, Nebenbetriebe, dann werden die unter bestimmten Voraussetzungen diesem Hauptbetrieb zugeordnet. Aber ich denke, das Bild, was dir vor Augen schwebt, es gibt vielleicht in einem regionalen Busunternehmen, das einen Betriebsstandort, wenn ich jetzt von Kölner Verhältnissen ausgehe, am Kölner Hauptbahnhof und es gibt einen weiteren Betriebsstandort außerhalb von Kölns in einem Vorstadtbezirk, dann wären das zwei unterschiedliche Betriebe, auch wenn sie vielleicht gar nicht so weit voneinander entfernt sind.
[5:51]In der Regel ist das so. Es gibt Ausnahmen, auch da gibt es fürchterlichen Streit. Das ist aber ein Streit, der häufiger mit dem Arbeitgeber als von den Betriebsräten untereinander ausgetragen wird. Das heißt, es kommt nicht primär auf den geografischen Standort an. Es kann also gut sein, dort gibt es die Fahrer mit dem Personal- und Geschäftsführung an der einen Städte. Die Werkstatt ist außerhalb von Köln, wo die Busse gebaut werden, repariert werden, auch abgestellt werden. Und dann gibt es vielleicht auch noch eine IT-Einheit, die mag meinetwegen in irgendeinem Coworking-Space untergekommen sein, ganz woanders. Und das ist dennoch ein Betrieb und die würden dann einen Betriebsrat wählen, wenn es organisatorisch eine Einheit ist. Richtig, genau. Wenn das nicht der Fall ist, dann haben wir eine Firma mit zwei Betriebsstätten und dann auch der Notwendigkeit, wenn Betriebsräte gewählt werden, dort zwei Gremien zu haben.
[6:48]Richtig, genau. Wobei das in der Initiative der Arbeitnehmenden liegt. Es kann sein, dass in einem einen Betrieb ein Betriebsrat tatsächlich gewählt wird. Es kann aber auch sein, dass in einem anderen Betrieb die Initiative nicht ergriffen wird, dass sich auf seine Fahnen schreibt, keine Gewerkschaft unterstützt. Der Arbeitgeber hat naturgemäß häufig nicht so das große Interesse. Und dann haben wir einen Betrieb, der betriebsratslos ist. Und es ist auch gar nicht unüblich. Es gibt viele, auch große Firmen gerade, die haben dann auch entsprechend viele Standorte, Betriebsstättenstandorte und dann entsprechend viele Betriebsräte als Standortbetriebsräte. Und diese Standortbetriebsräte sich zusammenschließen, dann haben sie einen Gesamtbetriebsrat.
[7:32]
Konflikte zwischen Betriebsräten
[7:33]Genau. Ist das eine Pflicht? Und welchen Gedanken verfolgt das Gesetz, wenn es diese Pflicht erhebt und damit den Gesamtbetriebsrat auch institutionalisiert? Es gibt bestimmte Mitbestimmungsrechte, die der Gesetzgeber im Betriebsverfassungsgesetz dem Gesamtbetriebsrat zuweist. Das ist sehr klar geregelt, was nicht bedeutet, dass das nicht konfliktträchtig ist für die Betriebsräte untereinander. Denn du kannst dir sicher vorstellen, dass manche Angelegenheiten gerne von den Betriebsräten vor Ort alleine geregelt werden möchten. Aber die Zuständigkeitsverteilung des Betriebsverfassungsgesetzes sieht für Angelegenheiten unter bestimmten Voraussetzungen eben die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrates vor. Also immer dann, wenn mehr als ein Betrieb betroffen ist und wenn die Angelegenheit nur auf der Unternehmensebene geregelt werden kann, so heißt es im Gesetz. Und da muss man ein bisschen wissen, was das dann tatsächlich auch bedeutet. Und dann kommen wir sozusagen zu diesen Konfliktlinien, die man jetzt mal ganz grob unter der Überschrift Kompetenzgerangel festlegen kann. Also wer darf über was mit dem Arbeitgeber reden?
[8:52]Richtig, genau. Aus Arbeitgebersicht ist das auch manchmal gar nicht so einfach zu überlegen. Mit wem rede ich jetzt? Weil auch der Arbeitgeber hat ja vielleicht hoher Lieben, weil er sagt, mit dem Gesamtbetriebsrat ist es hier einfacher oder mit dem örtlichen Betriebsrat, mit dem aus A statt mit dem aus B statt ist es einfacher. Das heißt, es ist schon ein sehr spannendes Feld. Und damit taktisches Geplänkel, Verhandlungsfragen und auch dann, wie man die Themen in Regelungen packt, hat Auswirkungen oder hat sozusagen zur Bedingung, welcher Betriebsrat ist jetzt gesetzlich kompetent dazu, also hat sozusagen die Zuständigkeit. Genau. Dann haben wir diesen Bereich schon mal sozusagen ein bisschen dargelegt und dann kommt noch der sogenannte Konzernbetriebsrat dazu, wenn es sich bei der Firma um einen Konzern handelt.
