INKOVEMA Podcast „Well through time“
#165 – Praxis von Konfliktmanagementsystemen
Wie kann strategisches Konfliktmanagement in Organisationen systematisch aufgebaut werden?
Im Gespräch mit Jürgen Briem, Thomas Knobloch und Jörg Schneider-Brodtmann
Well through time. The podcast about mediation, conflict coaching and organisational consulting.
Gäste
Jürgen Briem
Wirtschaftsmediator, Mediator BM® Systemischer Coach Supervisor für Mediatorinnen und Mediatoren Initiator und Mitbegründer des „Round Table Mediation und Konfliktmanagement der deutschen Wirtschaft“
Prof Dr Thomas Knobloch
vertritt als Steuerberater und von der Bundessteuerberaterkammer zertifizierter Wirtschaftsmediator an der Fachhochschule Südwestfalen – neben dem Bilanzrecht – die Fachgebiete Risiko- und Konfliktmanagement in Lehre und Forschung. Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre und einer leitenden Tätigkeit im Mannesmann- Konzern war er zuvor mehrere Jahre als Hochschullehrer für Rechnungswesen/ Controlling an der Universität Paderborn in Meschede tätig.
Jörg Schneider-Brodtmann
Lawyer at Menold Bezler in Stuttgart and certified mediator. WirtschaftsWoche 34/2019 described the negotiation expert as one of the most renowned lawyers for IT law (co-author of the IT law commentary published by Dr Otto Schmidt KG), who has been advocating the benefits of mediation for years, even in conflict-prone, complex contractual relationships.
Contents:
Leitthemen für diese Episode:
- Entwicklung von Konfliktmanagementsystemen in Unternehmen in den vergangenen 10 Jahren, nachdem die zugrundeliegenden PWC-Studien abgeschlossen und das Viadrina Komponentenmodell ausformuliert war.
- Was hat sich bewährt, was nicht? Welche Komponenten funktionieren gut, welche nicht so gut?
- Was folgt aus den Entwicklungen für die zukünftige Gestaltung von Konfliktmanagementsystemen in Unternehmen?
- Was bedeuten die Entwicklungen rund um das Risikomanagement in Unternehmen und die Fragen und Anforderungen an die Nachhaltigkeit unternehmerischen Handelns, Stichwort: ESG?
(ESG steht für Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance) und bezieht sich auf die Berücksichtigung von Umwelt-, sozialen und Governance-Faktoren bei der Analyse der Nachhaltigkeitsbemühungen eines Unternehmens aus ganzheitlicher Sicht. Dieser Ansatz beinhaltet die Messung verschiedener ESG-Metriken zur Bewertung der Leistung und Nachhaltigkeit eines Unternehmens.)
Leitthemen für diese Episode:
- Entwicklung von Konfliktmanagementsystemen in Unternehmen in den vergangenen 10 Jahren, nachdem die zugrundeliegenden PWC-Studien abgeschlossen und das Viadrina Komponentenmodell ausformuliert war.
- Was hat sich bewährt, was nicht? Welche Komponenten funktionieren gut, welche nicht so gut?
- Was folgt aus den Entwicklungen für die zukünftige Gestaltung von Konfliktmanagementsystemen in Unternehmen?
- Was bedeuten die Entwicklungen rund um das Risikomanagement in Unternehmen und die Fragen und Anforderungen an die Nachhaltigkeit unternehmerischen Handelns, Stichwort: ESG?
(ESG steht für Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance) und bezieht sich auf die Berücksichtigung von Umwelt-, sozialen und Governance-Faktoren bei der Analyse der Nachhaltigkeitsbemühungen eines Unternehmens aus ganzheitlicher Sicht. Dieser Ansatz beinhaltet die Messung verschiedener ESG-Metriken zur Bewertung der Leistung und Nachhaltigkeit eines Unternehmens.)
Vielen Dank für diese aufschlussreiche Folge, die mich im Nachgang noch länger beschäftigt hat. Vor allem ging mir die Frage durch den Kopf, wieso Konfliktmanagementsysteme in Führungsetagen nicht mit offenen Armen empfangen werden, wo ihre Wirksamkeit doch belegt ist und ihre Anwendung zu erheblicher Effektivitätssteigerung beiträgt (evtl. kannst du die erwähnte Studie – ich meine von PwC? – noch verlinken?).
