INKOVEMA-Podcast „Gut durch die Zeit“

#193 – Politische Diskurse in Unternehmen

Wer treibt Diskussionen in Unternehmen? Wer ist der Adressat politischer Meinungsäußerung?

Im Gespräch mit Prof. Dr. Guido Möllering

Prof. Dr. Guido Möllering: Promovierte 2003 an der Universität Cambridge und habilitiert 2011 an der Freien Universität Berlin, ist seit 2016 Direktor und Lehrstuhlinhaber am Reinhard-Mohn-Institut für Unternehmensführung (RMI) an der Universität Witten/Herdecke. Zu den inhaltlichen Schwerpunkten des RMI unter seiner Leitung zählen unter anderem: Kooperative Beziehungen, Netzwerk- und Allianzstrategien, Management von Offenheit und Transparenz, Vertrauen in und zwischen Organisationen, neue Führungs- und Arbeitsformen im digitalen Zeitalter sowie unternehmerische Verantwortung.

Gut durch die Zeit.

Der Podcast rund um Mediation, Konflikt-Coaching und Organisationsberatung.

Inhalt

Kapitel

0:34 – Konflikte in Unternehmen

2:05 – Politische Diskurse und deren Bedeutung

6:26 – Herausforderungen für Führungskräfte

11:19 – Externe und interne Einflüsse

14:44 – Politische Positionierung von Unternehmen

17:13 – Toleranz und Gesprächskultur

26:22 – Individualität und Teamarbeit

29:35 – Der Nutzen von Konflikten

35:33 – Ethik und Wirtschaftlichkeit

44:24 – Demokratie und Unternehmen

48:54 – Führungsaufgaben in politischen Diskursen

55:23 – Abschluss und Ausblick

Inhaltliche Zusammenfassung

In dieser Episode widmen wir uns dem komplexen Thema von Konflikten und politischen Diskursen, die innerhalb von Organisationen, insbesondere in Wirtschaftsunternehmen, stattfinden. Um dieses Thema eingehend zu beleuchten, habe ich den Experten Prof. Guido Möllering von der Universität Witten-Herdecke eingeladen, der sich intensiv mit den Auswirkungen solcher Diskurse auf Führungskräfte und Mitarbeiter beschäftigt.

Wir beginnen unsere Diskussion mit der Frage, warum politische Themen in Unternehmen zunehmend relevanter werden. Herr Möllering bringt das Beispiel eines plötzlichen politischen Meinungswechsels eines Kollegen an, der die berufliche Beziehung auf die Probe stellen kann. Vertrauen, so erklärt er, ist eng verbunden mit den Erwartungen, die wir an unsere Kollegen haben. In der Vergangenheit war es oft einfacher, solche Themen zu ignorieren. Doch durch Ereignisse wie den Überfall auf die Ukraine hat sich die Dynamik in der Unternehmenswelt verändert. Unternehmen sehen sich gezwungen, Stellung zu beziehen, sei es in Bezug auf Boykotte oder die Unterstützung betroffener Mitarbeiter.

Ein weiteres zentrales Thema sind die Veränderungen in der gesellschaftlichen Erwartungshaltung an Führungskräfte. Diese sind oft damit konfrontiert, dass ihre Mitarbeiter sie nach ihrer politischen Meinung fragen, was in Deutschland als ein Tabu gilt. Möllering beschreibt, wie Führungskräfte aus den USA auf diese Fragen reagieren und ethische Dilemmata entstehen, wenn sie versuchen, auf diese Erwartungen einzugehen. Die Erhebung „Führungskräfteradar“, die regelmäßig durchgeführt wird, zeigt, dass politisches Engagement und die Positionierung zu gesellschaftlichen Themen von den Mitarbeitenden zunehmend eingefordert werden.

Wir sprechen auch über die Herausforderungen, die damit verbunden sind, und die Notwendigkeit, politisch neutrale Räume zu schaffen. Möllering erklärt, dass Unternehmen gezwungen sind, politisch zu agieren, weil sie Teil der Gesellschaft sind. Interne Konflikte, die aus unterschiedlichen politischen Haltungen resultieren, können sowohl das Betriebsklima als auch die Zusammenarbeit beeinträchtigen. In diesem Zusammenhang skizzieren wir, dass Unternehmen einen neuen Umgang mit politischen Themen finden müssen, um sowohl interne als auch externe Konflikte produktiv zu gestalten.