[9:45]Das ist ja noch mal was Besonderes. Ganz richtig. Damit auf sich. Damit hat es auf sich, dass der Gesetzgeber an der Stelle erstaunlicherweise keine Pflicht vorgesehen hat, den Konzernbetriebsrat zu bilden, sondern gesagt hat, ihr könnt ihr Gesamtbetriebsräte oder auch ein einzelner Betriebsrat, wenn er dann ein großer Betrieb ist, kann einen Konzernbetriebsrat gründen. Es ist also kein Muss, sondern ein Kann. Es ist auch lange nicht die Regel, überall dort, wo ein Konzernbetriebsrat gebildet werden könnte, tatsächlich auch einen zu bilden. Weil auch da muss ja der Gesamtbetriebsrat, jedenfalls in seiner Vorstellung oder manchmal auch einzelne Betriebsräte in ihrer Vorstellung, Macht abgeben. Also ich komme mal von der Seite her, um so ein bisschen, weil mir scheint das Verhältnis Konzernbetriebsrat und Gesamt- bzw.
[10:42]
Der Konzernbetriebsrat im Fokus
[10:39]Standortbetriebsräte ist ein anderes als Gesamtbetriebsrat zu den anderen. Ich kann mir das sozusagen juristisch nicht voll sozusagen erklären, außer eben über diese, es hat eine Freiwilligkeit, diesen Konzernbetriebsrat zu bilden und dann aber auch Konsequenzen, wenn man das getan hat.
[10:58]Wenn der Konzernbetriebsrat besteht, dann sind eben unter denselben Voraussetzungen, wie ich sie eben kurz geziert habe, für den Gesamtbetriebsrat bestimmte Dinge auf Konzernebene zu regeln. Das spielt eine große Rolle in der Praxis für alle EDV-technischen, Software-technischen und zukünftig auch die KI-Fragestellungen. Ja, die sind in der Regel auf der Konzernebene zu regeln. Und zwar warum? Erstens gelten sie für alle, also ich wollte jetzt etwas zögern, für alle zu sagen, aber für viele, ja, also mindestens für mehrere sozusagen. Und zweitens können sie technisch zwingend meistens nur konzerneinheitlich gestaltet werden, weil es gibt eine Quelle sozusagen, die die Daten bearbeitet. Es gibt insofern technisch zwingende Erfordernisse schon von den Herstellern, zum Beispiel bei Microsoft nennt sich das ein Tenant. Ein Konzern ist ein Tenant und insofern wird eine solche Untereinheit wie einzelne Unternehmen oder einzelne Betriebe an der Stelle gar keine Berücksichtigung finden. Und diesem technisch zwingenden Aspekt muss sich das Betriebsverfassungsrecht an der Stelle beugen, ob nun die Beteiligten das möchten oder nicht. Wenn es unternehmens- bzw.
[12:22]Konzerneinheitlich genutzt werden soll, diese Software, dann ist der Konzernbetriebsrat auch zwingend für die Regelung dieses Sachverhalts zuständig. Ich mag noch mal einen Punkt zur Verortung des Konzernbetriebsrats anfragen. War, dass mehrere Standortbetriebsräte dann einen Gesamtbetriebsrat bilden und dort also auch Funktionsträger aus den Betriebsräten in den Gesamtbetriebsrat entsenden? Oder stellt sich das für die Entsendung in den Konzernbetriebsrat auch so dar, dass dann mehrere Gesamtbetriebsräte vorhanden sind, die dann sozusagen die Pyramide zum Konzernbetriebsrat bilden? Oder kann auch bei einem Gesamtbetriebsrat noch zusätzlich ein Konzernbetriebsrat gebildet werden?
[13:06]Ein Gesamtbetriebsrat alleine würde nicht ausreichen, weil da habe ich die zweite Einheit nicht, aber entweder ein weiterer Gesamtbetriebsrat oder ein weiterer Betriebsrat. Also stellen wir uns vor, ein Betriebsrat eines großen Unternehmens oder einer großen Einheit, sag ich besser, die eben nicht über mehrere Standorte verfügt und mit dieser Einheit zusammen wäre dann ein Konzernbetriebsrat zu bilden.
[13:38]
Probleme der internen Kommunikation
[13:31]Ja, also es braucht sozusagen schon auch zwei Player, um deinen Konzernbetriebsrat zu geben. Und damit haben wir auch dort wieder Kompetenzfragen, die zu Kompetenzkonflikten führen können innerhalb der Gremien.
