Developments in artificial intelligence for mediators, coaches and counsellors
Welche Möglichkeiten Künstlicher Intelligenzen bieten sich an, um als Selbständiger sich und seine Mitarbeiter zu unterstützen
II. KI als Ansprechpartner
1. Einführung:
Künstliche Intelligenzen sind auch für uns Selbständige – für uns als Mediatoren, Coaches und Berater – zuvorderst einzigartige Reflexionsflächen
Künstliche Intelligenzen sind für Selbständige, insbesondere für Mediatoren, Coaches und Berater, zuvorderst eines: Reflexionsflächen.
Sie sind weder von vornherein Faktenmaschinen noch Entscheidungsinstanzen. Zugegeben, sie lassen sich so verwenden, wie sich jedes Instrument zweckentfremden lässt. Doch Künstliche Intelligenzen sind keine Werkzeuge im klassischen Sinne. Sie sind nicht einfach ein Hammer oder ein Musikinstrument.
Künstliche Intelligenzen sind menschengemachte Systeme, die nicht nur gegenständlich entwickelt, sondern auch in ihrer Wirkungsweise ausgerichtet wurden und weiter ausgerichtet werden. Diese Ausrichtung endet nicht mit der Übergabe an die Nutzer. Sie setzt sich fort durch Anbieter, Plattformen, Geschäftsmodelle und infrastrukturelle Einbettungen. Künstliche Intelligenzen agieren selten ausschließlich lokal. In aller Regel sind sie über Netze, Cloud-Dienste und Schnittstellen mit Dritten verbunden.
Gerade deshalb entfalten sie ihre besondere Qualität als interaktionsfähige Reflexionsflächen. Sie treten uns als Gegenüber entgegen, als Screen, an dem sich Denken, Erkunden, Entscheiden und Handeln spiegeln. Sie kommentieren, strukturieren, irritieren, bereichern und steuern damit auch Prozesse professioneller Praxis.
Zwischenbemerkung:
Dieser Beitrag richtet sich nicht an IT-Spezialisten oder KI-Enthusiasten. Er richtet sich an potenzielle Anwenderinnen und Anwender, die ihre berufliche Tätigkeit reflektieren und die Möglichkeit zumindest nicht ausschließen, dass KI-Technologie sie dabei unterstützen könnte.
Für Selbständige insgesamt, insbesondere aber für Berater, Coaches und Mediatoren, die mit Lebens-, Konflikt- und Entscheidungsfragen arbeiten, eröffnen sich hier erhebliche Potenziale. Künstliche Intelligenzen können dabei in unterschiedlichen Rollen genutzt werden:
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als Ansprechpartnerin, als dialogische Begleiterin für fachliche, sprachliche oder konzeptionelle Fragen, auch als Fremdsprachenhilfe;
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als Assistentin, die wiederkehrende Aufgaben übernimmt, Informationen sammelt, ordnet, verdichtet und so Arbeitslast reduziert oder Produktivität erhöht;
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als Agentin, die selbstständig Ziele verfolgt, Systeme verbindet, Prozesse anstößt und Entscheidungen vorbereitet oder umsetzt;
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als Augmenteurin (ein bewusst gesetztes Kunstwort), die über RAG-Systeme externe Wissensräume einbindet und kontextsensitiv aktualisiert;
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als Artefaktmacherin, die Software-Anwendungen entwickelt und diese wiederum als KI-basierte Werkzeuge nutzbar macht.
In all diesen Funktionen werden Künstliche Intelligenzen zu stets verfügbaren Begleiterinnen: freundlich, unermüdlich, vergleichsweise kostengünstig. Sie eröffnen Chancen zur Professionalisierung und Geschäftsentwicklung, bringen jedoch ebenso neue Risiken und Abhängigkeiten mit sich.
Anders formuliert: Die Nutzung von KI erfordert eine neue Kulturtechnik. Sie zwingt uns, eine Beziehung zu einem Nicht-Lebewesen einzugehen, das sich in der Interaktion „wie ein Lebewesen“ verhält. Künstliche Intelligenzen affizieren, motivieren, strukturieren Aufmerksamkeit. Sie verändern Routinen, Kommunikationsformen und Machtverhältnisse und damit auch das Arbeitsfeld von Beratung, Coaching und Mediation.
Für Beraterinnen und Selbständige sind Künstliche Intelligenzen daher weniger ein optionales Zusatzwerkzeug als eine Zumutung für bestehende Routinen. Ihre bloße Existenz erzwingt Positionierungen. Dieser Beitrag geht davon aus, dass KI als Kulturtechnologie des 21. Jahrhunderts eine Form individueller wie gesellschaftlicher Alphabetisierung verlangt.
Ein weiterer grundlegender Aspekt: KI-Anwendungen müssen gestaltet, konfiguriert und implementiert werden. Ihre Nutzung erfolgt jedoch nicht zwingend durch dieselben Personen. Berater können KI für sich selbst einsetzen oder für ihre Kunden verfügbar machen. Gestaltung und Nutzung fallen auseinander.
II. KI als Ansprechpartnerin
Wenn Selbständige, Berater oder Mediatoren KI als Ansprechpartnerin nutzen, steht zu Beginn meist eine Frage, ein Thema oder eine Aufgabe. Die KI fungiert als Gedankenstütze, Reflexionsfläche und dialogisches Gegenüber. Sie hilft, Ausgangsfragen aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten und zu durchdringen.