Der Dialog über die Demokratisierung und Partizipation in Unternehmen wird ebenfalls thematisiert. Möllering beschreibt, wie wichtig es ist, die Stimmen der Mitarbeiter ernst zu nehmen und wie eine funktionierende Kommunikationskultur dazu beitragen kann, politische Diskussionen in einem produktiven Rahmen zu führen. Es wird deutlich, dass Toleranz und Verständnis für unterschiedliche Meinungen Schlüsselkompetenzen sind, die in der heutigen Geschäftswelt essenziell sind.

Abschließend diskutieren wir die Verantwortung von Unternehmen und Führungskräften, Stellung zu beziehen, und die damit verbundenen Risiken. Wenn sich Unternehmen politisch positionieren, setzen sie sich dem Risiko aus, Kunden oder Mitarbeiter zu verlieren. Die Balance zwischen geschäftlichen Interessen und gesellschaftlicher Verantwortung wird als herausfordernd, aber auch als notwendig erachtet.

Diese Episode bietet einen tiefen Einblick in die Herausforderungen und Chancen, die politische Diskurse in Unternehmen mit sich bringen, und wir beleuchten, wie Führungskräfte die Verantwortung übernehmen können, um einen Raum für offenen Dialog und konstruktive Konfliktlösung zu schaffen. Wir werden diesen Themenkomplex in zukünftigen Episoden weiter vertiefen, um die Dynamiken innerhalb von Organisationen im Kontext der politischen Realität besser zu verstehen.