[13:48]Genau. Zwischen den Gremien, um da die sprachliche Genauigkeit zu halten. Anja, welche Erfahrung hast du mit Konflikten zwischen den Gremien der gleichen Firma gemacht? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Sichtweise des Gesetzes häufiger nicht der Sichtweise der unmittelbar Betroffenen entspricht. Je näher der Umstand an mir dran ist, desto mehr habe ich den Wunsch, diesen Umstand auch selber zu gestalten. Nehmen wir ein Beispiel, was üblicherweise dann auch auf örtlicher Ebene verbleibt.
[14:27]Wenn ich im Schichtbetrieb arbeite. Und also Schichtbetrieb, Schichtthemen, die sind auf örtlicher Ebene natürlich angewendet und dort von denen auch gerne bearbeitet. Das würde man beim Standortbetriebsrat belassen. Ja, das wäre auch komplett unstreitig, dass das so ist. Aber ich wollte es illustrieren, dass die Konflikte dort entstehen, wo die Auswirkungen einer Materie sehr dicht an mir dran ist, sich aber trotz als betroffener Betriebsrat dann die Regelung dieser Materie abgeben muss an ein anderes Gremium, also an den Gesamtbetriebsrat oder vielleicht auch an den Konzernbetriebsrat. Da habe ich in meiner Vergangenheit mit Betriebsräten, vor allem auch mit Konzern- und Gesamtbetriebsräten erlebt, das Thema Technologie und Software vor allen Dingen.
[15:19]Absolut. Als Software-Einführungen, die Beteiligten unmittelbar betroffen sind, die merken das richtig, dass sie neue Technologien bekommen, dass sie neue Software nutzen sollen und gleichzeitig die Regelungen und was dahinter auch sich verbirgt, buchstäblicher, diese Metapher hinter der Software, dann in der Hardware, was da geschieht, dass sie das nicht mehr in Händen halten. Und das führte oftmals auch zu Konflikten zwischen diesen Gremien.
[15:50]Absolut. Und es gibt ja auch ganz unterschiedliche Herangehensweisen genau an dieses Software-Thema. Es gibt Menschen, die sehr offen sind für das Thema und eine sehr niedrige Schwelle haben in der Wahrnehmung, ob und inwieweit damit Gefahren verbunden sind. Und es gibt andere Menschen, die da sehr sensibel sind und sagen, ich möchte aber, dass meine Daten, und wir sprechen ja hier über Arbeitnehmerdaten, also meine Leistungsdaten, wann bin ich online, wann bin ich offline, wie oft mache ich Pause, benutze ich neben meinem eigentlichen Gerät, benutze ich noch mehrere Geräte, die genau da eben empfindlich sind und auch sagen, das ist mir aber nicht recht, dass ich hier so gläsern bin. Also daran sieht man, das ist ein sehr persönliches Thema, was aber ja dann tatsächlich auf der übergreifenden Ebene, sei es Gesamt- oder sei es Konzernbetriebsrat,
SE
[16:47]
Technologische Herausforderungen im Betriebsrat
[16:41]aufgrund dieser technisch zwingenden Einrichtung übergreifend auch behandelt werden muss. Da kommen bei mir jetzt ganz viele Erfahrungswerte hoch, die in der strategischen Auseinandersetzung zwischen den Gremien eine Bedeutung haben. Nämlich eben, dass sozusagen der Standortbetriebsrat, das war fast schon klischeehaft bei diesen zwei, drei Gremien, die ich da auch in der Vergangenheit intensiver begleitet habe.
[17:07]Dass die genau diese Vorbehalte äußerten und am liebsten da gar keine Veränderungen zuließen, bei denen sie nicht den Durchblick hatten. Geschweige denn bereit waren, das anderen abzugeben, und den Konzernbetriebsräten, die tatsächlich dort einfach eine größere Notwendigkeit gesehen haben, neue Technologien zuzulassen und auch anders rangegangen sind an diese Bedenken.
[17:34]Und das war zwischen den Gremien nicht einfach zu vermitteln. Das kann ich gut nachvollziehen. Und wir haben ja gerade in dem Bereich häufig in der Praxis damit zu tun, dass wir aus unterschiedlichen Perspektiven auf diese Gremien dann treffen als Externe.
[17:49]Also ich häufig in der Rolle der anwaltlichen Beraterin, die für die arbeitsrechtlichen Fragestellungen dann steht. Aber ganz häufig habe ich einen IT-Sachverständigen oder eine IT-Sachverständige dann an meiner Seite. Und da kommt es schon sehr stark darauf an, dass man da gut ineinander greift, weil ich bekomme einen solchen Konflikt, der ja nicht nur ein Kompetenzkonflikt, sondern der ein Haltungskonflikt ist, bekomme ich nur in den Griff, wenn ich tatsächlich versuche, mich gut zu erklären. Und das Arbeitsrechtliche ist recht schnell erklärt, das IT-Technische ist deutlich schwieriger erklärt und hat es auch deutlich schwerer, weil es eben genau an Wertevorstellungen und an Empfindlichkeiten anknüpfen muss. Aber dieses Übersetzen, diese Kommunikationsfähigkeit, gerade bei IT-Themen, ist unglaublich wichtig. Das kann ich auch so bestätigen. Ich bin sozusagen häufig als Moderator und Strategieberater in diese Fragestellungen gekommen und daher häufig mit Vermittlungsarbeiten dann betraut zwischen den Gremien. Und das lief immer, also mal besser, mal weniger gut. Das ist also ganz alltäglich. Aber was mich häufig durch den Kopf ging, was ich selbst nie erlebt habe, aber vielleicht hast du das erlebt.