Aus meiner Erfahrung kann ich berichten, dass Konfliktlösung, z.B. durch Mediation, gern auf die „unteren“ Ebenen abgeschoben wird. Gern wird auch jemand zum Coaching geschickt, dessen „unmögliches“ Verhalten „weggecoacht“ werden soll, welches sich bei näherem Hinschauen als hilflose Reaktion auf Machtdemonstration seiner Führungskraft darstellt.
In oberen Managementkreisen gewinnt nach meiner Wahrnehmung häufig nicht mehr der, der die besseren Argumente hat, sondern der, der sie am eloquentesten (oder lautesten) vorträgt. Merkmale wie Redegewandtheit, Charisma, eine gewisse Rücksichtslosigkeit und auch die Lust an Schuldzuweisungen haben geholfen, auf diese Ebene aufzusteigen, während Empathie, Perspektivwechsel und ein Agieren auf Augenhöhe – Eigenschaften, die einer guten Konfliktkultur zuträglich sind – eher hinderlich gewesen sein dürften. Zumindest begegnen mir auf der mittleren Führungsebene oft Persönlichkeiten mit diesen Eigenschaften und, daraus resultierend, mit hoher Konfliktkompetenz.
Daher ist es für mich verständlich, dass Konfliktmanagementsysteme von der obersten Führungsebene eher abgelehnt werden, denn sie würden dazu beitragen, dass man sich hinterfragen und eigene Fehler zugeben muss, vielleicht persönliche Schwächen zeigt und am Ende mit seinem Verhalten sogar noch zum Konflikt beigetragen hat (Ironie), anstatt ihn auf andere abwälzen zu können, was die eigene Position (gefühlt) schwächen würde.
Vielleicht unterstelle ich hier zu stark egoistisch motivierte Motive. Ich wollte diesen Aspekt aber gern beitragen, da mich das Thema „Psychologie von Führungsetagen“ seit fast 20 Jahren umtreibt.
Danke für Deinen ausführlichen Beitrag hier, der interessante Einblicke gibt. Ich kann zwar nicht in den Organisationsmediationen, mit denen ich es zu tun habe, die Tendenzen bestätigen, dass die Konflikte auf die unteren Ebenen „abgeschoben“ werden, will das generell aber auch nicht ausschließen.
Weshalb ein umfangreiches Konfliktmanagementsystem nicht so ohne Weiteres eingeführt wird, hat m.E. durchaus damit zu tun, dass ein derartiges weiteres(!) Managementsystem die bekannten (und genug Arbeit bereit haltenden) Managementsysteme gehörig irritieren würde. Und so einfach lassen sich Routinen nicht ändern. Der Druck müsste schon enorm sein und einheitlichen Ursprungs, als das die Lösung für die Entscheidungspersonen ein KMS sein würde. Aber selbst wenn eine Organisation massenhaft mit Konflikten zu tun hat, würden die Ursprünge kaum einheitlich eingeschätzt werden. Und den Nachweis, dass ein KMS die Lösung wäre, gibt es auch noch nicht. Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Und deshalb geht es zunächst um ein konstruktives Konfliktmanagement mittels Mediation in konkreten Einzelfällen, in denen sich die Mediation (für die Organisation!) bewähren und beweisen kann. Flächendeckend. Dauerhaft. …Und dann kann man über ein KMS in der Organisation anders nachdenken. (Wir haben es praktisch hier auch mit dem Paradox der Mediation im Großen zu tun, das sich schon im Kleinen zeigt. ->https://inkovema.de/blog/paradoxien-der-mediation/)
Basic studies of the Viadrina University in co-operation with PwC
Thanks to the initiative of the Viadrina University Frankfurt in co-operation with PriceWaterhouseCoopers (PwC), German studies on conflicts in the world of work and their systematic handling have been published in sub-studies over a total of 10 years.
From the elements to the system, 2011
Conflict management as an instrument of value-orientated corporate management, 2013
Conflict management in the German economy - developments over a decade (2005 - 2015), 2016