Transkript

[0:00]Musik.
[0:20]Und heute soll es um Konflikte gehen oder auch Diskussionen, Diskurse, harte politische Auseinandersetzungen, die sich auch in Organisationen,
[0:34]
Konflikte in Unternehmen
[0:31]konkret auch in Wirtschaftsunternehmen abspielen. Für einige zunehmend mehr, für andere aber schon länger wahrnehmbar. Es ist auf jeden Fall ein Thema, das uns als Gesellschaft beschäftigt und auch hier im Podcast, der sich mit Konflikten beschäftigt, genau angebracht ist. Und ich habe mir dafür wiederum den Kollegen Prof. Guido Möllering von der Universität Witten-Herdegge eingeladen, der genau für dieses Thema ein Experte ist. Hallo Herr Möllering. Hallo und vielen herzlichen Dank. Es ist auch ein Herzensthema für mich. Das ist gut zu hören, weil es ja so einen ganz anderen Zugriff hat auf das Zusammenarbeiten als das Thema, was wir bisher immer bearbeitet haben, Vertrauen. Und heute das Thema politische Diskurse in Unternehmen, was hat das für das Unternehmen oder für die Führungskräfte, Mitarbeiter zu tun, ist mit dem Thema Vertrauen sicherlich verbunden, denn das kann schnell dazu führen, dass das darunter leidet. Man sagt ja so, man soll über Religion und Politik nicht gleich am Anfang reden. Und das sind einfach hochstrittige Themen. Wieso ist denn das jetzt ein Thema ganz besonders auch für Sie?
[1:45]Also das ist richtig und es kann auch wirklich sein, dass jemand, mit dem man ganz gut zusammenarbeiten konnte bisher bei der Arbeit, einen auf einmal überrascht durch eine extreme politische Meinung und dann tatsächlich auch diese Berufsbeziehung dann infrage stellt, will ich mit dem eigentlich zusammenarbeiten,
[2:05]
Politische Diskurse und deren Bedeutung
[2:01]selbst wenn es in der Zusammenarbeit ja gar nicht um dieses politische Thema direkt geht. Einfach weil Vertrauen auch was damit zu tun hat, dass man ganz allgemein positive Erwartungen hat von dem anderen.
[2:13]Also, dass ich mich jetzt sehr stark mit diesen politischen Diskursen in und um Unternehmen beschäftige, das liegt lange zurück. Also auch der Lehrstuhl, den ich in habe, der hat immer was damit zu tun gehabt, wie Unternehmen mit der Gesellschaft verzahnt sind und eine gesellschaftliche Verantwortung haben, die sicherlich mehr als rein ökonomisch ist, sondern auch eben gesellschafts- und gesellschaftspolitisch. Jetzt muss ich sagen, konkret wurde das bei mir nochmal getriggert durch den Überfall auf die Ukraine.
[2:39]Da habe ich tatsächlich auch bei mir in der Uni an den Lehrveranstaltungen gesagt, da müssen wir jetzt darüber reden. Wie positionieren sich jetzt eigentlich Unternehmen? Das reichte von Fragen wie, wer macht einen Russland-Boykott? Wann, wie schnell und wie drastisch? Über, wie geht es eigentlich den Managerinnen, die jetzt in der Ukraine ihre Betriebe entweder schließen oder irgendwie weiterführen? In der Tat haben sie größtenteils weitergeführt, ganz beeindruckend. Also die mussten die Entscheidung treffen, ne? Und wenn wir jetzt dann zweieinhalb Jahre weiter, können wir uns noch verschiedene andere politische Themen vorstellen, die mich noch mehr dazu gebracht haben, das persönlich wichtig zu finden. Aber ich werde auch darauf angesprochen. Wir machen ja zum Beispiel regelmäßig eine Erhebung unter Führungskräften, den sogenannten Führungskräfteradar. Und da ist das jetzt auch in den zwei Jahren immer stärker, auch schon ein kleines bisschen davor gekommen, dass wir gehört haben, Führungskräfte werden jetzt plötzlich darauf angesprochen, auch von ihren Leuten in ihrer Belegschaft, in ihren Teams, wie sie denn auch zu bestimmten politischen Themen stehen. Und ein ganz plakatives Beispiel wurde uns berichtet von einer Führungskraft aus den USA.
[3:45]Die dort in einer Tochtergesellschaft abgestellt war für eine Zeit und wo dann die Mitarbeitenden aus den USA teilweise auf die Führungskraft zugegangen sind und gefragt haben, ja, wir haben ja jetzt Präsidentschaftswahlen, wen soll ich denn wählen? Und das kommt uns in Deutschland ziemlich komisch vor. Wir hätten wahrscheinlich reagiert, das musst du selber wissen. Wieso fragst du mich das überhaupt? Ich bin dein Chef und nicht dein… Aber nein, das war dann auch dort. So wurde ausgestrahlt, ja, wir wollen ja, dass die nächste Regierung gut für uns ist. Also für unsere Arbeitsplätze, für unser Unternehmen. Wenn es ein deutscher Konzern ist. Und wir haben jetzt einfach, wissen nicht, wer besser ist. Und wir würden gerne einen Tipp haben, so ungefähr. Und also wirklich, Führungskräfte werden auch direkt darauf angesprochen, sind darauf nicht vorbereitet.