[19:12]Da Betriebsräte ja eigenständig Rechtsberatung in Anspruch nehmen können, ist es vorstellbar, gesetzlich möglich, dass sich Gremien untereinander rechtlich auseinandersetzen.
[19:28]Und sozusagen ein Rechtsstreit zwischen Gremien. Ich habe das nie erlebt. Oh ja, natürlich, das gibt es. Also das gibt es durchaus, dass Schreitigkeiten zwischen den Organen, die sind auch in Beschlussverfahren dann tatsächlich arbeitsgerichtlich teilweise ausgefochten. Das geht auch teilweise über mehrere Instanzen, gibt auch Bundesarbeitsgerichtsentscheidungen dazu, dass nämlich zum Beispiel der Gesamtbetriebsrat zum Konzernbetriebsrat sagt, hier, du schöpfst das, was du hast an Mitbestimmungsrechten, einfach nicht vollständig aus. Du musst viel sensibler damit umgehen. Und deshalb meinen wir, das Thema ist nicht vollständig und gut genug abgedeckt durch die Regelung, die jetzt geschlossen ist. Und das wird dann angegriffen. Ja, da sind wir ja schon bei der Höchststufe der Eskalation, was die externe Konfliktlösung durch das Arbeitsgericht beziehungsweise seine Instanzen anbelangt. Aber das ist durchaus häufiger der Fall. Und wir haben dort jetzt einfach auch ein praktisches Thema. Die Betriebsräte sind ja, auch das ist ein schöner juristischer Ausdruck, ein vermögensloses Subjekt.
[20:33]Das heißt, sie haben selber kein Geld und keiner der Betriebsräte um Gottes willen soll auch irgendwas an eigenem Geld dort in die Hand nehmen, sondern sie sind darauf angewiesen, mit dem Arbeitgeber in die Kostenklärung zu gehen. So, das funktioniert bei dir als strategischer Berater über die Hinzuziehung externen Sachverstands, genauso wie bei mir als anwaltliche Beratung. Und es hängt von dem Schlüsselwort, so sagt das Betriebsverfassungsgesetz, in § 80 Absatz 3 von dem Schlüsselwort Erforderlichkeit ab. So, und da sind wir schnell beim Punkt. An der richtigen Stelle. Da tut sich eine Welt unter diesem Begriff auf. Genau, an der richtigen Stelle. An der richtigen Stelle ist das. Dein Rat, mein Rat, der IT-Sachverstandsrat gefragt. Aber welches ist die richtige Stelle? Im Zweifel ist das die von Gesetzes wegen zuständige Stelle. Und dann sind wir schon am Ende dieses Themas. Es sei denn, wir haben einen aufgeschlossenen Arbeitgeber. Wir haben einen Arbeitgeber, der versteht, was am Konfliktpotenzial hinter dieser Frage steht. Und der sagt, okay, ich kriege das hier nur gelöst, wenn ich auch dem Gremium, das ich hier im Hintertreffen sieht, entsprechenden Sachverstand zugutekommen lasse. Aber ganz ehrlich, in der Praxis ist das eine deutliche Ausnahme.
[21:57]Hey, du, der diesen Podcast hört, vergiss nicht, ihn zu bewerten und eine Rückmeldung zu geben. Vielen Dank und jetzt geht’s weiter. Ja, also das ist eine Frage, die nicht ausgerechnet werden kann. Also die Antwort ist nicht eindeutig berechenbar. Und das heißt, jeder darf dafür streiten, was er für erforderlich sieht. Hier kann man sich schon dann also über die Kompetenz streiten, wer über die Frage mitentscheiden darf mit dem Arbeitgeber. Und mir war das nicht klar, beziehungsweise ich habe das eben nie erlebt, weil die Gremien selbst doch so eng verwoben waren, aber eben auch strategisch sich nicht, sage ich mal, so zerreißen lassen wollten dann vor Gericht, dass das doch noch genügend Kraft hatte, ausgehandelt zu werden.