In dieser Rolle wird die KI zum Sparringspartner. Sie liefert nicht nur Informationen, sondern stellt Rückfragen, die vom Nutzer ausdrücklich gewünscht sind. So unterstützt sie dabei, Überlegungen zu vertiefen, Annahmen zu prüfen und alternative Deutungen einzubeziehen. Berufliche, alltägliche und gesellschaftliche Perspektiven geraten ins Gespräch.
Für Berater bedeutet dies: Gedanken lassen sich strukturieren, Hypothesen schärfen, neue Einsichten gewinnen. Die KI wird zu einem flexiblen, jederzeit verfügbaren Gegenüber, das die eigene professionelle Perspektive erweitert, ohne erschöpft oder genervt zu reagieren.
Diese Funktion verliert die KI auch dann nicht, wenn sie in weitergehenden Rollen genutzt oder technisch komplexer konfiguriert wird. Für viele Nutzerinnen und Nutzer war ChatGPT der erste Kontakt mit KI genau in dieser Rolle. Es ist jedoch nur die erste Stufe.
II. KI als Assistentin
Als Assistentin übernimmt Künstliche Intelligenz wiederkehrende Aufgaben, sammelt und strukturiert Informationen, fasst Texte zusammen und reduziert so Arbeitsbelastung oder steigert Effizienz. Sie reagiert dabei auf Ansprache, agiert jedoch nicht bloß mechanisch. Im Zentrum steht weiterhin ein Sprachmodell, das flexibel interpretiert und kontextualisiert.
Damit eine KI diese Rolle wirksam erfüllen kann, braucht sie eine klare Anleitung: einen Systemprompt. Dieser definiert Rolle, Aufgaben, Ziele und Grenzen. Auch Beginn und Ende einer Interaktion lassen sich festlegen.
So wird aus einer beliebigen Gesprächspartnerin eine gezielt ausgerichtete Assistenz. Sie begleitet komplexe Themen, denkt mit, strukturiert und entwirft belastbare Arbeitsstände. Mit jeder Rückmeldung entsteht eine feinere Abstimmung. Vertrauen wächst. Aus einem Tool wird eine verlässliche Partnerin im Arbeitsalltag.
Diese Assistenz muss nicht auf die interne Nutzung beschränkt bleiben. Sie kann auch im Kontakt mit Kunden und Interessenten eingesetzt werden. Etwa als erste Anlaufstelle auf einer Website, die Anfragen strukturiert entgegennimmt, Informationen bereitstellt und Gespräche vorbereitet.
II. KI als Agentin
Von einem KI-Agentensystem sprechen wir, wenn eine Künstliche Intelligenz eigenständig ein Ziel verfolgt. Sie wartet nicht auf konkrete Anweisungen, sondern beginnt selbstständig zu handeln. Dazu greift sie auf unterschiedliche Werkzeuge zurück, wählt diese aus und kombiniert sie.
Im Zentrum steht meist ein Sprachmodell, ergänzt um Planungs- und Entscheidungslogiken. So entsteht eine KI, die nicht nur reagiert, sondern agiert.
Examples:
- Ein KI-basierter Chatbot auf einer Unternehmenswebsite beantwortet nicht nur Fragen, sondern verfolgt aktiv das Ziel eines Vertragsabschlusses. Er fragt Interessen ab, bietet passende Informationen an und kann im Idealfall einen rechtsverbindlichen Vertrag vorbereiten. In diesem Moment wird der Betreiber der KI rechtlich gebunden.
- Intern könnte ein Kalendereintrag (z.B. eingetippt oder eingesprochen) sowohl die Hotel- als auch die Zugticketbuchung auslösen, wozu eine Vielzahl von – auch rechtsverbindlichen – Schritten erforderlich werden.
II. KI als Augmenteurin: Das RAG-System
Retrieval-Augmented-Generation-Systeme verbinden Sprachmodelle mit externen Wissensquellen, z.B. dem Internet. Die KI generiert Texte nicht allein aus ihrem Trainingswissen, sondern greift auf aktuelle, gepflegte Datenbestände zu, z.B. auch den eigenen Datenbeständen, die nicht online stehen (müssen). Auf diesem Wege können prinzipiell auch Halluzinationen verringert werden, jedenfalls Aktualität und Genauigkeit in die Wissensbasis der KI integriert werden.
Für selbständige Berater bedeutet dies: Die KI arbeitet auf einer verlässlichen, selbstgesteuerten Wissensbasis, die kontinuierlich aktualisiert werden kann. Antworten werden kontextsensitiver und anschlussfähiger formuliert und an konkreten Praxisanforderungen angepasst.
II. KI als „Artefakteurin“
Mit Systemen wie Claude von Anthropic wird eine weitere Stufe erreicht bzw. eine wichtige Funktion integriert, die gerade Nichtprogrammierer anspricht. KI kann hier nicht nur kommunizieren, sondern Software-Anwendungen auf der Basis „programmiersprachenfreier Ansprache/Kommandos“ entwickeln. Die KI fungiert als Software-Entwicklerin, die auf Kommandos/Prompts hört, die eben nicht der Programmiersprache entstammen müssen.
So können Berater maßgeschneiderte Anwendungen entwickeln, ohne selbst programmieren zu können. Diese Anwendungen ihrerseits können freilich ebenso KI-basiert sein.
Example:
Eine KI-gestützte Quiz-App oder Beratungssimulation, die Fragen und Beratungsfälle generiert, Antworten und Beratungsgespräche auswertet und Feedback liefert. Eingebunden in die eigene Website entsteht ein eigenständiges Artefakt, das weit über einen klassischen Chat hinausgeht und auf diese Weise Aus- und Weiterbildungen fördert.


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