[4:29]Und damit meine ich auch Führungskräfte auf allen Ebenen. Und solche Fragen kommen dann eben auch bei uns im Unikontext an, dass man da diskutieren möchte. Was kann man da eigentlich machen? Was ist eigentlich auch eine legitime Art, sich dann damit zu beschäftigen? Denn viele denken ja auch erst mal, dass es nicht ihre Aufgabe ist oder vielleicht sogar auch ihnen gar nicht zusteht, eine politische Meinung zu haben als Abteilungsleiter. Ich habe eine Meinung zu… Und unsere Abteilung, wie die laufen sollte, aber alles, was erstmal so quasi von außen zu kommen scheint, das ist ja gar nicht mein Job, dafür bin ich ja gar nicht eingestellt worden. Also würden Sie sagen, auch so in der Traufsicht, bevor man sozusagen konkret zu unserer Situation heute kommt, aber wenn man das mal in einer längeren historischen Betrachtung kurz erfasst, ist das was Neues? Also würden Sie sagen, da hat sich was geändert für Führungskräfte, für Unternehmen, möglicherweise auch durch sozusagen die Aufmerksamkeitsökonomie, Digitalisierung, dass wir immer auf der Bühne sind und beobachtet werden und man sich auch sozusagen rechtfertigen muss, wofür, wie arbeiten wir, wie kriegen wir unsere Produkte hergestellt, mit wem arbeiten wir zusammen. Also dass heute sozusagen auch immer mit sozusagen die Gefahr kommt, also wenn du mit dem zusammenarbeitest, hat das Auswirkungen, weil das macht man halt nicht oder das ist nicht entsprechend euren Leitlinien. Ist das das Neues, Grundlegen oder Politik in Unternehmen?
[5:59]Also es ist immer schwieriger, das einfach zu trennen oder auszublenden. Also das heißt, früher konnten solche Sachen auch aufkommen. Also früher konnte es auch einen heftigen Streit im Frühstücksraum geben, weil die einen eher links wählen, die anderen eher rechts. Und dann irgendwann wird es ein bisschen wärmer da im Frühstücksraum, weil man sich über ein Thema nicht einigt.
[6:26]
Herausforderungen für Führungskräfte
[6:26]Dann hat man aber das Gefühl gehabt, sobald man den Frühstücksraum verlässt, ist das dann aber auch schon wieder vergessen. Das ist dann sozusagen privat am Arbeitsplatz. Oder Unternehmen, die im Stakeholder-Management da wesentlich weniger überhaupt Gruppen direkt bearbeitet haben und vieles ausgeblendet haben, weil es weit weg ist. Jetzt auf einmal kommen, wie Sie gerade auch schon sagten, plötzlich Anfragen von auch Unternehmen. Weit weg sowohl geografisch als auch inhaltlich, wo man plötzlich jemanden was hinterfragt, den man früher einfach ignorieren konnte, aber jetzt halt nicht mehr. Und ich glaube, dass sozusagen so zu tun, als sei das Unternehmen von der Politik und dem Rest der Gesellschaft irgendwie isoliert, das funktioniert einfach nicht mehr. Und das merkt man an ganz, ganz vielen Stellen. Und übrigens ist es ja auch nicht nur zum Nachteil für die Unternehmen, für die Mitarbeitenden. Die kriegen ja auch teilweise durch die Stakeholder auch viel Input, was ihnen hilft. Die haben auch viele Chancen vielleicht dadurch. Sie suchen ja manchmal auch politische Themen, die sie selber beeinflussen wollen, zum Beispiel Standortbedingungen und so. Das ist ja nicht so, dass Unternehmen nicht auch ein Interesse an Politik hätten.
[7:30]Aber so diese Vorstellung, wir können uns davon abkapseln, außer es passt uns, das ist vorbei. Und das liegt an der Vielzahl der Themen, die wir jetzt haben und auch an der Dramatik der Themen. Also wir haben ja wirklich in allen Bereichen heutzutage schwere Krisen und weitreichende Transformationen, die anstehen. Und das ist eben schon eine andere Qualität. Vielleicht können wir das so ein bisschen klastern oder auch kategorisieren, Weil auch das Stichwort zusammen, was ich so rausgelesen oder jetzt rausgehört habe, Lobbyismus im Sinne von Unternehmen gucken natürlich auf Politik, gucken auf anstehende oder auch mögliche regularische Eingriffe der Politik und da ist das ja auf jeden Fall ein Thema. Auf der strategischen, unternehmerischen Sicht ist es je nach Produkt auch, Tabakindustrie, Ölindustrie jetzt, die ganze Mobilitätsfragestellung, da sind politische Diskurse ja hoch relevant für unternehmerische Entscheidungen. Den Teil, den Sie genannt haben, da kommt der Mitarbeiter zur Führungskraft, weil er in einem deutschen Konzern arbeitet und amerikanischen Wahlen ja wirklich Auswirkungen haben können. Das ist ja eine ganz andere Flughöhe auch, wo Politik einschlägt.