[22:51]
Rechtsstreitigkeiten zwischen Gremien
[22:51]Also das waren dann eben Aushandlungsgespräche zwischen den einzelnen Vertretern. Und die sind ja auch personell durchaus miteinander gekoppelt. Also dass ein Gesamtbetriebsrat eben auch Mitglied und entsendete Person im Konzernbetriebsrat ist. Darauf haben die Betriebe, mit denen ich zu tun hatte, auf jeden Fall immer geachtet. Dass sie auf diese Personen dann besonders sensibel gehört haben, meinst du so, denke ich, oder? Ja, und ich muss genau gucken, dass ich das nicht falsch in Erinnerung habe, aber es war häufig so, dass die im Gesamtbetriebsrat waren, auch in den Konzernbetriebsrat gingen. Genau, also der Gesamtbetriebsrat entsendet ja genauso wie die örtlichen in den Gesamtbetriebsrat, entsendet der Gesamtbetriebsrat in den Konzernbetriebsrat. Und natürlich, durch Wahl im Gremium des Gesamtbetriebsrats geschieht das. Und natürlich werden da in der Regel erfahrene Betriebsräte entsandt. Erfahrene Betriebsräte, denke ich, in dem Sinne, dass sie nicht nur das Geschäft des Betriebsrats gut kennen, sondern dass sie auch schon gute Erfahrungen gesammelt haben und letztlich, dass sie auch konflikterfahren sind. Das heißt, Sie sind schon dann die richtige Person und die richtige Ansprechperson im Konzernbetriebsrat dann für einen solchen strategischen Konfliktlösungsansatz, der dann auf dich oder in deiner strategischen Beraterrolle oder auf mich in der anwaltlichen Beraterrolle dann zukommt.
[24:18]Dass zumindest auch so über den Daumen gepeilt die Konflikte weniger zwischen Gesamtbetriebsrat und Konzernbetriebsrat aufgebrochen sind, sondern die unterschiedlichen Meinungen vor allen Dingen zwischen den Standortbetriebsräten waren und den Konzernbetriebsräten. Und der Gesamtbetriebsrat natürlich so ein bisschen die Vermittlerrolle hatte. Aber das heißt, da waren eben die Standortbetriebsräte, weil sie ja als Gremien immer beschlossen haben, auch stärker in ihrer Ausrichtung. Also die Vorsitzenden der Standortbetriebsräte mussten stark auf diese Kollegen im Gremium hören, wenn sie dann auch im Konzernbetriebsrat agiert haben. Also das fand ich immer eine sehr, also bei aller Unterschiedlichkeit und auch Hitzigkeit in der Konfliktbearbeitung, das waren eben Verhandlungsgespräche, Vermittlungsgespräche, das war jetzt noch nicht so formalisiert wie jetzt bei Gericht.
[25:13]War dieses komplexe Feld von, wir haben hier unterschiedliche Meinungen. Wir haben unsere Mitarbeiter, die Belegschaft zu beachten. Wir haben den Arbeitgeber zu beachten, mit dem wir uns ja dann später auch noch auseinandersetzen müssen. Und wir haben noch andere Themenfelder, sodass die Konfliktbearbeitung wirklich komplex angereichert war mit unterschiedlichsten Fragestellungen. Das ist schon ein anspruchsvolles Geschäft gewesen. Also auch im besten Sinne, sage ich mal, betriebspolitisch aufgeladen und nicht allein juristisch, nicht allein technisch, sondern da geht es wirklich um politische Ausrichtungen auch. Und ich meine das jetzt nicht im Sinne von parteipolitisch, sondern betriebspolitisch.
[25:58]Betriebspolitisch, unternehmenspolitisch, Ausrichtungsfragen. Wie stark geht es zum Beispiel in die technische Innovationsrichtung? Wie stark wird Gas gegeben? Wie stark wird vielleicht gebremst? Natürlich, das sind strategische Fragestellungen, an denen man sich sehr reiben kann. Und diese Reibung kann ich auch absolut bestätigen an der Stelle. Das sind schwierige Themen, die schon immer, intern dann irgendwie in das Gleichgewicht gebracht werden sollten.
[26:30]Um nicht zu, ich sage Wunden ist vielleicht ein großes Wort, aber um nicht zu Verwerfungen zu führen, die einem dann in den weiteren Themen, was vielleicht in ganz anderen Zusammenhang steht, dann wieder auf Deutsch gesagt auf die Füße fallen. Da ist höchste Sorgfalt und auch großes Fingerspitzengefühl angesagt, um da nicht die eine oder andere konfliktbeteiligte Person in irgendeiner Haltung einrasten zu lassen, wo sie dann verharrt, auch wenn es beim nächsten Thema vielleicht um ganz andere Fragestellungen geht und sich ganz andere komplexe Zusammenhänge hier zeigen. Für mich war das immer der Begriff, also der so nicht gefallen ist, aber der das für mich am besten auf den Punkt immer brachte, diese gemeinsame Ausrichtung, dass wir, also wir im Sinne von die Konfliktbeteiligten bei diesen Gremienkonflikten, dann immer wieder klargemacht haben, wir sind ja Betriebsräte. Wir kämpfen praktisch auf einer Seite gemeinsam. Und das hatte mich stark erinnert auch an parteipolitische Auseinandersetzungen. Das heißt, das unterschiedlichste Interessen in einer großen Gruppe von Menschen dann doch mit einem, ich sage mal.
[27:45]Moralischen Anspruch Zusammenhalt gewährt wurde. Also bei aller Auseinandersetzung war dann doch wieder klar und wenn man dann daran erinnert wurde auch oder sich erinnert hat, wir kämpfen alle im Grunde genommen in der gleichen Mannschaft und wir sind Betriebsräte und das hat dann doch immer wieder zur Beruhigung geführt, zur Ausrichtung, aber es wurde auch natürlich dazu gebraucht, den anderen zur Ressent zu bringen und ihn daran zu erinnern, wenn er mal aus der Sicht der einen Konfliktpartei zu sehr ausgeschert ist. Das hat häufig sozusagen diese Konflikte zwischen den Gremien geprägt. Das kann ich so bestätigen. Und das ist ja letztendlich auch sehr vernünftig, es so zu handhaben, weil nur die Gemeinsamkeit macht, den Betriebsrat, egal in welcher Rolle er unterwegs ist, tatsächlich gegenüber dem Arbeitgeber stark. Das muss jedes Gremium in jeder Konstellation, sei es interne Streitigkeiten
[28:49]
Mediationsansätze in Betriebsratskonflikten
[28:44]oder Streitigkeiten, jetzt zwischen den Gremien immer wieder bewusst werden. Und das räume ich auch gerne ein, dass dieser Bewusstwertungsprozess stattfindet und er dauert halt nur unterschiedlich lang. Und eine Frage noch, weil wir ja sozusagen auch hier in einem Mediationspodcast sind und wir beide da auch Mediatoren sind. Wie ist da deine Einschätzung? Und ich lege mal meine vor.
[29:09]Diese Auseinandersetzung zwischen Gremien bieten auf den ersten Blick formell viel Raum für Mediatoren. Und aber aus der praktischen Erfahrung und aus dem, wie ich das erlebt habe, fast gar nicht. Weil es so betriebsratspolitisch aufgeladen ist, dass man da als Externer für einen Konfliktfall gar nicht beauftragt wird. Man muss sozusagen schon vorher angekoppelt sein, um dann Vermittlungsarbeit leisten zu dürfen als Externer. Absolut. Ich denke, dass die Offenheit an der Stelle auch nicht da sein würde, weil man letztlich vielleicht auch nicht klar erkennt, was uns als Mediatoren leichter fällt, welches Konfliktgeschehen da eigentlich ist. Und das Bewusstsein an der Stelle ist, glaube ich, nicht so stark ausgeprägt. Und insofern habe ich auch noch nicht erlebt, dass dann aus einer solchen Situation.
[30:13]Ohne dass ich vorher involviert gewesen wäre, auf mich jemanden zugekommen wäre, aus der Betriebsratslandschaft und gesagt hätte, Mensch, können Sie uns da nicht helfen? Wir sind da festgefahren an der Stelle. Das findet auch hier bei mir so nicht statt. Also da sah ich auch bestätigt, was ich an anderer Stelle erfahren habe, dass Mediation in dieser Form oder in der Vorstellung, wir sind in einem Konflikt, doch lass uns doch jemanden beauftragen, der uns hier hilft und der neutral ist, also auch uns beide nicht enger kennt, sondern der das als Dienstleistung einfach so anbietet, dass da praktisch kein großer Raum da ist dafür. Und Mediationsarbeit selbst aber genügend geleistet wird von vielen, die in diesem Konflikt beteiligt, betroffen oder einfach auch nur anwesend sind. Das fand ich für mich da auch bemerkenswert. Das kann ich auch bestätigen und auch mir geht es so, dass ich dann eine, sag ich mal.
[31:10]Deutliche Anzahl von Gesprächen auch so führe, wie ich sie zum Beispiel in der Bestandsaufnahme bei der Mediation führen würde, Um erst mal mir überhaupt ein Bild zu verschaffen, um welche Themen es geht, um auch natürlich dann ein bisschen tiefer zu gehen, welche Interessen dahinterstehen. Das hilft natürlich enorm an der Stelle, wenn man diesen Werkzeugkasten sozusagen mit in seinem Paket hat. Aber es ist nicht so, dass man das dann konsequent weiter durchführen würde. Ich erlebe mich dann auch häufig als jemand, der pendelt, also der das auch gar nicht in der Gemeinschaft einer Gruppe macht, sondern der dann das Gespräch außerhalb der Gruppe sucht, ganz banal in den immer noch stattfindenden Raucherpausen oder abends mal oder in der Mittagspause oder beim Spaziergang, den man dann macht, weil das Wetter dann gerade schön ist und man sitzt den ganzen Tag irgendwo in einem abgeschlossenen Raum, man geht jetzt mal ein paar Runden.