[8:49]Können Sie das kategorisieren und sagen, da sind Diskurse geübter oder erwartbarer, aber jetzt im neueren Umfeld gibt es keine politikfreien Räume mehr? Ja, also das mit den politikfreien Räumen, das stimmt. Man hat aber, vielleicht kommen wir da später noch zu, auch Möglichkeiten auch wirklich zu sich zu orientieren. Wann lässt man so einen Diskurs auch wirklich explizit zu und unterstützt ihn vielleicht sogar, weil man denkt, dadurch können wir was lernen und kommen wir weiter. Und wann sagt man wirklich so, Leute, jetzt bitte, also das hat jetzt wirklich gar nichts auch mit unserem Unternehmen zu tun. Lass uns doch jetzt deswegen nicht streiten. Aber da muss man auch vorsichtig sein. Aber vielleicht gleich, da hast du noch mal mehr. Also natürlich kann man erst mal unterscheiden, ob sowas rein intern abläuft. Also dass im Unternehmen wirklich so verschiedene Gruppen im Unternehmen unterschiedliche Haltungen zu einem bestimmten politischen Thema haben und sich dann immer wieder darüber auch streiten, klassische Konflikte sich entwickeln, dass sie auch deshalb unterschiedlich arbeiten wollen, unterschiedliche Dinge priorisieren wollen für das Unternehmen. Das kann zum Beispiel, in einer Abteilung sein oder auch im Vorstand oder sowas, dass dort einfach immer unterschiedliche Vorstellungen aufeinander prallen. Das bleibt aber intern. Und es wird auch intern getriggert quasi. Jemand schlägt halt vor, sich damit zu befassen und dann hat man unterschiedliche Meinungen. Ich glaube, das können wir mit ganz normalen.
[10:17]Entscheidungsprozessen abdecken. Interessanter sind die Sachen, wenn die externen. Also ich glaube, das ist einfach, das kennen wir quasi eigentlich schon. Und da können Sie oder auch die Mediatoren sicherlich viel helfen, dass solche Dinge produktiv bleiben. Was stärker ist, glaube ich, dass externe Treiber von Themen an das Unternehmen rankreten. Da sind nicht alle gut drauf vorbereitet. Und umgekehrt, das Unternehmen selber kann Treiber von Themen sein. Auch da hatte man früher als Unternehmen vielleicht so seine zwei, drei Themen, die offensichtlich waren, wo man irgendwie auch einen Blick auf die Politik hatte. Und andere Themen hat man nicht so gesehen. Jetzt werden das einfach mehr Themen und dann ist man nicht so gut darauf vorbereitet. Aber ja, es ist schwer, dass du schichterst. Ich würde immer danach reden, wen betrifft es? Also extern oder intern? Und wer treibt das Thema an? Ist das jemand extern oder intern? Und danach würde ich schon mal sortieren, um dann zu schauen,
[11:19]
Externe und interne Einflüsse
[11:16]also mit internen Sachen geht man halt anders um als mit externen. Das ist ganz banal, aber das ist erstmal schon mal wichtig, sich das klar zu machen. Woher kommt das und an wen richten wir uns eigentlich mit dem, was wir dann tun? Und wir heißt jetzt die unternehmerische Sicht von Führungskräften. Man kann sich, bei dem wir die Unternehmensleitung oder einfach die Führungsebene einer Organisation vorstellen, aber auch das wir als Organisation.
[11:44]Also deswegen die zwei wichtigen Dimensionen. Wer treibt es? Also wer bringt die Diskussion auf? Wer bringt die Fragestellung auf in Form von Problembeschreibungen, Konflikt, Tätigkeiten etc.? Also Eskalation auch. Und an wen adressiert er diese Diskussion? Diese Botschaft, das kann auch intern oder extern sein.
[12:08]Mich hat das jetzt… Aber, ja, wollen wir es ein bisschen kompliziert halten und aber gleichzeitig ein bisschen konkreter. Das ist eine Unterscheidung, damit auch einzelne Menschen wirklich wissen, wo sie da gerade stehen und an welcher Stelle sie auch gefragt sind oder nicht. Also wenn ich jetzt Führungskraft bin in einem Team, dann kann ich mir das sozusagen als kleine Landkarte, was wir jetzt gleich besprechen, heranziehen. Aber auf der anderen Seite, wenn ich ein praktisches Beispiel mal nennen darf, also die Deutsche Telekom hat ja in 2023 eine Kampagne gehabt gegen Hass im Netz und ist auch dafür ausgezeichnet worden, prämiert worden. Also das hat sehr viel positive Beachtung gefunden. Und diese Kampagne ist natürlich, die wirkt natürlich nicht nur extern. Die wirkt auch intern. Natürlich ist das auch ein Signal an die eigene Belegschaft, wenn es so eine Kampagne des Unternehmens gibt, dass man auch selber keinen Hass im Unternehmen haben will und keine Mitarbeitenden haben will, die unter Umständen Social Media nutzen, um Hass zu verbreiten. Es ist eine Botschaft an die eigenen Kunden.