[32:17]Das sind so die Situationen, die ich dann sehr gerne nutze, um einzelne Personen anzusprechen und mir über deren Lage in diesem Konflikt auch klarer zu werden, um dann vielleicht auch besser einwirken zu können, um zu einer Lösung zu kommen. Bei dem Bild der Rauchepause, da musste ich an einer… Konkrete Moderationen denken. Da haben wir dann sozusagen eingeführt, so eine Art E-Mail-SMS-Pause, sozusagen. Die einen waren auf dem Raucherhof und die anderen waren aber noch drinnen in den Räumlichkeiten und alle Kopf gesenkt mit Smartphone in der Hand und sind so geschlendert und haben halt die wichtigsten Nachrichten sich angeschaut. Und da dachte ich, das ist die moderne Raucherpause.
[32:57]Absolut, ja. Ich erinnere mich gut an eine Situation, wo auch die Verhandlungen in den Abendstunden gingen und eben der Konflikt auch eher intern, als mit dem Arbeitgeber lag und dass dann die Betriebsratsdelegation und die Arbeitgeberdelegation gesagt hat, okay, wir gehen mal eine Runde. Und man hat eine Runde gemacht um einen Parkplatz, der vor diesem Gebäude war. Die Betriebsräte gingen in die eine Richtung und die Arbeitgeber gingen in die andere Richtung, aber man begegnete sich immer wieder. Man musste immer sehen, dass man dann die vertraulichen Gespräche so führen konnte, dass in der Begegnungsphase da kein Stichwort fiel. Das ist so eine Assoziation, die ich da immer noch vor Augen habe.
[33:34] Abschluss und Ausblick auf weitere Themen
[33:35]Gut, ja, Antje, mir ist deutlich geworden nochmal, dass die verteilten Kompetenzen durch das Betriebsverfassungsgesetz die Konflikte zwischen den Betriebsratsgremien verdeutlicht, also zugrunde legt, dass da eben auch dann das Engagement der Betriebsräte so ausgerichtet sein kann, dass die Gremien untereinander in Konflikt geraten. Wir haben den verbindenden Kit verdeutlicht, dass diese Konflikte nicht einfach so dann formalisiert vor Arbeitsgerichten oder Einigungsstellen kommen. Also dafür sind sie auch gar nicht vorgesehen. Aber dass das Potenzial zur Auseinandersetzung auf jeden Fall da ist.
[34:16]Absolut. Und finde ich auch sozusagen bestätigend, dass die Austragung dieser Konfliktpotenziale bei aller Deutlichkeit doch informell erfolgt und eine formalisierte Mediation, also auch wenn sie ganz privat sozusagen angefragt werden würde, relativ unwahrscheinlich ist. Zumindest aktuell. Man muss sozusagen vorher schon angekoppelt sein, dass man dort Vermittlungsarbeit leisten kann. Aber du hast das ja deutlich gemacht, sowohl als Rechtsberaterin und Rechtsanwältin ist das dann erforderlich als Moderator in den Fällen, die ich vor Augen habe. Aber ich kann mir auch vorstellen, die IT-Berater oder die anderen externen Anwesenden, die unterschiedliche fachliche Dimensionen haben, dass die da vermittelnd eingreifen, wenn die Gremien dann in Kompetenzgerange geraten.
[35:13]Es gibt ja noch die Person unter Umständen der wirtschaftlichen Berater, gerade wenn es an die Substanz geht, also wenn wir darüber nachdenken, dass es eine Konstellation der Betriebsänderung gibt, also.
[35:26]Einschränkung, Stilllegung, Verlegung. Ja, auch da haben wir ja eine interessante Konstellation, dass der Interessenausgleich, das ist gemeinhin der Fahrplan für diese Maßnahme auf der höheren Ebene, also höher insofern ist es ungenau, also auf der übergreifenden Ebene zu verhandeln ist, also zum Beispiel auf Konzernbetriebsrat oder Gesamtbetriebsratsebene. Aber die tatsächliche Milderung der damit verbundenen Nachteile, die ja Gegenstand des Sozialplans sind, dann vor Ort in den entweder Gesamtbetriebsräten oder Betriebsräten zu fahren sind. Und da kann man sich natürlich auch sehr gut vorstellen, dass schon beim Fahrplan, welcher Standort ist wann dran, bei welchem Standort gibt es sich welche Chancen, dass da ein enormes Potenzial in dem zuständigen Gremium besteht, wo dann auch zum Beispiel ein wirtschaftlicher Berater, der dann knallhart betriebswirtschaftliche Berechnungen des Arbeitgebers entweder in Frage stellt oder alternativ rechnet, eben auch genau diese Rolle zukommt. Und zu sagen, hier die Zahlen sprechen eigentlich eine eindeutige Sprache, jetzt muss ich das nur sozusagen vermitteln in diese heterogene Gruppe der Verhandelnden.
[36:40]Das kann ich auch bestätigen. Aber da habe ich weniger Konflikterfahrung, das ist mehr dieses ungelebte Gefühl der Trauer in Wirtschaftsfragen und dass das dann dort aufkam. Also das ist wirklich, muss man so sagen, wie eine Trauergemeinschaft dann auch ist, wenn ein Standort geschlossen wurde.
[37:01]Da an Gesamtbetriebsratsmoderationen von einem Autozulieferer mit vielen Standorten und es ging über mehrere Jahre, sodass man dann immer bei den einzelnen Moderationen auch geguckt hat, wie geht es den Standorten. Da konnten manchmal die Wirtschaftlichkeit der Standorte nicht unterschiedlicher sein. Die einen dann abgeschrieben und haben den Schließungsbeschluss verarbeiten müssen und andere hatten eine sehr rosige Zukunft. Das war dann weniger Konfliktpotenzial, sondern eher Begleitarbeit, wie man mit dieser Unterschiedlichkeit umgeht. Antje, damit haben wir den zweiten Teil, abgeschlossen oder können ihn abschließen und gehen sozusagen in den dritten Teil über, den wir dann demnächst angehen werden und dann auch hier veröffentlichen werden. Da gehen wir dann auf die Konflikte, die Betriebsratsgremien mit Arbeitgebervertretern haben und auch durchfechten, sowohl mediativ als auch dann arbeitsrechtlich vor der Einigungsstelle.
[38:13]Beziehungsweise dann auch eskaliert vor den Arbeitsgerichten und schauen uns das an, was im Alltagsverständnis Konflikte zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretern ausmachen. Genau, das, was man da üblicherweise damit assoziiert. Ja, genau. Vielen Dank, dass du hier wieder mit dabei warst und sozusagen das Innenleben von Betriebsratsgremien und deren Zusammenspiel mitbeleuchtet hast. Denn das ist schon etwas spezieller. Da kennt man sich nicht so einfach aus, wenn man das nicht selbst auch mitgemacht hat. Ja, es passiert überwiegend in geschlossenen Räumen, ob sie nun tatsächlich geschlossen sind oder abgeschlossen sind im Sinne von vertraulichem Austausch. Ja, also finden keinen Weg sozusagen in die öffentliche Presse oder in Funk und Fernsehen, sondern maximal in die Betriebsratszeitung und das dann gleichzeitig auch sozusagen wieder als ein Move in der Auseinandersetzung von Konfliktpotenzialen zwischen diesen Gremien. Da kann man ganz gut befeuern, ja. Ja, genau. Ich wünsche dir eine gute Zeit. Ich sage mal, bis bald, bis alles bald und vielen Dank. Das war hochinteressant mit dir. Sehr gerne und auch dir eine gute Zeit. Bis bald. Ciao.
[39:38]Konflikte zwischen Betriebsratsgremien in einer Firma. Das habe ich mit Rechtsanwältin und Mediatorin Antje Burmeester besprochen. Eine Kollegin aus dem Kölner Raum, die sehr erfahren ist im Umgang mit Betriebsräten als auch im Umgang mit Konflikten, die Betriebsräte untereinander, aber auch natürlich mit Arbeitgebern oder Belegschaft haben. Und heute haben wir also dieses Binnenverhältnis von Betriebsratsgremien in den Blick genommen, das für die Allgemeinheit oft nicht so sichtbar ist, sondern diese Zusammenkünfte der Betriebsratsgremien, die dann die Konfliktpotenziale verdeutlichen.
[40:21]Bleiben häufig hinter diesen Mauern des Treffens und werden dort bearbeitet, finden nicht den Eingang in Funk und Fernsehen oder die allgemeine Presse. Und daher ist es eine sehr spezifische Konfliktbearbeitungsphase und auch für Vermittlungsbemühungen offen, die schon vor Ort sind, in Form von externen Beratern, Begleitern, auf der moderativen Ebene oder eben auch in der fachlichen Ebene. Es kommt selten, so zumindest die Erfahrung von Antje und mir, dazu, dass anlässlich eines Konfliktes extra jemand beauftragt wird und damit sozusagen formalisiert eine Mediation stattfindet. Ich bedanke mich, dass du wieder hier mit dabei warst und diesen Podcast gehört hast, dadurch unterstützt und wenn er dir gefallen hat, gerne auch ein Feedback hinterlässt und ihn weiter empfiehlst. Damit hilfst du auch Menschen, die diesen Podcast noch nicht kennen, zu hören, weil sie ihn hören sollten, weil er ihre Arbeit betrifft. Mit besten Wünschen. Bis zum nächsten Mal. Kommt gut durch die Zeit. Ich bin Sascha Weigel, dein Host von INKOVEMA, dem Institut für Konflikt- und Verhandlungsmanagement in Leipzig und Partner für professionelle Mediations- und Coaching-Ausbildungen.