[13:22]Also, denn viele Menschen nutzen ja Telekom-Services, um sich im Internet zu bewegen. Und das ist auch eine Botschaft eigentlich an die eigenen Kunden und an die Gesellschaft als Ganze. Und gleichzeitig ist es auch nicht nur ein gemeinnütziger Einsatz gegen Hass, sondern auch eine Art von Produkt- und Kundenpflege. Man möchte natürlich auch positiv wahrgenommen werden. Das ist die Image-Seite. Aber man möchte auch eben für eine positive Nutzung der digitalen Medien stehen und damit natürlich auch pflegt man seine Produkte und seine Kunden. Und da ist auch ein politisches Interesse, eine gesellschaftliche Verantwortung zu zeigen und aber durchaus auch ein kaufmännisches Interesse, als Unternehmen positiv wahrgenommen zu werden. Und diese ganzen, dieses politische und das kaufmännische eigene Interesse, das Image und die Haltung, das spielt schon am Ende auch alles zusammen und wohlgemerkt auch nochmal der Punkt intern-extern. Also gerade bei so riesengroßen Konzernen gibt es eigentlich fast nicht mehr dieses Trennen zwischen interner Kommunikation und externer Kommunikation. Alles, was extern ist, wird sowieso auch von der eigenen Belegschaft wahrgenommen.
[14:39]Und interne Sachen, wenn die sich an zigtausende Mitarbeitende richten,
[14:44]
Politische Positionierung von Unternehmen
[14:43]sind auch mehr oder weniger öffentlich. Und da sind diese Unterscheidungen etwas zu stark, aber für den einzelnen Mitarbeitenden bei der Telekom kann man schon herausfinden, an welcher Stelle bin ich jetzt eigentlich mit diesem Thema beschäftigt oder nicht.
[15:01]Ja, ich kann mich dunkel an diese Kampagne erinnern und bei mir ordnet sich das so ein, und das ist auch eine Social-Media-Diskussion, die ich auch in Konflikten, in Teams erlebe.
[15:16]Dass wahrgenommen wird als Politisierung von Unternehmen und bei dem sich Mitarbeiter dann manchmal sozusagen, die nicht dieser Meinung sind, dann sich aufregen. Mensch, kann man nicht mal einfach seinen Job machen und so, ich möchte mich dafür nicht rechtfertigen. Und sie werden aber als Mitglieder dieser Organisation praktisch mit als Absender auch aufgenommen oder dann sich die Frage fallen lassen müssen oder sich selber auch stellen, will ich das? Also will ich da sozusagen mich dafür mit hergeben? Also diese Politisierung, das glaube ich, hat sich tatsächlich vervielfältigt durch diese ständige Beobachtbarkeit in sozialen Medien, die auch befeuert wird. Also ob das die Nationalmannschaft ist mit der Regenbogenbinde oder Gendersternchen. Es ist ein schwieriges Thema. Es ist meiner Meinung nach nötig und unvermeidbar, aber durchaus heikel, sich als Unternehmen dann auch wirklich so politisch zu zeigen, also eine Haltung zu vertreten und deswegen ist es vielleicht auch ganz wichtig, dass man das nicht nur aus so einem kurzfristigen kaufmännischen Kalkül macht. So nach dem Motto, wenn wir jetzt mal eine Woche lang eine Regenbogenfahne raushängen.
[16:38]Dann finden Leute das gut und dann hilft uns das. Aber das ist sozusagen einfach nur oberflächlich. Und gerade weil das so heikel sein kann, kann man nur empfehlen, dass man da, wenn man dann Position bezieht. Man muss ja auch nicht immer unmittelbar Position beziehen. Man kann auch einfach manchmal nur helfen, dass Leute, die eine unterschiedliche Meinung haben, mal miteinander reden und so. Man kann ja auch vermitteln tätig sein. Also Räume öffnen, Gesprächsrunden. In Ihrer Szene ist das ja der Hauptjob, nicht direkt zu sagen, das ist die Wahrheit, sondern dafür zu sorgen,
[17:13]
Toleranz und Gesprächskultur
[17:11]dass erstmal noch eine Gesprächskultur da bestehen bleibt. Auch da können sich Unternehmen für stark machen, ganz allgemein für Toleranz und für aufeinander zugehen, statt die Fronten immer weiter zu verhärten. Aber wenn man bei einem bestimmten Thema einfach mal eine politische Position dann wirklich bezieht, dann muss man eben auch bereit sein, die Konsequenzen zu tragen. Und das kann heißen, Kunden zu verlieren oder auch Mitarbeitende zu verlieren. Ein Beispiel aus den USA war, dass ich denke, es war Walmart. Und da gab es seitens der Unternehmensleitung eine Unterstützung der gleichgeschlechtlichen Ehe. Und dann hat man festgestellt, dass einige Mitarbeitende doch so, manche Mitarbeitende das nicht so unbedingt unterstützen und deswegen ist auch nochmal ein ganz wichtiger Punkt, also Unternehmen meiden deshalb oft auch.
[18:01]Das kann man verstehen, die besonders kontroversen Themen. Weil sie da genau wissen, sie treffen da auf eine polarisierte Landschaft und sie wollen eher neutral bleiben. Das ist noch dieser alte Instinkt. Wir sind ja eigentlich nur ein Unternehmen, wir haben eigentlich gar nichts damit zu tun. Und dann gibt es eben andere Dinge. Und ich glaube, das haben wir auch eben bei dem Überfall auf die Ukraine gesehen, bei dem Krieg, der da eröffnet wurde von Russland oder weitergeführt wurde. Der hat ja eigentlich schon 2014 angefangen. Und dass man dann plötzlich eine starke Solidarisierung mit der Ukraine gesehen hat, also auch von Unternehmen. Das war aber innerhalb der deutschen Grenzen ja nicht sehr gefährlich, weil man da wusste doch, also der allergrößte Teil der Bevölkerung, der solidarisiert sich mit der Ukraine. Und da konnte ich, also habe ich wenig riskiert, wenn ich eine Ukraine-Fahne vor das Bürogebäude des Unternehmens gestellt habe. Aber das ist sozusagen easy. Es ist aber trotzdem eine politische Haltung. Und die Frage ist, warum macht man das heutzutage? Das hätte früher keiner gemacht. Also das fand ich auch selber in meinem Umfeld, wenn ich hier so, ich bin ja in Westdeutschland, in einem hauptsächsischen Nordrhein-Westfalen unterwegs und wenn man also auch mal so über die Dörfer fährt und auf einmal steht vor so einem ganz normalen Handwerksbetrieb steht eine Ukraine-Fahne.
[19:21]Dann habe ich mir auch gedacht, also erstmal freue ich mich, dass sie sich solidarisieren, aber habe mir auch dann versucht vorzustellen, was die untereinander besprochen haben vorher und dann entschieden haben, wir machen das. Also auch dieses Bedürfnis zu haben, wir zeigen das, auch wenn das eigentlich mit unserem Handwerksangebot, was wir hier den Leuten an unserem Ort anbieten, nichts zu tun hat. Und das ist, glaube ich, auch sehr wichtig, diese Beschäftigung damit vorzunehmen. Hat das mit unserem Unternehmen was zu tun? Und das kann dazu führen, dass man einmal sagt, also bei manchen politischen Themen, da haben wir vielleicht wirklich einfach nichts mit zu tun. Dann sollte man, dann würde ich auch sagen, dann sollte man sich da vielleicht auch einfach zurückhalten.
[20:01]Und auf der anderen Seite kann es aber auch sein, dass man, wenn man sich diese Frage stellt, man erst mal merkt, wie viel eigentlich davon abhängt. Und dass dann doch auch der kleine Handwerksbetrieb sagt, das kann nicht sein, dass Russland damit durchkommt, weil am Ende, wir wissen nicht wie schnell, aber eines schönen Tages ist auch unser Betrieb hier gefährdet und ist nicht mehr frei und kann nicht mehr handeln. Das ist nicht eine Frage von ein paar Tagen oder Wochen, das ist dann aber eine langfristige Einsicht und dann stellt man diese Fahne vielleicht doch auf, nicht nur um sich zu solidarisieren, sondern auch um sich selber zu schützen.
[20:38]Also hier würde ich auch bei solchen Beispielen auch eine Tendenz sehen, die gar nichts mit Politik zu tun hat, aber die darauf zurückwirkt, ist diese, manchmal die Diskussion geführt worden, Entgrenzung der Arbeit, dass also Arbeitnehmer privat einfach immer noch mehr checken können und müssen und dergleichen, was dann erwartet wird. Aber diese Entgrenzung ist ja keine Einbahnstraße, sie geht auch andersrum. Also Privatheit wird mit in Unternehmen genommen und nicht nur der Amazon-Account, das dann bestellt wird und eingekauft wird oder geshoppt wird auf Arbeit, sondern eben auch, wir kommen heute nicht nur als Rollenträger Arbeitnehmer zur Arbeit, sondern wir sind immer auch noch Mama und Papa, wir sind immer auch noch möglicherweise geflüchtete Ukrainer und Bürger Deutschlands mit Migrationsgeschichte. Und daraus entsteht dann eine persönlich, moralisch, politische Verpflichtung, auch Stellung zu beziehen bei gesellschaftlichen Fragen, die brisant sind. Also der Handwerksbetrieb, den Sie genannt haben, das kann sein.
[21:43]Da sind Aufträge weggebrochen, die vielleicht mit Osteuropa geführt wurden oder